Urteil des VG Münster vom 19.05.2008

VG Münster: hochschule, betriebswirtschaftslehre, verordnung, erwerb, erlass, wechsel, datum, diplom

Verwaltungsgericht Münster, 9 Nc 136/08
Datum:
19.05.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
9 Nc 136/08
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 3.750,00 Euro festgesetzt.
Der Beschluss soll den Beteiligten per Telefax vor- ab übermittelt
werden.
G r ü n d e
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Der sinngemäße Antrag,
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die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den
Antragsteller vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seine Klage 9 K
1148/08 im Sommersemester 2008 zum Studium der Betriebswirtschaftslehre
(Diplomstudiengang) als Studiengangswechsler im 6., hilfsweise niedrigeren
Fachsemester zuzulassen,
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hat keinen Erfolg.
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Der Antragsteller hat - unabhängig davon, dass auch das Vorliegen eines
Anordnungsgrundes Zweifeln unterliegt - jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass ihm
der geltend gemachte Anspruch zukommt.
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Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht vieles - wenn nicht alles
- dafür, dass die Antragsgegnerin den Antrag des Antragstellers, ihn innerhalb oder
außerhalb einer festgesetzten Aufnahmekapazität als Studiengangswechsler zum
Studium im Diplomstudiengang der Betriebwirtschaftslehre (6. oder hilfsweise
niedrigeres Fachsemester) zuzulassen, zu Recht durch ihren Bescheid vom 18. April
2008 abgelehnt hat.
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Die Antragsgegnerin hat in dem vorgenannten Bescheid und ergänzend in ihrer
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Antragserwiderung vom 14. Mai 2008 darauf hingewiesen, dass es sich bei dem
verfahrensbetroffenen Diplomstudiengang der Betriebswirtschaftslehre an ihrer
Hochschule mit Blick auf die bereits zum Wintersemester 2006/2007 erfolgte Umstellung
der wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge auf das neue System der Bachelor-
bzw. Masterstudiengänge um einen „auslaufenden" Studiengang handelt. Dieser
Wechsel in den Studiengängen, nämlich das „Auslaufen" der bisherigen Diplom-
Studiengänge und die Einrichtung neuer Studiengänge mit hiervon abweichenden
Studienabschlüssen (Graduierungen) ist im Ausgangspunkt Ausdruck der der
Hochschule von Gesetzes wegen (Art. 16 Abs. 1 der Landesverfassung) zukommenden
Selbstverwaltung.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2008 - 13 C 150/08 - , n.v.
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In Übereinstimmung hiermit können die Hochschulen gemäß § 19 Abs. 1 HRG
Studiengänge einführen, die zu einem Bachelor- oder Bakkalaureusgrad und zu einem
Master- oder Magistergrad führen. § 60 Abs. 4 HG NRW n.F. bestimmt hierzu
gleichgerichtet, dass die Hochschulen des Landes ihr bisheriges Angebot von
Studiengängen, die zu einem Diplomgrad, einem Magistergrad oder einem sonstigen
Grad i.S.d. § 96 Abs. 1 Satz 3 HRG Fassung 2000/2006 führen, zu einem Angebot von
Studiengängen umstellen, welche zum Erwerb eines Bachelorgrades oder eines
Mastergrades führen. Dies ist an der X. N. geschehen. Das hat einmal zur Folge, dass -
jedenfalls - zum und ab dem WS 2007/2008 in den Studiengängen, die zu einem
Diplomgrad, einem Magistergrad oder einem sonstigen Grad „alten Rechts" führen,
keine Studienanfänger mehr aufgenommen werden, vgl. § 60 Abs. 5 Satz 1 HG NRW.
Der Systematik der Kapazitätsverordnung folgend scheidet dementsprechend mit dem
Wegfall einer Zulassung von Studienanfängern in den bisherigen Diplomstudiengängen
die Berechnung und Festsetzung einer Aufnahmekapazität, die zunächst für das erste
Fachsemester erfolgt und sodann entsprechend die Grundlage für die Festsetzung der
Auffüllgrenzen in den höheren Fachsemestern bildet, für diese Studiengänge aus. Die
für das SS 2008 durch die Zulassungszahlenverordnungen bestimmten
Zulassungszahlen bzw. Auffüllgrenzen beziehen deshalb folgerichtig die bisherigen
Diplomstudiengänge auch nicht mehr ein.
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Dieses Fehlen von normativ festgesetzten Zulassungszahlen in den jeweiligen
Fachsemester führt allerdings nicht dazu, dass - wie der Antragsteller offenbar meint - er
ohne weiteres beanspruchen könnte, von seinem bislang an der X. N. betriebenen und
durchaus fortgeschrittenen Studium der Volkswirtschaftslehre (Diplomstudiengang)
unter Anrechnung vergleichbarer Studienleistungen zum Diplomstudiengang der
Betriebswirtschaftslehre zu wechseln. Dies würde nämlich den normativen Vorgaben
widersprechen, wonach das bisherige Studienangebot mit seinen Diplomstudiengängen
grundsätzlich gerade nicht mehr aufrecht zu erhalten ist. Die Hochschule ist insoweit
allein aus Gründen des Vertrauensschutzes gehalten, den vor der Umstellung in einem
Diplomstudiengang Studierenden die Möglichkeit zu eröffnen, diesen Studiengang an
der Hochschule innerhalb angemessener Zeit abzuschließen. So bestimmt § 6 Abs. 1
der Verordnung zur Sicherung der Aufgaben im Hochschulbereich und zur Umsetzung
der Studienstrukturreform (StudienstrukturreformVO) vom 30. Mai 2001, GV.NRW. 2001,
255 i.d.F. der VO vom 28. Oktober 2007, GV.NRW. 2007, 477), dass die Hochschulen in
der Trägerschaft des Landes in den Studiengängen i.S.d. § 60 Abs. 5 Satz 1 HG und
des § 1 Abs. 2 Satz 1 HG 2005 ein Studien- und Prüfungsangebot gemäß den Studien-
und Prüfungsordnungen sowie den Studienplänen gewährleisten, das den
eingeschriebenen Studierenden sowie den zugelassenen Zweithörerinnen und
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Zweithörern zur Sicherung der Verantwortung des Landes für ein angemessenes
Angebot an Hochschulleistungen und zur Sicherung des Vertrauensschutzes der
eingeschriebenen Studierenden die Fortsetzung des Studiums bis zum Ablauf der
Regelstudienzeit zuzüglich vier Semester ermöglicht. Der von der Antragsgegnerin
vorgelegte Erlass des Ministeriums vom 213-7.01.02.06.05, dessen es im Hinblick auf
die dargestellte Gesetzes- und Verordnungslage allerdings nicht einmal bedurft hätte,
greift diese Bestimmungen dadurch auf, dass in den Studiengängen, in denen im WS
2007/2008 keine Aufnahme von Studienanfängern mehr erfolgt (dies ist im
verfahrensbetroffenen Diplomstudiengang der Fall), eine Zulassungsbeschränkung in
höheren Fachsemestern dahingehend festgelegt wird, dass die Zulassung in diesen
höheren Fachsemestern auf Rückmelder (i.e. eben dieses Studiengangs) beschränkt ist.
Gründe des Verfassungsrechts, insbesondere das vom Antragsteller reklamierte Recht
auf vollständige Ausschöpfung der an der Hochschule in der betreffenden Lehreinheit
vorhandenen Ausbildungskapazität, stehen der Ablehnung seines Gesuchs
voraussichtlich nicht entgegen. Wie dem Gericht aus den im WS 2007/2008 erfolgten
kapazitätsrechtlichen Überprüfungen bekannt ist (vgl. Beschluss vom 20. Dezember
2007 - 9 Nc 164/07 -, X. N. , KommWiss. Bac.; hierzu auch OVG NRW. Beschluss vom
26. Februar 2008 - 13 C 2/08 -) findet die Lehrleistung, die noch für mehrere Semester
durch die Kohorten des auslaufenden Studiengangs verzehrt wird, in der
Kapazitätsberechnung des betroffenen Berechnungszeitraums gerade keinen
Niederschlag. Diese Berechnung bezieht sich vielmehr allein auf die
Ausbildungskapazität, die für die aktuellen Bachelor- bzw. Masterstudiengänge aus den
kapazitätsrelevanten Berechnungsfaktoren folgt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung
entspricht der ständigen gerichtlichen Handhabung in kapazitätsrechtlich bezogenen
Eilverfahren, §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.
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