Urteil des VG Münster vom 19.06.2007
VG Münster: schule, eltern, treu und glauben, schüler, gymnasium, besuch, fahrkosten, schulweg, reduktion, vertreter
Verwaltungsgericht Münster, 1 K 1514/06
Datum:
19.06.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 K 1514/06
Tenor:
Der Bescheid des Beklagten vom 9. August 2006 in der Gestalt seines
Widerspruchsbescheides vom 15. August 2006 wird aufgehoben. Die
Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für das Schuljahr 2006/2007
Schülerfahrkosten in Höhe von 412,- EUR zu erstatten.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte
darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor
der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Schülerfahrkosten.
1
Am 14. Februar 2006 meldeten die Eltern des Klägers ihn für das Schuljahr 2006/2007
zur Jahrgangsstufe 5 beim T. Münster an und beantragten bei der Stadt N2. , dem
Kläger eine entsprechende Schulwegjahreskarte auszustellen.
2
Mit Bescheid vom 9. August 2006 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung
ab: Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Ausstellung einer Schulwegjahreskarte
zum T. N. , weil dieses für ihn nicht die nächstgelegene Schule im Sinne der
Schülerfahrkostenverordnung sei. Aus den Preiszonen der Verkehrsgemeinschaft N1.
ergebe sich, dass die nächstgelegene Schule für den Kläger das Gymnasium C. sei. Um
dieses zu erreichen, genüge eine Schulwegjahreskarte der Preisstufe 3, während er für
den Schulweg nach N. eine Karte der Preisstufe 5 benötige.
3
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger, vertreten durch seine Eltern, unter dem 10.
August 2006 Widerspruch und fügte ein Schreiben des Städtischen Gymnasiums C.
vom 21. Juni 2006 bei, wonach seine Aufnahme in die Jahrgangsstufe 5 zum Schuljahr
2006/2007 wegen Überschreitungen der Kapazitäten nicht möglich sei.
4
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2006 wies der Beklagte den Widerspruch
5
zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Bereits seit Januar 2006 sei der
Konsolidierungsvorschlag, die bisherige freiwillige Schülerfahrkostenregelung der Stadt
N. auf das gesetzliche Mindestmaß zurückzuführen, umfangreich öffentlich diskutiert
und hierüber informiert worden. Hiervon unabhängig seien den Eltern des Klägers die
geplanten Neuregelungen jedenfalls am 10. Februar 2006 bekannt gewesen. Mit
Schreiben von diesem Tag sowie einem Schreiben vom 10. März 2006 hätten sie sich
im Namen der von der geplanten Neuregelung betroffenen Eltern aus B. , I. und M. an
den Oberbürgermeister der Stadt N. und die Fraktionsvorsitzenden des Rats der Stadt
gewandt und beantragt, keine rückwirkende Änderung der Schülerbeförderungsentgelte
vorzunehmen. Auch wenn erst mit dem Ratsbeschluss vom 5. April 2006
Rechtssicherheit bezüglich der künftigen Regelungen zur Übernahme von
Schülerfahrkosten bestanden habe, sei auf Grund des Schriftverkehrs und dem Verlauf
der Diskussionen schon vorher abzusehen gewesen, dass der Rat dem Vorschlag
entsprechend beschließen werde, ab dem Schuljahr 2006/2007 nur noch die nach der
Schülerfahrkostenverordnung notwendigen Fahrkosten bis zur nächstgelegenen Schule
der jeweiligen Schulform zu übernehmen. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten die Eltern des
Klägers ihn am nächstgelegenen Gymnasium in C. anmelden können. Es könne nicht
ausgeschlossen werden, dass eine Aufnahme des Klägers zum Anmeldezeitpunkt bzw.
kurz danach noch möglich gewesen wäre. Würde eine Vielzahl von Eltern die
Anmeldung ihres Kindes zu einer weiterführenden Schule bis kurz vor Beginn der
Sommerferien hinausschieben, würde dieses den Grundgedanken der
Schülerfahrkostenverordnung, Fahrkosten nur bis zur nächstgelegenen Schule
erstatten, unterlaufen.
Der Kläger hat am 11. September 2006 Klage erhoben.
6
Er macht im Wesentlichen geltend: Der für die Entscheidung über die Klage
maßgebliche Zeitpunkt sei der Beginn des Schuljahrs 2006/2007. Zu diesem Zeitpunkt
sei seine Aufnahme auf ein näher gelegenes Gymnasium als das T. N. nicht möglich
gewesen. Aus einem Schreiben der Stadt Steinfurt vom 24. Mai 2006 gehe hervor, dass
eine Aufnahme auswärtiger Schüler in die Klasse 5 des Gymnasiums C. zum Schuljahr
2006/2007 zu keinem Zeitpunkt möglich gewesen sei. Es sei auch nicht treuwidrig, sich
auf die Unmöglichkeit einer anderweitigen Anmeldung zu berufen. Der Beklagte habe
mit der Bescheidung des Fahrkostenantrags solange gewartet, bis eine Anmeldung am
Gymnasium C. nicht mehr möglich gewesen sei. Dies habe der Beklagte zu vertreten.
Dieser sei verpflichtet, dem Kläger die im Schuljahr 2006/2007 aufgewändeten
Schülerfahrkosten von insgesamt 970,-EUR (2 x 30,- EUR für 2 Wochenkarten im Monat
August 2006, 775,- EUR zuzüglich 135,- EUR für ein Schüler-Abo bzw. Schüler-
Monatsticket für September 2006 bis einschließlich Juni 2007) zu erstatten. Dabei sei
die Auszahlung des Sockelbetrags von 558,- EUR für eine Schulwegjahreskarte von M.
nach T1. -C. noch nicht beantragt worden.
7
Der Kläger beantragt sinngemäß,
8
den Bescheid des Beklagten vom 9. August 2006 in der Gestalt seines
Widerspruchsbescheides vom 15. August 2006 aufzuheben und den Beklagten zu
verpflichten, ihm, dem Kläger, für das Schuljahr 2006/2007 Schülerfahrkosten in Höhe
von 412,- EUR zu erstatten.
9
Der Beklagte beantragt,
10
die Klage abzuweisen.
11
Er wiederholt die Gründe des angefochtenen Bescheides und macht ergänzend im
Wesentlichen geltend: Der Kläger könne sich auf die vermeintlich erschöpfte
Aufnahmekapazität des Gymnasiums C. nicht berufen. Wie der Protestbrief seiner Eltern
vom 10. Februar 2006 zeige, hätten sie ihren Sohn in dem Bewusstsein beim T. N.
angemeldet, dass nur noch die Kosten zur nächstgelegenen Schule erstattet würden.
Hätten sie den Kläger zu diesem Zeitpunkt in C. angemeldet, wäre er dort sicher
aufgenommen worden. Es widerspräche dem Willen des Verordnungsgebers, den
Kommunen grundsätzlich nur die Schülerfahrkosten für den Besuch der
nächstgelegenen Schule aufzubürden, wenn die Eltern die Voraussetzungen der
Schülerfahrkostenerstattung dadurch unterliefen, dass sie ihre Kinder bewusst nicht an
der nächstgelegenen Schule anmeldeten und sich dann später auf die mittlerweile
ausgeschöpften Kapazitäten der nächstgelegenen Schule beriefen. Daher sei den
Regelungen der Schülerfahrkostenverordnung jedenfalls im Wege der teleologischen
Reduktion eine Einschränkung hinzuzufügen, durch die ihre nach dem Wortsinn
möglicherweise zu weit gefasste Regel auf den ihr nach dem Regelungszweck oder
dem Sinnzusammenhang zukommenden Anwendungsbereich zurückgeführt werde.
12
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch
den Berichterstatter anstelle der Kammer einverstanden erklärt.
13
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zu
den Akten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie der vom Beklagten vorgelegten
Verwaltungsakten Bezug genommen.
14
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
15
Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
16
Der Bescheid des Beklagten vom 9. August 2006, mit dem der Antrag des Klägers auf
Übernahme von Schülerfahrkosten für das Schuljahr 2006/2007 abgelehnt worden ist,
ist in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. August 2006 rechtswidrig und
verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten
einen Anspruch auf Erstattung der für seinen Schulweg zum T. N. im Schuljahr
2006/2007 aufgewändeten Kosten.
17
Der geltend gemachte Anspruch folgt aus § 97 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 des
Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (SchulG NRW) in Verbindung mit den
Vorschriften der Schülerfahrkostenverordnung - SchfkVO - vom 16. April 2005 (GV.
NRW. 2005, 420). Nach §§ 5, 7 Abs. 1 Satz 1, 9 Abs. 3 SchfkVO besteht ein Anspruch
auf Übernahme von Schülerfahrkosten dem Grunde nach, wenn der Schulweg zur
besuchten nächstgelegenen Schule bei einem Schüler der Sekundarstufe I mehr als 3,5
km beträgt. Nächstgelegene Schule im Sinne von § 9 Abs. 3 SchfkVO ist für Schüler der
nicht bereits in § 9 Abs. 1 und Abs. 2 SchfkVO aufgeführten Schulen, wenn - wie hier -
für sie kein Schuleinzugsbereich gebildet worden ist, die Schule der gewählten
Schulform, bei Gymnasien die Schule mit dem gewählten bilingualen Bildungsgang, die
mit dem geringsten Aufwand an Kosten und einem zumutbaren Aufwand an Zeit erreicht
werden kann und deren Besuch schulorganisatorische Gründe nicht entgegenstehen.
18
Die danach erforderlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch sind
erfüllt. Insbesondere ist das vom Kläger besuchte T. N. die für ihn nächstgelegene
Schule im genannten Sinn. Dem steht nicht entgegen, dass - wovon auch die Beteiligten
ausgehen - das Städtische Gymnasium C. von der Wohnung des Klägers weniger weit
entfernt liegt und mit geringerem Kosten- und Zeitaufwand erreicht werden kann. Denn
dieses Gymnasium war zumindest im Schuljahr 2006/2007 nicht die nächstgelegene
Schule für den Kläger, weil seinem Besuch dieser Schule schulorganisatorische Gründe
entgegengestanden haben.
19
Zu den schulorganisatorischen Gründen im Sinne von § 9 Abs. 3 Satz 2 SchfkVO sind
alle diejenigen Maßnahmen zu zählen, die von einem Schulträger oder der Leitung
einer Schule im Rahmen der ihnen obliegenden Organisationsbefugnisse zur Regelung
des Schulbesuchs getroffen werden. Dazu gehört die Festlegung der Zahl der Klassen
und der Anzahl der Schüler pro Klasse auf der Grundlage der dazu ergangenen
gesetzlichen Bestimmungen und Verwaltungsvorschriften. Deshalb ist auch die auf die
Zahl der vorhandenen Plätze abgestellte Regelung der Aufnahme eines Schülers eine
schulorganisatorische Maßnahme. Bei einer von einer Schulleitung erklärten Ablehnung
der Aufnahme eines Schülers aus Platzgründen stehen damit dem Besuch dieser
Schule durch den betroffenen Schüler schulorganisatorische Gründe entgegen.
20
Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss
vom 19. Oktober 2000 - 19 E 113/00 -; Urteil vom 14. August 1979 - VIII A 1716/77 -,
juris.
21
Solche Gründe haben der Aufnahme des Klägers am Städtischen Gymnasium C. im
Schuljahr 2006/2007 entgegen gestanden. Denn nach dem vom Kläger vorgelegten
Schreiben dieser Schule vom 21. Juni 2006 war seine Aufnahme in die Jahrgangsstufe
5 zum Schuljahr 2006/2007 wegen Überschreitung der Kapazität nicht möglich.
22
Für die Frage, ob der Aufnahme des Klägers beim Städtischen Gymnasium C.
schulorganisatorische Gründe im Sinne von § 9 Abs. 3 Satz 2 SchfkVO entgegen
stehen, kommt es nicht darauf an, ob er dort aufgenommen worden wäre, wenn seine
Eltern ihn im Rahmen des förmlichen Aufnahmeverfahrens dieser Schule angemeldet
hätten. Für die Beurteilung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Übernahme von
Schülerfahrkosten sind allein die Verhältnisse während des betreffenden - jährlich am 1.
August beginnenden und am 31. Juli des darauffolgenden Jahres endenden -
Schuljahrs maßgeblich. Dies folgt bereits aus § 4 Abs. 2 Satz 1 SchfkVO, wonach
Bewilligungszeitraum in der Regel das Schuljahr ist, und wird insbesondere dadurch
bestätigt, dass nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SchfkVO für die Bestimmung der für den
Schulweg maßgeblichen Wohnung des Schülers auf seinen gewöhnlichen Aufenthalt
„an Unterrichtstagen" abzustellen ist. In dem danach maßgeblichen Zeitraum war der
Besuch des Klägers des Städtischen Gymnasiums C. indes, wie dargelegt, wegen
fehlender Aufnahmekapazität und damit aus schulorganisatorischen Gründen im oben
genannten Sinn ausgeschlossen.
23
Damit sind die in § 9 Abs. 3 Satz 2 SchfkVO festgelegten Voraussetzungen für die
Feststellung, dass die räumlich nächste Schule, hier das Städtische Gymnasium C. ,
nicht die nächstgelegene Schule ist, erfüllt. Weitere Voraussetzungen für diese
Feststellung sind dem Wortlaut der Schülerfahrkostenverordnung nicht zu entnehmen.
Insbesondere ergibt sich kein Hinweis dafür, dass darauf abzustellen ist, wer die
schulorganisatorischen Hinderungsgründe für eine Aufnahme des Schülers verschuldet
24
oder zu vertreten hat. Wesentlich ist allein, dass im Zeitpunkt des Aufnahmebegehrens
die Aufnahme aus schulorganisatorischen Gründen nicht vollzogen worden ist.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. August 1979 - VIII A 1716/77 -, a.a.O.
25
Dies führt entgegen der Auffassung des Beklagten jedenfalls nicht zu derart
unvertretbaren Ergebnissen, dass es geboten wäre, den Anwendungsbereich der
Regelungen der Schülerfahrkostenverordnung im Wege der sog. teleologischen
Reduktion etwa dahingehend einzuschränken, bei der Prüfung, ob dem Besuch der
räumlich nächsten Schule schulorganisatorische Gründe entgegenstehen, nur solche
Gründe anzuerkennen, die allein vom betreffenden Schulträger „verursacht" worden
sind bzw. solche schulorganisatorischen Gründe auszuscheiden, die zumindest auch
auf das Anmeldeverhalten des Schülers bzw. seiner gesetzlichen Vertreter
zurückzuführen sind. Zwar ist dem Beklagten darin zuzustimmen, dass die im oben
genannten, einschränkungslosen Sinn aufgefasste Regelung des § 9 Abs. 3 Satz 2
SchfkG dem Schüler bzw. seiner gesetzlichen Vertreter im Einzelfall die Möglichkeit
eröffnet, die Feststellung der nächstgelegenen Schule zu beeinflussen, indem sie die an
sich mögliche und zumutbare Anmeldung bei der räumlich nächsten Schule unterlassen
oder verzögern und sich nach Eintreten der Erschöpfung der Aufnahmekapazität dieser
Schule auf schulorganisatorische Gründe im Sinne von § 9 Abs. 3 Satz 2 SchfkVO
berufen können, die bei „rechtzeitiger" Anmeldung bei dieser Schule und damit
verbundener Einbeziehung in das förmliche Aufnahmeverfahren möglicherweise nicht
vorgelegen hätten. Dieser Umstand lässt jedoch keine Missbrauchsmöglichkeiten
erkennen, die zu einer einschränkenden, insbesondere auf das Anmeldeverhalten
abstellenden Anwendung der Regelung zwingen. Denn es ist zu berücksichtigen, dass
die Möglichkeit einer Einflussnahme im beschriebenen Sinn auf die Feststellung der
nächstgelegenen Schule im Sinne von § 9 Abs. 3 Satz 2 SchfkVO von vornherein nur
dann besteht, wenn die Aufnahmekapazität der räumlich nächsten Schule im
betreffenden Schuljahr tatsächlich erschöpft ist. Hiervon kann indes nicht in jedem Fall
ausgegangen werden. Hängen die Einflussmöglichkeiten mithin letztlich von zufälligen
Ereignissen ab und bestehen sie deshalb nur in einzelnen Fällen, ist es nicht geboten,
die Erreichung des Zwecks der Regelungen der Schülerfahrkostenverordnung,
Fahrkosten nur für den Weg zur nächstgelegenen Schule zu übernehmen, generell im
Wege der vom Beklagten befürworteten teleologischen Reduktion sicherzustellen.
Vielmehr kann einer missbräuchlichen Geltendmachung des Anspruchs auf Übernahme
von Schülerfahrkosten im Einzelfall anhand des auch im öffentlichen Recht geltenden
Grundsatzes der Wahrung von Treu und Glauben (vgl. § 242 BGB) begegnet werden.
26
Nach diesem Grundsatz ist im vorliegenden Fall indes der geltend gemachte Anspruch
nicht ausgeschlossen. Insbesondere ist nicht festzustellen, dass sich der Kläger bzw.
seine Eltern treuwidrig im Sinne einer missbräuchlichen Rechtsausübung verhalten
haben, indem sie eine Anmeldung beim Städtischen Gymnasiums C. zunächst
unterlassen, sich aber gleichwohl auf die jedenfalls zu Beginn des Schuljahrs
2006/2007 eingetretene Erschöpfung der Aufnahmekapazität des Städtischen
Gymnasiums C. berufen haben. Der Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens
steht jedenfalls entgegen, dass der Rat der Stadt N. seinen Beschluss, ab dem
Schuljahr 2006/2007 nur noch die nach der Schülerfahrkostenverordnung notwendigen
Fahrkosten bis zur nächstgelegenen Schule der jeweiligen Schulform zu übernehmen,
zum Zeitpunkt der Anmeldung des Klägers beim T. N. noch nicht gefasst hatte. Zwar ist
den Eltern des Klägers zu diesem Zeitpunkt - wie das von ihnen unterzeichnete
Schreiben vom 10. Februar 2006 an die Fraktionsvorsitzenden des Rates der Stadt N.
27
belegt - der Vorschlag an den Stadtrat, die bisherigen freiwilligen Leistungen der Stadt
zurückzuführen, bekannt gewesen. Sie weisen jedoch zu Recht auf die zum damaligen
Zeitpunkt noch fehlende Rechtssicherheit in dieser Frage hin. Angesichts dieser noch
ungeklärten rechtlichen Situation hinsichtlich des künftigen Umfangs der
Schülerfahrkostenübernahme durch die Stadt N. kann dem Kläger bzw. seinen Eltern
kein treuwidriges Verhalten entgegen gehalten werden. Insbesondere bestehen keine
hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass - wie der Beklagte meint - die Eltern des
Klägers ihn etwa bewusst allein beim T. N. angemeldet haben, um hierdurch für den Fall
eines für sie negativen Ratsbeschlusses die Voraussetzungen des Anspruchs auf
Übernahme von Schülerfahrkosten in voller Höhe zu erzwingen.
Der Erstattungsanspruch des Klägers besteht in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe.
Dabei ist zu Grunde zu legen, dass das Klagebegehren lediglich auf die Erstattung der
über den „Sockelbetrag" von 558,- EUR für eine Schulwegjahreskarte hinausgehenden
Kosten für ein Schüler-Abo bzw. Schüler-Monatsticket für das Schuljahr 2006/2007
gerichtet ist. Da der Beklagte den - sich aus § 9 Abs. 6 Satz 1 SchfkVO ergebenden -
Anspruch des Klägers auf Erstattung des Sockelbetrags für eine Schulwegjahreskarte
von M. nach T1. -C. nicht bestreitet und es zur Erstattung dieses Betrags bislang
lediglich deshalb nicht gekommen ist, weil es noch an einem entsprechenden Antrag
des Klägers fehlt, ist davon auszugehen, dass der Sockelbetrag nicht Gegenstand des
vorliegenden Verfahrens ist.
28
Der Beklagte hat nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil er
unterlegen ist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der
Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der
Zivilprozessordnung.
29
30