Urteil des VG Münster vom 09.08.2006
VG Münster: aufschiebende wirkung, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, gaststätte, gewerbe, zukunft, form, versiegelung, anhörung, genehmigung, konzession
Verwaltungsgericht Münster, 9 L 352/06
Datum:
09.08.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
9 L 352/06
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e
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Der Antrag des Antragstellers,
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die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Ordnungsverfügung des
Antragsgegners vom 18. April 2006 wiederherzustellen bzw. anzuordnen,
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ist gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zulässig, aber nicht begründet. Die Anordnung der
sofortigen Vollziehbarkeit ist rechtmäßig. Sie stützt sich auf § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO und
entspricht hinsichtlich Form und Inhalt ihrer Begründung den Anforderungen des § 80
Abs. 3 VwGO, in dem auf die Gefahr hingewiesen wird, dass während eines möglichen
Rechtsbehelfsverfahrens neue Steuerschulden auflaufen würden und dadurch das
Vermögen der Allgemeinheit in erheblichen Maße geschädigt würde.
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Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist
unbegründet, weil die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 18. April 2006 nach
summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig ist und der dagegen eingelegte
Widerspruch deshalb voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.
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Es hat zunächst eine hinreichende Anhörung stattgefunden. Der Antragsteller ist
mehrfach darauf hingewiesen worden, dass ein Widerrufsverfahren gegen ihn betrieben
wird und nur vorübergehend ausgesetzt wurde. Selbst wenn man dieses als zeitlich zu
weit entfernt ansehen will, so hat er jedoch Gelegenheit gehabt, während des
vorliegenden Eilverfahrens hinreichend Stellung zu nehmen und diese auch durch
seinen Anwalt genutzt. Hinzu kommt, dass grundsätzlich eine Anhörung auch bis zum
Erlass des Widerspruchsbescheides nachgeholt werden kann.
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Der Antragsgegner hat gemäß § 15 Abs. 2 Gaststättengesetz (GastG) zu Recht die dem
Antragsteller am 03. Juni 1997 zum Betrieb der Gaststätte „F. S. „ erteilte Erlaubnis
widerrufen. Nach dieser Vorschrift ist die Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich
Tatsachen eintreten, die die Versagung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG
rechtfertigen würden. Danach ist die Erlaubnis zu versagen, wenn Tatsachen die
Annahme rechtfertigen, dass der Erlaubnisnehmer die für den Gewerbebetrieb
erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt.
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Auch die Untersagung der selbstständigen Ausübung des von ihm ausgeübten
Gewerbes „Betreiben einer Gaststätte" sowie die selbstständige Ausübung jeglicher
erlaubnisfreier Gaststättengewerbe ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig. Gemäß
§ 35 Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung - GewO - ist die Ausübung eines Gewerbes
ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die
Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern
die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit und der im Betrieb Beschäftigten
erforderlich ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, weil der Antragsteller
nicht hinreichend zuverlässig im Sinne der Gewerbeordnung ist. Die Untersagung des
ausgeübten Gewerbes war auch erforderlich; denn der Antragsteller wäre anderenfalls
befugt, seinen Betrieb „F. S. „ als Schank- und Speisewirtschaft ohne Erlaubnis weiter
zu führen, weil dies auf Grund der Änderung des Gaststättengesetzes ansonsten ohne
Erlaubnis (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 GastG in der ab 01. Juli 2005
geltenden Fassung) möglich wäre.
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Gewerberechtlich unzuverlässig ist nach ständiger Rechtsprechung, wer nach dem
Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft sein
Gewerbe ordnungsgemäß betreiben wird. Das ist u. a. dann der Fall, wenn der
Gewerbetreibende die für eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung erforderliche
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht hat oder wenn er über einen längeren Zeitraum
seinen steuerlichen Pflichten nicht nachkommt. Auf ein Verschulden des
Gewerbetreibenden kommt es dabei nicht an. Ausgehend von diesen Grundsätzen teilt
das Gericht die Auffassung des Antragsgegners, dass der Antragsteller wirtschaftlich
leistungsunfähig ist und nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gaststättengewerbe
in Zukunft ordnungsgemäß ausübt. Wegen der weiteren Begründung wird insoweit auf
die Ausführungen in dem Beschluss 9 L 390/06 (gleiches Rubrum) vom heutigen Tage
verwiesen.
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Der Antragsgegner hat auch zu Recht die Schließung der Gaststätte und die Aufgabe
der Ausübung des Gaststättengewerbes binnen einer Frist von sechs Wochen
angeordnet. Die Schließungsanordnung findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 31
GastG, 15 Abs. 2 Satz 1 GewO, wonach die Fortsetzung des Betriebes von der
zuständigen Behörde verhindert werden kann, wenn ein Gewerbe, zu dessen Ausübung
eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung erforderlich ist, ohne diese
Zulassung betrieben wird. Dies ist vorliegend bzw. war der Fall, weil der Antragsgegner
die sofortige Vollziehung des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis und
Gewerbeuntersagung angeordnet hat. Die Schließungsverfügung lässt auch keine
Ermessensfehler erkennen. Insbesondere ist der Zeitraum von ca. sechs Wochen als
hinreichend anzusehen, um dem Antragsteller Gelegenheit zu geben, sich mit den
Vorräten auf die Einstellung des Betriebes vorzubereiten. Demgegenüber muss das
private Interesse des Antragstellers, seine Gaststätte weiter führen zu können,
zurücktreten; denn er verschafft sich durch die Nichtabführung von Steuern einen
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unzulässigen Vorteil gegenüber seinen korrekt zahlenden Konkurrenten.
Schließlich bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der auf §§ 55, 57, 62 und 63 des
Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen gestützten
Zwangsmittelandrohung, hier in Form der Versiegelung, keine Bedenken; die
Versiegelung erscheint als angemessene Maßnahme, um gerade angesichts des von
den ständig schleppenden Zahlungen ausgehenden Eindrucks finanzieller
Schwierigkeiten, dem Vollzug der angeordneten Maßnahme unmittelbar zum Erfolg zu
verhelfen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes.
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