Urteil des VG Münster vom 07.11.2008
VG Münster: schutz der persönlichkeit, hochschule, konkretes rechtsverhältnis, subjektives recht, ausschluss, universität, bestätigung, behandlung, geschäftsordnung, gemeindeordnung
Verwaltungsgericht Münster, 1 K 1277/08
Datum:
07.11.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 K 1277/08
Schlagworte:
Hochschulrat Sitzungsöffentlichkeit nichtöffentlich
Personalangelegenheiten
Normen:
HG § 12 Abs. 2 HG § 21 Abs. 4 Satz 5
Leitsätze:
1. Die Vorschriften über die Sitzungsöffentlichkeit (§ 12 Abs. 2 Satz 1
HG, § 20 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Senats) i.V.m. dem
Grundrecht auf Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG
begründen ein klagefähiges subjektives Recht Studierender auf
Teilnahme an den Sitzungen des Senates der Universität.
2. Die vom Senat gem. § 21 Abs. 4 Satz 5 HG zu treffende Entscheidung
über die vom Auswahlgremium erstellte Liste zukünftiger Mitglieder des
Hochschulrates der Universität ist eine zwingend in nichtöffentlicher
Sitzung zu behandelnde Personalangelegenheit. Es handelt sich dabei
nicht um eine Wahl, sondern um einen Akt der Partizipation in einem
mehrstufigen Auswahlverfahren, während dessen ein besonderes
Diskretionsinteresse der Betroffenen besteht.
Rechtskraft:
noch nicht rechtskräftig
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Kläger die Klage
zurückgenommen haben.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen zu je ½ die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger
dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in
Höhe von 110 v. H. des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn
nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leisten.
Die Kläger sind Studierende der Universität N. und wenden sich gegen den
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Ausschluss der Öffentlichkeit bei der Senatsentscheidung über den Hochschulrat.
Am 6. Februar 2008 fand im Senatssaal des Schlosses ab 16.00 Uhr eine Sitzung des
Senats der Universität N. statt. Die mit der Einladung vom Vorsitzenden des Senates
an die Senatsmitglieder versandte Tagesordnung sah im nichtöffentlichen Teil unter
Tagesordnungspunkt 21 die "Beschlussfassung über den Vorschlag des
Auswahlgremiums für den Hochschulrat zur Besetzung des Hochschulrats gem. § 21
Abs. 4 Hochschulgesetz" vor. Die Kläger nahmen als Zuhörer an der zunächst
öffentlichen Sitzung des Senates teil. Zu wesentlichen Störungen des Sitzungsverlaufs
kam es nicht. Ein studentisches Senatsmitglied beantragte unter dem letzten
Tagesordnungspunkt des öffentlichen Teils der Sitzung, den Tagesordnungspunkt 21 im
öffentlichen Teil zu behandeln. Ein anderes Senatsmitglied hielt Gegenrede und
erklärte, es handele sich um eine Personalangelegenheit, die im nichtöffentlichen Teil
der Senatssitzung behandelt werden müsse. Der Antrag des studentischen
Senatsmitglieds wurde bei 4 Ja-Stimmen abgelehnt, die Öffentlichkeit sodann
ausgeschlossen.
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Im Zuschauerraum anwesende Studierende, darunter die Kläger, weigerten sich
allerdings auch nach mehrmaliger Aufforderung durch den Senatsvorsitzenden, den
Sitzungssaal zu verlassen. Sie äußerten, die Wahl des Hochschulrates sei von
öffentlichem Interesse, sie wollten mitdiskutieren. Daraufhin unterbrach der
Senatsvorsitzende um 17.45 Uhr die Sitzung und kündigte die Fortsetzung der
nichtöffentlichen Sitzung um 18.00 Uhr im Festsaal an. Den Klägern und anderen
Studierenden wurde mit Hilfe vorbereiteter Einlasskontrollen der Zugang zum
Sitzungssaal verwehrt. Die Studierenden begehrten einige Minuten nach Beginn der
Sitzung mit lauten Sprechchören Einlass und übten starken Druck auf die Flügeltüren
des Festsaales aus. Mehrere Senatsmitglieder und Verwaltungsangehörige stemmten
sich von innen gegen die Tür, um das Eindringen zu verhindern. Die Rektorin forderte
schließlich die Kläger und die weiteren Beteiligten unter Berufung auf ihr Hausrecht auf,
das Haus unverzüglich zu verlassen. Im nichtöffentlichen Teil der Sitzung bestätigte der
Senat mit 13 Ja-Stimmen bei 6 Gegenstimmen und 4 Enthaltungen die vom
Auswahlgremium erarbeitete Liste der Mitglieder des Hochschulrats.
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Die Kläger haben am 26. Mai 2008 Klage erhoben. Zur Begründung machen sie
geltend, der Ausschluss der Öffentlichkeit verletze sie in ihrem Recht auf Teilnahme an
der Sitzung. Die Sitzungen des Senats seien gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 HG grundsätzlich
öffentlich. Die Bestimmung des § 20 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Senates, wonach
die Öffentlichkeit mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausgeschlossen werden
könne, sei einschränkend auszulegen. Ein Ausschluss könne nur aus gewichtigen
Gründen zulässig sein. Insbesondere könne er nicht mit der Wahl von Mitgliedern des
Hochschulrates gerechtfertigt werden. Ein irgendwie geartetes
Geheimhaltungsinteresse bestehe insoweit nicht. Es handele sich auch nicht um
Personalangelegenheiten. Dieser Begriff sei als Ausnahmeregelung von der
grundsätzlich statuierten Öffentlichkeit der Senatssitzungen eng auszulegen.
Personalangelegenheiten seien nur solche, bei der die Belange der betroffenen
Personen im Vordergrund ständen, bei denen ein Bezug zur dienstlichen Stellung
bestehe, wie etwa bei Disziplinarangelegenheiten, Ermittlungsverfahren, Anerkennung
von Hochschulgraden. Bei der Wahl einer Person in ein Amt seien hingegen die
allgemeinen Belange der Hochschule betroffen und das Demokratieprinzip stehe
regelmäßig im Vordergrund. Trotz des zweifelsohne vorhandenen Bezugs zu den
Kandidaten überwiege das Interesse an der Öffentlichkeit der Sitzung. Die
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Entscheidung des Senates über den Listenvorschlag des Auswahlgremiums sei als
Abstimmung ausgestaltet, bei der zudem Persönlichkeitsrechte eher in geringerem
Maße betroffen seien als bei einer echten Auswahlentscheidung.
Die Kläger haben ursprünglich Anträge auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des gegen
sie ausgesprochenen Hausverbotes sowie des Ausschlusses der Öffentlichkeit bei der
Senatsentscheidung zum Hochschulrat am 6. Februar 2008 gestellt. In der mündlichen
Verhandlung haben sie ihre Klage hinsichtlich des Hausverbotes zurückgenommen.
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Die Kläger beantragen nunmehr,
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gegenüber der Beklagten zu 2. festzustellen, dass die Behandlung des
Tagesordnungspunktes 21 im nichtöffentlichen Teil der Senatssitzung am 6. Februar
2008 sie in ihrem Teilnahmerecht verletzt hat.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung trägt sie vor, bei der Bestätigung der vom Auswahlgremium
erarbeiteten Liste durch den Senat habe es sich um eine Personalangelegenheit
gehandelt, weil ein Bezug zur Person von Mitgliedern der Hochschule bestehe. Wie
auch die Begründung von Dienstverhältnissen zu den Personalangelegenheiten zähle,
müsse angesichts der im Rahmen des Hochschulrechts vorzunehmenden weiten
Auslegung dieses Begriffs das Verfahren, das zu einer Mitgliedschaft im Hochschulrat
und damit gem. § 9 Abs. 1 HG zur Mitgliedschaft in der Hochschule führe, ebenso als
Personalangelegenheit angesehen werden. Bei der Bestätigung der vom
Auswahlgremium erarbeiteten Liste habe es sich auch nicht um eine Wahl gehandelt.
Der deshalb zwingende Ausschluss der Öffentlichkeit nach § 12 Abs. 2 Satz 3 HG diene
dem Schutz der Persönlichkeit sowie der Privatsphäre und entspreche allgemeiner
Verwaltungsübung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Soweit die Kläger ihre Klage zurückgenommen haben, ist das Verfahren gem. § 92 Abs.
3 Satz 1 VwGO einzustellen.
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Die weitergehende Klage hat keinen Erfolg.
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Sie ist als Feststellungsklage zulässig. Gem. § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die
Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt
werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.
Unter einem Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich
aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das
Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person
zu einer Sache ergeben. Der unter Berufung auf das Hochschulgesetz sowie die
Geschäftsordnung des Senates behauptete Anspruch "auf öffentliche Sitzung" des
Senates hinsichtlich des Tagesordnungspunktes Hochschulrat ist ein konkretes
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Rechtsverhältnis in diesem Sinne. Nach § 12 Abs. 2 HG sind die Sitzungen des Senats
grundsätzlich öffentlich (Satz 1). Das Nähere bestimmen die jeweiligen
Geschäftsordnungen (Satz 2). Gem. § 20 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Senats der
X. X2. -Universität vom 9. Januar 2003 (im Folgenden: GO-Senat) sind die
Sitzungen des Senats für die Mitglieder und Angehörigen der X. X1. -
Universität sowie für Presse und Rundfunk nach Maßgabe der verfügbaren Plätze
öffentlich. An der baldigen Feststellung, dass die Behandlung des
Tagesordnungspunktes 21 unter Ausschluss der Öffentlichkeit sie in ihrem
Teilnahmerecht verletzt hat, haben die Kläger aus Gründen der Wiederholungsgefahr
auch ein berechtigtes Interesse.
Die Kläger können ferner in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO geltend
machen, durch den Ausschluss der Öffentlichkeit in ihrem subjektiven Recht auf
Teilnahme an der Sitzung verletzt zu sein, das aus den vorgenannten Vorschriften in
Verbindung mit dem Grundrecht auf Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG
abzuleiten ist. Auch (und gerade) denjenigen Universitätsmitgliedern und -angehörigen,
die nicht Mitglied des Senats sind, steht ein (Klage-)Recht auf Wahrung und ggf.
Herstellung der Sitzungsöffentlichkeit zu. Denn die Bestimmungen des § 12 Abs. 2 Satz
1 HG und § 20 Abs. 1 GO-Senat sind keine ausschließlich objektiv-rechtlichen
Verfahrensvorschriften, sondern zumindest auch den Interessen der Kläger zu dienen
bestimmt.
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Die Vorschriften dienen der (Hochschul)Öffentlichkeit, der die Möglichkeit gegeben
werden soll, die Arbeit der gewählten Vertreter zu verfolgen. Die Sitzungsöffentlichkeit
ermöglicht Transparenz und Kontrolle von Willensbildungs- und
Entscheidungsprozessen; sie ist in dieser Funktion essentiell für die Demokratie. Die
Sitzungsöffentlichkeit hat im Hinblick auf Mitglieder und Angehörige der Hochschule
darüber hinaus eine integrative Funktion. Die Zulassung zu Sitzungen soll ihre
Verbundenheit zu ihren Repräsentanten und damit die Zusammengehörigkeit in der
Hochschule sowie ferner das allgemeine Interesse an der Selbstverwaltung fördern. Die
auf dem Weg der Sitzungsöffentlichkeit gewonnenen Einsichten und Erkenntnisse
können zudem Entscheidungshilfe bei der Ausübung des Wahlrechts sein.
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Vgl. Haase, in: Leuze/Epping, HG NRW, 4. Ergänzungslieferung (Februar 2007), § 12
Rn. 13; Nagel, in: Denninger, HRG, § 40 (a.F.), Rn. 2; VG Arnsberg, Urteil vom 11. Mai
2007 - 12 K 3156/06 - juris; ähnlich zur Sitzungsöffentlichkeit im Kommunalrecht
Rehn/Cronauge/Lennep, Gemeindeordnung, § 48 IV. 1, Schnapp, Der Streit um die
Sitzungsöffentlichkeit im Kommunalrecht, VerwArch 78 (1987), 407 (430f.); zur
Parlamentsöffentlichkeit vgl. Klein, in: Maunz-Dürig, Art. 42 GG Rn. 9ff.
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Aus dieser auch subjektiven Zielsetzung des Gebots der Sitzungsöffentlichkeit folgt ein
im Weg der Klage durchsetzbarer Anspruch zumindest der Universitätsangehörigen und
-mitglieder, wie etwa der Studierenden, auf Teilnahme an Senatssitzungen und auf
Herstellung oder Beibehaltung der Sitzungsöffentlichkeit.
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So auch für den Bürger in Bezug auf kommunale Rats- und Ausschusssitzungen OVG
NRW, Urteil vom 24. April 2001 - 15 A 3021/97 -, DVBl. 2001, 1281 = NWVBl. 2002, 31;
Rehn/Cronauge/Lennep, Gemeindeordnung, § 48 IV. 2.; Held/Becker u.a. (Hrsg.),
Kommunalverfassungsrecht Nordrhein-Westfalen, GO NW, § 48 Nr. 9.1.; Schnapp,
VerwArch 78 (1987), 407 (431).
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Die Klage ist aber unbegründet.
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Die Behandlung des Tagesordnungspunktes 21 im nichtöffentlichen Teil der
Senatssitzung am 6. Februar 2008 hat die Kläger nicht in ihrem Teilnahmerecht verletzt,
weil die Öffentlichkeit zwingend durch Rechtsvorschrift ausgeschlossen war.
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Nach § 12 Abs. 2 Satz 3 HG, § 21 Satz 1 GO-Senat werden Personalangelegenheiten in
nichtöffentlicher Sitzung behandelt. Die Mitglieder des Hochschulrates werden vom
Ministerium - für eine Amtszeit von fünf Jahren - bestellt (§ 21 Abs. 3 Satz 3 HG). Zuvor
erarbeitet ein Auswahlgremium einvernehmlich eine Liste (§ 21 Abs. 4 Sätze 1 und 2
HG), die gem. § 21 Abs. 4 Satz 5 HG der Bestätigung durch den Senat mit
Stimmenmehrheit sowie sodann der Zustimmung durch das Ministerium bedarf.
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Die Entscheidung des Senats nach § 21 Abs. 4 Satz 5 HG betrifft eine
Personalangelegenheit im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 3 HG, § 21 Satz 1 GO-Senat.
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Die Mitglieder des Hochschulrates unterfallen dem persönlichen Geltungsbereich dieser
Bestimmungen.
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Zu den Personalangelegenheiten im Sinne der Vorschriften über die
Sitzungsöffentlichkeit werden üblicherweise zwar nur Angelegenheiten der Beamten
und Angestellten der jeweiligen Körperschaft, d.h. Entscheidungen in Bezug auf
Bedienstete gerechnet. Eine Beschränkung des Begriffs Personalangelegenheiten
allein auf das Personal der Hochschule in diesem Sinne wäre aber mit Blick auf den
Schutzzweck der Vorschriften zu eng. Der Ausschluss der Öffentlichkeit in
Personalangelegenheiten dient in erster Linie dem Schutz des Betroffenen. Er soll durch
eine vertrauliche Behandlung vor unbefugten Einblicken in seine persönlichen
Angelegenheiten geschützt werden.
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Vgl. Rehn/Cronauge/Lennep, § 48 V. 2.a., VG Minden, Urteil vom 3. Mai 2007 - 7 K
1581/06 -, juris, für entsprechende Bestimmungen im Kommunalrecht.
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Vor diesem Hintergrund unterfallen nicht nur Bedienstete oder Beschäftigte, sondern
auch Mitglieder und Angehörige der Hochschule dem Anwendungsbereich.
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Vgl. Haase, in: Leuze/Epping, a.a.O., § 12 Rn. 18; Hailbronner/Geis, Hochschulrecht in
Bund und Ländern, 3. Lieferung (Mai 1987), § 40 (a.F.), Rn. 11; Nagel, in: Denninger,
HRG, § 40 (a.F.), Rn. 9.
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Die Mitglieder des Hochschulrates sind - wie die Mitglieder des Präsidiums bzw.
Rektorats oder auch die Dekane - gem. § 9 Abs. 1 HG Mitglieder der Hochschule.
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Die Entscheidung gem. § 21 Abs. 4 Satz 5 HG stellt auch in sachlicher Hinsicht eine
Personalangelegenheit dar. Der Begriff der Personalangelegenheiten, der außer in
Verfahrensvorschriften gewählter Gremien vor allem im Personalvertretungsrecht
Verwendung findet, ist vieldeutig. Üblicherweise werden darunter sämtliche auf das
jeweilige Arbeits/Beamtenverhältnis bezogenen Maßnahmen der Dienststelle gefasst,
d.h. alle Maßnahmen mit Auswirkungen auf die dienstrechtliche Stellung einer Person,
insbesondere Einstellung, Entlassung, Beförderung, Versetzung oder Abordnung.
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Vgl. Hailbronner/Geis (Hg.), a.a.O., § 37 HRG (a.F.); Rn. 17; vgl. auch §§ 75, 76
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BPersVG, dazu Lorenzen/Etzel u.a., BPersVG, § 75 Rn. 10; Fischer/Goeres,
Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, vor § 75, Rn. 5, § 75 Rn. 10, § 76
Rn. 5.
Allgemeiner gefasst ist der sachliche Anwendungsbereich immer dann eröffnet, wenn
schützenswerte Diskretionsinteressen Einzelner bestehen. Es muss sich um
Angelegenheiten handeln, die den persönlichen Bereich, die Privatsphäre eines
Hochschulmitglieds oder -angehörigen berühren und daher nicht der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht werden dürfen.
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Vgl. Hailbronner/Geis, a.a.O., § 40 (a.F.), Rn. 11; Nagel: in Denninger, HRG, § 40 (a.F.),
Rn. 9.
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Keine Personalangelegenheit ist die Durchführung von Wahlen, die daher auch wenn
der Wahlakt an sich geheim ist - in öffentlicher Sitzung stattfindet.
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Vgl. Haase, in: Leuze/Epping, a.a.O., § 12 Rn. 18; Hailbronner/Geis, a.a.O., § 40 (a.F.),
Rn. 12; so auch Rehn/Cronauge/Lennep, Gemeindeordnung, § 48 V. 2.a., für das
Kommunalrecht.
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Ausgehend von diesen Vorgaben betrifft die Entscheidung des Senats gem. § 21 Abs. 4
Satz 5 HG Personalangelegenheiten.
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Denn insoweit sind mit Blick auf das Persönlichkeitsrecht schutzwürdige Belange der
Kandidaten betroffen, die gem. § 21 Abs. 3 Satz 1 HG in verantwortungsvollen
Positionen in der Gesellschaft, insbesondere der Wissenschaft, Kultur oder Wirtschaft
tätig (gewesen) sein müssen. Teil der Sitzungsvorlage für die Senatsmitglieder und
damit Diskussionsgrundlage waren die Lebensläufe der vorgeschlagenen
Hochschulratsmitglieder. Unabhängig davon ist bei einer Aussprache über künftige
Mitglieder eines derart zentralen, mit weitreichenden Kompetenzen ausgestatteten
Organs der Hochschule (vgl. §§ 14 Abs. 1 Nr. 4, 21 Abs. 1 und 2 HG) typischerweise mit
Fragen zu rechnen, deren Beantwortung die Privatsphäre betrifft und damit dem
Persönlichkeitsschutz unterliegt. Schließlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass
in der Diskussion im Senat Bedenken an der Person eines Kandidaten aufkommen und
deshalb schließlich die Liste nicht bestätigt wird.
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Die nach § 21 Abs. 4 Satz 5 HG zu treffende Entscheidung ist auch keine - aus
demokratischen Gründen die Sitzungsöffentlichkeit erfordernde - Wahl, sondern
lediglich eine notwendige Voraussetzung auf dem Weg zur Bestellung der Mitglieder
des Hochschulrates, die von weiteren Mitwirkungsakten abhängig ist.
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Die Bestellung durch das Ministerium setzt nach der Bestätigung der Liste durch den
Senat gem. § 21 Abs. 4 Satz 5 HG noch die Zustimmung des Ministeriums voraus. Es
fehlt insofern schon an der für eine Wahl charakteristischen Letztentscheidung durch
das Wahlgremium, der allenfalls noch ein formaler Ernennungs- oder Bestellungsakt
folgt. Darüber hinaus fehlt auch die typischerweise mit einer Wahl verbundene Auswahl
zwischen mehreren Personen, Parteien oder auch Listen. Die Entscheidung des Senats
ist vielmehr ein Akt der Partizipation in einem mehrstufigen Auswahlverfahren,
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vgl. insoweit die Gesetzesbegründung zu § 21 HG, LTDrs. 14/2063, S. 150,
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der vergleichbar ist mit der Mitbestimmung des Personalrates in
Personalangelegenheiten der Angestellten und Beamten (vgl. etwa §§ 66, 72 LPVG, §§
69, 75, 76 BPersVG). Gerade auf dem Weg zu einer endgültigen Entscheidung über die
Berufung in das Organ Hochschulrat besteht ein besonderes Diskretionsinteresse der
potentiellen Mitglieder. Angesichts des gesetzlich bestimmten mehraktigen Verfahrens,
bei dem eine Wahlentscheidung durch ein demokratisch legitimiertes Gremium nicht
vorgesehen ist, kann, was den Schutz der Persönlichkeit der Betroffenen angeht, für die
Hochschulrats-Kandidaten nichts anderes gelten als für einen Bewerber in einem
Einstellungsverfahren.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO. Die
Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung
beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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