Urteil des VG Münster vom 18.03.2008

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Verwaltungsgericht Münster, 3 K 632/08
Datum:
18.03.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 K 632/08
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin ist Eigentümerin des 643 m² großen Grundstücks in B. , Flurstück 940, Flur
24, Gemarkung B. mit der postalischen Anschrift „Q. 14", das im Bereich des
Bebauungsplans Nr. 43 „L. „ der Stadt B. vom 9.6.1975 liegt. Es ist als allgemeines
Wohngebiet mit teils ein-, teils zweigeschossiger Bebauung festgesetzt und mit einem
Einfamilienhaus bebaut. Das Grundstück grenzt im Norden an die Straße „Q1. „. Das
Gebiet, in dem das Grundstück liegt, sollte in den 50er-Jahren erstmals bebaut werden.
Die damalige Eigentümerin, die Gemeinnützige Siedlungsgesellschaft „S. F. „ GmbH in
N. , und der Rechtsvorgänger des Beklagten schlossen daher am 2.7.1954 einen
Vertrag über die Errichtung von 42 Nebenerwerbssiedlerstellen. In diesem Vertrag ist
festgehalten, dass sowohl der vorhandene Weg „B1. Q2.---weg „ als auch die neu
geplanten Siedlungsstraßen noch nicht dem Ortsstatut der Stadt B. betreffend die
Fertigstellung von Straßen entsprächen. Die Baugenehmigung könne daher erst nach
Abschluss dieses Vertrags erteilt werden. Die Siedlungsgesellschaft verpflichtete sich,
das in die Straßen fallende Gelände des Gebiets an die Stadtgemeinde B. kosten- und
lastenfrei zu übertragen, wobei diese Übereignung als Leistung im Rahmen der
Anliegerbeitragspflicht gelten sollte. Außerdem sollte sie als Anliegerbeitrag 25.000 DM
an die Stadtkasse zahlen. Die Stadt B. verpflichtete sich im Gegenzug dazu, die
erforderliche Straßenkanalisation und die notwendigen Straßen zu bauen. Der Ausbau
der Straßen sollte im Rahmen des festgelegten oder noch festzulegenden
Straßenbauprogramms erfolgen. In den folgenden Jahren wurden ein Kanal verlegt, die
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Fahrbahn befestigt und 5 Laternen an den Straßen „Q1. „ und „E.-------weg „ aufgestellt.
Nach Auskunft der Stadtwerke B. vom 19.2.2009 wurden 3 Straßenlaternen an der „Q1. „
im Jahre 1956 und eine Straßenlaterne am „E.-------weg „ im Jahre 1960 errichtet. Aus
welchem Jahr die 5. Laterne stammt, konnten die B2. Stadtwerke nicht sicher angeben.
Im Mai 2004 teilte das Tiefbauamt den Anliegern mit, dass die Straßen als
verkehrsberuhigter Bereich ausgebaut werden sollten. Etliche Anlieger wandten sich
daraufhin mit Anregungen und Kritik an die Stadt. Der Ausschuss für Bauen,
Umweltfragen und öffentliche Einrichtungen beschloss am 6.5.2004 die von der
Verwaltung vorgestellte Ausbauplanung vorbehaltlich der noch durchzuführenden
Bürgerbeteiligung. In den Jahren 2004 bis 2006 ließ der Beklagte die Straßen „Q1. „ und
„E.-------weg „ als Tempo 30-Zone mit Fahrbahn, Beleuchtung, Entwässerung und
Begrünung ausbauen, teilweise abweichend von dem zunächst beschlossenen
Ausbauplan, der eine verkehrsberuhigte Zone mit vorgegebenen Parkflächen
vorgesehen hatte. Am 2.6.2005 wurden die Straßen als Gemeindestraßen gewidmet,
der südliche Teil des „E1.--------weges „ jedoch nur als Fuß- und Radweg. Der Beklagte
beschloss am 2.7.2007, die beiden Straßen zu einer Erschließungseinheit
zusammenzufassen. Am 26.8.2008 stellte der Ausschuss für Bauen, Umweltfragen und
öffentliche Einrichtungen fest, dass die Straßen Q1. und E.-------weg durch den im
anliegenden Bestandsplan dokumentierten Ausbau endgültig erstmalig hergestellt
seien. Er hob seinen Ausbaubeschluss vom 6.5.2004 auf und ersetzte diesen durch den
Beschluss vom 26.8.2008. Der Beklagte setzte gegenüber der Klägerin durch Bescheid
vom 10.8.2007 einen Straßenbaubeitrag i.H.v. 209,51 EUR für die Erneuerung der
Beleuchtung fest. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies er mit
Widerspruchsbescheid vom 30.1.2008 zurück. Am 28.2.2008 hat die Klägerin Klage
erhoben. Sie ist der Ansicht, dass die Straßen bisher nur provisorisch ausgebaut
gewesen seien. Auch die Straßenbeleuchtung sei bisher nur ein Provisorium gewesen.
Die jetzt erstmalige Herstellung der Straßen sei durch den Vertrag von 1954 abgelöst
worden, so dass sie nichts mehr zahlen müsse. Dies habe der Bürgermeister einer
anderen Anliegerin, Frau T. , mit Schreiben vom 13.12.2001 mitgeteilt. Darüber hinaus
habe der Beklagte Frau H. , L1. 6, in einer Straßenanliegerbescheinigung von 1978
bestätigt, dass der Erschließungsbeitrag durch Vertrag endgültig abgegolten sei. Die
Klägerin beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 10.8.2007 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 30.1.2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Er beruft sich im wesentlichen auf die Begründung der angefochtenen Bescheide. Die
Beteiligten haben sich übereinstimmend damit einverstanden erklärt, dass das Gericht
ohne mündliche Verhandlung entscheidet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-
und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zum vorliegenden Verfahren und
zum Verfahren 3 K 00.00.00 sowie auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge des
Beklagten zum vorliegenden Verfahren und zum Verfahren 3 K 00.00.00 Bezug
genommen.
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Entscheidungsgründe Mit dem Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht gemäß
§ 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die zulässige Klage ist
unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht
in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte hat die Klägerin zu Recht
durch Bescheid vom 10.8.2007 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom
30.1.2008 auf der Grundlage des § 8 KAG NRW i.V.m. der Satzung über die Erhebung
von Beiträgen nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes - KAG - für straßenbauliche
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Maßnahmen der Stadt B. (Westf.) vom 14.11.1986 (SBS) zu einem Straßenbaubeitrag
i.H.v. 209,51 EUR für ihr Grundstück in B. , Q1. 14, Gemarkung B. , Flur 24, Flurstück
940, herangezogen. Nach § 1 SBS erhebt die Stadt B. Beiträge zum Ersatz des
Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Verbesserung von
Anlagen im Bereich der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze. Die abgerechnete
Maßnahme ist beitragsfähig. Es handelt sich dabei um eine nach § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG
NRW i.V.m. den §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe d SBS beitragsfähige Verbesserung der
Beleuchtungseinrichtung, nicht um eine erstmalige Herstellung der Beleuchtung. Eine
Verbesserung der Beleuchtungsanlage liegt vor, wenn durch die Ausbaumaßnahmen
eine bessere Ausleuchtung der Straße erreicht wird. Das kann durch eine Vermehrung
der Zahl der Leuchten oder eine Erhöhung der Leuchtkraft der einzelnen Leuchten
erfolgen. Der Begriff der Verbesserung ist verkehrstechnisch zu verstehen im Sinne
einer positiven Auswirkung auf den Verkehrsablauf. Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss
vom 4.8.2004 - 15 B 1351/04 - , juris.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. An der Straße „Q1. „ standen ausweislich des
Plans auf Blatt 54 des Verwaltungsvorgangs I zur Akte 3 K 00.00.00 vor der
Ausbaumaßnahme insgesamt 4 Laternen und an der Straße „E.-------weg „ eine Laterne.
Mittlerweile sind dort ausweislich der Rechnung der Stadtwerke B. vom 19.11.2005
insgesamt 21 neue Straßenlaternen aufgestellt worden, die die Straßen schon wegen
ihrer höheren Anzahl besser ausleuchten. Es handelt sich dabei nicht um die erstmalige
Herstellung der Beleuchtung mit der Folge, dass die Abrechnung nicht nach
Straßenbaubeitragsrecht erfolgen dürfte. Vielmehr war die Teileinrichtung
„Beleuchtung" der Straßen Q1. und E.------- weg bereits vor dem jetzigen Ausbau
endgültig hergestellt. Dabei geht das Gericht ebenso wie die Stadtwerke B. davon aus,
dass alle 5 vorhandenen Laternen in den Jahren 1956 oder 1960 aufgestellt worden
sind. Denn die auf dem untersten Foto auf Blatt 182 des Verwaltungsvorgangs I zur Akte
3 K 00.00.00erkennbare Laterne beim Haus Q1. 5, für die die Stadtwerke B. kein
Baujahr feststellen konnten, sieht genau so aus wie die übrigen dort vorhandenen
Laternen. Da die Siedlung bis etwa Ende der 50er-Jahre bebaut worden ist, ist davon
auszugehen, das auch diese Laterne zu diesem Zeitpunkt dort errichtet wurde. Nach §
18 des Ortsstatuts betreffend die Bebauung der Stadtgemeinde B. vom 18.4.1898 i.V.m.
§ 1 Buchstabe f der Polizeilichen Bekanntmachung vom 14.3.1930, die bei der
Aufstellung der Leuchten vor dem Inkrafttreten des BauGB und der ersten
Erschließungsbeitragssatzung der Stadt B. am 29.6.1961 noch gültig waren, war eine
Straße dann endgültig hergestellt, wenn sie u.a. ausreichend beleuchtet war. Diese
Voraussetzung ist zwar nicht schon dann erfüllt, wenn eine Straße überhaupt
Beleuchtungseinrichtungen aufweist. Von einer endgültigen Herstellung kann vielmehr
erst dann gesprochen werden, wenn der beitragspflichtige Bürger, dem die
Merkmalsregelung der Satzung über den Zeitpunkt der endgültigen Herstellung
Aufschluss geben soll, aufgrund des für ihn erkennbaren Ausbaus der Straße mit
Beleuchtungsanlagen bei objektiver Beobachtung zu dem Ergebnis gelangen wird,
dass die Straße aus Sicht der Gemeinde „ausreichend beleuchtet" und damit endgültig
hergestellt ist. Das ist nur der Fall, wenn eine ausreichende Ausleuchtung der
Erschließungsanlage in der Regel auf ihrer gesamten Länge gewährleistet ist, weil die
Beleuchtung eine gefahrlose Benutzung der Straße bei Dunkelheit ermöglichen soll.
Maßgebend sind danach die Gesamtumstände des Einzelfalls. Vgl. OVG NRW, Urteil
vom 15.11.1994 - 3 A 456/89 - m.w.N..
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Gemessen hieran waren die Straßen bereits mit der Aufstellung von 5 Laternen
ausreichend beleuchtet, mit der Folge, dass die Beleuchtung damals endgültig
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hergestellt war. Die Laternen standen, wie sich aus dem Plan auf Blatt 54 des
Verwaltungsvorgangs I zum Verfahren 3 K 00.00.00 ergibt, in einem regelmäßigen
Abstand von 70 m bzw. 100 m voneinander entfernt. Dies genügte für eine ausreichende
Beleuchtung im Sinne von § 18 des Ortsstatuts betreffend die Bebauung der
Stadtgemeinde B. vom 18.4.1898 i.V.m. § 1 Buchstabe f der Polizeilichen
Bekanntmachung vom 14.3.1930, um die Straße im Dunkeln gefahrlos benutzen zu
können. Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 19.5.1999 - 3 A 6205/95 -, juris.
Der Vertrag vom 00.00.00 zwischen der Gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft „S. F. „
GmbH in N. und dem Rechtsvorgänger des Beklagten steht der Beitragserhebung nicht
entgegen. Unabhängig von der Frage, ob es sich dabei um einen Ablösevertrag
handeln sollte, geht es hier - wie dargelegt - nicht um die erstmalige Herstellung der
Beleuchtung, die nach Erschließungsbeitragsrecht abgerechnet werden müsste,
sondern um eine Verbesserung nach § 8 KAG NRW. Diesen Fall regelt der Vertrag
nicht. Das Schreiben des Beklagten vom 13.12.2001 an Frau T. steht der
Beitragserhebung schon deswegen nicht entgegen, weil es nicht an die Klägerin
gerichtet ist, so dass diese schon deswegen keine eigenen Rechte oder
Vertrauensschutz daraus herleiten könnte. Dasselbe gilt für die
Straßenanliegerbescheinigung von 1978 an Frau H. . Andere Umstände, die gegen eine
Beitragspflicht der Klägerin sprechen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst
ersichtlich. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung
zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711
ZPO.
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