Urteil des VG Münster vom 14.04.2010

VG Münster (stadt, kanalisation, höhe, anschluss, fläche, verwaltungsgericht, gemeinde, verbindung, vertrauensschutz, begründung)

Verwaltungsgericht Münster, 7 K 109/09
Datum:
14.04.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 K 109/09
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig
vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden
Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte in gleicher Höhe
Sicherheit leistet.
T a t b e s t a n d :
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Die Klägerin ist Miteigentümerin des Hausgrundstücks G1 mit der Straßenbezeichnung
F.----straße 0 in J. . Sie ist Miteigentümerin zur Hälfte des Grundstücks Gemarkung G2.
Dieses Grundstück ist Teil eines Stichwegs, durch den das Hausgrundstück der
Klägerin sowie weitere Wohngrundstücke erschlossen sind. Im Jahr 2002 wurde das
Kanalisationssystem geändert und ein Regenwasserkanal neu verlegt. Die im Stichweg
vorhandenen Straßenabläufe wurden durch neue ersetzt und an den
Regenwasserkanal angeschlossen. Im Februar 2007 kam zwischen der Stadt J. und der
Klägerin und ihrem Sohn als Miteigentümer ein Gestattungsvertrag zustande über die
Verlegung und Erhaltung, Betrieb und Erneuerung der auf dem Flurstück 000 erstellten
Entwässerungsanlage. Wegen des Inhalts des Vertrages wird auf Blatt 13 - 16 der
Beiakte Heft 1 verwiesen.
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Ab dem Jahr 2009 erhob der Beklagte für Niederschlagswasser eine gesonderte
Gebühr. Mit Bescheid vom 05. Januar 2009 setzte er gegenüber der Klägerin
Niederschlagswassergebühren in Höhe von 131,25 Euro fest. Dabei wurden für das
Flurstück 000 (Wegefläche) 187 Quadratmeter mit einem Gebührensatz von 0,42 Euro
festgesetzt. Bereits im Rahmen der Ermittlung der bebauten und versiegelten Flächen
hatte die Klägerin der Erhebung von Niederschlagswassergebühren widersprochen,
weil von dieser Wegefläche kein Niederschlagswasser abgeleitet werde, dieses
versickere im Grünstreifen des Weges. Zudem sei vorher auf dem Weg eine eigene
Versickerungsanlage erstellt gewesen. Sie hätten dem Gestattungsvertrag für die
Verlegung der Kanalisation nicht zugestimmt, wenn sie informiert gewesen wären, dass
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damit der Anschluss an die öffentliche Kanalisation und die Erhebung von Gebühren
verbunden ist.
Zur Begründung der am 16. Januar 2009 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, die
Straße entwässere überwiegend in einen Grünstreifen, daher könne nicht die gesamte
Straßenfläche zugrunde gelegt werden. Im Übrigen sei früher die Einleitung über eigene
Schächte in ein Versickerungssystem unter der Straße erfolgt. Der Anschluss an die
Entwässerungsleitung sei ohne ihr Wissen geschehen. Im Übrigen sei in dem
Gestattungsvertrag vom 15.02.2007 in §§ 4 und 8 geregelt, dass der Träger der Anlage
verpflichtet sei, Schäden zu ersetzen, welche durch den Bau und die Unterhaltung und
Erneuerung der Entwässerungsanlage entstehen. Die Heranziehung zu
Niederschlagswassergebühren sei ein Schaden in diesem Sinne. Die Stadt müsse der
Klägerin den Betrag der Gebühren als Schadensersatzleistung erstatten.
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Die Klägerin beantragt,
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den Gebührenbescheid vom 05. Januar 2009 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen
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und führt zur Begründung aus: Das Oberflächenwasser des Weges werde in das
öffentliche Kanalnetz abgeführt. Hierdurch sei der Gebührentatbestand der
Inanspruchnahme erfüllt. Die Nutzungsberechtigten bzw. Eigentümer der Grundstücke
seien nach § 53 Abs. 1 c Satz 1 Landeswassergesetz verpflichtet, dass anfallende
Abwasser der Gemeinde zu überlassen. Diese Verpflichtung bestehe nach § 5 Abs. 4
der Entwässerungssatzung auch für das Niederschlagswasser. Eine Abstimmung der
Änderung des früheren Entwässerungssystems mit der Klägerin sei nicht erforderlich,
auch nicht die Zustimmung der Klägerin hinsichtlich der Ableitung des
Niederschlagswassers. Für die damalige Art der Niederschlagswasserbeseitigung
bestehe kein Vertrauensschutz.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die zulässige Anfechtungsklage hat keinen Erfolg.
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Die Gebührenfestsetzung des Beklagten vom 05. Januar 2009 ist rechtmäßig und
verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
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Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung sind die §§ 8, 9 und 9 b der Beitrags- und
Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Gemeinde J. in der Fassung vom 12.
Dezember 2008 (GS) in Verbindung mit den Regelungen der Entwässerungssatzung
der Stadt J. in der Fassung vom 23. September 1993 (EWS). Gegen die Gültigkeit der
Satzung bestehen keine Bedenken. Sie enthält die in § 2 Abs. 1
Kommunalabgabengesetz vorgeschriebenen Mindestregelungen. Der von dem
Beklagten gewählte hier einschlägige Maßstab der bebauten und befestigten Fläche für
die Berechnung der Niederschlagswassergebühren (§§ 9 Abs. 3, 9 b Gebührensatzung)
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ist ein geeigneter und zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab.
Vgl. dazu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.
Dezember 2007, - Az. 9 A 3648/04 - .
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Ausweislich der Lichtbildaufnahmen (vgl. Blatt 21 der Beiakte Heft 1) handelt es sich bei
dem Weg um eine befestigte, weil asphaltierte Fläche. Das von dieser Fläche
abfließende Niederschlagswasser wird in die dort befindliche öffentliche Kanalisation
eingeleitet. Damit ist der Gebührentatbestand erfüllt. Abzustellen ist allein auf den
jetzigen Zustand der Entwässerungsanlagen. Es kann dahinstehen, ob die frühere
Entwässerungssituation über ein "privates" Entwässerungssystem der Wegefläche
rechtlich zulässig war. Mit Blick auf die Vorschrift des § 53 Landeswassergesetz und
den Anschluss- und Benutzungszwang gemäß § 5 der Entwässerungssatzung der Stadt
J. erscheint dies zweifelhaft. Jedenfalls lag keine entsprechende wasserrechtliche
Genehmigung zur Einleitung des Wassers auf dem Grundstück vor. Die Klägerin kann
sich insoweit nicht auf einen Vertrauensschutz berufen.
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Die Klägerin kann auch nicht die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch
geltend machen. Diese ist bereits ausgeschlossen, weil im öffentlichen Recht eine
Aufrechnung nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen
zulässig ist. Zudem stellt die Gebührenerhebung keinen Schaden im Sinne des § 8 des
Gestattungsvertrages dar. Die Grundstücke der Klägerin hätten auch unabhängig
hiervon an die öffentliche Kanalisation angeschlossen werden müssen.
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Die Höhe der Gebühr ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin ist entsprechend ihrem
Eigentumsanteil zur Hälfte für die versiegelten Flächen herangezogen worden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711
ZPO.
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