Urteil des VG Münster vom 23.11.2010

VG Münster (festsetzung, stadt, begründung, bebauungsplan, ausschluss, liste, verhältnis zu, der rat, versorgung, gebiet)

Verwaltungsgericht Münster, 2 K 1480/07
Datum:
23.11.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 K 1480/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beitreibbaren
Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin begehrt die Erteilung eines positiven Bauvorbescheides für die Errichtung
eines Nahversorgungsmarktes und eines Bäckers mit einer Verkaufsfläche von 799 m²
auf dem Grundstück Gemarkung F., Flur 00, Flurstücke 000, 000 und 000 (U.-Straße/C.-
Straße in F.).
2
Diese Flurstücke befinden sich innerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplanes
Nr. 00 "W./U.-Straße", der für das Flurstück 000 ein Mischgebiet festsetzt und für die
Flurstücke 000 und 000 eine WA-Gebietsfestsetzung trifft. Der Bebauungsplan wurde
am 5. Oktober 2009 im Amtsblatt der Stadt F. bekannt gemacht.
3
Der Planbereich liegt im Südwesten des Stadtgebietes an der C.-Straße zwischen den
Straßen "W." und "U.-Straße". Die Entfernung bis zum Rand der F.er Innenstadt beträgt
ca. 1.800 m Luftlinie in nordöstlicher Richtung entlang der C.-Straße. Ca. 150 Meter
entfernt befindet sich nördlich der C.-Straße eine Agglomeration von
Einzelhandelsnutzungen u.a. bestehend aus einem Lebensmitteldiscounter, einem
Drogerie-, Zoo- und Getränkefachmarkt.
4
Der Geltungsbereich des Bebauungsplanes umfasst innerhalb der Flur 00 neben den
Flurstücken 000 bis 000, auf denen das streitgegenständliche Vorhaben verwirklicht
werden soll, noch die weiteren Flurstücke 00, 000, 000, 000 bis 000, 0000 und 0000.
Entlang der C.-Straße ist eine ca. 3.800 m² große Fläche, bestehend aus den
5
Flurstücken 000 und 000 als Mischgebiet mit einer zulässigen Geschossfläche von 0,8
ausgewiesen, an das sich südwestlich zwischen der U.-Straße und "W." die übrigen o.g.
Flurstücke anschließen, für die ein WA-Gebiet festgesetzt worden ist. Das gesamte ca.
14.000 m² große Plangebiet ist seit längerer Zeit durch ein Nebeneinander von Wohn-
und Gewerbenutzungen geprägt. Während die Wohnnutzung entlang der U.-Straße in
den letzten Jahren weitgehend unverändert geblieben ist, haben sich bei den
Gewerbenutzungen an der C.-Straße und der U.-Straße größere Veränderungen
ergeben. Nach der Verlegung der F.er Eisenhandlungs- GmbH von der C.-Straße in ein
Gewerbegebiet wird das Hauptgebäude auf dem ehemaligen Betriebsgelände der F.er
Eisenhandlungs- GmbH von der Firma "F.er Küchen- und Wohnstudio GmbH" als
Ausstellungs- und Verkaufsraum seit 2005 mit ca. 600 m² Betriebsfläche genutzt. Eine
nicht mehr benötigte Lagerhalle auf den Flurstücken 00 und 000 wurde zwischenzeitlich
demontiert. Die weiteren Gewerbe- und Büroräume sind zurzeit nur schwach belegt. Die
Gewerbehalle an der U.-Straße Nr. 0 wird von der Firma F1. X-GmbH und Co. KG als
Lager für Heizung-, Sanitär- und Küchenstudioartikel genutzt. An der U.Straße Nr. 0 war
ehemals der Dachdeckerbetrieb "Bedachungen X1." ansässig. Nach dessen
Betriebsverlagerung ist das Gelände weitgehend ungenutzt.
Der Bebauungsplan Nr. 00 "W./U.-Straße" trifft u.a. folgende Festsetzungen:
6
"1. Art der baulichen Nutzung
7
a) In dem Mischgebiet sind in Bezug auf den Einzelhandel die folgenden nach § 6 Abs.
2 Nr. 3 BauNVO in Mischgebieten allgemein zulässige Nutzungen gemäß § 1 Abs. 5
und 9 BauNVO nicht zulässig:
8
- Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten,
9
-
10
- sonstige Handels- und Gewerbebetriebe mit Verkauf an letzte Verbraucher mit
nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten.
11
Abweichend von dieser Festsetzung sind zulässig:
12
- Einzelhandelsbetriebe des Lebensmittelhandwerkes und kioskartige Läden mit einer
Verkaufsfläche von maximal 30 m² je Betrieb sowie
13
-
14
- Verkaufsstellen, die im unmittelbaren räumlichen und betrieblichen Zusammenhang
mit Handwerks- und produzierenden Gewerbe- sowie Dienstleistungsbetrieben stehen,
wobei die Verkaufsfläche maximal 10 % der Geschossfläche des zugeordneten
Betriebes erreichen darf.
15
Im Mischgebiet sind zulässig, Einzelhandelsbetriebe und sonstige Handels- und
Gewerbetriebe mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten entsprechend der "F.er Liste"
(siehe Anhang zur Begründung).
16
d) In den Allgemeinen Wohngebieten ist die nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO in
Allgemeinen Wohngebieten allgemein zulässige Nutzung gemäß § 1 Abs. 5 und 9
17
BauNVO nicht zulässig:
- der Versorgung des Gebiets dienende Läden mit Verkaufsflächen für den Verkauf an
letzte Verbraucher.
18
2. Maß der baulichen Nutzung
19
...
20
e) Die Flächen von Stellplätzen, Zufahrten und vergleichbaren Anlagen, die
wasserdurchlässig, z. B. mit breitfugig verlegten Pflaster mit mehr als 25 % Fugenanteil,
mit Rasensteinen, Schotterrasen und ähnlichem befestigt sind, werden auf die
Grundflächenzahl im Sinne von § 19 Abs. 4 BauNVO nicht angerechnet."
21
Nachdem das Grundstück zuvor innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles
gelegen war, hatte der Rat der Stadt F. am 4. Dezember 2003, bekanntgemacht im
Amtsblatt der Stadt F. am 27. Januar 2004, die Aufstellung des oben genannten
Bebauungsplanes und unter dem 6. Dezember 2006, bekanntgemacht im Amtsblatt der
Stadt F. am 12. Dezember 2006, zur Sicherung ihrer Planungsabsichten eine
Veränderungssperre gemäß § 14 BauGB beschlossen.
22
Mit ihrem Antrag vom 13. September 2006 begehrte die Klägerin von dem Beklagten die
Erteilung eines positiven Bauvorbescheides für das oben genannte Vorhaben und bat
um Beantwortung der folgenden bauplanungsrechtlichen Fragen:
23
"1. Ist der Nahversorgungsmarkt in der vorgesehenen Größe bauplanungsrechtlich
zulässig?
24
2. Können die Stellplätze für die Kunden des Nahversorgungsmarktes in der
vorgesehenen Zahl erstellt werden?
25
3. Ist die Erschließung in der dargestellten Weise verkehrstechnisch möglich,
ausreichend und zulässig?"
26
Dem Bauantrag waren eine Katasterkarte, eine Grundkarte und ein Lageplan beigefügt;
eine Betriebsbeschreibung und ein Gutachten über Geräuschemissionen und -
immissionen durch das geplante Vorhaben reichte die Klägerin erst im Verlaufe des
Verfahrens ein. Aus den eingereichten Bauvorlagen war ersichtlich, dass 84 Stellplätze
eingerichtet werden sollten. Die Zu- und Abfahrt soll über die U.-Straße, nördlich des
Hauses Nr. 0 und östlich gegenüber dem Haus Nr. 0 erfolgen.
27
Nachdem der Beklagte die Klägerin zunächst mit Schreiben vom 21. September 2006
auf eine von ihr beabsichtigte Zurückstellung des Vorhabens nach § 15 BauGB
hingewiesen hatte, lehnte sie mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 13.
Dezember 2006 den begehrten Bauvorbescheid unter Hinweis auf die am 12.
Dezember 2006 bekannt gemachte Veränderungssperre ab und wies erneut darauf hin,
dass der vorliegende Antrag wegen fehlender Gutachten zum Immissionsschutz und
zum Verkehr nicht bescheidungsfähig sei.
28
Gegen diesen ablehnenden Bescheid erhob die Klägerin unter dem 22. Januar 2007
Widerspruch und reichte mit Schreiben vom 6. März 2007 beim Beklagten ein Gutachten
29
über Geräuschemissionen und -immissionen durch das geplante Vorhaben an der C.-
Straße/U.-Straße des TÜV Nord vom 25. Oktober 2006 ein. Grundlage dieses
Lärmgutachtens war u.a. die Errichtung einer 3 m hohen und 25 m langen
Lärmschutzwand im südlichen Grundstückbereich zum Schutz der umgebenden
Wohnbebauung, wobei ein Schutzanspruch für ein allgemeines Wohngebiet
anzusetzen sei. Zugleich beantragte die Klägerin eine Ausnahme nach § 14 BauGB von
der Veränderungssperre des Bebauungsplanes Nr. 00 zu erteilen.
Mit Schreiben vom 28. März 2007 lehnte die Beklagte die Erteilung einer Ausnahme ab
und verwies darauf, dass die Lärmschutzwand von 3 m Höhe gegen die
Abstandflächenvorschrift des § 6 BauO NRW verstoße.
30
Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 2. April 2007 dargelegt hatte, dass auch eine
2 m hohe Lärmschutzwand den Schutzanspruch für den Immissionspunkt 4 erfülle, wies
der Landrat des Kreises T. mit Widerspruchsbescheid vom 21. August 2007 den
Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück und verwies zur Begründung auf die
dem Vorhaben entgegenstehende Veränderungssperre sowie auf die fehlende
Vollständigkeit der Bauvorlagen, da dem Bauantrag eine Betriebsbeschreibung nicht
beigefügt worden war.
31
Am 5. September 2007 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.
32
Zur Begründung verwies sie zunächst auf die ihrer Ansicht nach unwirksame
Veränderungssperre und reichte mit Schriftsatz vom 24. September 2007 eine
Betriebsbeschreibung für das geplante Vorhaben ein. Nachdem zwischenzeitlich der
Bebauungsplan Nr. 00 in Kraft getreten ist, macht die Klägerin geltend, dass dieser
Bebauungsplan dem Vorhaben der Klägerin nicht entgegenstehe, da einzelne
Festsetzungen dieses Bebauungsplanes unwirksam seien. Dementsprechend sei das
Vorhaben auf der Grundlage von § 34 BauGB, insbesondere gemäß § 34 Abs. 3 BauGB
zulässig. Seinen Hilfsantrag begründe er zusätzlich mit der Absicht,
Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten geltend zu machen.
33
Im Einzelnen hält die Klägerin die textliche Festsetzung unter Nr. 1 a des
Bebauungsplanes hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung auf Grund der dort
normierten Sortimentsbeschränkung für nicht hinreichend bestimmt. Dies gelte
jedenfalls, weil auslegungsbedürftige Oberbegriffe genutzt würden, ohne eine konkrete
Auflistung von Sortimenten in die textliche Festsetzung des Bebauungsplanes
aufzunehmen. Denn die Begriffe "nahversorgungsrelevant" und "zentrenrelevant" seien
im Gesetz nicht definiert. Daran ändere auch die Bezugnahme auf die der Begründung
des Bebauungsplans als Anhang beigefügte sog. "F.er Liste" nichts, da hinsichtlich des
Begriffs der Nahversorgungsrelevanz eine weitere Konkretisierung nicht vorgenommen
worden sei.
34
Auch die textliche Festsetzung unter Nr. 1 a Satz 2 des Bebauungsplans bezüglich der
festgesetzten Abweichung sei unwirksam. Dies folge schon daraus, dass abweichend
von Satz 1 der textlichen Festsetzungen in Nr. 1 a in Nr. 1 a Satz 2 bestimmte Unterarten
von Einzelhandelsbetrieben zulässig sein sollen. Eine Feindifferenzierung nach § 1
Abs. 9 BauNVO sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur
zulässig, wenn der in Rede stehende Betriebstyp in der sozialen und ökonomischen
Wirklichkeit real existiere. Denn es dürfe angezweifelt werden, dass es einen
eigenständigen Typ des Einzelhandelsbetriebs des Lebensmittelhandwerks mit einer
35
Verkaufsfläche von maximal 30 m² gebe.
Ferner liege ein Abwägungsmangel bei der Festsetzung Nr. 1 a Satz 2 durch die
unterschiedliche Behandlung von Einzelhandelsbetrieben des Lebensmittelhandwerks
einerseits und Verkaufsstellen anderer Handwerksbetriebe vor, da erstere sich auf eine
Verkaufsfläche von maximal 30 m² je Betrieb beschränken müssten, wohingehend die
Verkaufsfläche von Verkaufsstellen sonstiger Handwerksbetriebe bis zu 10 % der
Geschossfläche des zugeordneten Betriebes erreichen dürften.
36
Die unter Nr. 1 a Satz 2 normierte Zulässigkeit von "kioskartigen Läden" sei mangels
hinreichender Bestimmtheit ebenfalls unwirksam.
37
Schließlich sei die textliche Festsetzung unter Nr. 1 a auch nicht geeignet, das
städtebauliche Planungskonzept schlüssig umzusetzen, da Verkaufsstellen, die im
Zusammenhang mit Handwerks- und produzierenden Gewerbe- sowie
Dienstleistungsbetrieben stehen, bis zu einer Größe von 10 % der Geschossfläche des
zugeordneten Betriebes weiterhin zulässig sein sollen. Je nach Größe des
zugeordneten Betriebes, von dessen Geschossfläche die Größe der Verkaufsstelle
abhängig sei, könnten negative Auswirkungen auf den Einzelhandel in
Nahversorgungszentren jedoch nicht ausgeschlossen werden.
38
Die textliche Festsetzung unter Nr. 2 e des Bebauungsplanes sei ebenfalls rechtswidrig,
da diese gegen § 19 Abs. 4 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) verstoße. Eine
besondere Begründung für eine Abweichung von der Vorschrift des § 19 Abs. 4
BauNVO sei dem Bebauungsplan nicht beigefügt worden.
39
In der mündlichen Verhandlung ergänzte die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen und
macht geltend:
40
Ein Verweis auf zentren- und nahversorgungsrelevante Sortimente in einem
Einzelhandelskonzept sei nicht zulässig, vielmehr habe eine diesbezügliche Aufnahme
in die Festsetzung des Bebauungsplanes zu erfolgen.
41
Die Aufnahme einer Abweichungsregelung für Einzelhandelsbetriebe mit einer
Verkaufsfläche von 30 m² widerspreche dem sog. Typenzwang.
42
Es gebe für einen solchen Handelsbetrieb nicht die nach § 1 Abs. 9 BauNVO
notwendige städtebauliche Rechtfertigung. Insoweit fehle es auch an einer Begründung
im Bebauungsplan.
43
Gleiches gelte auch für die im Bebauungsplan festgesetzten Ausschlüsse im WA-
Gebiet u.a. für Läden, die der Versorgung des Gebietes dienten.
44
Die Klägerin beantragt,
45
den Beklagten unter Aufhebung seines ablehnenden Bauvorbescheides von 13.
Dezember 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Landrates des
Kreises T. vom 21. August 2007 zu verpflichten, die Bauvoranfrage der Klägerin vom 13.
September 2006 für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes auf dem Grundstück
Gemarkung F., Flur 00, Flurstücke 000, 000 und 000 positiv zu bescheiden,
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hilfsweise, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, die Bauvoranfrage der
Klägerin vom 13. September 2006 für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes auf dem
Grundstück Gemarkung F., Flur 00, Flurstücke 000, 000 und 000 bis zum Inkrafttreten
des Bebauungsplanes positiv zu bescheiden
47
Der Beklagte beantragt,
48
die Klage abzuweisen.
49
Er macht geltend, dass der zwischenzeitlich in Kraft getretene Bebauungsplan Nr. 00
dem Vorhaben der Klägerin entgegenstehe. Dieser Bebauungsplan sei auch wirksam.
Insbesondere sei festzustellen, dass zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses die vom
Rat der Stadt F. beschlossenen Ergebnisse des Einzelhandelsentwicklungs- und
Zentrenkonzepts der Stadt F. vorgelegen hätten und damit die strategische Ausrichtung
zum Thema Einzelhandel vorgegeben worden sei. Den textlichen Festsetzungen zum
Ausschluss von Einzelhandel sei ein standortspezifischer Einzelhandelsnachweis
zugrunde gelegt worden. Mit dem Ausschluss von zentren- und
nahversorgungsrelevanten Sortimenten seien hinreichend konkret die Branchen
beschrieben, da im Anhang zur Begründung die entsprechenden Sortimente aufgelistet
und der Kategorie zentrenrelevant und nahversorgungsrelevant zugeordnet worden
seien. Der Rückgriff auf Listen in Einzelhandelserlassen oder sonstigen
Orientierungshilfen sei unbedenklich, soweit dadurch bestimmte Arten von Anlagen im
Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO zutreffend gekennzeichnet würden. Mit der Darstellung
der Liste und dem Verweis in den textlichen Festsetzungen werde der Ausschluss
hinreichend konkret und nachvollziehbar formuliert. Dass in der Festsetzung der
Verweis auf die F.er Liste unmittelbar nur in Bezug auf die zentrenrelevanten Sortimente
und nicht auf die nahversorgungsrelevanten Sortimente vorgenommen worden sei, sei
zwar ein redaktioneller Fehler, ändere aber nichts daran, dass in dieser Liste auch die
nahversorgungsrelevanten Sortimente aufgelistet seien und ohne weiteres in Bezug zur
textlichen Festsetzung gebracht werden könnten.
50
Einzelhandelsbetriebe des Lebensmittelhandwerks wie Bäcker und Metzger seien kein
Betriebstypus, den die Stadt F. erfunden habe. Ausgehend von der
Einzelhandelserhebung der Stadt- und Regionalplanung Dr. K. GmbH stelle die
Verkaufsfläche von 30 m² eine in F. typische Gattung des Einzelhandels dar. Im
Rahmen der gesamtstädtischen Einzelhandelserhebung seien 29 Betriebe des
Lebensmittelhandwerks (Bäcker, Metzger) mit zusammen ca. 945 m² Verkaufsfläche in
der Stadt F. erhoben worden. Die durchschnittliche Betriebsgröße der Betriebe des
Lebensmittelhandwerks liege in F. somit bei ca. 30 m² Verkaufsfläche je Betrieb, so
dass mit der Festsetzung eine für die Stadt F. typische Gattung umschrieben, festgesetzt
und hinreichend begründet worden sei.
51
Der Begriff Kiosk umschreibe einen allgemein üblichen Betriebstypus, der in
verschiedenen Regionen mit Trinkhalle, Wasserhäuschen oder auch Bude umschrieben
werde. Im gesamten Stadtgebiet von F. seien kioskartige Läden verteilt, in denen
Tabakwaren, Süßigkeiten, Getränke, Zeitungen und in beschränktem Ausmaße auch
Schreibwaren angeboten würden. Ein Abwägungsdefizit liege ebenfalls nicht vor, da
nach Lage der Dinge im Bebauungsplangebiet nicht zu erwarten sei, dass sich ein
Produzent von z.B. Schuhen oder Textilien bzw. ein Produzent von Lebensmitteln in
einer Größe hier niederlassen werde, der ihm auf der Grundlage der zur Rede
stehenden Regelung eine Verkaufsfläche von zentren- oder nahversorgungsrelevanten
52
Sortimenten in einer unverträglichen Größenordnung ermögliche.
Bezüglich der von der Klägerin angegriffenen Festsetzung zum Maß der baulichen
Nutzung trägt der Beklagte vor, dass diese Festsetzung nicht dazu führen werde, dass
das gesamte Grundstück mit wasserdurchlässigen Werkstoffen belegt werde. Es sei
zwar richtig, dass die Begründung des Bebauungsplanes sich zu dieser Festsetzung
nicht verhalte, dies führe jedoch nicht zur Nichtigkeit des Bebauungsplanes, weil
lediglich die wesentlichen Auswirkungen des Bebauungsplanes zu begründen und zu
rechtfertigen seien. Die vorgenannte Festsetzung gehöre aber nicht zu den Kernpunkten
des Bebauungsplanes, so dass selbst im Falle der Nichtigkeit dieses Teils nicht von
einer Gesamtnichtigkeit des Bebauungsplanes auszugehen sei.
53
Abschließend trägt der Beklagte vor, dass das Vorhaben der Klägerin auch bei
unterstellter Anwendbarkeit des § 34 Abs. 3 BauGB unzulässig sei, weil von ihm
schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde zu
erwarten seien. Die schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche der
Stadt seien durch und in Einzelhandelsentwicklungs- und Zentrenkonzepten sowie im
standortspezifischen Nachweis zu Art und Umfang der verträglichen
Einzelhandelsnutzungen im Mischgebiet hinreichend dargelegt und begründet. Zur
Vermeidung von Wiederholungen werde deshalb darauf verwiesen.
54
Am 20. August 2009 hat der Berichterstatter vor Ort mit den Beteiligten die Sach- und
Rechtslage erörtert. Insoweit wird auf die Niederschrift und wegen der weiteren
Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die Gerichtsakte sowie auf die von dem
Beklagten eingereichten Verwaltungsvorgänge ergänzend verwiesen.
55
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
56
Die Klage hat keinen Erfolg.
57
Die Klage ist mit dem Hauptantrag als Verpflichtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1
VwGO zulässig, aber unbegründet. Denn die Klägerin kann den begehrten
Bauvorbescheid für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes nicht beanspruchen. Der
ablehnende Bescheid des Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides des
Landrates des Kreises T. ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten
(vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).
58
Das Vorhaben, das die Klägerin mit ihrem Antrag vom 13. September 2006 zur Prüfung
gestellt hat, widerspricht den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 00 der Stadt F.
und ist daher bauplanungsrechtlich unzulässig.
59
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB, da das
Grundstück, auf dem das Vorhaben der Klägerin verwirklicht werden soll, vom
Geltungsbereich des rechtswirksamen Bebauungsplanes Nr. 00 der Stadt F. erfasst
wird.
60
Die von der Klägerin gegen die Wirksamkeit dieses Bebauungsplanes erhobenen
Einwendungen greifen nicht durch.
61
In Bezug auf die "Prüfungsdichte" orientiert sich das Gericht an der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts, wonach sich das Verwaltungsgericht bei der
62
Inzidentkontrolle eines Bebauungsplanes nicht gleichsam ungefragt auf "Fehlersuche"
begeben soll.
Vgl. z. B. BVerwG 7.9.1979, Az. 4 C 7.77, DVBl 1980, 230; vom 17.6.1993, Az. 4 C 7.91,
NVwZ 1994, 281; vom 12.9.1989, Az.4 B 149.89, Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 19;
vom 3.12.1998, Az. 4 CN 3.97, BVerwGE 108, 71).
63
Dies bedeutet, dass sich die Überprüfung eines Bebauungsplans im Rahmen der
Inzidentkontrolle - anders als bei der abstrakten Normenkontrolle nach § 47 VwGO - auf
die konkret und substantiiert geltend gemachten Einwendungen sowie auf sonstige, sich
als offensichtlich aufdrängende Mängel beschränken kann. Im Gegensatz zu der
abstrakten Normenkontrolle nach § 47 VwGO, die von der Klägerin offenbar nicht
angestrengt worden ist, dient die Inzidentkontrolle nur dem subjektiven Rechtsschutz
und hat nicht den Charakter eines objektiven Rechtsbeanstandungsverfahrens.
64
vgl. dazu Eyermann/ Jörg Schmidt , VwGO Kommentar, 12. Auflage, Rn. 5 ff zu § 47
65
Die von der Klägerin gegen den Bebauungsplan Nr. 00 vorgebrachten Rügen greifen im
Ergebnis nicht durch.
66
Weder ist der Bebauungsplan insgesamt noch die dem Vorhaben der Klägerin
entgegenstehende Festsetzung über den Ausschluss von Einzelhandel in dem hier
betroffenen Mischgebiet unwirksam
67
Dies gilt zunächst für die gerügte Unbestimmtheit der Sortimentsbeschränkung in der
Festsetzung Nr. 1, a) Satz 1 und die Unwirksamkeit der Abweichungsregelung in Satz 2:
68
Nach § 1 Abs. 5 BauNVO kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte
Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2, 4 bis 9 und 13 BauNVO allgemein zulässig
sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern
die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Ausgeschlossen oder
für ausnahmsweise zulässig erklärt werden kann jede einzelne der in den jeweiligen
Absätzen 2 der betreffenden Baugebietsvorschrift genannten Nutzungsarten. Zu den
Arten von Nutzungen, die auf diese Weise generell ausgeschlossen werden können,
gehören auch Einzelhandelsbetriebe, die im Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3
BauNVO allgemein zulässig sind.
69
Im vorliegenden Verfahren ist kein vollständiger Ausschluss erfolgt. Nach dem Willen
des Plangebers soll (allein) der zentren- und nahversorgungsrelevante Einzelhandel auf
der Grundlage von § 1 Abs. 9 BauNVO ausgeschlossen werden. Danach kann im
Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 BauNVO festgesetzt werden, dass
nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen
baulichen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise
zugelassen werden können, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen.
Nach der Rechtsprechung dürfen einzelne Einzelhandelsbranchen aus dem Kreis der in
einem Mischgebiet allgemein zulässigen Einzelhandelsbetriebe ausgeschlossen
werden, wenn die Differenzierung marktüblichen Gegebenheiten entspricht und die
einschränkende Voraussetzung der Rechtfertigung durch besondere städtebauliche
Gründe erfüllt ist. Das "Besondere" an den städtebaulichen Gründen nach § 1 Abs. 9
BauNVO besteht nicht notwendig darin, dass die Gründe von größerem oder im
Verhältnis zu Absatz 5 zusätzlichem Gewicht sein müssen. Vielmehr ist mit
70
"besonderen" städtebaulichen Gründen in § 1 Abs. 9 BauNVO gemeint, dass es
spezielle Gründe gerade für die gegenüber Absatz 5 noch feinere Ausdifferenzierung
der zulässigen Nutzungen geben muss.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2009 - 4 C 16.07 - und vom 22. Mai 1987 - 4 C
77.84 -, BVerwGE 77, 317.
71
Festsetzungen auf der Grundlage des § 1 Abs. 9 BauNVO müssen dem Erfordernis
genügen, bestimmte Anlagentypen zu umschreiben. In dieser Hinsicht kommen als ein
zur Konkretisierung geeignetes Mittel auch Sortimentsbeschränkungen in Betracht,
sofern die Differenzierung marktüblichen Gegebenheiten entspricht. Der Rückgriff auf
Listen oder sonstigen Orientierungshilfen ist unbedenklich, soweit dadurch bestimmte
Arten von Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO zutreffend gekennzeichnet werden.
72
Vgl. bereits BVerwG, Beschluss vom 4. Oktober 2001 - 4 BN 45.01 -, BRS 64 Nr. 28;
Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel, 2007, Rn. 527 ff. m.w.N.
73
§ 1 Abs. 9 BauNVO erweitert damit die Festsetzungsmöglichkeiten auf
Nutzungsunterarten, welche die BauNVO selbst nicht angeführt hat. Ziel ist es, die
allgemeinen Differenzierungsmöglichkeiten der Baugebietstypen nochmals einer
"Feingliederung" unterwerfen zu können, falls sich hierfür besondere städtebauliche
Gründe ergeben, um die Vielfalt der Nutzungsarten im Plangebiet zu mindern. Auch hier
muss sich der Ausschluss jedoch auf eine Nutzungsart beziehen, die es in der sozialen
und ökonomischen Realität bereits gibt. Die Norm eröffnet der Gemeinde keine
Befugnis, neue Nutzungsarten zu erfinden.
74
BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 1998 - 4 BN 31.98 -, NVWZ RR 1999, 9; Beschluss
vom 4.10.2001 - 4 BN 45.01 -, BRS 64 Nr. 28; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2006 - 10
D 10/04.NE -, ZfBR 2007, 64; Maidowski, Rechtssichere Einzelhandelssteuerung,
BADK -Informationen 2008, 168, 177 f.
75
Nach diesen Grundsätzen knüpfen die vorgenommenen Unterteilungen zweifelsfrei an
in der Realität vorhandene Sortimentsbereiche an.
76
Namentlich hat der Beklagte substantiiert und überzeugend für das Gericht dargelegt,
dass innerhalb der Stadt F. sehr wohl der eigenständige Einzelhandelsbetrieb des
Lebensmittelhandwerks (insbesondere Bäcker und Metzger) mit einer Verkaufsfläche
von max. 30 m² Verkaufsfläche real existiert. Die insoweit in Bezug genommenen
konkreten Erhebungen der Stadt- und Regionalplanung Dr. K. GmbH hat die Klägerin
zwar angezweifelt, ist ihnen aber nicht substantiiert entgegengetreten.
77
Soweit die Klägerin rügt, dass eine Konkretisierung hinsichtlich der
Nahversorgungsrelevanz nicht vorgenommen worden sei, greift dieser Einwand nicht
durch. Eine zur Unwirksamkeit führende Unbestimmtheit ist nicht feststellbar.
78
Speziell für Bebauungspläne folgt die Notwendigkeit hinreichender Bestimmtheit
daraus, dass die Festsetzungen Inhalt und Schranken des grundrechtlich geschützten
Eigentums unmittelbar berühren und ausgestalten. Die von den Festsetzungen des
Bebauungsplanes Betroffenen müssen deshalb wissen, welche Nutzungen auf den
Grundstücken zulässig sind. Das demnach zu fordernde Maß der Konkretisierung hängt
wesentlich von der Art der jeweiligen Festsetzung, den Planungszielen und den
79
Umständen des Einzelfalles, insbesondere den örtlichen Verhältnissen, ab.
Die gebotene Normenklarheit und - bestimmtheit fehlt allerdings nicht schon deshalb,
weil die Norm der Auslegung bedürfte. Es ist vielmehr ausreichend, wenn der
Norminhalt durch Auslegung ermittelt werden kann, wobei die Interpretation nicht durch
den formalen Wortlaut beschränkt wird. Ausschlaggebend ist vielmehr der objektive
Wille des Normgebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im Satzungstext einen
Niederschlag gefunden hat.
80
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 1995 - 4 N 2.95 -, BRS 57 Nr. 57; OVG
NRW, Urteil vom 7. November 2005 - 10 D 3/03.NE - juris.
81
Gemessen an diesen Grundsätzen lässt der Plan im Hinblick auf den vorgenommenen
Einzelhandelsausschluss für nahversorgungsrelevante Sortimente nicht die gebotene
Klarheit vermissen.
82
Zwar fehlt in der o.g. Festsetzung insoweit die ausdrückliche Bezugnahme auf die "F.er
Liste", jedoch ist dieser Mangel, den der Beklagte als redaktionelles Versehen
beschrieben hat, mit den Mitteln der Auslegung zu beheben. Denn in der Festsetzung 1,
a), Satz 2 des Bebauungsplanes Nr. 00 findet sich in Bezug auf zentrenrelevante
Sortimente der Verweis auf die "F.er Liste" und zugleich der Hinweis auf den Anhang
zur Begründung des Bebauungsplanes. Mit diesem Hinweis sollte nach verständiger
Würdigung diese Liste - nicht nur andeutungsweise - zum Bestandteil des
Bebauungsplanes werden, wie sich auch aus der entsprechenden textlichen
Begründung ergibt. Das Mittel des Verweises auf die im Anhang abgedruckte Liste
sollte mutmaßlich dazu dienen, den vollständigen Inhalt dieser Liste, mithin auch
bezüglich der weiteren Beschreibung der nahversorgungsrelevanten Sortimente, zum
Bestandteil der textlichen Festsetzung zu machen, ohne - auf Kosten der
Übersichtlichkeit - den Umfang der textlichen Festsetzungen zu überfrachten. Da im
gesamten Regelungszusammenhang keine andere Beschreibung der Sortimente als in
der "F.er Liste" zu finden ist, gibt es keine Anhaltspunkte für eine andere Auslegung
oder auch nur für mögliche Missverständnisse.
83
Ebensowenig erweist sich die Verwendung des Begriffs "kioskartiger Laden" als
unbestimmt. Ein Kiosk unterfällt ebenso wie ein "kioskartiger Laden" dem Typus eines
besonders kleinen - deutlich unter 100 m² großen - Einzelhandelsbetriebes. Er verfügt
nur über ein begrenztes Warenangebot und deckt vornehmlich nur einen beschränkten,
kurzfristigen Bedarf. Er besitzt, was den Schutz des sonstigen Einzelhandels angeht,
nur eine marginale städtebauliche Bedeutung. Diese Umstände rechtfertigen es, diesen
Typ Einzelhandelsbetrieb als in allen Baugebieten der BauNVO zulässig anzusehen.
84
Vgl. insoweit auch: Kuschnerus, "Der standortgerechte Einzelhandel", 2007, Rn 107 ff.
m.w.N..
85
Ausgehend von dieser Begriffsbestimmung und Einordnung ist es rechtlich ohne
Belang, dass diesem Typus eines besonders kleinen Einzelhandelsbetriebes begrifflich
auch die in einigen Regionen so genannten "Trinkhallen" und "Büdchen" unterfallen
dürften, da auch diesen die o.g. wesentlichen Merkmale immanent sind. Die geringen
Unterschiede zwischen Trinkhallen/ Büdchen und Kiosken rechtfertigen jedenfalls nicht
die Annahme, dass nur der klassische Kiosk als Typus anzuerkennen ist, während der
"kioskartige Laden" allein wegen seiner möglicherweise etwas erweiterten Bestimmung
86
diesem Typus nicht mehr unterfallen soll. Durch die Begrenzung der Verkaufsfläche
dieser Betriebe auf 30 m² hat der Bebauungsplangeber hinreichend bestimmt
sichergestellt, dass jedenfalls nur ein begrenztes Warenangebot dort feilgeboten
werden kann, ohne eine weitere Differenzierung bspw. zwischen größeren
"Trinkhallen", die zugleich § 7 des Gaststättengesetzes unterfallen könnten und
"klassischen" Kiosken vornehmen zu müssen. Eine unzulässige Beschränkung der
Verkaufsfläche auf 30 m² ist ebenfalls nicht anzunehmen, da diese Größenordnung dem
Typus Kiosk oder auch "kioskartiger Laden" noch unterfällt.
Die von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen gegen die mit der Festsetzung
getroffene Regelung für Verkaufsstellen, die im unmittelbaren räumlichen und
betrieblichen Zusammenhang mit Handwerks- und produzierenden Gewerbe- sowie
Dienstleistungsbetrieben stehen, und bis zu einer Größe von 10 % der Geschossfläche
des zugeordneten Betriebes erreichen dürfen, greifen ebenfalls nicht durch.
87
Zunächst fehlt es insoweit nicht an der nach § 1 Abs. 9 BauNVO erforderlichen
städtebaulichen Rechtfertigung. Denn diese Verkaufsstellen von Handwerks- und
produzierenden Gewerbe- sowie Dienstleistungsbetrieben können als Typus
"Eigenproduktionsverkaufsstelle" vergleichbar einem landwirtschaftlichen Hofladen für
Eigenerzeugnisse zum Regelungsgegenstand von Einzelhandelsklauseln gemacht
werden.
88
Maidowski, Rechtssichere Einzelhandelssteuerung, BADK -Informationen 2008, 168,
177 f
89
Diese Regelungsbefugnis hat der Bebauungsplangeber auch nicht durch die
Verkaufsflächenbegrenzung auf 10 % der Geschossfläche in unzulässiger Weise
überschritten. Denn mit der Anknüpfung an einen räumlichen und funktionalen
Zusammenhang dieser Verkaufsstelle mit dem Hauptbetrieb erfolgt eine zulässige
Feindifferenzierung, da keine höchstzulässige Quadratmeterzahl der Verkaufsfläche
vorgegeben wird, sondern eine deutliche Unterordnung der Verkaufsstelle durch eine
prozentuale Begrenzung auf 10 % der Geschossfläche festgesetzt worden ist. Mit der
somit verfügten Unterordnung wird der Typus einer "Eigenproduktionsverkaufsstelle"
ausreichend gewahrt.
90
Auch Abwägungsmängel sind insoweit nicht feststellbar.
91
Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und
privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das in dieser
Vorschrift normierte Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung
überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird,
was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der
betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung
berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit
einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist
dem Abwägungserfordernis jedoch genügt, wenn sich die zur Planung berufene
Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und
damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belanges entscheidet.
92
Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli.1974 - 4 C 50.72 - , BVerwGE 45, 309 ff.; OVG NRW,
Urteil vom 19. März 2009 - 10 D 55/07.NE -.
93
Eine Eignung, das städtebauliche Konzept umzusetzen, wird durch die Zulassung von
Verkaufsstellen, die 10 % der Geschossfläche erreichen dürfen, nicht in Frage gestellt.
Ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan (S. 8) lasse die relativ geringe
Flächendimensionierung keine wesentlichen Auswirkungen auf zentrale
Versorgungsbereiche erwarten. Da die als MI- Gebiet festgesetzte Fläche ca. 3.800 m²
groß ist, entsprechen 10 % der Geschossfläche - bei der hier festgesetzten
Geschossflächenzahl von 0,8 - nur einer Fläche von ca. 300 m² für das gesamte
Mischgebiet, mithin für sämtliche Handwerks- und produzierendes Gewerbe- sowie
Dienstleistungsbetriebe. Vor diesem Hintergrund der objektiv nur geringen
Verkaufsfläche für diese Eigenproduktionsverkaufsstellen bedurfte es - entgegen der
Auffassung der Klägerin - keiner weitergehenden Begründung in Bezug auf das
städtebauliche Gesamtkonzept.
94
Soweit die Klägerin Abwägungsmängel bezüglich der für das WA-Gebiet festgesetzten
Ausschlüsse u.a. für Läden, die der Versorgung des Gebietes dienen (Nr. 1, c)), rügt, ist
festzustellen, dass der Bebauungsplan keine den rechtlichen Anforderungen
genügende Begründung hierfür enthält. Der Hinweis, dass dem vorhandenen
Gebietscharakter und den Wünschen der zukünftigen Bewohner entsprochen werden
soll, erweist sich offensichtlich nicht als stichhaltig, um einen Eingriff in das Grundrecht
des Art. 14 GG zu rechfertigen.
95
Jedoch führt die Nichtigkeit dieses Ausschlusses nicht zur Unwirksamkeitkeit des
Bebauungsplanes insgesamt.
96
Die Nichtigkeit einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans führt dann nicht zur
Gesamtnichtigkeit des Plans, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch
eine den Anforderungen des § 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche
Ordnung bewirken können und wenn zusätzlich die Gemeinde nach ihrem im
Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen mutmaßlichen Willen im Zweifel auch
einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte.
97
BVerwG in st. Rspr.: vgl. Urteil vom 26. März 2009, - 4 C 21/07 -; Beschlüsse vom 18.
Februar 2009 - 4 B 54/08 - BauR 2009, 1102 und vom 29. März 1993 - 4 NB 10/91 -
BRS Bd. 55, Nr, 30
98
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
99
Der in Nr. 1 Buchst. c) des Bebauungsplans Nr. 00 bezüglich des WA- Gebietes
geregelte Ausschluss für Läden, die der Versorgung des Gebietes dienen, sowie die
bezüglich des MI- Gebietes unter 1., Buchst. a) getroffenen Regelungen zu
Einzelhandelsnutzungen sind objektiv teilbar. Denn der mit einer Feindifferenzierung
geregelte Einzelhandelsausschluss für das Mischgebiet kann seine städtebauliche
Steuerungsfunktion auch ohne den Ausschluss von Läden, die der Versorgung des WA-
Gebietes dienen, erfüllen.
100
Aus der Begründung des Bebauungsplanes ergibt sich allein der Wille des Plangebers,
dem vorhandenen Gebietscharakter und den Wünschen der zukünftigen Bewohner
entsprechen zu wollen. Weitergehende, das Gesamtkonzept des Planes tragende
Erwägungen werden nicht ausdrücklich erwähnt. Mithin ist mit den Mitteln der
Auslegung zu erforschen, ob der Plangeber mit dem auf das WA- Gebiet bezogenen
101
Ausschluss von Läden, die der Versorgung des Gebietes dienen, überhaupt den Schutz
zentraler Versorgungsbereiche verfolgte oder auch einen Plan ohne diesen Ausschluss
für das WA- Gebiet beschlossen hätte. Letzteres drängt sich vorliegend auf. In der
Begründung des Bebauungsplanes wird als allgemeine Zielsetzung für die
Einzelhandelsentwicklung in F., die Sicherung einer fußläufig erreichbaren
Nahversorgung auch durch Stärkung in den Wohnquartieren aufgeführt, sodass diese
Zielsetzung durch die Zulassung von Läden, die der Versorgung des Gebietes dienen,
sogar gefördert würde. Ferner fällt ins Gewicht, dass der Plangeber keine Gefahr für
seine weiteren Ziele bezüglich des Schutzes und der Stärkung zentraler
Versorgungsbereiche im festgesetzten Mischgebiet durch die Zulassung von
Verkaufsstellen des Lebensmittelhandwerks mit bis zu 300 m² Verkaufsfläche gesehen
hat. Damit hat er deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Einzelhandelsbetriebe dieser
Größenordnung den o.g. Zielen nicht zuwiderlaufen. Dies trifft auch auf einen Laden, der
der Gebietsversorgung in dem festgesetzten WA- Gebiet dient, zu. Denn ein solcher
Einzelhandelsbetrieb hätte sich - nicht nur nach der zutreffenden Auffassung des
Beklagten - der umgebenden Wohnnutzung unterzuordnen, sodass weder eine größere
Stellplatzanlage noch ein Einzelhandelsbetrieb mit deutlich über 300 m² Verkaufsfläche
zugelassen werden könnte. Vor diesem Hintergrund ist daher überwiegend
wahrscheinlich, dass die Plangeberin die o.g. Festsetzungen für das Mischgebiet nach
Nr. 1, a) auch dann beschlossen hätte, wenn sie davon ausgegangen wäre, dass ein
Ausschluss für Läden, die der Versorgung des WA- Gebietes dienen, nicht
rechtswirksam festgesetzt werden könnte.
Schließlich kann in Anknüpfung an die vorstehenden Ausführungen offen bleiben, ob
die von der Klägerin gerügte Rechtswidrigkeit der Festsetzung bezüglich des Maßes der
Nutzung unter Nr. 2, e) des Bebauungsplanes vorliegt; eine Unwirksamkeit des
Bebauungsplanes insgesamt resultierte hieraus jedenfalls nicht, da die Stadt F.
offenkundig nach dem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen auch
einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts ohne die Festsetzung Nr. 2, e) beschlossen
hätte. Im Hinblick auf die diesbezüglichen Erörterungen in der mündlichen Verhandlung
wird auf eine weitere Begründung verzichtet.
102
Die Klage bleibt auch mit dem Hilfsantrag erfolglos.
103
Der Hilfsantrag ist bereits unzulässig, da die Klägerin keine konkreten Angaben dazu
gemacht hat, aus welchem Grund ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse i.S.d. § 113
Abs. 1 Satz 4 VwGO bestehen könnte. Der beiläufig in der mündlichen Verhandlung
erwähnte Hinweis auf Schadensersatzansprüche genügt insoweit nicht.
104
Die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage setzt u.a. voraus, dass die
Klägerin ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Dazu gehört vor dem
Hintergrund der Frage, ob die Klägerin mit dem Urteil "etwas anfangen kann" und
dieses geeignet ist, ihre Position zu stärken, jedes nach Lage des Falles
anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art,
105
vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. März 1976 - I WB 54.74 -, BVerwGE 53,134, Urteile vom
20. April 1994 - 11 C 60/92 -, a.a.O. und vom 12. September 1989 - 1 C 40.88 -, a.a.O.,
106
wobei die Klägerin ihr berechtigtes Feststellungsinteresse substantiiert darlegen muss.
107
Vgl. nur: BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 1 C 42.90 -, Buchholz 310, § 113
108
VwGO Nr. 238.
Bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage, die der Vorbereitung eines
Amtshaftungsverfahrens vor dem Zivilgericht dienen soll, ist das Feststellungsinteresse
aber nur zu bejahen, wenn ein solcher Prozess bereits anhängig, mit Sicherheit zu
erwarten oder ernsthaft beabsichtigt ist, die begehrte Feststellung in diesem Verfahren
erheblich und die Rechtsverfolgung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Ebenso bedarf
es einer jedenfalls annähernden Angabe der Schadenshöhe.
109
Vgl. insoweit Fallkonstellation zu OVG NRW, Urteil vom 23. April 1996 - 10 A 620/91 -,
NVwZ 1997, 598.
110
An derartigen substantiierenden Angaben für einen beabsichtigen
Schadensersatzprozess fehlt es aber.
111
Vorliegend hat die Klägerin weder in ihrem schriftsätzlichen Vorbringen noch in ihren
Erklärungen in der mündlichen Verhandlung - trotz des Hinweises des Berichterstatters,
dass der Hilfsantrag bislang nicht angekündigt worden sei - etwas dazu ausgeführt,
dass sie die Erhebung einer Schadensersatzklage konkret und ernsthaft beabsichtige
und welchen Schaden, in welcher ungefähren Höhe sie dabei geltend machen wolle.
112
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1; die Entscheidung über die
Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO und §§ 708, 711 ZPO.
113
114