Urteil des VG Münster vom 30.04.2010

VG Münster (zahnmedizin, festsetzung, studienjahr, antragsteller, zahl, zulassung, vergabe, wwu, antrag, verwaltungsgericht)

Verwaltungsgericht Münster, 9 Nc 143/10
Datum:
30.04.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
9 Nc 143/10
Schlagworte:
Zulassung zum Studium der Zahnmedizin im Sommersemester 2010 an
der WWU Münster im höheren Fachsemester
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller/Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
1
I.
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Der Antragsteller/die Antragstellerin, der/die entsprechende Leistungen des 1.
Fachsemesters Zahnmedizin durch Anrechnungsbescheid nachweisen kann, begehrt
im Verfahren der einstweiligen Anordnung die vorläufige Zulassung zum Studium der
Zahnmedizin im 2. Fachsemester, ggfls. hilfsweise im 1. Fachsemester, an der
Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU Münster) nach den tatsächlichen
und rechtlichen Verhältnissen des Sommersemesters (SS) 2010. Er/Sie stellt den
Antrag auf Zuweisung eines solchen Studienplatzes bzw. auf Teilnahme an einem
Losverfahren zur Verteilung entsprechend vorhandener Studienplätze außerhalb –
ggfls. innerhalb - der festgesetzten Zulassungszahl.
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Das Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes
Nordrhein-Westfalen (MIWFT) hat durch Verordnung über die Festsetzung von
Zulassungszahlen und die Vergabe von Studienplätzen im
ersten
Sommersemester 2010 (ZulassungszahlenVO) vom 18. Dezember 2009 (GV. NRW.
2010, 2f.) sowie durch Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen und die
Vergabe von Studienplätzen in
höheren
Landes Nordrhein-Westfalen zum Studienjahr 2009/2010 (ZulassungszahlenVO höh.
Fs.) vom 20. August 2009 (GV. NRW. 2009, 452), geändert durch die
Änderungsverordnung vom 3. Februar 2010 (GV. NRW. 2010, 76), die Zahl der von der
WWU Münster zum SS 2010 aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber für den
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Studiengang Zahnmedizin festgesetzt, denen nach Mitteilung der Antragsgegnerin
(Schriftsatz vom 16. April 2010 im Verfahren - 9 Nc 2/10 -) folgende Einschreibungen
gegenüberstehen:
Festsetzung Einschreibungen
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1. Fachsemester 57 Studienplätze 63
6
2. Fachsemester 56 Studienplätze 54
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3. Fachsemester 53 Studienplätze 46
8
4. Fachsemester 52 Studienplätze 52
9
5. Fachsemester 50 Studienplätze 48
10
6. Fachsemester 49 Studienplätze 52
11
7. Fachsemester 46 Studienplätze 50
12
8. Fachsemester 46 Studienplätze 46
13
9. Fachsemester 43 Studienplätze 40
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10. Fachsemester 43 Studienplätze 59
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2. – 10. FS 438 447
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Dazu hat die Antragsgegnerin weiter dargelegt, trotz Kapazitätsunterschreitung im 2., 3.,
5 und 9. Fachsemester könne (im Hinblick auf die einschlägige Vorschrift der
Vergabeverordnung) keine Vergabe stattfinden, da im Wege der Saldierung die
Gesamtzahl der zur Verfügung stehenden Studienplätze in den höheren Fachsemestern
überschritten werde.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten dieses Verfahrens, des Leitverfahrens Zahnmedizin, WWU Münster, für
das SS 2010 – 9 Nc 2/10 – und des Leitverfahrens Zahnmedizin des Wintersemesters
(WS) 2009/2010 - 9 Nc 357/09 - einschließlich der von der Antragsgegnerin auf
Anforderung des Gerichts dort vorgelegten Kapazitätsunterlagen und der hierauf
bezogenen Erläuterungen verwiesen.
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II.
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Der auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete Antrag des
Antragstellers/der Antragstellerin hat jedenfalls mangels glaubhaft gemachten
Anordnungsanspruchs keinen Erfolg.
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Der Antragsteller/Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass der
Antragsgegnerin im Studiengang Zahnmedizin zum SS 2010 über die festgesetzten
Zulassungszahlen des 2. und 1. Fachsemesters bzw. über die kapazitätsdeckend
tatsächlich vergebenen Studienplätze in den höheren Fachsemestern hinaus ein freier
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Studienplatz zur Verfügung steht, der - ggf. nach Maßgabe eines gerichtlich
anzuordnenden Losverfahrens - vergeben werden könnte, § 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920
Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO.
Das Gericht hat keinen Anlass daran zu zweifeln, dass die Studienplätze im
Studiengang Zahnmedizin entsprechend den Angaben der Antragsgegnerin vom 16.
April 2010 besetzt sind. Durch diese Besetzungszahlen werden die durch die
Zulassungszahlenverordnungen festgesetzten Aufnahmekapazitäten des 1. bis 10.
Fachsemesters insgesamt und damit auch in den streitbefangenen Fachsemestern, dem
1. und dem 2. Fachsemester, abgedeckt.
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Das Gericht hat die Aufnahmekapazität im Studiengang Zahnmedizin bereits für das
zum selben Berechnungszeitraum, das Studienjahr 2009/2010, gehörende
Wintersemester 2009/2010 in den darauf bezogenen Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes mit seinen rechtskräftigen Beschlüssen vom 11. Dezember 2009 (Az.: 9
Nc 357/09 u.a. - Zulassung zum 1. Fachsemester) und vom 14. Dezember 2009 (Az. - 9
Nc 487/09 - Zulassung zum höheren Fachsemester) überprüft. Auf die Darlegungen des
Gerichts in diesen Beschlüssen - veröffentlicht in der Online-Datenbank www.nrwe.de -,
an denen festgehalten wird, wird verwiesen.
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Das Gericht hat dort im einzelnen ausgeführt, dass sich zum Berechnungsstichtag das
bereinigte Jahreslehrangebot in der Lehreinheit Zahnmedizin auf der Basis von 79,50
vorhandenen Personalstellen nach dem gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe c der
Kapazitätsverordnung – KapVO - vorzunehmenden 30%igen Stellenabzug wegen des
Personalbedarfs für die ambulante Krankenversorgung auf insgesamt 576,54
Deputatstunden (DS) beläuft. Aus diesem Lehrangebot hat das Gericht nach Maßgabe
der anzuwendenden Regelungen der Kapazitätsverordnung eine Kapazität von
ungerundet 98,55 und gerundet 99 Studienanfängerplätzen errechnet, die damit (vor
Ansatz des Schwundausgleichs) im Verhältnis zum Vorjahr unverändert geblieben ist.
Unter Zugrundelegung eines beanstandungsfrei ermittelten Schwundausgleichsfaktors
von 1/0,86, mit dem zu Gunsten einer Erhöhung der Studienanfängerzahl ein erwarteter
Studienabbruch, Fach- oder Hochschulwechsel von Studierenden in höheren
Fachsemestern berücksichtigt wird (§ 16 KapVO), ergibt sich eine Zahl von (99 : 0,86 =)
115,12, gerundet 115 Studienanfängerplätzen für das Studienjahr 2009/2010. Bei
Aufteilung dieser (ungeraden) Studienplatzzahl auf die beiden Aufnahmetermine für
Studienanfänger entfallen auf das abgelaufene - längere - Wintersemester 58 und auf
das vorliegend in Rede stehende Sommersemester
57
entspricht der Festsetzung durch die Zulassungszahlenverordnung. Die Zahl von
57
Studienplätzen im 1. Fachsemester für das verfahrensbetroffene SS 2010 ist mit der
Einschreibung von 63 Studienanfängern in der Lehreinheit Zahnmedizin nicht nur
ausgeschöpft, sondern sogar um 6 überschritten worden. Ein freier Platz im 1.
Fachsemester, der dem Antragsteller/der Antragstellerin entsprechend einem hilfsweise
gestellten Antrag zugewiesen werden könnte, ist daher nicht festzustellen.
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Die KapVO gilt gemäß deren § 22 Abs. 2 für die Festsetzung der Zulassungszahlen
(Auffüllgrenzen) für höhere Fachsemester entsprechend. Die insoweit vom Ministerium
auf der Basis des beanstandungsfreien Schwundausgleichsfaktors von 1/0,86
ermittelten Auffüllgrenzen des SS 2010 für die höheren Fachsemester lassen Fehler
nicht erkennen.
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Angesichts einer Jahreskapazität vor Schwundermittlung für das 1. bis 10.
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Fachsemester im Studiengang Zahnmedizin von (99 x 10 =) 990 Studienplätzen beläuft
sich die halbjährliche Kapazität auf 495 Studienplätze. Die Kapazität der
höheren
Fachsemester beträgt im Sommersemester unter Abzug der Zulassungszahl des 1.
Fachsemesters mithin (495 – 57 =) 438 Studienplätze.
Bei einer dem Schwundausgleichsfaktor von 1/0,86 entsprechenden Übergangsquote
von 0,9659 ergibt sich - bezogen auf das Studienjahr 2009/2010 – eine Studienplatzzahl
von (115,12 x 0,9659 =) 111,19 gerundet
111
Fachsemester.
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Hieraus folgt bei einer gleichmäßigen bzw. dem jeweiligen Kohortenverlauf folgenden
Verteilung der für das Studienjahr zur Verfügung stehenden Kapazität auf das
Wintersemester bzw. das Sommersemester die der ZulassungszahlenVO höh. Fs.
entsprechende Zulassungszahl:
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WS 2009/2010
Soll SS 2010
Ist SS 2010
1. Fachsemester
58
57
63
2. Fachsemester
55
56
54
Soll 2. - 10. FS
437
438
447
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Damit ergibt sich auch für das 2. Fachsemester zum SS 2010 kein zu vergebender freier
Studienplatz, obwohl bei einer Zulassungszahl von 56 nur 54 Studenten in diesem
Fachsemester eingeschrieben sind. Die Summe der nach der vorstehenden Übersicht
zum SS 2010 für höhere Fachsemester auszubringenden Studienplätze beläuft sich
unter Einbeziehung der zutreffend vom Ministerium festgesetzten Zulassungszahlen für
das 2. bis 10. Fachsemester auf lediglich (56 + 53 + 52 + 50 + 49 + 46 + 46 + 43 + 43 =)
438 Studienplätze. Dem stehen (54 + 46 + 52 + 48 + 52 + 50 + 46 + 40 + 59 =) 447
tatsächlich besetzte Studienplätze in den höheren Fachsemestern gegenüber.
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Wegen der aufgezeigten Überlast von 9 zusätzlich besetzten Studienplätzen kommt im
Hinblick auf die Saldierungsregelung des § 25 Abs. 3 der VergabeVO NRW vom 15.
Mai 2008 (GV. NRW. 2008, 386) i.d.F. der ersten Änderungsverordnung vom 20.
Februar 2009 (GV. NRW. 2009, 162) und der zweiten Änderungsverordnung vom 12.
Mai 2009 (GV. NRW. 2009, 325) die Vergabe weiterer Studienplätze für das 2.
Fachsemester nicht in Betracht. Denn diese Vorschrift bestimmt: Wird die für ein
höheres Fachsemester festgesetzte Zahl der Studienplätze durch die Zahl der
Rückmeldungen überschritten, verringern sich die Zulassungszahlen für die anderen
Fachsemester, und zwar vorrangig für das jeweils höchste Fachsemester,
entsprechend. Angesichts der Überbesetzung im 6., 7. und 10.. Fachsemester wird die
Unterlast in den anderen höheren Fachsemestern einschließlich des 2. Fachsemesters
nicht nur aufgefüllt, sondern die durch die festgesetzten Zulassungszahlen sich
ergebende Gesamtzahl der Studienplätze in den höheren Fachsemestern sogar
überschritten.
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Damit ergibt sich zum SS 2010 auch im 2. Fachsemester des Studienganges
Zahnmedizin kein zu vergebender freier Studienplatz. Ebenso ist damit eine vorläufige
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Zulassung innerhalb der festgesetzten Kapazität ausgeschlossen.
Darauf, ob der Antragsteller/die Antragstellerin den auf den Anordnungsgrund bzw. den
Anordnungsanspruch im übrigen bezogenen und mit der Eingangsverfügung
mitgeteilten Anforderungen des Gerichts hinreichend Rechnung getragen hat, kommt es
damit nicht an.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG und entspricht
der Streitwertpraxis des OVG NRW und des Gerichts in Verfahren der vorliegenden Art.
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