Urteil des VG Münster vom 24.10.2006

VG Münster: abschiebung, achtung des privatlebens, verschlechterung des gesundheitszustandes, wiederaufnahme des verfahrens, bundesamt für migration, sri lanka, integration, emrk, ausländer, krankheit

Verwaltungsgericht Münster, 5 L 779/06
Datum:
24.10.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 L 779/06
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 6.250 EUR festgesetzt.
G r ü n d e
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Der - sinngemäß gestellte - Antrag der Antragsteller,
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dem Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung vorläufig zu
untersagen, die Antragsteller nach Sri Lanka abzuschieben und ihnen weiterhin
Duldungen auszustellen,
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ist zulässig, aber nicht begründet.
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Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung
eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen
werden, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur
Verhinderung drohender Gewalt oder aus Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer
einstweiligen Anordnung setzt im Einzelnen voraus, dass der geltend gemachte
Anspruch und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes von dem jeweiligen Antragsteller dargelegt und glaubhaft gemacht
werden (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. den §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Diese
Voraussetzungen liegen im Falle der Antragsteller nicht vor. Die Antragsteller haben
einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
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Die Abschiebungsvoraussetzungen nach § 58 des Gesetzes über den Aufenthalt, die
Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet
(Aufenthaltsgesetz - AufenthG -) i. V. m. § 50 AufenthG liegen vor.
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Die Antragsteller zu 1. bis 3. und die Antragstellerin zu 5. sind auf Grund der
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Abschiebungsandrohungen in den - bestandskräftigen - Bescheiden des Bundesamtes
für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (nunmehr Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge; im Folgenden: Bundesamt) vom 9. Oktober 1995, vom 19. Januar 2000 und
vom 11. September 2000 vollziehbar ausreisepflichtig. Auch die Antragstellerin zu 4. ist
ausreisepflichtig, weil sie nicht im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels ist (§ 50
Abs. 1 AufenthG); ihre Ausreisepflicht ist auch nach § 58 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG
vollziehbar. Nach dieser Vorschrift ist die Ausreisepflicht eines Ausländers vollziehbar,
wenn sein Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 AufenthG als erlaubt oder ein
Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 AufenthG nicht als fortbestehend gilt. Da die
Antragstellerin zu 4. bislang nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels gewesen ist, ist die
Vorschrift des § 81 Abs. 4 AufenthG, wonach der bisherige Aufenthaltstitel vom
Zeitpunkt seines Ablaufes bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde über einen
Verlängerungsantrag als fortbestehend gilt, in ihrem Falle nicht einschlägig. Auch die
Voraussetzungen des § 81 Abs. 3 AufenthG liegen bezüglich der Antragstellerin zu 4.
nicht vor. Danach gilt der Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als
erlaubt, wenn ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen
Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels beantragt. Diese
Erlaubnisfiktion kommt im Falle der Antragstellerin zu 4. allerdings schon deshalb nicht
in Betracht, weil sie sich nicht rechtmäßig im Sinne dieser Vorschrift im Bundesgebiet
aufgehalten hat. Denn die ihr in der Vergangenheit lediglich erteilten Duldungen
vermögen die Rechtmäßigkeit ihres Aufenthaltes nicht zu begründen.
Das Abschiebungsschutzbegehren richtet sich nach § 60 a Abs. 2 AufenthG. Danach ist
die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange die Abschiebung aus
tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis
erteilt wird. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die Antragsteller haben nicht
glaubhaft gemacht, dass ihre Abschiebung aus - vorliegend allein in Betracht
kommenden - rechtlichen Gründen unmöglich ist.
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Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass - worauf sich die Antragsteller im Wesentlichen
berufen - die Antragstellerin zu 2. unter einer posttraumatischen Belastungsstörung
(PTBS) leidet und wegen dieser Erkrankung aus gesundheitlichen Gründen nicht
reisefähig und ihre Abschiebung deshalb mit Blick auf Artikel 1, 2 Abs. 2 des
Grundgesetzes (GG) rechtlich unmöglich und die Abschiebung allein der übrigen
Antragsteller wegen der Trennung von der Ehefrau bzw. Mutter mit den
Schutzwirkungen aus Artikel 6 GG bzw. Artikel 8 der Konvention zum Schutz der
Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) nicht vereinbar ist.
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Dabei glaubt das Gericht der Antragstellerin zu 2. schon das Vorliegen der behaupteten
PTBS nicht, weil die Darstellungen der Antragstellerin über die angeblichen
Verfolgungserlebnisse in ihrem Heimatland als Auslöser dieser Störung unglaubhaft
sind. Das Gericht ist im Asylverfahren der Antragstellerin auf Grund der durchgeführten
mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass ihr ihr Vorbringen nicht
geglaubt werden kann. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die
Gründe des Urteils vom 8. Januar 2003 - 9 K 531/00.A - Bezug genommen. Fußend auf
den Ausführungen in diesem Urteil hat das erkennende Gericht durchgreifende Zweifel
an der Richtigkeit der ärztlichen Diagnosen, wie sie sich aus der in den
Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners befindlichen ärztlichen Bescheinigung des
Dr. C. vom 16. Juli und dem Arztbrief des Universitätsklinikums Münster an Dr. C. vom
10. August 2006 ergeben. Dabei fällt zunächst schon ins Gewicht, dass der Facharzt für
Neurologie und Psychiatrie Dr. C. im Wesentlichen eine ausgeprägte Depression
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diagnostiziert hat, die er „am ehesten" im Rahmen einer posttraumatischen
Belastungsstörung angesiedelt hat. Hinsichtlich der Ausführungen in dem Bericht der
Universitätsklinik Münster fällt ins Gewicht, dass nach den dortigen Ausführungen eine
Diagnostik angesichts der fehlenden Deutschkenntnisse der Antragstellerin nur schwer
möglich war. Im Übrigen fällt auf, dass in den beiden genannten ärztlichen
Stellungnahmen die untersuchenden Ärzte das Vorbringen der Antragstellerin jeweils
ungeprüft übernommen haben, ohne die Richtigkeit ihrer Angaben zu überprüfen oder
auch nur zu hinterfragen. Die Feststellung der behaupteten posttraumatischen
Belastungsstörung beruht danach offensichtlich auf der unkritischen Übernahme der
eigenen Schilderungen der Patientin. Bei der Feststellung einer Krankheit eines
Asylbewerbers ist aber zu berücksichtigen, dass dieser ein erhebliches Interesse an der
Feststellung dieser Krankheit hat, um seine Abschiebung zu verhindern
vgl. hierzu auch OVG NRW, Urteil vom 4. November 2003 - 15 A 5193/00.A - und VG
Münster, Urteil vom 5. Oktober 2006 - 11 K 2434/04.A -.
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Ferner ist zu berücksichtigen, dass eine - äußerst komplexe - psychische Erkrankung
wie die posttraumatische Belastungsstörung sich der Feststellung äußerlich
objektivierbarer Befundtatsachen weitestgehend entzieht, so dass für deren Diagnose
maßgeblich auf die Glaubhaftigkeit der geschilderten inneren Erlebnisse abgestellt
werden muss
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vgl. VG Münster, a. a. O., m. w. N.
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Ausgehend hiervon genügen die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen den
Anforderungen an den Nachweis einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht. Im
Übrigen legt der Umstand des erstmaligen Besuches der Antragstellerin bei einem
Facharzt für Neurologie und Psychiatrie am 16. Juli 2006 - und damit angesichts der
drohenden Beendigung ihres Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland - die
Vermutung nahe, dass die Antragstellerin sich nicht vordringlich in ärztliche Obhut
begeben hat, um von einer Krankheit geheilt zu werden, sondern, um eine solche
bescheinigt zu bekommen. Selbst wenn man von dem Vorliegen einer psychischen
Erkrankung der Antragstellerin im Sinne einer depressiven Störung ausgeht, so
sprechen die vorgenannten Anhaltspunkte jedenfalls dafür, dass diese Störungen ihre
Ursache in der befürchteten Abschiebung und in dem Wunsch, in der Bundesrepublik
Deutschland bleiben zu können, haben. Ausgehend hiervon hat das Gericht keine
Zweifel an der Richtigkeit der Ausführungen des Arztes Dr. U. M. , der die Antragstellerin
untersucht und bescheinigt hat, dass sie reisefähig ist.
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Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine akute psychische Erkrankung im Sinne
einer depressiven Störung bei der Antragstellerin zu 2. vorliegt, ist nicht dargelegt, dass
der Zustand der Antragstellerin zu 2. einer Abschiebung entgegensteht. Dies ergibt sich
auch nicht daraus, dass die Antragstellerin zu 2. bei ihrer Festnahme als haftunfähig
angesehen wurde, weil die näheren Umstände einer ( Flug-) Reise mit denen einer Haft
nicht zu vergleichen sind. Vielmehr hat der Antragsgegner auf fernmündliche Anfrage
des Gerichts vom 24. Oktober 2006 mitgeteilt, dass die Antragstellerin zu 2. den
Angaben des untersuchenden Arztes des Justizvollzugskrankenhauses zufolge zur Zeit
reisefähig ist. Das Gericht hat keinen Grund, an der Richtigkeit dieser Mitteilung zu
zweifeln. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das inlandsbezogene
Vollstreckungshindernis der Reiseunfähigkeit nur dann zu bejahen ist, wenn sich der
Gesundheitszustand des betroffenen Ausländers unmittelbar durch die Abschiebung
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bzw. als deren unmittelbare Folge wesentlich verschlechtern wird. Soweit sich unterhalb
dieser Schwelle durch die Abschiebung eine Gesundheitsverschlechterung einstellen
sollte, hat der Ausländer dies grundsätzlich hinzunehmen. Nicht jede mit der Erkenntnis
der Aussichtslosigkeit eines Bleiberechts für Deutschland und einer bevorstehenden
Rückkehr in das Heimatland einhergehende - damit letztlich abschiebungsbedingte -
Gefährdung bzw. Verschlechterung des Gesundheitszustandes kann zu einer
vorübergehenden Aussetzung der Abschiebung (Duldung) wegen Reiseunfähigkeit
führen. Das Aufenthaltsgesetz sieht die Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger
Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen vor und nimmt die in diesem
Zusammenhang vielfach zu erwartenden Auswirkungen auf den gesundheitlichen und
insbesondere psychischen Zustand der Betroffenen damit in Kauf und lässt sie nur unter
besonderen Umständen als Duldungsgründe gelten. Bei psychischen Erkrankungen
kann davon nur ausgegangen werden, wenn die ernsthafte Gefahr der Selbsttötung
unmittelbar durch die Abschiebung droht und dieser Gefahr nicht durch ärztliche Hilfen
bis hin zu einer Flugbegleitung begegnet werden kann
vgl. VG Münster, Beschlüsse vom 10. April 2006 - 8 L 45/06 -, vom 12. April 2006 - 5 L
268/06 - und vom 11. Oktober 2006 - 5 L 753/06 -; ständige Rechtsprechung des 18.
Senats des OVG NRW, u. a. Beschluss vom 17. Februar 2006 - 18 B 52/06 - m. w. N.
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Von letzterem ist aber vorliegend auszugehen. Aus den vorgelegten
Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners ergibt sich, dass bei der Rückführung der
Antragsteller eine ärztliche Versorgung organisiert worden ist, auf Grund derer für eine
ärztliche Betreuung ab dem Zeitpunkt des Beginns der Maßnahme und während des
gesamten Fluges in das Heimatland gesorgt ist.
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In Anwendung dieser Grundsätze und ausgehend von den vorstehenden Ausführungen
hat die Antragstellerin zu 2. eine ihrer Abschiebung entgegenstehende Reiseunfähigkeit
nicht glaubhaft gemacht. Angesichts dessen bedarf es vorliegend keines weiteren
Eingehens auf die Frage einer eventuellen getrennten Abschiebung der übrigen
Antragsteller ohne die Antragstellerin zu 2.
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Soweit die Antragsteller darüber hinaus geltend machen, dass wegen ihrer Integration in
die hiesigen Lebensverhältnisse eine Abschiebung rechtlich unmöglich sei, haben sie
ebenfalls das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht glaubhaft gemacht.
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Allerdings kann sich die rechtliche Unmöglichkeit im Sinne des § 60 a Abs. 2 AufenthG
aus Artikel 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 Satz 2, 6 GG, aus dem aus dem Rechtsstaatsprinzip
(Artikel 20 Abs. 3 GG) abzuleitenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und aus Artikel
8 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten
(EMRK) ergeben
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vgl. z. B. OVG NRW, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - 18 B 1725/06 -, m. w. N.
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Das Recht auf Achtung des Privatlebens im Sinne des Artikel 8 Abs. 1 EMRK ist weit zu
fassen und umfasst seinem Schutzbereich nach u. a. das Recht auf Entwicklung der
Person und das Recht darauf, Beziehungen zu anderen Personen und der Außenwelt
anzuknüpfen und zu entwickeln und damit auch die Gesamtheit der im Land des
Aufenthalts gewachsenen Bindungen eines Ausländers
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vgl. OVG NRW, a. a. O.
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Die Vorschrift des Artikel 8 Abs. 1 EMRK darf jedoch nicht so ausgelegt werden, als
verbiete sie allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen oder vermittle
diesem ein Aufenthaltsrecht allein deswegen, weil er sich eine bestimmte Zeit lang im
Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat
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vgl. OVG NRW, a. a. O.; VG Münster, u. a. Beschluss vom 11. Oktober 2006 - 5 L 753/06
-.
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Aufenthaltsbeendende Maßnahmen nach einem langen Aufenthalt sind für sich allein
genommen noch kein Eingriff in das Privatleben des Ausländers im Sinne von Artikel 8
Abs. 1 EMRK. Vielmehr ist auf die im Aufenthaltsstaat etwa geschaffenen - intensiven -
familiären und persönlichen Bindungen und seine sonstige Verwurzelung abzustellen.
Im vorliegenden Fall ist aber nichts dafür vorgetragen oder sonst erkennbar, dass die
Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland über intensive, persönliche und
familiäre Bindungen verfügen würden und dass sie auch im Übrigen in das hiesige
wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben auf Grund ihrer deutschen
Sprachkenntnisse, ihrer sozialen Kontakte und der sonstigen Lebensverhältnisse
faktisch integriert sind. In diesem Zusammenhang ist darauf abzustellen, dass der
Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland wie ein Deutscher unter Deutschen lebt.
Dies haben die Antragsteller nicht dargetan und erst recht nicht glaubhaft gemacht.
Alleine der Umstand, dass der Antragsteller zu 1. zeitweise einer Erwerbstätigkeit
nachgegangen ist, reicht für die Annahme einer faktischen Integration im oben
angeführten Sinne nicht aus. Dagegen spricht vielmehr beispielsweise die Tatsache,
dass die Antragstellerin zu 2. ausweislich der vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen
die deutsche Sprache nicht beherrscht; dies ist aber als eine zwingende Voraussetzung
für die Annahme einer erfolgten erfolgreichen Integration anzusehen. Soweit die
Antragsteller dem Antragsgegner gegenüber bereits in der Vergangenheit darauf
verwiesen haben, dass die Antragsteller zu 3. und 4. in ihrem Aufenthaltsort den
Kindergarten besuchen, reicht auch dies für die Annahme einer erfolgreichen Integration
der Familie nicht aus; vielmehr ist dem entgegen zu halten, dass die Antragsteller zu 3.
bis 5. auf Grund ihres Alters die (mangelnde) Integrationsleistung ihrer Eltern teilen.
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Ebenso wenig sind Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Antragsteller keinerlei
Beziehungen mehr zu dem Land ihrer Staatsangehörigkeit hätten und dort in einer
Weise „entwurzelt" erscheinen würden, dass eine Reintegration dort nicht mehr
zumutbar erscheint.
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Vgl. ausführlich hierzu VG Münster, Beschluss vom 10. April 2006, a. a. O., m. w. N. und
OVG NRW, Beschlüsse vom 7. Februar 2006 -18 E 1534/05 - und vom 27. März 2006 -
18 B 787/05 -.
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Eine (Re-)Integration als zumutbar zu erachten gilt auch hinsichtlich der Antragsteller zu
3. bis 5., auch wenn diese in der Bundesrepublik geboren sind, weil angesichts ihres
Alters davon ausgegangen werden kann, dass sie sich mühelos in die
Lebensverhältnisse in ihrem Heimatland einfinden können, auch wenn diese für sie neu
sein mögen; es ist dann vielmehr Aufgabe ihrer Eltern, sie dabei zu unterstützen. In
diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht davon ausgeht, dass
die Antragsteller zu 3. bis 5. auch selbstverständlich ihre Heimatsprache beherrschen,
da sie sich sonst mit ihrer Mutter, die der deutschen Sprache nicht mächtig ist, nicht
verständigen könnten.
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In Ansehung all dessen stellt sich die Abschiebung der Antragsteller auch unter diesem
Gesichtspunkt nicht als unverhältnismäßig dar.
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Auch sonst steht der Abschiebung der Antragsteller kein rechtliches Hindernis
entgegen. Die Ankündigung nach § 60 a Abs. 5 Satz 4 AufenthG ist mit Schreiben vom
24. April 2006 erfolgt. Die Härtefallkommission hat auf den Härtefallantrag der
Antragsteller mit Schreiben vom 13. Oktober 2006 mitgeteilt, dass sie sich nicht in der
Lage sieht, eine Empfehlung oder ein Ersuchen abzugeben. Der beim Bundesamt
gestellte Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem Ziel der Feststellung,
dass hinsichtlich der Antragstellerin zu 2. die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 7
AufenthG vorliegen, ist durch Bescheid des Bundesamtes vom 20. Oktober 2006
abgelehnt worden; durch die hiergegen erhobene Klage und den gestellten Antrag auf
Erlass einer einstweiligen Anordnung wird die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht nicht
berührt. Entgegen der Ansicht der Antragsteller steht ihnen hierauf fußend kein
Anspruch auf Erteilung einer Duldung zu; insbesondere aus der insoweit in Bezug
genommenen Vorschrift des § 43 AsylVfG lässt sich ein solcher Anspruch vorliegend
nicht herleiten.
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Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1
ZPO; die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG, § 5, 1.
Halbsatz ZPO entsprechend.
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