Urteil des VG Münster vom 30.11.2004
VG Münster: hausarbeit, prüfer, leistungsklage, vergabe von aufträgen, klagebegehren, klageart, berufliche tätigkeit, kritik, zeugnis, öffentlich
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Verwaltungsgericht Münster, 10 K 830/01
30.11.2004
Verwaltungsgericht Münster
10 Kammer
Urteil
10 K 830/01
Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Prüfungsbescheides vom 13.
September 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2001
verpflichtet, über das Ergebnis der ersten juristischen Staatsprüfung des
Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu
entscheiden. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die
Kosten des Verfahrens zu 4/5 und der Beklagte zu 1/5. Das Urteil ist
wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner
darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des
jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige
Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
Der Kläger strebt eine Verbesserung der Note seiner bestandenen ersten juristischen
Staatsprüfung an. Er begehrt die gerichtliche Verpflichtung des Beklagten zur erneuten
Entscheidung über das Prüfungsergebnis und begründet dies mit Einwänden gegen die
Bewertung seiner häuslichen Arbeit aus dem Öffentlichen Recht.
Der Kläger, der sein Studium der Rechtswissenschaft im Wintersemester 1995/1996
begonnen hatte, legte seine erste juristische Staatsprüfung im Jahre 2000 ab. Bei der
Beurteilung der Hausarbeit schlossen sich der weitere Prüfer und der Vorsitzende des
Prüfungsausschusses dem Bewertungsvorschlag des zuerst mit der Begutachtung der
Hausarbeit befassten Prüfers (Erstgutachter) an. Das Gericht nimmt auf den Text der
Hausaufgabe, auf die Hausarbeit des Klägers, auf das Zeugnis des Erstgutachters vom 18.
Juli 2000 und auf die Bemerkungen, Schlängellinien usw. der Prüfer in der Hausarbeit
Bezug. Die Leistungen des Klägers im schriftlichen Teil der Prüfung wurden wie folgt
bewertet:
Hausarbeit: ausreichend (5 Punkte), A-Klausur (Bürgerliches Recht I): befriedigend (8
Punkte), A-Klausur (Bürgerliches Recht II): ausreichend (5 Punkte), B-Klausur (Strafrecht):
befriedigend (7 Punkte), C-Klausur (Öffentliches Recht I): ausreichend (5 Punkte), C-
Klausur (Öffentliches Recht II): ausreichend (5 Punkte).
Im mündlichen Teil der Prüfung am 7. September 2000 erzielte der Kläger folgende
Ergebnisse:
Teil I (Strafrecht): gut (14 Punkte), Teil II (Öffentliches Recht): vollbefriedigend (11 Punkte),
Teil III (Zivilrecht): vollbefriedigend (10 Punkte), Teil IV (Staats- und Verwaltungsrecht):
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vollbefriedigend (12 Punkte),
Der Prüfungsausschuss erklärte die Prüfung mit dem rechnerisch ermittelten Punktwert von
8,10 und der Gesamtnote befriedigend" für bestanden. Diese Entscheidung stellte der
Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 13. September 2000 zu.
Der Kläger erhob am 13. Oktober 2000 Widerspruch, den er unter anderem mit Einwänden
gegen Randbemerkungen an der Hausarbeit, gegen das Zeugnis des Erstgutachters und
gegen die Voten der beiden anderen Prüfer begründete. Insoweit wird auf den Inhalt der
Widerspruchsbegründung vom 06. November 2000 verwiesen (Blatt 27 bis 33 und 35 bis
45a der Beiakte Heft 2).
Der Beklagte holte zur Widerspruchsbegründung des Klägers Stellungnahmen der an der
Beurteilung der Hausarbeit beteiligt gewesenen Prüfer ein. Der Erstgutachter schlug in
seiner Stellungnahme vom 17. Dezember 2000, auf deren Inhalt Bezug genommen wird
(Blatt 53 bis 55 der Beiakte Heft 2), eine höhere Bewertung der Hausarbeit mit
befriedigend" (8 Punkte) vor. Der weitere Prüfer schloss sich diesem Vorschlag an. Der
Vorsitzende des Prüfungsausschusses sah keinen Anlass, die Mitprüfer von seiner dem
Kläger ungünstigeren Bewertung von Vorzügen und Mängeln der Hausarbeit zu
überzeugen, und kam ebenfalls zu einer Bewertung mit befriedigend" (8 Punkte). Der
Prüfungsausschuss sah nach erneuter Beratung keinen Grund für eine Abweichung von
dem rechnerisch ermittelten neuen Punktwert für die Gesamtnote.
Der Beklagte änderte durch Widerspruchsbescheid vom 15. März 2001 den angefochtenen
Prüfungsbescheid ab, erklärte die erste juristische Staatsprüfung des Klägers mit
befriedigend" (8,70 Punkte) für bestanden und wies den weitergehenden Widerspruch
zurück. Er führte in den Gründen des Bescheides unter anderem aus, dass die Prüfer auch
nach erneuter Überprüfung und Beratung Anlass weder für eine weitergehende Anhebung
der Benotung der Hausarbeit noch für eine Notenabänderung gesehen hätten, und verwies
wegen der Einzelheiten auf die beigefügten Ablichtungen der Stellungnahmen der Prüfer.
Der Kläger hat am 11. April 2001 Klage erhoben. Er wiederholt weitgehend sein bisheriges
Vorbringen und macht im Wesentlichen weiter geltend: Seine Hausarbeit sei eine erheblich
über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung. Die in der Stellungnahme
des Erstgutachters vom 17. Dezember 2000 als für die Benotung allein entscheidend
bezeichneten Kritikpunkte an seiner Hausarbeit seien fachlich fehlerhaft. Der Vorwurf einer
falschen Schwerpunktsetzung sei nachgeschoben worden. Ferner seien seine weiteren
Einwände aus dem Vorverfahren übergangen worden. Soweit nach der Stellungnahme des
Erstgutachters Randbemerkungen an der Hausarbeit und Ausführungen im Zeugnis zur
Hausarbeit für die Benotung nicht entscheidend gewesen sein sollen, bestreite er dies.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird auf seine Schriftsätze vom 10.
April 2001, 07. Juni 2001, 30. April 2002, 19. März 2003 und 12. April (richtig: November)
2004 (Blatt 1 bis 18, 63 bis 65, 74 bis 99, 115 bis 118 der Gerichtsakte) Bezug genommen;
außerdem hat der Kläger nach der mündlichen Verhandlung einen weiteren Schriftsatz
eingereicht (Blatt 134 bis 136 der Gerichtsakte).
Der Kläger beantragt,
den Prüfungsbescheid des Beklagten vom 13. September 2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 15. März 2001 aufzuheben und den Beklagten zu
verpflichten, über das Ergebnis der ersten juristischen Staatsprüfung unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist zur Begründung auf die Ausführungen in der Stellungnahme des Erstgutachters
vom 17. Dezember 2000 und macht ferner geltend, dass die Prüfer die im Vorverfahren
nicht näher behandelten Randbemerkungen als nicht bewertungserheblich angesehen
hätten.
Der Beklagte hat auf das Schreiben des Gerichts vom 18. Oktober 2004 hin ergänzende
Stellungnahmen der Prüfer vom 02., 14. und 17. November 2004 vorgelegt, auf deren Inhalt
verwiesen wird (Blatt 127 bis 130 der Gerichtsakte).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle der
Kammer einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Beklagten ergänzend Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Verpflichtungsklage ist nur teilweise begründet.
Der angegriffene Prüfungsbescheid des Beklagten vom 13. September 2000 in der Gestalt
des zugehörigen Widerspruchsbescheides ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in
seinen Rechten. Maßgebend für die rechtliche Beurteilung der Prüfungsentscheidung sind
die §§ 15, 10, 11 bis 13 und 19 Juristenausbildungsgesetz (JAG) in der für das
Prüfungsverfahren des Klägers geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 8. November
1993 (GV. NRW. S. 924, berichtigt 1994 S. 10) sowie die Bestimmungen des Art. 12 Abs. 1
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG und des Art.
19 Abs. 4 GG, die den Grundrechtsschutz bei berufsbezogenen Prüfungen gewährleisten.
Der Kläger hat auf dieser Grundlage einen Anspruch darauf, dass der Beklagte nach
Maßgabe der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts erneut über das Ergebnis der
ersten juristischen Staatsprüfung entscheidet. Der Beklagte hat den Prüfungsanspruch des
Klägers noch nicht vollständig erfüllt, weil die Bewertung der häuslichen Arbeit nach der
Rechtsauffassung des Gerichts teilweise fehlerhaft ist. Insoweit ist die Klage begründet. Im
Übrigen, d. h. hinsichtlich der weitergehenden Einwände des Klägers gegen die Bewertung
der Hausarbeit, ist die Klage unbegründet.
Berufsbezogene Prüfungsentscheidungen sind nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts und der Verwaltungsgerichte
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 419.81 -, NJW 1991, 2005 (2007 f.),
BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1992 - 6 C 3.92 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr.
307 und Beschluss vom 17. Dezember 1997 - 6 B 55/97 -, NVwZ 1998, 738 sowie OVG
NRW, Urteile vom 23. Januar 1995 - 22 A 1834/90 -, NWVBl. 1995, 225 (226) und vom 16.
Januar 1998 - 22 A 4677/95 -, Seite 7 ff. -
mit Blick auf das Verfahrensgrundrecht des Art 19 Abs. 4 GG von den Gerichten in
rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht grundsätzlich vollständig nachzuprüfen. Lediglich bei
prüfungsspezifischen" Wertungen verbleibt der Prüfungsbehörde ein
Entscheidungsspielraum, dessen gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt ist, ob
Verfahrensfehler oder Verstöße gegen das anzuwendende Recht vorliegen, ob die
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Prüfungsbehörde von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, gegen allgemeine
Bewertungsgrundsätze verstoßen hat, sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen
oder sonst willkürlich gehandelt hat. Der prüfungsrechtliche Bewertungsspielraum ist auf
prüfungsspezifische Wertungen beschränkt, erstreckt sich also nicht auf alle fachlichen
Fragen, die den Gegenstand der Prüfung bilden. Zutreffende Antworten und brauchbare
Lösungen dürfen nicht als falsch bewertet werden. Soweit die Richtigkeit oder
Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig
bestimmbar sind, die Beurteilung vielmehr unterschiedlichen Ansichten Raum lässt, muss
dem Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zugestanden werden. Eine vertretbare
und gegebenenfalls mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht
als falsch gewertet werden; eine Begründung der Lösung ist jedoch hinsichtlich der
Methode und des Aufbaus juristischer Prüfungsleistungen regelmäßig nicht erforderlich.
Eine wirksame gerichtliche Kontrolle setzt voraus, dass durch substantiierte Einwände
gegen die Prüfungsentscheidung konkret und nachvollziehbar dargelegt wird, in welchen
Punkten die Beurteilung Bewertungsfehler aufweist.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die Bewertung der Hausarbeit des Klägers teilweise
fehlerhaft.
Soweit die Prüfer mit der Randbemerkung auf Seite 6 und den Schlängellinien auf den
Seiten 6 ff. der Hausarbeit sowie unter 1. a) der Stellungnahme des Erstgutachters vom 17.
Dezember 2000 rügen, dass der Kläger das Problem der Grundrechtsbindung der
öffentlichen Hand bei Fiskalentscheidungen bei der Verwaltungsentscheidung geprüft hat,
ist dies rechtswidrig. Die Prüferrüge verletzt den Antwortspielraum, der dem Prüfling bei
fachlichen Meinungsverschiedenheiten zusteht. Denn sie bewertet eine vertretbare
Vorgehensweise des Klägers bei der Falllösung als falsch.
Die Prüferrüge enthält eine negative fachliche Aussage über die Richtigkeit der
Vorgehensweise des Klägers bei der Falllösung. Der Kläger prüfte eine
Grundrechtsverletzung der M-GmbH aus dem Hausarbeitsfall durch die
Vergabeentscheidung der Stadt S und untersuchte auf den Seiten 6 bis 17 der Hausarbeit
im Rahmen des Schutzbereichs des Grundrechts der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG,
ob die S bei der Vergabeentscheidung nach Art. 1 Abs. 3 GG an die Grundrechte gebunden
war. Zu Beginn dieser Prüfung auf Seite 6 der Hausarbeit befindet sich die
Randbemerkung: Hierauf kommt es nicht an. Die S ist bei ihrer Vergabeentscheidung an
das Gesetz gebunden. Entscheidend ist daher, ob das Gesetz gegen Grundrechte der M-
GmbH verstößt." Der Erstgutachter führte in seiner Stellungnahme vom 17. Dezember 2000
zum Widerspruch des Klägers unter anderem aus, dass seines Erachtens der richtige
Ansatz" nicht gewesen sei, das Problem der Grundrechtsbindung der öffentlichen Hand bei
Fiskalentscheidungen bei der Verwaltungsentscheidung zu prüfen, sondern es vielmehr
angemessen gewesen wäre zu prüfen, inwieweit der Gesetzgeber bei der Regelung von
Fiskalentscheidungen Grundrechte zu beachten habe. Das Gericht hat in seinem
Schreiben an den Beklagten vom 18. Oktober 2004 unter anderem danach gefragt, ob die
Lösung des Klägers als fachlich unrichtig oder unvertretbar beanstandet werden sollte. Der
Erstgutachter verweist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 02. November 2004, der
sich der weitere Prüfer ausdrücklich angeschlossen hat, auf seine Stellungnahme vom 17.
Dezember 2000 und führt weiter aus, er meine nach wie vor, dass die Prüfung des Klägers
in diesem Punkt die Bindung der Verwaltungsentscheidung an das Gesetz nicht
ausreichend berücksichtige. Er halte insoweit die Prüfung für unrichtig. Der Vorsitzende
des Prüfungsausschusses erklärt in seiner Stellungnahme vom 17. November 2004, dass ,
wie der Erstgutachter zu Recht angemerkt habe, nicht zuerst die Grundrechtsbindung der
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Verwaltung hätte erörtert werden sollen, weil ihr im Hinblick auf die Bindung durch das
Gesetz eine andere Entscheidungsmöglichkeit nicht zur Verfügung stehe. Das Gericht
schließt vor allem aus den Stellungnahmen des Erstgutachters, dass die fachliche
Richtigkeit des Lösungsaufbaus des Klägers kritisiert werden soll.
Die Vorgehensweise des Klägers, die Frage der Grundrechtsbindung der öffentlichen Hand
bei Fiskalentscheidungen schon bei der Vergabeentscheidung der Stadt S als Einzelakt zu
untersuchen, darf nicht als falsch bewertet werden. Dies macht der Kläger im Ergebnis zu
Recht geltend. Seine Vorgehensweise ist vertretbar. Zwar trifft es zu, dass sich die
Grundrechtsprüfung häufig - etwa bei einem Gesetz, das wie im Hausarbeitsfall der
Verwaltung keinen Handlungsspielraum einräumt - auf die Stufe wird konzentrieren
können", die der Sache nach den (möglichen) Grundrechtseingriff enthält.
Vgl. dazu Pieroth/Schlink, Grundrechte, Staatsrecht II, 20. Auflage 2004, Rdnr. 12 f. (Seite
4).
Das bedeutet aber nicht, dass ein anderer Lösungsaufbau unvertretbar ist. Die
Vertretbarkeit der vom Kläger in seiner Hausarbeit gewählten Vorgehensweise folgt schon
daraus, dass erstens laut Aufgabenstellung ausdrücklich danach gefragt wird, ob die M-
GmbH durch die Vergabeentscheidung der Stadt S" in ihren Grundrechten verletzt ist,
zweitens das EmanzUG den Vollzug durch einen Einzelakt erfordert und drittens im Falle
der Verneinung einer Grundrechtsbindung der öffentlichen Hand in Bezug auf die konkrete
Vergabeentscheidung der S eine (auf unmittelbarer Grundrechtsgeltung beruhende)
Grundrechtsverletzung der M-GmbH nicht in Betracht gekommen wäre.
Soweit sich die Einwendungen des Klägers ferner gegen Absatz 4 Satz 4 des Zeugnisses
des Erstgutachters zur Hausarbeit vom 18. Juli 2000 (Im übrigen wird das Verhältnis
zwischen Vergabeentscheidung und Gesetz nicht ausreichend geklärt.") sowie gegen die
Randbemerkungen auf Seite 18 oben der Hausarbeit (Die Vergabeentscheidung setzt das
EmanzUG voraus"), Seite 18 unten (Das ist das Ziel d. Gesetzes. Die
Vergabeentscheidung hat das Ziel der Beschaffung von Büromaterial im Rahmen d.
Gesetze") und auf Seite 29 (Nein") richten, stehen diese Prüferaussagen nach Auffassung
des Gerichts in Zusammenhang mit der zuvor erörterten Prüferrüge. Der Beklagte darf auch
diese Prüferaussagen dem Kläger bei der vorzunehmenden Neubewertung nicht im Sinne
einer fachlich unrichtigen Lösung vorhalten. Der vom Kläger gewählte Lösungsaufbau und
seine Ansicht, dass die nach dem EmanzUG vorgeschriebene Förderung emanzipierter
Unternehmen" zugleich als Nebenziel der das Gesetz vollziehenden Vergabeentscheidung
anzusehen sei, sind zumindest vertretbar.
Soweit die Prüfer das Ergebnis zu Frage 2 in der Hausarbeit des Klägers als inkonsequent
bezeichnet haben, handelt es sich ebenfalls um eine fehlerhafte Einzelbewertung. Es sind
insoweit schon die verfahrensrechtlichen Anforderungen an eine verständliche
Begründung der Bewertung der Prüfungsleistung nicht erfüllt. Der Kläger kam auf Seite 90
seiner Hausarbeit zu dem Ergebnis, dass die Vergabeentscheidung die M-GmbH in ihren
Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG und den M in seinen
Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GG verletze. An
dieser Stelle befindet sich die Randbemerkung "M. E. im Ergebnis inkonsequent. Wenn
man die GmbH (zu Recht) als Grundrechtsträger ansieht, dürfte hier eine Betroffenheit von
M nur in Hinblick auf Art. 14 in Betracht kommen." In Absatz 6 des Zeugnisses des
Erstgutachters zur Hausarbeit heißt es: "Das Ergebnis zu Frage 2 erscheint mir
inkonsequent, wenn wie im vorliegenden Fall die Grundrechtsfähigkeit der GmbH
bezüglich Artikel 3 GG bejaht wird." Der Kläger erhob hiergegen mit seiner
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Widerspruchsbegründung im wesentlichen folgenden Einwand, den er mit der
Klagebegründung wiederholt: Das in Absatz 6 des Zeugnisses zur Hausarbeit als
inkonsequent bezeichnete Ergebnis zu Frage 2 sei vertretbar. Er habe seine Lösung auf
das "Durchgriffsargument" des BVerfG gestützt und durch die Fußnote 220 i. V. m. 208 bis
210 belegt. Es sei sachlich nicht inkonsequent, eine Verletzung der GmbH in ihrer
grundrechtlich geschützten Tätigkeit (nach außen) und zugleich des M in seiner
grundrechtlich geschützten Tätigkeit (innerhalb der GmbH) zu bejahen. Indem M die GmbH
für seine berufliche Tätigkeit nutze, übertrage er einen Teil dieser Tätigkeit auf die GmbH
als Rechtsträger. Ein umfassender Grundrechtsschutz erfordere damit den Schutz der
Tätigkeit beider Rechtsträger, GmbH und M. Er habe umfassend auf Seite 87 und 88
dargelegt, dass ein Eingriff auch in die Berufsfreiheit des M vorliege. In gleicher Weise sei
er dem "Durchgriffsargument des BVerfG" in Bezug auf das Diskriminierungsverbot gefolgt.
Die vom Kläger beanstandete Bezeichnung des Ergebnisses zu Frage 2 als inkonsequent
enthält eine nachteilige Aussage über die Qualität seiner Hausarbeit. Sie ist
rechtsfehlerhaft, weil sie nicht den Mindestanforderungen genügt, die an die Begründung
der Bewertung schriftlicher Prüfungsleistungen zu stellen sind. Das Grundrecht auf freie
Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) und das Recht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4
GG) erfordern unabhängig von der Normierung in der jeweiligen Prüfungsordnung, dass
die Prüfer die Bewertung schriftlicher Prüfungsleistungen schriftlich unter Hinweis auf die
für das Ergebnis ausschlaggebenden Gesichtspunkte zumindest kurz, aber verständlich
begründen.
Zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründung der Bewertung
schriftlicher Prüfungsleistungen vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1997 - 6 B
72/97 - und OVG NRW, Urteil vom 05. November 1993 - 22 A 2747/92 -, Seite 10 f. (jeweils
Volltext im JURIS veröffentlicht).
Daran fehlt es hier. Es ist nämlich aufgrund der oben wiedergegebenen, äußerst knappen
Prüferbemerkungen für das Gericht nicht nachvollziehbar, auf welchen konkreten
tatsächlichen und wissenschaftlich-fachlichen Annahmen die Beurteilung beruht, dass das
Ergebnis der Frage 2 inkonsequent sei, wenn die Grundrechtsfähigkeit der M-GmbH
bezüglich Artikel 3 Abs. 1 GG bejaht wird. Insbesondere erschließt sich nicht aus der
gegebenen Begründung, weshalb es inkonsequent sein soll, dass der Kläger in seiner
Bearbeitung der Frage 2 neben einer Verletzung der M-GmbH in ihrem Grundrecht aus Art.
3 Abs. 1 GG auch eine Verletzung des M in seinen Grundrechten aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1,
Abs. 2 Satz 1 GG angenommen hat. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass der
festgestellte Verfahrensfehler das Prüfungsergebnis beeinflusst hat. Es handelt sich zwar
bei der fraglichen Prüferbemerkung nicht um einen Gesichtspunkt, den der Erstgutachter in
seiner Stellungnahme vom 17. Dezember 2000 zum Widerspruch des Klägers als
bewertungserheblich eingestuft hat. Bewertungserheblichkeit ist aber gleichwohl
anzunehmen. Der Vorwurf der Inkonsequenz wird im Zeugnis des Erstgutachters zur
Hausarbeit ausdrücklich aufgeführt und stellt die einzige Prüferaussage über die Qualität
der Bearbeitung der Frage 2 durch den Kläger dar. Ein bestimmter Grund, weshalb der
Vorwurf gleichwohl bedeutungslos für die Bewertung sein soll, ist nicht erkennbar.
Im übrigen, d. h. hinsichtlich der weiteren Einwände des Klägers, ist die Bewertung der
Hausarbeit rechtlich nicht zu beanstanden.
Soweit der Kläger seinen Eindruck und die Auffassung äußert, dass sich der Erstgutachter
von vornherein seinem Lösungsweg verschlossen habe, seine Lösung aus Zeitgründen
nicht (sorgfältig) gelesen worden sei und die erste Korrektur nur in einem Abhaken" der
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Arbeit bestanden habe, ist nicht festzustellen, dass seine Annahmen, Vermutungen und
Unterstellungen gerechtfertigt sind. Die Anmerkungen, Unterstreichungen usw. in der
Hausarbeit und der Inhalt des Zeugnisses zur Hausarbeit lassen vielmehr darauf
schließen, dass die Prüfer die Prüfungsleistung des Klägers ermittelt und zur Kenntnis
genommen haben. Das Zeugnis zur Hausarbeit und die inzwischen abgegebenen weiteren
Stellungnahmen der Prüfer in Verbindung mit den einschlägigen Bemerkungen an der
Hausarbeit genügen auch - von dem oben festgestellten Begründungmangel abgesehen -
den Anforderungen an eine zumindest kurze, aber verständliche schriftliche Begründung
der Bewertung der Prüfungsleistung. Umfangreiche Kommentierungen der Hausarbeit, wie
sie sich der Kläger wohl vorstellt, sind nicht erforderlich. Das Vorverfahren leidet ebenfalls
an keinem eigenständigen Mangel.
Soweit der Kläger gegen die Bemerkung im Absatz 5 des Zeugnisses des Erstgutachters
(Die Prüfung einiger Gesichtspunkte erscheint eher abwegig. Hierzu gehört insbesondere
die Bedeutung des GWB ...") einwendet, die Erörterungen zur Bedeutung des GWB seien
nicht abwegig, da es die Vergabe öffentlicher Aufträge regele, so dass ein
Gebrauchmachen" des Bundes im Sinne des Art. 72 Abs. 1 GG zunächst möglich
erscheine, ist dies unberechtigt. Der Kläger hat auf Seite 34 Mitte der Hausarbeit zunächst
zutreffend unter Hinweis auf §§ 100 Abs. 1, 127 Nr. 1 GWB (Gesetz gegen
Wettbewerbsbeschränkungen - Kartellgesetz - in der am 01. Januar 2000 in Kraft
getretenen Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1998, BGBl. I S. 2546)
festgestellt, dass sich die (Anwendungsbereiche der) Regelungen des GWB und des
EmanzUG aus dem Hausarbeitsfall nicht überschneiden. Dies ist der entscheidende
Gesichtspunkt, aus dem sich ergibt, dass der Bund durch die Bestimmungen über die
Vergabe öffentlicher Aufträge im vierten Teil (§§ 97 bis 129) des GWB von seinem
Gesetzgebungsrecht in dem vom EmanzUG erfassten Regelungsbereich keinen Gebrauch
gemacht hat. Das liegt aber auch auf der Hand. Aus den §§ 100, 127 GWB ergibt sich, dass
der vierte Teil des GWB nur für Aufträge gilt, welche die Auftragswerte erreichen oder
überschreiten, für die Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften Anwendung finden
(Schwellenwerte). Der Anwendungsbereich des EmanzUG aus dem Hausarbeitsfall ist
hingegen auf die Vergabe von Aufträgen beschränkt, welche die europarechtlich
bedeutsamen Auftragswerte nicht erreichen. Anstatt die Prüfung in der Hausarbeit auf
diesen entscheidenden Gesichtspunkt zu beschränken, untersucht der Kläger auf den
Seiten 34 bis 36 dann weiter, ob der Bund durch die §§ 97 bis 129 GWB von seinem
Gesetzgebungsrecht gemäß Art. 72 Abs. 1 GG negativ im Sinne einer abschließenden
Regelung der Vergabe öffentlicher Aufträge Gebrauch gemacht habe. Er verneint dies mit
Ausführungen zur so genannten Öffnungsklausel in § 97 Abs. 4 GWB und deren Verhältnis
zu § 97 Abs. 5 GWB. Das ist verfehlt. Eine die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder
ausschließende Regelung des Bundes liegt in dem Teilbereich der Vergabe von
öffentlicher Aufträge unterhalb der europarechtlich bedeutsamen Schwellenwerte, um die
es im Anwendungsbereich EmanzUG allein geht, schon deshalb nicht vor, weil der
Bundesgesetzgeber diesen Teilbereich durch die bereits erwähnten §§ 100 Abs. 1, 127
GWB bewusst aus dem Anwendungsbereich der §§ 97 bis 129 GWB ausgeklammert hat.
Die Öffnungsklausel in § 97 Abs. 4 zweiter Halbsatz GWB hat nur für die Vergabe
öffentlicher Aufträge im Anwendungsbereich des vierten Teils (§§ 97 bis 129) des GWB
Bedeutung.
Der Kläger wendet gegen die Prüferkritik (Absatz 5 des Zeugnisses des Erstgutachters zur
Hausarbeit, 1. b) der Stellungnahme zum Widerspruch und die Randbemerkung auf Seite
37 der Hausarbeit) an seiner Prüfung einer Verletzung der verfassungsrechtlichen
Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 78
Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen in der vom 12. Dezember 1992 bis zum 19.
Juli 2001 geltenden Fassung - Verf NRW -) im Wesentlichen ein: Die Prüfung, ob Art. 28
Abs. 2 GG verletzt sei, sei keineswegs abwegig" oder eher abwegig". Die Prüfung eines
mittelbaren Eingriffs in die Selbstverwaltungsgarantie sei vertretbar. Das EmanzUG führe
dazu, dass die S in Miterfüllung einer übertragenen staatlichen Aufgabe (Frauenförderung)
für eine Selbstverwaltungsaufgabe (Bedarfsdeckung) wesentlich mehr bezahlen müsse, als
rein wirtschaftlich nötig wäre. Darin werde von namhaften Autoren und dem
Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen (VGH NRW) ein Eingriff in die
Selbstverwaltungsgarantie gesehen, wie sich aus den Seiten 42 und 43 seiner Hausarbeit
mit den zugehörigen Fußnoten ergebe. Er habe sich auf den Seiten 44 und 45 seiner
Hausarbeit eingehend mit der Gegenauffassung auseinandergesetzt. Die den zitierten
Urteilen des VGH NRW zugrundenliegenden Fälle seien mit dem Hausarbeitsfall
vergleichbar. Seine Auffassung werde auch durch die zitierten Literaturstellen gestützt.
Diese Einwände gegen die Prüferkritik greifen nicht durch. Die Prüferkritik, welche die
Ausdrücke abwegig" bzw. eher abwegig" verwendet, bedeutet hier nach Auffassung des
erkennenden Gerichts, dass die Prüfung einer Verletzung der kommunalen
Selbstverwaltungsgarantie allenfalls vertretbar ist, aber die Ausführungen des Klägers vom
Weg einer zielstrebigen, an den nach der gestellten Aufgabe erkennbaren Problemen des
Falles ausgerichteten Lösung abkommen, also nicht zielführend sind. Diese Bedeutung der
Prüferkritik ergibt sich aus der Stellungnahme zum Widerspruch des Klägers, soweit der
Erstgutachter darin ausführt, er meine nach wie vor, dass die breite Prüfung des Art 28 hier
überflüssig ist. Wenn Art 28 hätte angesprochen werden sollen, hätte man ihn allenfalls
recht kurz abhandeln müssen." Die so verstandene Prüferkritik ist nicht zu beanstanden.
Sie bezeichnet die Prüfung einer Verletzung der verfassungsrechtlichen Gewährleistung
der kommunalen Selbstverwaltung im Hausarbeitsfall nicht als überhaupt unvertretbar. Die
Forderung nach einer allenfalls kurzen Abhandlung ist im Ergebnis berechtigt, weil nach
dem gegebenen Sachverhalt eine längere Prüfung nicht angezeigt war. Dies zeigt sich
bereits an der Vorgehensweise des Klägers. Er erörtert einen mittelbaren Eingriff in die
Selbstverwaltungsgarantie, entscheidet dabei einen juristischen Meinungsstreit, auf den es
nach seiner Lösung im Ergebnis nicht ankommt, und löst den Fall durch die Unterstellung
eines Sachverhalts, der sich aus dem Aufgabentext nicht ergibt (vgl. Seite 41 bis 47 der
Hausarbeit). So schreibt der Kläger zur verfassungsmäßigen Rechtfertigung des von ihm
bejahten mittelbaren Eingriffs in die Selbstverwaltungsgarantie unter anderem auf Seite 45
f. der Hausarbeit: Ob das EmanzUG selbst Kostenregelungen enthält, ist dem gegebenen
Auszug nicht zu entnehmen. (...) Mangels Sachverhaltsangaben ist eine verhältnismäßige
Kostenregelung gem. Art. 78 III Verf NW jedenfalls im allgemeinen Finanzausgleich zu
unterstellen." Ferner heißt es auf Seite 46, dass ein unzulässiger Eingriff in den
Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie nach dem oben zum Eingriff Gesagten nicht
ersichtlich sei. Die Verweisung auf das oben Gesagte soll sich offenbar auf Seite 42 der
Hausarbeit beziehen (die Angabe der Seite 18 in der Fußnote 126 ist unverständlich), wo
es unter anderem heißt: Ob eine derartige Betroffenheit der Gemeinden bzw.
Gemeindeverbände hier gegeben ist, ist nicht feststellbar, so dass ... kein Eingriff vorliegt."
Schließlich ist auf Seite 46 f. der Hausarbeit die Rede davon, daß die Verhältnismäßigkeit
der §§1, 2 EmanzUG in der nach oben (aa) zu unterstellenden Verhältnismäßigkeit der
Kostenregelung aufgeht und damit hier ebenfalls zu unterstellen ist." Die vermissten
Sachverhaltsangaben im Hausaufgabentext hätten dem Kläger Veranlassung geben
müssen, von einer ausführlichen Prüfung einer Verletzung der Selbstverwaltungsgarantie
Abstand zu nehmen, statt viel zu dieser Thematik zu schreiben, zu der sich in der
veröffentlichten Rechtsprechung und im juristischen Schrifttum einiges finden lässt, auf
deren Erörterung die gestellte Hausaufgabe aber ersichtlich nicht ausgerichtet gewesen ist.
Offenbar hat der Kläger sich bei der endgültigen Abfassung seiner Arbeit nicht wieder von
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den Produkten seiner Vorarbeiten lösen können (und möglicherweise ursprünglich eine
andere Lösung des Falles entworfen; darauf deutet die im Widerspruch zu seiner Lösung
stehende Formulierung auf Seite 88 f. der Hausarbeit hin, wonach die §§ 1, 2 EmanzUG
unter anderem "wegen Verstoßes gegen Art. 28 II GG, 78 II Verf NW" materiell
verfassungswidrig seien).
Die Einwände des Klägers gegen die Kritik an der Schwerpunktsetzung" bei seiner
Grundrechtsprüfung sind nicht berechtigt. Der Erstgutachter hat mit seinen Ausführungen
im Abschnitt Zur Bewertung:" unter 1. seiner Stellungnahme vom 17. Dezember 2000 zum
Widerspruch des Klägers keine beliebigen Gründe nachgeschoben, sondern lediglich
seine schon in Absatz 4 Sätze 1 und 2 des Zeugnisses zur Hausarbeit vom 18. Juli 2000
und mit der Randbemerkung Endlich!" auf Seite 47 der Hausarbeit geäußerte Kritik
erläutert und klargestellt. Die Kritik, dass der Kläger bei der Grundrechtsprüfung die
Schwerpunkte falsch gesetzt habe, weil er den eindeutig im Bereich des Art. 3 GG
liegenden Schwerpunkt der Arbeit zum Art. 12 GG hin verschoben und dort den Art. 3 GG
nur inzidenter betrachte habe, bedeutet auch nicht, dass der vom Kläger gewählte Aufbau
als fachlich unvertretbar beurteilt worden ist. Denn im Zeugnis zur Hausarbeit hat der
Erstgutachter zum Ausdruck gebracht, dass die Vornahme der gesamten
Grundrechtsprüfung letztlich innerhalb der Prüfung des Art. 12 GG" zwar nicht
überzeugend, aber vielleicht gerade noch vertretbar" ist. Die Kritik des Erstgutachters
richtet sich vielmehr gegen die Qualität der Darstellung in der Hausarbeit des Klägers. Von
mehreren Möglichkeiten des Aufbaus eines juristischen Gutachtens darf ein Aufbau, der
dazu führt, dass der erkennbare Problemschwerpunkt des Falles nicht zielstrebig möglichst
frühzeitig behandelt wird, als qualitativ schlechter als ein anderer Aufbau beanstandet
werden. Genau darauf zielt zu Recht die Kritik an der Lösung des Klägers ab. Der
Problemschwerpunkt der Frage 1 des Hausarbeitsfalls liegt im Bereich des Art. 3 GG. Dies
drängt sich nach Lage des Falls geradezu auf und sehen auch die Parteien des
vorliegenden Rechtsstreits nicht anders. Trotzdem beginnt die Prüfung des
Problemschwerpunkts im Gutachten des Klägers erst auf Seite 47 der Hausarbeit. Dabei
löst der Kläger die Frage 1 der Hausaufgabe im Kern damit, dass er die §§ 1, 2 EmanzUG
wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG als
materiell verfassungswidrig beurteilt. Deshalb wäre es naheliegend gewesen, mit der
Prüfung der Gleichheitsgrundrechte möglichst frühzeitig zu beginnen. Dies gilt umso mehr,
als der Kläger innerhalb seiner Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des EmanzUG selbst
nicht von einem Vorrang der Freiheitsgrundrechte vor den Gleichheitssätzen des Art. 3 GG
ausgegangen ist.
Das Vorbringen des Klägers gegen die Bemerkung in Absatz 4 Satz 3 des Zeugnisses zur
Hausarbeit, dass er (bei der Frage 1) die Frage der Grundrechtsfähigkeit der GmbH in
Bezug auf Art. 3 GG vernachlässigt habe, zeigt keinen Bewertungsfehler auf. Der Kläger
verweist darauf, die Grundrechtsfähigkeit schon zuvor in bezug auf Art. 12 Abs. 1 GG und
vor allem nachfolgend im Rahmen der Frage 2 bei dem ihm allein problematisch
erscheinenden Fall der Einmann- GmbH in Bezug auf Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1
GG geprüft zu haben. Das hilft nicht weiter. Es durfte nämlich erwartet werden, dass der
Kläger im Text seines Gutachtens zur Frage 1 wenigstens jeweils kurz begründet, dass und
weshalb das jeweilige Gleichheitsgrundrecht gemäß Art. 19 Abs. 3 GG seinem Wesen
nach auf die GmbH anwendbar ist oder nicht, was aber nicht in zureichender Weise
geschehen ist (vgl. Seiten 65, 81 und 83 der Hausarbeit). Außerdem ist nicht ersichtlich,
dass die Prüferbemerkung, die nur eine von mehreren Prüferbemerkungen zur Frage 1 im
Zeugnis zur Hausarbeit gewesen ist und in der Stellungnahme zum Widerspruch des
Klägers nicht ausdrücklich angesprochen wird, Auswirkungen auf die Benotung der
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Hausarbeit hat. Jedenfalls besteht kein Anhalt dafür, dass sie besonderes Gewicht hat.
Die Einwendungen des Klägers gegen die Prüferkritik an seiner Bearbeitung der Frage 3
der Hausaufgabe können ebenfalls keinen Erfolg haben.
Der Kläger macht gegen Absatz 7 Satz 1 des Zeugnisses des Erstgutachters zur
Hausarbeit geltend, er habe an keiner Stelle der Arbeit für dasselbe Klagebegehren die
allgemeine Leistungsklage vor der Anfechtungsklage geprüft oder sonst irgendwie die
Subsidiarität der allgemeinen Leistungsklage verkannt. Er habe vielmehr erkennbar
unterschiedliche Klagebegehren, nämlich zuerst die Erlangung des Auftrags
(Verpflichtungsklage, allgemeine Leistungsklage) und danach das Klagebegehren,
wenigstens Aufhebung der Auftragsvergabe an den Konkurrenten zu erreichen, geprüft.
Dieser Einwand stellt das mit der Kritik der Prüfer in Absatz 7 Satz 1 des Zeugnisses (Bei
der Frage 3 wird verkannt, dass die Leistungsklage gegenüber der Anfechtungsklage
subsidiär wäre") Gemeinte nicht in Frage. Die Prüfer meinten, wie durch die Stellungnahme
des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses vom 17. November 2004 verdeutlicht wird,
dass sich die Frage, ob die M-GmbH ihr Ziel mit einer allgemeinen Leistungsklage
erreichen könne, erst stelle, wenn die zugunsten der F-GmbH ergangene
Grundentscheidung beseitigt sei. In diesem Sinne ist die allgemeine Leistungsklage im
Hausarbeitsfall in der Tat gegenüber einer Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 erste Alternative
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) auf gerichtliche Aufhebung der zugunsten der F-
GmbH ergangenen Vergabeentscheidung nachrangig gewesen. Der Kläger qualifizierte in
seiner Hausarbeit (Seite 98 ff.) die zugunsten der F-GmbH ergangene
Vergabeentscheidung als einen nicht erledigten Verwaltungsakt, der erst beseitigt werden
müsste, bevor die zugunsten der F-GmbH erfolgte Auftragsvergabe rückgängig gemacht
und der Auftrag an die M-GmbH vergeben werden könnte. Er vertrat ferner die Ansicht,
dass eine von der M-GmbH erstrebte Auftragsvergabe kein Verwaltungsakt wäre (Seite 97
der Hausarbeit). Geht man hiervon aus, dann wäre eine allgemeine Leistungsklage der M-
GmbH auf Vergabe des Auftrags an sich gegenüber einer Anfechtungsklage auf Aufhebung
der Entscheidung über die Vergabe des Auftrags an die F-GmbH nachrangig, weil
letztgenannte Entscheidung eine anderweitige Vergabe des Auftrags sperrte. Die
Anfechtungsklage wäre also, wenn die M-GmbH sich gegen die Vergabeentscheidung
gerichtlich zur Wehr setzten möchte, die einschlägige und vorrangig in Betracht kommende
Klageart.
Der Kläger wendet gegen die Randbemerkung inkonsequent" auf Seite 98 der Hausarbeit
und den Vorwurf in Absatz 7 Satz 2 des Zeugnisses des Erstgutachters, dass er die
Prüfung, ob eine öffentliche Streitigkeit vorliegt, anhand der herrschenden modifizierten
Subjektstheorie nicht konsequent durchgeführt" habe, im Wesentlichen ein: Er habe nach
der so genannten Zwei-Stufen-Lehre den Streitgegenstand der Vergabeentscheidung in
zwei Stufen unterteilt und nur für die erste dieser Stufen (Ob" der bevorzugten
Berücksichtigung) seien dann nach der modifizierten Subjektstheorie die
streitentscheidenden Normen des EmanzUG öffentlich-rechtlich gewesen. Diese Stufung
sei konsequent und vertretbar, wie die Fußnoten 230 bis 239 der Hausarbeit belegten.
Dass er eine allgemeine Leistungsklage auf Vergabe des Auftrags an die M-GmbH als
unstatthaft angesehen habe, sei nur eine vertretbare Folge der oben genannten Stufung.
Die Zweistufigkeit führe dazu, dass der privatrechtliche Teil der Auftragsvergabe nicht
mittels allgemeiner Leistungsklage vor dem Verwaltungsgericht eingeklagt werden könne.
Dieser Einwand kann nicht durchdringen. Es kommt nicht darauf an, wie der Kläger im
Einzelnen seine Ausführungen zur modifizierten Subjektstheorie und Zwei-Stufen- Lehre
verstanden wissen will. Entscheidend ist vielmehr, dass die Prüfer dem Kläger einen
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Widerspruch (Inkonsequenz) zwischen dem Ergebnis der eigenen Prüfung ... bei der Frage
der öffentlich-rechtlichen Streitigkeit" und seinen Ausführungen zu einer allgemeinen
Leistungsklage der M-GmbH vorhalten und dies zu Recht. Sie beanstanden, wie sich aus
den Stellungnahmen des Erstgutachters vom 02. November 2004 und des Vorsitzenden
des Prüfungsausschusses vom 17. November 2004 hinreichend deutlich ergibt, der Sache
nach, dass der Kläger bei der Prüfung der Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs das
Vorliegen einer öffentlich- rechtlichen Streitigkeit bejahte und dann im Widerspruch zu
diesem Ergebnis im Rahmen der Untersuchung der in Betracht kommenden Klageart eine
allgemeine Leistungsklage mit der Begründung als unstatthaft ansah, dass die M-GmbH
einen rein privatrechtlichen Vertragsschluss begehre. Diese Kritik trifft zu. Der Kläger prüfte
und bejahte auf Seite 90 bis 96 der Hausarbeit die Zulässigkeit des
Verwaltungsrechtswegs. Er sah als Streitgegenstand die Vergabeentscheidung der S
zugunsten der F-GmbH in Form des Zuschlags aufgrund der Bevorzugung der F- GmbH
durch Anwendung der §§ 1, 2 EmanzUG" an und kam zu dem Ergebnis, dass eine
öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorliege. Im
Rahmen der Prüfung, welche Klageart in Betracht kommt (Seiten 96 bis 102 der
Hausarbeit), untersuchte der Kläger vorrangig ein Klagebegehren der M-GmbH auf
Erteilung des Zuschlags und sah hierfür die Klagearten der Verpflichtungsklage und der
allgemeinen Leistungsklage als unstatthaft an. Die M-GmbH begehre von der Stadt S mit
dem Zuschlag keine Regelung und kein schlichtes Verwaltungshandeln auf dem Gebiet
des öffentlichen Rechts". Der Zuschlag erfolge aufgrund der verwaltungsinternen
Vergabebedingungen (gemeint ist die Verdingungsordnung für Leistungen Teil A - VOL/A -)
rein privatrechtlich", weil die öffentlich-rechtlichen Vorschriften des EmanzUG bei einer
Vergabe an die M-GmbH keine Anwendung fänden. Auf Seite 98 heißt es dann wörtlich:
Die M-GmbH begehrt einen rein privatrechtlichen Vertragsschluß, so daß die allgemeine
Leistungsklage nicht statthaft ist." Diese Aussage steht in einem krassen Widerspruch zu
dem Ergebnis der Rechtswegprüfung. Es ist widersprüchlich, im Rahmen der
Rechtswegprüfung eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit anzunehmen und dann bei der
Prüfung der Klageart die öffentlich-rechtliche Natur des Klagebegehrens zu verneinen.
Damit wird das Ergebnis der Rechtswegprüfung wieder aufgehoben. Genau in diese
Richtung geht auch das Vorbringen des Klägers im vorliegenden Rechtsstreit, dass der
privatrechtliche Teil der Auftragsvergabe nicht mittels allgemeiner Leistungsklage vor dem
Verwaltungsgericht eingeklagt werden könne. Außerdem ist unvertretbar, zwar die
Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs zu bejahen, aber dann für das betreffende
Klagebegehren schon das Vorliegen der Rechtsschutzformvoraussetzungen
(Statthaftigkeit) jeder in Frage kommenden Klageart zu verneinen. Ein Gericht, das so
vorginge, verweigerte dem betreffenden Kläger die Prüfung, ob das betreffende
Klagebegehren sonst zulässig oder sogar begründet ist. Die Ermittlung der statthaften
Klageart (Rechtsschutzform) dient allein der Festlegung der für das Klagebegehren
einschlägigen Verfahrensart. Von der einschlägigen Verfahrensart hängt ab, ob und
gegebenenfalls welche besonderen (rechtschutzformabhängigen) Anforderungen das
Prozessrecht an eine Klage stellt. Schließlich helfen die Ausführungen des Klägers in
seinem Schriftsatz vom 12. April (richtig: November) 2004 nicht weiter. Das erkennende
Gericht bleibt bei seiner Auffassung, dass Ausgangspunkt sowohl für die Prüfung des
Rechtswegs als auch für die Prüfung der in Betracht kommenden Klageart das jeweilige
Klagebegehren sein muss
- vgl. auch Erichsen, Jura 1994, 418 (418, 420) und 1994, 476 -
und dass in der Bearbeitung der Frage 3 durch den Kläger die Prüfung des Rechtswegs
und die Prüfung der Klageart(en) nicht zueinander passen. Das Gericht verweist insoweit
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auf sein Schreiben an den Kläger vom 18. Oktober 2004. Der von dem Kläger zitierte Autor
trifft in Bezug auf die Prüfung von Rechtsweg und statthafter Klageart die vom Kläger
vertretene Unterscheidung zwischen Klagebegehren und Streitgegenstand nicht.
Vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 13. Auflage 2003,
Vorbemerkung vor § 40 VwGO Rdnr. 1, § 40 VwGO Rdnr. 6, § 88 VwGO Rdnr. 1 und § 90
VwGO Rdnr. 7.
Der Prüfungsausschuss hat entgegen der Behauptung des Klägers nicht als Fehler
bewertet, dass der Kläger Art. 100 GG in seiner Hausarbeit nicht angesprochen hat. Die
Bemerkung Art. 100 GG nicht gesehen!" auf Seite 103 der Hausarbeit ist nicht Teil der
Bewertung oder Bewertungsbegründung des Prüfungsausschusses. Maßgeblich für den
Inhalt der Bewertung ist, was der Prüfungsausschuss bei seiner Entscheidung über die
Prüfungsleistung (§ 12 Abs. 1 JAG) auf der Grundlage der vorbereitenden Gutachten (§ 12
Abs. 2 JAG) beschlossen hat. Randbemerkungen, Unterstreichungen, Zeichen usw.,
welche die Prüfer in der schriftlichen Prüfungsarbeit angebracht haben, sind Bestandteil
der Bewertung oder Bewertungsbegründung, soweit darauf in einem abschließenden
Votum der Prüfer Bezug genommen wird oder soweit sich die Qualifizierung als
Bewertungsbestandteile durch Auslegung des Votums oder aus anderen Umständen
ergibt. Daran fehlt es hier. Das Gutachten des Erstgutachters zur Hausarbeit vom 18. Juli
2000 lässt keinen Bezug zu der Bemerkung auf Seite 103 der Hausarbeit erkennen. Den
Ausführungen zu dieser Bemerkung unter 1. c) der Stellungnahme des Erstgutachters vom
17. Dezember 2000 zum Widerspruch des Klägers ist nicht zu entnehmen, dass die Prüfer
die Nichterwähnung des Art. 100 GG in der Hausarbeit zum Nachtteil des Klägers gewertet
haben. Der Erstgutachter zählt die Bemerkung auch nicht im Abschnitt Zur Bewertung:"
dieser Stellungnahme zu den für die Bewertung entscheidenden Punkten.
Die übrigen in der Widerspruchsbegründung des Klägers vom 06. November 2000 und in
der Klageschrift erwähnten Randbemerkungen sind, soweit sich nicht aus den sonstigen
Entscheidungsgründen dieses Urteils etwas Anderes ergibt, ebenfalls keine Bestandteile
der Bewertung oder Bewertungsbegründung. Anhaltspunkte für eine andere Beurteilung
sind nicht gegeben. Der Erstgutachter hat in seiner Stellungnahme vom 17. Dezember
2000 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Reihe von Anmerkungen am Text seine
persönliche Meinung zu Stil oder Aufbau wiedergeben, ohne letztlich entscheidend für die
Benotung zu sein.
Soweit der Kläger schließlich meint, die Gesamtbewertung seiner Hausarbeit sei für sich
gesehen falsch, weil seine Arbeit eine über den durchschnittlichen Anforderungen liegende
Leistung sei, gibt er eine persönliche Einschätzung in einem der Beurteilung der Prüfer
vorbehaltenen Bereich ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kostenteilung
berücksichtigt, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren zwar teils obsiegt, aber zum
überwiegenden Teil unterliegt. Ein Kläger ist auch dann durch ein seinem
Bescheidungsantrag (äußerlich) stattgebendes Bescheidungsurteil beschwert, wenn sich -
wie hier - die vom Gericht in den Entscheidungsgründen des Urteils für verbindlich erklärte
Rechtsauffassung nicht mit seiner eigenen deckt. Das Begehren eines Klägers in einer auf
(Neu-) Bescheidung gerichteten Klage ist nämlich darauf gerichtet, in den
Entscheidungsgründen für die (Neu-) Bescheidungsverpflichtung des Beklagten seine in
der Klage vorgebrachten Rechtsansichten verbindlich zu machen.
Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 16. Januar 1998 - 22 A 4677/95 -, Seite 46 f. mit weiteren
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Rechtsprechungsnachweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf
§ 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung.