Urteil des VG Münster vom 26.07.2007
VG Münster: nachzahlung, höherversicherung, freiwillige versicherung, versicherungsverhältnis, versorgung, vergleich, vollstreckbarkeit, pauschalierung, beamtenverhältnis, angestelltenverhältnis
Verwaltungsgericht Münster, 11 K 1140/06
Datum:
26.07.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 K 1140/06
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des
Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die
Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages
abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
T a t b e s t a n d :
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Die am 00.00.0000 geborene Klägerin stand bis zu ihrer Versetzung in den Ruhestand
mit Ablauf des Dezember 2001 als Verwaltungsoberinspektorin im Dienst der
Beklagten. Sie erhält neben ihren Versorgungsbezügen seit dem 1. Juli 2005 eine
Altersrente von der Rentenversicherung Bund in Höhe von 812,76 Euro sowie eine
Betriebsrente aus der Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angehörige des
öffentlichen Dienstes in Höhe von 117,56 Euro (jeweils Stand Juli 2005).
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Anlässlich ihrer Eheschließung am 00.00.0000 waren der Klägerin ihre Beiträge zur
Rentenversicherung erstattet worden (sog. Heiratserstattung). Für den betreffenden
Zeitraum vom 1. November 1957 bis zum 31. Mai 1966 hatte die Klägerin im Januar
1996 aufgrund der seinerzeit geltenden Bestimmung des § 282 SGB VI Beiträge in
Höhe von insgesamt 18.339,60 DM nachgezahlt. In dem Rentenbescheid der
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 13. Mai 2005 sind diese Beiträge im
Versicherungsverlauf als freiwillige Beiträge ausgewiesen.
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Mit Schreiben vom 20. Juni 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr die
Versorgungsbezüge neben der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur bis
zum Erreichen einer Höchstgrenze von 75 % der Endstufe der maßgeblichen
Besoldungsgruppe zustehe. Mit weiterem Schreiben vom gleichen Tage wies die
Beklagte darauf hin, dass den in derm Rentenbescheid ausgewiesenen freiwilligen
Beiträgen eine sog. Heiratserstattung zugrunde liege. Das BVerwG habe mit Urteil vom
6. April 2000 entschieden, dass die gemäß § 282 SGB VI nachentrichteten
Rentenversicherungsbeiträge im Rahmen der Rentenanrechnung nech § 55 BeamtVG
wie Pflichtbeiträge zu behandeln seien, weil Voraussetzung für die Nachentrichtung ein
früheres, der Pflichtversicherung unterliegendes Versicherungsverhältnis gewesen sei.
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Mit ihrem Widerspruch vom 29. Juni 2005 wandte sich die Klägerin gegen die
Anrechnung der Rente auf ihre Versorgungsbezüge, soweit diese auf den für die Zeit
vom 1. November 1957 bis 31. Mai 1966 gezahlten Beiträgen nach § 282 SGB VI
beruhe. Für diesen Zeitraum habe sie freiwillige Beiträge eingezahlt. Der auf diesen
Beiträgen beruhende Teil der Rente müsse daher gemäß § 55 Abs. 4 BeamtVG bei der
Anrechnung auf die Versorgungsbezüge außer Betracht bleiben. Die von ihr gezahlten
freiwilligen Beiträge seien in keiner Weise mit Pflichtbeiträgen im Sinne des SGB VI
gleichzusetzen. Der Begriff der Pflichtbeiträge sei allein nach Rentenrecht zu beurteilen.
Im Sozialversicherungsrecht würden jedoch die freiwilligen Beiträge, die durch § 282
SGB VI alter Fassung ermöglicht worden seien, nicht den Pflichtbeiträgen gleichgestellt.
Das Bundessozialgericht habe festgestellt, dass durch die Nachzahlung erstatteter
Beiträge das ursprüngliche Versicherungsverhältnis nicht wieder hergestellt werde. Das
Nachzahlungsrecht nach § 282 SBG VI habe nach Auffassung des Bundesozialgerichts
nur den Zweck gehabt, eine Korrektur der früher gesetzlich zugelassenen
Heiratserstattung zu ermöglichen und den Frauen die Möglichkeit zu eröffnen, die
entstandenen und vom Gesetzgeber später als unerwünscht angesehenen
Beitragslücken zu schließen. Die für die Betroffenen entrichteten Pflichtbeiträge seien
mit der Heiratserstattung entfallen. Ihr Versicherungsverhältnis sei durch die
Heiratserstattung aufgelöst worden. Mit der Einführung der Möglichkeit der Nachzahlung
von freiwilligen Beiträgen habe sich der Gesetzgeber gerade dazu entschlossen, die
Verfallswirkung der Beitragserstattung nicht insgesamt rückgängig zu machen, sondern
allein die Möglichkeit eröffnet, reine Beitragslücken mit freiwillligen Beiträgen
aufzufüllen. Wenn in der von der Beklagten zitierten Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts vom 6. April 2000 ausgeführt sei, dass nach § 282 SGB VI
nachentrichtete Beiträge im Rahmen des § 55 BeamtVG nicht wie freiwillige Beiträge,
sondern wie Pflichtbeiträge zu behandeln seien, könne dies nur für die einer
Heiratsabfindung zugrunde liegenden ehemaligen Pflichtbeiträge gelten. Soweit bei
einer Nachentrichtung an die BfA höhere Beiträge gezahlt worden seien als die der
Heiratsabfindung zugrunde liegenden ehemaligen Pflichtbeiträge, so liege auch nach
Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts eine freiwillige Höherversicherung vor. Der
auf dieser Höherversicherung beruhende Rentenanteil müsse auf jeden Fall gemäß §
55 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG außer Ansatz bleiben.
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Die Klägerin legte zur Unterstützung ihres Sachvortrages ein Schreiben der Deutschen
Rentenvericherung Bund vor, in dem es heißt: Im Gegensatz zur Regelung bei den
übrigen Sondernachzahlungen komme es bei der Nachzahlung von freiwilligen
Beiträgen wegen Heiratserstattung weiterhin zu der für die Versicherten günstigen
Bewertung der Beiträge. Zur Ermittlung der Entgeltpunkte werde die der
Beitragsleistung zugrunde liegende Bemessungsgrundlage durch das
Durchschnittsentgelt des Jahres 1957 (bzw. der Jahre 1968 bis 1967) geteilt. Die
Nachzahlung führe nicht zu einem Wiederaufleben des durch die Erstattung
erloschenen alten Beitragskontos. Die nachgezahlten Beiträge hätten in jeden
Beziehung nur die Wirkung von freiwilligen Beiträgen.
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Weiterhin legte die Klägerin ein Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Bund
vom 28. März 2006 vor, in dem mitgeteilt wird, dass die Rente ohne die Entrichtung
freiwilliger Beiträge zum 1. Juli 2005 434,92 Euro betragen hätte gegenüber dem Betrag
von 812,76 Euro, der der Klägerin unter Berücksichtigung der freiwilligen Beiträge
zustehe.
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Durch Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2006 wies die Beklagte den Widerspruch
der Klägerin als unbegründet zurück. Bei der nachgezahlten Heiratserstattung handele
es sich ungeachtet des Umstandes, dass sie rentenrechtlich eine freiwillige
Beitragsleistung darstelle, nicht um eine freiwillige Eigenleistung in Form einer
freiwilligen Weiterversicherung oder Höherversichrung, wie sie von § 55 Abs. 4
BeamtVG gefordert werde.
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Die Klägerin hat am 5. Juli 2006 Klage erhoben, zu deren Begründung sie ihr
Widerspruchsvorbringen wiederholt und vertieft.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 20. Juni 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2006 zu verpflichten, im Rahmen der
Gewährung der Versorgungsbezüge ab Juli 2005 den über 434,82 Euro
hinausgehenden Teil ihrer Rente bei der Anwendung der Ruhensregelung nach § 55
BeamtVG außer Ansatz zu lassen und die sich aus dem Unterschiedsbetrag
ergebenden Versorgungsbezüge an die Klägerin auszukehren. Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen. Sie wiederholt und vertieft die Darlegungen in dem
Widerspruchsbescheid.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten
Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist als Verpflichtungsklage zulässig, aber nicht
begründet. Die Weigerung der Beklagten, im Rahmen der Festsetzung der
Versorgungsbezüge der Klägerin den über 434,82 Euro hinausgehenden Teil ihrer
Rente bei Anwendung der Ruhensregelung nach § 55 BeamtVG außer Ansatz zu
lassen, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113
Abs. 5 VwGO).
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Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG werden Versorgungsbezüge neben Renten nur bis
zum Erreichen einer Höchstgrenze gezahlt, die sich nach Abs. 2 der Vorschrift bestimmt
und im Falle der Klägerin unstreitig korrekt ermittelt worden ist. Bei Anwendung des § 55
Abs. 1 und 2 BeamtVG bleibt nach § 55 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG der Teil der Rente
außer Ansatz, der dem Verhältnis der Versicherungsjahre aufgrund freiwilliger
Weiterversicherung oder Selbstversicherung zu den gesamten Versicherungsjahren
oder, wenn sich die Rente nach Werteinheiten berechnet, dem Verhältnis der
Werteinheiten für freiwillige Beiträge zu der Summe der Werteinheiten für freiwillige
Beiträge, Pflichtbeiträge, Ersatzzeiten und Ausfallzeiten oder, wenn sich die Rente nach
Entgeltpunkten berechnet, dem Verhältnis der Entgeltpunkte für freiwillige Beiträge zu
der Summe der Entgeltpunkte für freiwillige Beiträge, Pflichtbeiträge, Ersatzzeiten,
Zurechnungszeiten und Anrechnungszeiten entspricht. Ferner bleibt der Teil der Rente
außer Ansatz, der auf einer Höherversicherung beruht (§ 55 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2
BeamtVG).
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Die Rentenanteile, die auf der von der Klägerin geleisteten Nachzahlung nach § 282
SGB VI beruhen, sind hiernach nicht außer Ansatz zu lassen. Die Nachentrichtung von
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Beiträgen nach Heiratserstattung in Anwendung der vorgenannten Bestimmung stellt
keine freiwillige Weiterversicherung oder Selbstversicherung im Sinne der
einschlägigen rentenrechtlichen Bestimmungen dar. Auch sind die gemäß § 282 SGB
VI nachentrichteten Beiträge nicht als freiwillige Beiträge i. S. v. § 55 Abs. 4 BeamtVG
zu qualifizieren.
Begriffe des Rentenversicherungsrechts, die im Beamtenverorgungsrecht verwendet
werden, sind mangels eigenständiger Regelung im Beamtenrecht grundsätzlich nach
Rentenrecht, seiner Terminologie und Praxis zu verstehen (BVerwG, Urteil vom 21.
Februar 1991 - 2 C 32.88 -, NVwZ-RR 1992, 196). Rentenrechtlich stellen zwar die hier
in Rede stehenden Rentenbeiträge freiwillige Beiträge dar, wie der Rentenbescheid und
die Auskunft des Rentenversicherungsträgers belegen. Diese rein begriffliche
Zuordnung der fraglichen Nachzahlungsbeiträge wird jedoch dem Sinn und Zweck der
Ruhensregelung in § 55 BeamtVG nicht gerecht.
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§ 55 BeamtVG liegt die Überlegung zugrunde, dass die Beamtenversorgung auf Beamte
zugeschnitten ist, die den Beamtenberuf von vornherein zu ihrem Lebensberuf gewählt
haben. Als Höchstsatz der Beamtenversorgung ist daher die Höchstgrenze der
Gesamtversorgung auch für diejenigen Beamten bestimmt, die erst nach einer mehr
oder minder langen Tätigkeit in einem Arbeits- oder Angestelltenverhältnis in das
Beamtenverhältnis berufen worden sind. Durch die Vorschrift soll für Fälle des
Überwechselns aus dem Rentenversicherungssystem in das
Beamtenversorgungssystem ein gerechter Ausgleich der sog. Doppelversorgung durch
Abzug des überhöhten Betrages von der Beamtenversorgung geschaffen werden. Unter
Doppelversorgung ist in diesem Sinne das Zusammentreffen einer beamtenrechtlichen
Versorgung mit einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und (oder) den
Zusatzversicherungen für Angehörige des öffentlichen Dienstes in einer Person zu
verstehen. Nur die Rentenanteile, die allein oder überwiegend durch freiwillige
Versicherung erworben worden sind, sollen dem Versorgungsempfänger oder seinen
Hinterbliebenen erhalten bleiben sollen (§ 55 Abs. 4 BeamtVG).
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Seinem Sinn und Zweck nach verfolgt § 55 Abs. 4 BeamtVG - wie die
Vorgängerbestimmung des § 160 a Abs. 4 BBG a.F. - das Ziel, die Rente aus einer
freiwilligen Höher-, Weiter- oder Selbstversicherung insoweit von der Anrechnung auf
die Versorgungsbezüge auszunehmen, als "hinter ihr nur die Fiktion einer
Arbeitsleistung steht" (BT-Drucks. IV/2174, S. 24). Die Vorschrift unterscheidet mithin
danach, ob eine Rente ihre Grundlage tatsächlich im Arbeitsleben hat oder ob ihr keine
Arbeitsleistung zugrunde liegt; nur im letztgenannten Fall soll eine Rentenanrechnung
nicht stattfinden. Hat der Arbeitnehmer mehr als die Hälfte der Beiträge selbst getragen,
so wird gemäß § 55 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG vermutet, daß hinter den
Beitragszahlungen kein echtes Arbeitsverhältnis, sondern nur die Fiktion einer
Arbeitsleistung steht und die Beiträge freiwillig zum Zweck der Eigenvorsorge entrichtet
worden sind. Der in dem betreffenden Rententeil verkörperte Gegenwert dieser
freiwilligen Beitragsleistungen soll - ebenso wie etwa eine Rente aus einer privaten
Lebensversicherungs - dem Rentenempfänger ungeschmälert erhalten bleiben. Damit
ist auch der wirtschaftliche Vorteil gesichert, der dem Versorgungsempfänger aus einer
solchen - dem Schutzbereich des Art. 14 GG unterfallenden - Versicherung erwächst.
Dieses zum Zwecke der Altersvorsorge freiwillig erbrachte Vermögensopfer soll
demgemäß auch nicht eine auf derartigen Rententeilen beruhende Versorgung des
rentenbeziehenden Ruhestandsbeamten mindern (BVerwG, Urteil vom 18. März 1993 -
2 C 44/91 -, NVwZ-RR 1994, 31). Davon ausgehend können die Beiträge, die aufgrund
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einer in Anspruch genommenen Heiratserstattung gemäß § 282 SGB VI nachgezahlt
worden sind, nicht als freiwillige Beiträge im Rahmen einer Weiterversicherung gewertet
werden.
Die mit Ablauf des Jahres 1997 außer Kraft getretene Bestimmung des § 282 SGB VI
bot Frauen, denen anläßlich der Eheschließung Beiträge erstattet worden waren, die
Möglichkeit, auf Antrag bis zum 1. Januar 1924 zurück freiwillige Beiträge nachzahlen,
sofern die Zeiten nicht bereits mit Beiträgen belegt waren. Diese Beiträge sind nur
deshalb als "freiwillige" Beiträge ausgestaltet worden, weil keine Verpflichtung zur
Nachzahlung begründet werden sollte. Zwar hatte nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts die Heiratserstattung für Frauen, die dieses Recht in Anspruch
genommen hatten, die rückwirkende Auflösung des Versicherungsverhältnisses zur
Folge. Die Nachzahlung nach § 282 SGB VI und dessen Vorgängerregelungen hob die
Beitragserstattung nicht auf und führte zu keiner Wiederherstellung des früheren
Versicherungsverhältnisses, sondern begründete einen neuen Versicherungsverlauf
Dennoch hatte das Nachentrichtungsrecht gemäß § 282 SGB VI u.a. nicht vorrangig den
Sinn, aufgrund freier Entscheidung der gesetzlichen Rentenversicherung beizutreten
oder diese fortzuführen. Vielmehr sollte Frauen, deren Altersversorgung infolge der
früheren Erstattung verkürzt war, ergänzend das Recht eingeräumt werden, die in der
Vergangenheit entstandenen Beitragslücken durch Entrichtung freiwilliger Beiträge zu
schließen. Die Möglichkeit der Nachentrichtung diente mithin der Korrektur einer früher
getroffenen Entscheidung, die sich aufgrund gesellschaftlicher und rechtlicher
Veränderungen im nachhinein als unzweckmäßig und nachteilig herausgestellt hatte
(BVerwG, Urteil vom 6. April 2000 - 2 C 25/99 -, BVerwGE 111, 93).
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Daraus ist bei wertender Betrachtung zu folgern, dass die gemäß § 282 SGB VI
nachgezahlten Beiträge, die an die Stelle der ursprünglich geleisteten Pflichtbeiträge
getreten sind, im Rahmen der Ruhensregelung des § 55 BeamtVG ebenfalls als
Pflichtbeiträge zu behandeln sind. Davon ist auch das BVerwG in der den Beteiligten
bekannten Entscheidung vom 6. April 2000 § 14a BeamtVG ausgegangen, ohne diese
Annahme auch nur im Ansatz in Frage zu stellen:
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„Darüber hinaus macht § 55 BeamtVG, insbesondere dessen Abs. 4, deutlich, daß
Beiträge, die gemäß § 282 SGB VI und dessen Vorgängervorschriften nachentrichtet
worden sind, nicht wie freiwillige Beiträge, sondern wie Pflichtbeiträge behandelt
werden. Dies ist auch bei der Auslegung des § 14 a BeamtVG zu berücksichtigen.
Gemäß § 55 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG bleiben in der Regel bei der Anrechnung von
Renten auf Versorgungsbezüge die Teile der Rente außer Ansatz, die auf freiwilliger
Weiterversicherung oder Selbstversicherung oder Höherversicherung beruhen, auch
soweit auf "das Verhältnis der Werteinheiten für freiwillige Beiträge" abzustellen ist (vgl.
BVerwG, Urteil vom 21. Februar 1991 - BVerwG 2 C 32.88 - a.a.O.). Die
Nachentrichtung von Beiträgen gemäß § 282 SGB VI dient keiner freiwilligen
Weiterversicherung, Selbstversicherung oder Höherversicherung. Wenn § 55 Abs. 4
BeamtVG die freiwillig nachentrichteten Beiträge nicht als "private Altersvorsorge"
betrachtet, sondern darauf beruhende Rententeile den allgemein für Renten geltenden
Grundsätzen unterwirft, wäre es systemwidrig, Rentenansprüche, die auf solchen
Beiträgen beruhen, nach § 14 a BeamtVG unberücksichtigt zu lassen - also zweifach
nachteilig zu behandeln." Die am Gesetzeszweck orientierte Qualifizierung der nach §
282 SGB VI freiwillig gezahlten Beiträge als Pflichtbeiträge gilt unabhängig davon, ob
hierdurch im Vergleich zu dem ursprünglichen Rentenverlauf ein höherer
Rentenanspruch bewirkt worden ist. Die hier maßgeblichen gesetzlichen
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Bestimmungen lassen weder Raum für eine Begrenzung der Anrechnung auf den
Umfang der Heiratserstattung noch bieten sie die Möglichkeit, nur die sich aus einem
fiktiven Rentenverlauf - ohne Inanspruchnahme der Heiratserstattung - ergebende Rente
in die Ruhensregelung nach § 55 Abs. 1 BeamtVG einzustellen. Mit den an der
jeweiligen Beitragbemessungsgrenze orientierten Nachzahlungs-Beiträgen sind die
aufgrund der Heiratserstattung „erloschenen" Beitragszeiten wieder belegt worden, so
dass die freiwilligen Beiträge an die Stelle der ursprünglichen Pflichtbeiträge getreten
sind. Eine Aufspaltung dieser Beiträge in dem oben angesprochenen Sinne ließe außer
Acht, dass es sich bei der gesetzlichen Rentenversicherung um ein beitragsfinanziertes
Solidarsystem handelt und dass den Beiträgen nicht der Charakter einer Spareinlage
zukommt. Im Übrigen verbietet sich eine Begrenzung der Anrechnung auf den Betrag
der Heiratserstattung bzw. auf die fiktiv ermittelten Werteinheiten des durch die
Heiratserstattung erloschenen Rentenkontos auch deshalb, weil damit der auf die
Zwischenzeit (hier: ca. 30 Jahre) bezogene Kapitalgewinn unberücksichtigt bliebe.
Gegen die Berücksichtigung einer fiktiven Rentenberechnung im Rahmen des § 55 Abs.
1 und 4 BeamtVG spricht zudem, dass sich der Gesetzgeber mit der Berechnung der
freiwilligen Beiträge nach § 282 SGB VI für eine Pauschalierung und nicht für ein am
konkreten Beitragsverlauf orientiertes Verfahren entschieden hat (§ 282 Abs. 2 Satz 2
SGB VI). Entgegen der Auffassung der Klägerin kann in der Nachentrichtung der
Beiträge mit Blick auf die im Vergleich zur Heiratserstattung höheren Beitragsleistungen
auch keine Höherversicherung i. S. v. § 55 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG gesehen
werden. Ob ein Rententeil auf einer Höherversicherung beruht, beurteilt sich nicht
danach, ob der Versicherte über den Pflichtbeitrag hinaus weitere Beiträge zur
Rentenversicherung geleistet hat, sondern danach, ob die fraglichen Beiträge
rentenversicherungsrechtlich als Höherversicherung behandelt werden (vgl. Schachel in
Schütz/Maiwald, BeamtR, Teil D Rndr. 29 zu § 55, m. w. Nachw.). Dies ist hier
unzweifelhaft nicht der Fall. Schließlich lässt sich auch aus dem Vortrag der Klägerin,
sie habe aufgrund der seinerzeit erteilten Auskünfte darauf vertraut, dass der auf der
freiwilligen Nachzahlung nach § 282 SGB VI beruhende Rentenanteil anrechnungsfrei
bleibe, nichts für den geltend gemachten Klageanspruch herleiten. Soweit die Klägerin
durch die Rentenversicherung im Ergebnis falsch beraten worden sein sollte, begründet
dies jedenfalls keinen Vertrauenstatbestand gegenüber der Beklagten. Die
Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 11, 711 ZPO.
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