Urteil des VG Münster vom 01.07.2010

VG Münster (uniform, arbeitszeit, kläger, treu und glauben, dienstkleidung, unbestimmter rechtsbegriff, dienstzeit, erlass, begründung, herstellung)

Verwaltungsgericht Münster, 4 K 1753/08
Datum:
01.07.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 1753/08
Schlagworte:
Polizeivollzugsbeamter Aufrüsten Abrüsten Dienstbereitschaft
Einsatzbereitschaft Uniform Arbeitszeit
Normen:
§ 1 Abs. 1 und Abs. 3 AZVO Pol NW
Leitsätze:
Das Aufrüsten vor Schichtbeginn und das entsprechende Abrüsten nach
Schichtende gehören zum regulären Dienst eines
Polizeivollzugsbeamten im Wach- und Wechseldienst. Bei
Schichtwechsel ist der vom Dienstherrn den
Dienstgruppenleitern/Wachdienstführern für den Informationsaustausch
eingeräumte Zeitraum von 15 Minuten pro geleisteter Schicht
ausreichend. Es ist nicht notwendig, daneben auch den Streifenbeamten
einen Zeitraum für Übergabegespräche als Dienstzeit anzurechnen.
Tenor:
Es wird festgestellt, dass der Kläger beim Polizeipräsidium N. in der
Polizeiwache Q.--------straße in der Zeit ab dem 18. Januar 2008 durch
das Aufrüsten vor Schicht-beginn (Anlegen der Uniform und Übernahme
der Gegen-stände, die unter Ziffer 3 des Erlasses des Innenministeri-
ums NRW vom 18. März 2010 aufgeführt sind) und das entsprechende
Abrüsten nach Schichtende Arbeitszeit im Sinne des § 1 Abs. 1 und 3
der Verordnung über die Ar-beitszeit der Polizeivollzugsbeamten des
Landes NRW erbracht hat.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und der Be-klagte je zur
Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Vollstreckungsschuldner kann die Vollstre-ckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden
Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger
zuvor Si¬cherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Der Kläger steht als Polizeioberkommissar im Dienst des beklagten Landes. Er ist im
Wach- und Wechseldienst beim Polizeipräsidium N. tätig und in der Polizeiwache
Q.--------straße im Streifendienst eingesetzt.
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Mit Schreiben vom 18. Januar 2008 beantragte der Kläger, "bisher geleistete Rüstzeiten
zu Dienstbeginn (vor Schichtbeginn) sowie die Abrüstzeiten zu Dienstende (nach
Schichtende) als Dienstzeit anzuerkennen".
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Mit Bescheid vom 2. Juli 2008 lehnte das Polizeipräsidium N. den Antrag des
Klägers nach vorheriger Anhörung ab. Zur Begründung führte er aus: Nach Einführung
der 41-Stunden-Woche habe das Innenministerium mit Erlass vom 31. März 2004 – AZ
41.2 – 3025 – darauf hingewiesen, dass "Übergabe- und Rüstzeiten", die dazu dienten,
die
Einsatzbereitschaft
Dienstgeschäfte zu gewährleisten, nach wie vor als Dienstzeit zu werten seien. Nach
diesem Erlass, der mit Erlass vom 13. Dezember 2007 – AZ.41-60.01.10 – bestätigt
worden sei, seien Zeiten der
Vorbereitung
gehöre die für das Anlegen der Dienstkleidung notwendige Zeit, da das Anlegen der
Uniform lediglich dazu diene, die
Dienstbereitschaft
und Beamten im Wach- und Wechseldienst verrichteten ihren Dienst im Rahmen einer
zeitlichen festgelegten Schicht als Teil einer 24-stündigen Einsatzbereitschaft der
Polizei. Mit Schichtbeginn müssten die Beamten in der Lage sein, ihren Dienst
uneingeschränkt aufzunehmen. Die Dienstbereitschaft werde durch die erforderlichen
Vorbereitungshandlungen auf den Dienst erreicht, wozu auch das Anlegen der Uniform
gehöre. Den Beamten sei es freigestellt, wo sie ihre Dienstkleidung anlegten. Es
bestehe zwar die Möglichkeit, die Dienstkleidung und die persönlich zugewiesenen
Ausrüstungsgegenstände in den Diensträumen aufzubewahren; indes gebe es hierzu
keine Verpflichtung. Vielmehr seien die Beamten berechtigt, die Uniform mit nach
Hause zu nehmen und den Weg zum und vom Dienst in Uniform zurückzulegen. Eine
Pflicht, die Uniform erst in den Diensträumen anzulegen, bestehe nicht. Die von der
Dienstbereitschaft zu unterscheidende Einsatzbereitschaft werde demgegenüber durch
Handlungen hergestellt, die zwangsläufig in den Diensträumen vorgenommen werden
müssten, wie z. B. das Prüfen und das An- und Ablegen der Dienstpistole oder die
Übernahme und Übergabe bestimmter Einsatzmittel. (Nur) für Dienstgruppenleiter und
Wachdienstführer sei zudem eine Zeit von 15 Minuten pro geleisteter Schicht für die
Übergabe der Dienstgeschäfte eingeplant. Für die übrigen Beamten des Wach- und
Wechseldienstes sei aber dafür keine Notwendigkeit ersichtlich.
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Der Kläger hat hiergegen am 30. Juli 2008 Klage erhoben. Das Innenministerium sei
nicht berechtigt, letztverbindlich festzulegen, dass das An- und Ablegen der
Dienstkleidung bzw. die kurzen notwendigen Übergabegespräche zwischen den
Streifenbeamten nicht zur Dienstverrichtung eines Beamten gehörten. Die
Regelungsbefugnis des Innenministeriums beschränke sich darauf, den Dienst selbst
anhand konkreter Anforderungen auszugestalten; sie berechtige das Innenministerium
aber nicht dazu, mit dem Dienst unmittelbar zusammenhängende Verrichtungen als
fremdnützig oder eigennützig zu definieren. Der Begriff "Dienst" sei ein unbestimmter
Rechtsbegriff, dessen inhaltliche Konkretisierung im Streitfall den Gerichten obliege. Die
Polizeiuniform sei eine besondere Dienstkleidung, ohne die der Polizeivollzugsbeamte
grundsätzlich nicht berechtigt sei, seinen Dienst anzutreten. Dies ergebe sich aus Nr.
5
1.1 der Dienstkleidungsordnung der Polizei des Landes Nordrhein–Westfalen. Aus der
Verpflichtung zum Tragen der Uniform während des Dienstes folge, dass auch das An-
und Ablegen der Uniform wesentlicher Bestandteil des Polizeivollzugsdienstes und
damit Arbeitszeit im Sinne von § 1 Abs. 1 und 3 AZVOPol sei.
Der Kläger beantragt,
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festzustellen, dass der Kläger beim Polizeipräsidium N. in der Polizeiwache
Q.--------straße in der Zeit ab 18. Januar 2008 durch das Aufrüsten vor
Schichtbeginn (Anlegen der Uniform und Übernahme der Gegenstände, die
unter Ziffer 3 des Erlasses des Innenministeriums NRW vom 18. März 2010
aufgeführt sind) und das entsprechende Abrüsten nach Schichtende sowie
durch notwendige kurze Übergabegespräche zwischen den Bediensteten der
aufeinanderfolgenden Dienstschichten Arbeitszeit im Sinne des § 1 Abs. 1 und
3 der Verordnung über die Arbeitszeit der Polizeivollzugsbeamten des Landes
NRW erbracht hat.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hält an der seines Erachtens notwendigen Unterscheidung zwischen
Dienstbereitschaft und Einsatzbereitschaft fest und vertritt die Ansicht, es komme für die
Frage der Abgrenzung von Vorbereitungshandlungen auf den Dienst zur eigentlichen
Dienstzeit auf die Verhältnisse im Einzelfall an. Da die Dienstaufnahme im Wachdienst
beim Polizeipräsidium N. so organisiert sei, dass das Anlegen der Dienstkleidung
nicht notwendigerweise in den Diensträumen erfolgen müsse, sondern auch zu Hause
erfolgen könne, handele es sich bei den für das An- und Ablegen der Uniform
benötigten Zeiten nicht um Arbeitszeit. Die Uniform sei auch nicht mit einer
Dienstkleidung vergleichbar, die als Sicherheitskleidung aus arbeitsschutzrechtlichen
Gründen angelegt werden müsse. Das Tragen der Uniform auf dem Weg zum und vom
Dienst sei dem Beamten zumutbar.
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Da die notwendigen Übergabegespräche von den Wachdienstführern und den
Dienstgruppenleitern geführt würden, sei es nicht erforderlich, bei den übrigen Beamten
im Wach- und Wechseldienst entsprechende Zeiten für den Informationsaustausch bei
Schichtwechsel als Arbeitszeit zu berücksichtigen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug
genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die als Feststellungsklage statthafte Klage ist zulässig. Der Kläger hat ein berechtigtes
Interesse an der von ihm begehrten Feststellung, § 43 Abs. 1 VwGO. Die Feststellung
der Anrechnung der von ihm geleisteten Auf- und Abrüstzeiten auf die Arbeitszeit ist
geeignet, ein zumindest ideelles, wenn nicht gar rechtliches Interesse zu begründen.
Gleiches gilt für die vom Kläger als notwendig erachteten Zeiten für Übergabegespräche
zwischen den Bediensteten der aufeinanderfolgenden Dienstschichten. Steht fest, dass
der Kläger Arbeitszeit erbracht hat, welche als solche hätte angerechnet werden
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müssen, ist nicht ausgeschlossen, dass sich hieraus ein Anspruch des Klägers auf
Dienstbefreiung ableiten lässt. Ein solcher Anspruch ergibt sich dem Grunde nach aus
dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch), der auch im
öffentlichen Recht, insbesondere im Beamtenrecht gilt,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. Januar 2006 – 6 A 4767/03 – sowie VG Münster,
Urteil vom 24. Mai 2006 – 4 K 2819/04 .
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Die Klage ist begründet, soweit der Kläger Feststellung der für das Auf- und Abrüsten
benötigten Zeit als Arbeitszeit begehrt (siehe unten I). Soweit der Kläger darüber hinaus
die Anerkennung von Zeiten für kurze Übergabegespräche bei Schichtwechsel begehrt,
ist sie unbegründet (siehe unten II).
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I.
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Der Kläger hat Anspruch auf die Feststellung, dass er in der Polizeiwache Q.--------
straße (PP N. ) in der Zeit ab dem 18. Januar 2008 durch das Aufrüsten vor
Schichtbeginn und das Abrüsten nach Schichtende Arbeitszeit im Sinne des § 1 Abs. 1
und 3 der Verordnung über die Arbeitszeit der Polizeivollzugsbeamten des Landes
NRW – AZVOPol – erbracht hat. Terminologisch klarzustellen ist insoweit, dass hier
– wie im klägerischen Antrag formuliert – unter Aufrüsten das Anlegen der Uniform und
das weitere Anlegen bzw. die Übernahme derjenigen Gegenstände verstanden wird, die
das Innenministerium NRW in seinem Erlass vom 18. März 2010 – 41 60.04.02 – unter
Ziffer 3 (Spiegelstriche 1 bis 5) aufgezählt hat, also Pistole mit Holster, Reservemagazin
mit Tasche, Handfessel mit Tragevorrichtung, RSG (50 ml) mit Tragevorrichtung und
Tragevorrichtung für den Einsatzmehrzweckstock.
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Dass die für das Aufrüsten im vorstehend genannten Sinne (und das entsprechende
Abrüsten) benötigte Zeit als Arbeitszeit im Sinne der AZVOPol zu werten ist, ergibt sich
aus folgenden rechtlichen Überlegungen:
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Der Kläger war – und ist – dienstlich verpflichtet, zum festgesetzten Schichtbeginn
seinen Dienst in Uniform mit den zugehörigen Ausrüstungsgegenständen anzutreten.
Das beklagte Land als Dienstherr hat diese Pflicht des Klägers sowohl in der
Dienstkleidungsordnung der Polizei des Landes NRW (Runderlass des
Innenministeriums vom 08. Januar 2000 IV C 35204 ) als auch in der sogenannten
Wachdienstordnung (PDV 350 NW) unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. So
heißt es in Ziffer 1.1 der Dienstkleidungsordnung, die Polizeivollzugsbeamtinnen und
Polizeivollzugsbeamten hätten "während des Dienstes" Dienstkleidung zu tragen,
soweit nicht für die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben das Tragen von Zivilkleidung
erlaubt sei, und in Ziffer 4.3 der Wachdienstordnung ist niedergelegt, dass "bei der
Ablösung" Präsenz im Außendienst, Einsatzbereitschaft sowie eine sachgerechte
Übernahme der Dienstgeschäfte zu gewährleisten sind. Dass ein Verstoß gegen diese
Verpflichtung als Dienstpflichtverletzung gewertet würde, hat der Vertreter des beklagten
Landes im Termin zur mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt.
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Nach Maßgabe der so vom Dienstherrn konkretisierten Pflicht, den Dienst "aufgerüstet"
zum Schichtbeginn anzutreten, beginnt die Arbeitszeit des Klägers nicht erst mit dem
Antritt zur Schicht, sondern bereits mit dem Beginn der notwendigen Aufrüsttätigkeit
unmittelbar vor Schichtbeginn. Das Gericht hält insoweit ausdrücklich an seiner bereits
im Urteil vom 24. Mai 2006 – 4 K 2819/04 – niedergelegten Meinung fest. Es schließt
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sich zur Begründung darüber hinaus der Argumentation des VG Aachen in seinem Urteil
vom 10. Januar 2008 – 1 K 469/07 – (Juris) an, wonach die Uniform für den
Polizeivollzugsbeamten keinesfalls eine dem reinen Privatbereich zuzuordnende
Kleidung darstellt – wie dies beispielsweise bei dem vom Bankangestellten erwartete
Tragen eines Anzuges während der Arbeitszeit der Fall ist , sondern eine allein auf
Gewährleistung von Schutz und Sicherheit ausgerichtete Ausrüstung, die vergleichbar
ist einer Sicherheitskleidung, die aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen vor der
Aufnahme der eigentlichen Arbeitstätigkeit angelegt werden muss,
vgl. VG Aachen, Urteil vom 10. Januar 2008 – 1 K 469/07 – (Juris, Rd.-Nr. 22
und 23 m. w. N.).
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Besonders deutlich wird dies mit Blick auf die ausschließlich der Sicherheit und der
Gefahrenabwehr dienenden Ausrüstungsgegenstände, die in Ziffer 3 des Erlasses des
Innenministeriums vom 18. März 2010 aufgeführt sind und deren Übernahme/Anlegen
der Beklagte ebenfalls zum "Anlegen der Uniform" rechnet, die indes, wie auf der Hand
liegt, keinerlei "Bekleidungsfunktion" erfüllen. Die vorstehend getroffene Wertung wird
im Übrigen bestätigt durch Ziffer 2.10 der Dienstkleidungsordnung (Runderlass vom
08. Januar 2000), der zufolge Dienstkleidungsstücke nicht in Kombination mit privater
Oberbekleidung getragen werden dürfen.
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Das Tragen der Uniform stellt für den Polizeivollzugsbeamten nach alledem einen
wesentlichen Bestandteil seiner Dienstverrichtung dar. Der vom Beklagten in den
Vordergrund gestellte Gesichtspunkt, dass es den Beamten gestattet ist, die
Dienstkleidung mit den zugehörigen Ausrüstungsgegenständen mit nach Hause zu
nehmen und den Weg von und zur Dienststelle aufgerüstet zurückzulegen, rechtfertigt
ebenso wenig eine andere Wertung wie die vom Innenministerium im Erlasswege
getroffene Anordnung, die für das Umkleiden notwendige Zeit sei als Zeit der
"Vorbereitung" auf den Dienst nicht als Dienstzeit zu werten: Dass der Kläger nicht
verpflichtet ist, die Uniform erst in den Diensträumen anzulegen, bedeutet nicht, dass er
hierzu nicht berechtigt wäre. Das Innenministerium ist seinerseits nicht berechtigt,
letztverbindlich durch Erlass festzulegen, dass das An- und Ablegen der Dienstkleidung
nicht zur Dienstverrichtung eines Polizeivollzugsbeamten gehört. Ihm steht allein die
Befugnis zu, die inhaltliche Ausgestaltung des Dienstes anhand der konkreten
Anforderungen vorzunehmen, nicht jedoch, von sich aus mit dem Dienst unmittelbar
zusammenhängende Verrichtungen als fremdnützig oder eigennützig zu definieren,
24
vgl. VG Aachen, Urteil vom 10. Januar 2008 – 1 K 469/07 – (Juris, Rd.-Nr. 24).
25
Mit den dargestellten dienstrechtlichen Vorgaben ist die vom Beklagten vorgenommene
Unterscheidung zwischen "Herstellung der Dienstbereitschaft" ("keine Arbeitszeit") und
"Herstellung der Einsatzbereitschaft" ("Arbeitszeit") nicht in Übereinstimmung zu
bringen. Sie entbehrt der rechtlichen Grundlage und damit einer inneren Rechtfertigung.
Soweit es das Anlegen der Dienstwaffe betrifft, hat der Beklagte dieses selbst in seinem
Bescheid vom 02. Juli 2008 noch der "Herstellung der Einsatzbereitschaft" zugeordnet,
im gerichtlichen Verfahren (in der Klageerwiderung Bl. 26 d. A.) hingegen der
"Herstellung der Dienstbereitschaft". Die Beliebigkeit der Unterscheidung zwischen
"Dienstbereitschaft" und "Einsatzbereitschaft" wird hier besonders deutlich. Sie ist
schließlich auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil Ziffer 4.3 der
Wachdienstverordnung bereits "bei der Ablösung" die Gewährleistung der
Einsatzbereitschaft
26
zu unterscheidende Dienstbereitschaft.
Nur das vorstehend dargelegte Verständnis des Arbeitszeitbeginns und –endes trägt
dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot, Artikel 3 GG, Rechnung. Dies gilt
zum einen mit Blick auf die im Innendienst befindlichen Beamten, deren Arbeitszeit, wie
auch von Seiten des beklagten Landes unbestritten, mit dem Betreten des
Dienstgebäudes beginnt und die das Gericht trotz der vom Beklagten im Termin
angeführten abweichenden Handhabung der Pausenregelung als mit den
Polizeivollzugsbeamten im wesentlichen vergleichbar erachtet,
27
so auch VG Münster, Urteil vom 24. Mai 2006 – 4 K 2819/04 .
28
Insbesondere aber stellt die derzeitige streitgegenständliche Handhabung der
Arbeitszeitregelung bei den Beamten im Wach- und Wechseldienst eine offensichtlich
ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Vergleich zu denjenigen
Polizeivollzugsbeamten dar, die ihren Dienst als Krad-Fahrer oder als Fahrradstreife
versehen und die ihre jeweilige Motorrad- bzw. Fahrradkombi unstreitig erst nach
Dienstantritt anlegen dürfen. Gründe, die geeignet sein könnten, diese
Ungleichbehandlung zu rechtfertigen, sind weder vom Beklagten vorgetragen noch
sonst ersichtlich.
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Auf der Grundlage der vorstehenden Begründung hat das Gericht schließlich auch keine
Veranlassung, sich der abweichenden Rechtsansicht des VG Düsseldorf in seinem
Urteil vom 21. März 2006 – 2 K 7479/04 – (Juris) anzuschließen. In der dortigen
Begründung wird tragend und maßgeblich darauf abgestellt, dass der Beamte im Wach-
und Wechseldienst seine Uniform auch bereits zu Hause anlegen könne und er "nicht
verpflichtet sei", sich erst in den Diensträumen umzuziehen und aufzurüsten. Eine
Begründung,
wieso
Gericht der Entscheidung nicht zu entnehmen, zumal, wie bereits oben angeführt, aus
diesem Umstand nicht hergeleitet werden kann, dass der Polizeivollzugsbeamte nicht
berechtigt ist, die Uniform erst in den Diensträumen (und nach Dienstantritt) anzulegen.
Auch das Bundesarbeitsgericht stellt im Übrigen für die Frage, ob "Umkleidezeit" in
einzelnen Fällen Arbeitszeit ist oder nicht, auf die konkreten "Anforderungen des
Arbeitgebers" an die Beschäftigten ab,
30
vgl. BAG, Urteil vom 22. März 1995 – 5 AZR 934/93 – und Urteil vom
11. Oktober 2000 – 5 AZR 122/99 –, beides Juris,
31
sowie darauf, ob schon das einer Tätigkeit vorausgehende Umkleiden fremdnützig u. a.
deshalb ist, weil der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ohne die entsprechende Ausrüstung,
z. B. aus arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen, nicht einsetzen darf,
32
vgl. insbesondere: BAG, Urteil vom 11. Oktober 2000 – 5 AZR 122/99 – (Juris,
Rd.-Nr. 30).
33
Dass der Beklagte den Kläger im "normalen" Wach- und Wechseldienst ohne Uniform
und der Sicherheit dienende Ausrüstung nicht einsetzen darf, ergibt sich aus den
eingangs zitierten dienstrechtlichen Vorschriften.
34
II.
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass er durch "kurze
Übergabegespräche" mit den Bediensteten der nachfolgenden bzw. vorangegangenen
Schicht Arbeitszeit i. S. d. § 1 Abs. 1 und 3 der AZVOPol erbracht hat. Eine
– arbeitszeitrechtlich relevante – Notwendigkeit für entsprechende Gespräche auf der
Ebene der Streifenbeamten unterhalb der Vorgesetztenebene sieht das Gericht auch
nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht. Der Beklagte hat die
Berichterstattung zwischen den Schichten auf der Ebene der Wachdienstführer und
Dienstgruppenleiter angesiedelt. Letzteren obliegt es, bei Schichtwechsel für den
Informationsaustausch zu sorgen, wobei der Beklagte diesen Beamten hierfür 15
Minuten pro geleisteter Schicht als Dienstzeit gewährt. Diese klare Regelung trägt der
Notwendigkeit des Informationsaustausches bei Schichtwechsel ausreichend
Rechnung und ist durch das Vorbringen des Klägers auch nicht in Frage gestellt.
Letzterer hat auf Nachfrage des Gerichts auf "Kleinigkeiten wie z. B. die Betankung des
Streifenfahrzeuges" verwiesen, über die man sich üblicherweise unterhalb der
Vorgesetztenebene austausche. Die Tatsache, dass derartige Punkte bei
Schichtwechsel tatsächlich direkt auf der Ebene der Streifenbeamten besprochen
werden, hat jedoch nicht zur Folge, dass hierzu eine dienstrechtliche Verpflichtung
besteht. Letztere hat der Beklagte eindeutig allein den
Wachdienstführern/Dienstgruppenleitern zugewiesen, ohne dass Zweifel an der
Sachgerechtheit dieser Regelung erkennbar geworden sind.
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Soweit das VG Aachen in seinem Urteil vom 10. Januar 2008 – 1 K 469/07 –
diesbezüglich eine im Ergebnis hiervon abweichende Ansicht vertritt, wird diese damit
begründet, auch die "kurzen Übergabegespräche" unterhalb der Vorgesetztenebene
seien eine "Verrichtung, ohne die der Polizeivollzugsbeamte seinen Dienst nicht
aufnehmen könne". Letzteres erachtet das Gericht bei Zugrundelegung der vom
Beklagten für die Durchführung der Übergabegespräche getroffenen Regelung und
eingeräumten Zeit auf Vorgesetztenebene nicht als zutreffend.
37
Die Kosten waren gemäß § 155 VwGO hälftig zu teilen; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m.
§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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