Urteil des VG Münster vom 17.11.2003

VG Münster: kamin, wiederherstellung des ursprünglichen zustandes, einstellung der bauarbeiten, wohnhaus, unterschutzstellung, eigentümer, versiegelung, kopie, baudenkmal, denkmalpflege

Verwaltungsgericht Münster, 2 K 305/00
Datum:
17.11.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 K 305/00
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu
vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin erwarb im Dezember 1998 das Eigentum an dem in die Denkmalliste der
Stadt Münster eingetragenen Wohnhaus E.-Straße 00 in N. Über die Eintragung des
Wohnhauses in die Denkmalliste waren die früheren Eigentümer des Gebäudes durch
Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 1987 (zugestellt am 14. Mai 1987) unterrichtet
worden.
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Mit Schreiben vom 18. Januar 1999 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, sie
beabsichtige, in dem denkmalgeschützten Gebäude - im einzelnen bezeichnete -
Renovierungs- und Umbauarbeiten auszuführen, weil das Wohnhaus E.-Straße 00 für
den Betrieb des von ihrem Ehemann geführten Architekturbüros genutzt werden solle. In
einem unter dem 20. Januar 1999 erteilten Erlaubnisbescheid führte der Beklagte unter
Nr. 9 der „Auflagen" aus, der Kamin in der Eingangsdiele des Wohnhauses müsse
erhalten werden, weil er Teil der originalen Ausstattung des Hauses sei. Anlässlich
einer Ortsbesichtigung mit Mitarbeitern der Unteren Denkmalbehörde am 3. Februar
1999 bekräftigte und erläuterte die Klägerin indessen ihre Absicht, den Kamin in der
Eingangsdiele des Wohnhauses zu entfernen: Dort, wo der Kamin stehe, solle die
Dielenwand durchbrochen werden, um in dem dahinterliegenden, dem Hauseingang
direkt gegenüber liegenden Raum, den „Empfang" des Architekturbüros einzurichten.
Nur von dort aus sei es möglich, die Haustür und die zu den Geschäftsräumen des
Erdgeschosses führende Eingangstreppe zu überwachen. Die Mitarbeiter der Unteren
Denkmalbehörde wiederholten daraufhin ihren Standpunkt, der Kamin sei Teil der
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Denkmalbegründung und dürfe deshalb nicht entfernt werden; eine Erlaubnis zum
Abbruch könne nicht erteilt werden. Am 18. Februar 1999, nach Beginn der
Umbauarbeiten, stellten Mitarbeiter der Unteren Denkmalbehörde fest, daß der Kamin
großflächig beschädigt worden war. Auf die Lichtbilder, die den Zustand des Kamins vor
und nach Beginn der Umbauarbeiten zeigen (Bl. 19, 41, 45 und 57 der Beiakte Heft 1)
wird Bezug genommen.
Durch Ordnungsverfügung vom 18. Februar 1999 forderte der Beklagte die Klägerin auf,
die Abbrucharbeiten an dem Kamin (Feuerstelle, verflieste Wangen, Kaminsims und
Haube) in ihrem Haus E.-Straße 00 sofort einzustellen, die Abbrucharbeiten an dem
rückwärtigen Kaminabzug/Schornstein so durchzuführen, daß der Kamin in der
Eingangshalle gesichert sei, ausreichende Absicherungen gegen weitere
Beschädigungen des Kamins vorzunehmen, den Kamin innerhalb einer Frist von zwei
Wochen in seiner ursprünglichen Form wiederherzustellen und ihn danach vor weiteren
Beschädigungen durch entsprechende Sicherungsmaßnahmen zu schützen. Durch
weitere Ordnungsverfügung vom 25. Februar 1999 forderte der Beklagte die Klägerin
auf, den Kamin vorne, an beiden Seitenflächen und von oben durch Spanplatten oder
ähnliches so zu sichern und zu schützen, dass er bei den weiteren baulichen
Maßnahmen im Hause nicht beschädigt werden könne. Ferner seien die zum Kamin
gehörigen Fliesen auf dem Boden mit einer Spanplatte abzudecken. Alle bereits
abgetragenen Zubehörteile des Kamins - wie die Eckschutzschienen, die Gesimsplatte,
die gußeiserne Kaminplatte und die Absperrgitter - seien bis zur Wiederherstellung des
Kamins in einer Kiste oder ähnlichem im Haus E.-Straße 00 sicher zu lagern, so daß sie
wiederverwendet werden könnten. Mit Schreiben vom 3. März 1999 verlängerte der
Beklagte die der Klägerin zur Wiederherstellung des Kamins gesetzte Frist bis zum 12.
April 1999, weil nach Erlass der Ordnungsverfügung bekannt geworden sei, dass einige
der entfernten Fliesen zerstört worden seien und deshalb nachgebrannt werden
müssten. Für die Anbringung der nachgebrannten Fliesen setzte der Beklagte der
Klägerin eine Frist bis zum 1. September 1999.
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Mit Schreiben vom 24. Februar 1999 bat die Klägerin den Beklagten um Erteilung einer
Abbrucherlaubnis für den Kamin und wies zur Begründung auf die bereits mündlich
erläuterten Pläne für die Gestaltung des im Erdgeschoss geplanten Architekturbüros hin.
Diesen Erlaubnisantrag lehnte der Beklagte im Benehmen mit dem Westfälischen Amt
für Denkmalpflege (Schreiben vom 4. März 1999) durch Bescheid vom 8. März 1999 ab.
Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Eingangshalle des Wohnhauses E.-Straße
00 mit der Treppenhausorganisation und dem Kamin sei das baukünstlerisch zentrale
Gestaltungselement des Gebäudeinneren. Der Kamin sei hierbei der künstlerische
Blickpunkt des Ensembles von Treppenhaus und Empfangsraum. Der Verlust des
Kamins würde die gestaltete Dichteeinheit dieser zentralen Hauspartie weitgehend
unverständlich machen.
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Die Klägerin erhob gegen die Ordnungsverfügungen vom 18. Februar und 25. Februar
1999, letztere in der Fassung des Schreibens vom 3. März 1999, Widersprüche, die die
Bezirksregierung Münster durch Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2000
zurückwies.
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Die Klägerin hat rechtzeitig Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen
vor:
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Die angefochtenen Ordnungsverfügungen seien bereits deshalb rechtswidrig, weil der
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von den Regelungen des Beklagten betroffene Kamin keinen denkmalrechtlichen
Schutz genieße. Abgesehen davon, daß die Denkmallisteneintragung nicht wirksam
geworden sei, weil der Tag der Eintragung in dem in der Verwaltungsakte enthaltenen
Auszug aus der Denkmalliste nicht vermerkt sei, nehme der Kamin auch nicht an der
Denkmaleigenschaft des unter Schutz gestellten Wohnhauses teil, weil er historisches
Ausstattungsstück im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 3 der Denkmallistenverordnung sei und
als solches in der für das Baudenkmal angelegten Karteikarte ausdrücklich einzutragen
gewesen wäre. Dies sei hier nicht geschehen. Es reiche nicht aus, daß der Kamin
lediglich in der in der Karteikarte niedergelegten Begründung der Denkmaleigenschaft
des Wohnhauses E.-Straße 00 erwähnt worden sei.
Die Ordnungsverfügung vom 18. Februar 1999 verstoße aber jedenfalls gegen das
Bestimmtheitsgebot (§ 37 VwVfG NRW), weil sie nicht klar und unzweideutig anordne,
wie die Klägerin den Kamin wiederherzustellen habe. Sie sei ferner auf eine rechtlich
unmögliche Leistung gerichtet gewesen, weil der Beklagte die Baustelle versiegelt
habe. Die Ordnungsverfügung vom 25. Februar 1999 sei rechtswidrig, weil die der
Klägerin aufgegebene Verwahrung der Zubehörteile auf eine tatsächlich unmögliche
Leistung gerichtet gewesen sei. Bereits vor Erlaß der Ordnungsverfügung seien
verschiedene Zubehörteile des Kamins - möglicherweise aufgrund einer Beschädigung
- nicht mehr vorhanden gewesen und hätten deshalb auch nicht in Verwahrung
genommen werden können.
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Die beiden Ordnungsverfügungen seien im übrigen auch deshalb rechtswidrig und
aufzuheben, weil die Klägerin Anspruch auf Erteilung einer Abbrucherlaubnis für den
Kamin habe. Der Beklagte habe bei der Ablehnung des Erlaubnisantrages der Klägerin
verkannt, daß die Diele des Wohnhauses E.-Straße 00 aufgrund von
Kriegseinwirkungen und wegen nachfolgender Umbaumaßnahmen nicht mehr den
ursprünglichen Zustand des Gebäudes wiederspiegele. Die Diele sei damals gleichsam
halbiert worden. Ferner habe der Beklagte nicht in angemessener Weise in seine
Ermessenserwägungen eingestellt, daß die Klägerin im Zuge der Renovierung des
Wohnhauses Kosten in Höhe von überschlägig 1.500.000 DM aufgewendet habe. Dies
mache deutlich, daß die Klägerin denkmalpflegerischen Belangen durchaus im Rahmen
des ihr zumutbaren Rechnung tragen wolle. Mit Blick auf die vernünftigen Gründe, die
die Klägerin für die Umgestaltung des Erdgeschoßgrundrisses vorgetragen habe,
müsse das öffentliche Interesse an dem Erhalt des Kamins - dessen
Denkmaleigenschaft einmal unterstellt - zurücktreten.
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Die Klägerin beantragt,
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1. die Ordnungsverfügungen des Beklagten vom 18. und 25. Februar 1999 - letztere in
der Fassung des Schreibens vom 3. März 1999 - in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Münster vom 17. Januar 2000
aufzuheben.
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2. den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 8. März 1999 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Münster vom 17. Januar 2000 zu
verpflichten, der Klägerin auf ihren Antrag vom 24. Februar 1999 eine denkmalrechtliche
Erlaubnis zum Abbruch des Kamins im Wohnhaus E.-Straße 00 in N. zu erteilen.
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Der Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide und beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vortrags der Beteiligten
im übrigen wird auf den Inhalt der Streitakte, auf den Inhalt der beigezogenen Streitakte
2 L 452/99 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten (6 Aktenbände)
ergänzend Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Mit ihrem Antrag zu 1. ist die Klage abzuweisen, weil die angefochtenen
Ordnungsverfügungen des Beklagten rechtmäßig sind.
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Der Beklagte hat seine Anordnungen zu Recht auf denkmalrechtliche Vorschriften
gestützt. An der Wirksamkeit der Eintragung des Wohnhauses E.-Straße 00 in N. in die
Denkmalliste der Stadt N. fehlt es nicht etwa deshalb, weil aus der in den beigezogenen
Verwaltungsakten in Kopie enthaltenen Karteikarte nicht hervorgeht, wann die - den
früheren Eigentümern des Gebäudes E.-Straße 00 durch Bescheid vom 11. Mai 1987
bekanntgegebene - Eintragung erfolgt ist. In diesem Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Nr. 4 der
Verordnung über die Führung der Denkmalliste ist kein besonders schwerwiegender,
die Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes begründender Fehler im Sinne von § 44
VwVfG zu sehen. Die denkmalrechtliche Unterschutzstellung bindet deshalb die
Klägerin als Rechtsnachfolgerin der früheren Eigentümer des Gebäudes.
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Zum Zeitpunkt der getroffenen Anordnungen des Beklagten unterlag das als
Baudenkmal (§ 2 Abs. 2 Satz 1 DSchG) in die Denkmalliste eingetragene Wohnhaus E.-
Straße 00 deshalb gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 DSchG den Vorschriften des
Denkmalschutzgesetzes. Der von den Anordnungen des Beklagten betroffene Kamin
teilt als wesentlicher Bestandteil des Gebäudes im Sinne von § 94 Abs. 2 BGB die
Rechtsnatur des Gebäudes als öffentlich-rechtliches Schutzobjekt. Der Standpunkt der
Klägerin, der Kamin sei ein Ausstattungsstück im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 3 der
Denkmallisten-Verordnung und hätte deshalb - um überhaupt denkmalrechtlichen
Vorschriften unterliegen zu können - zunächst gesondert in die für das Baudenkmal E.-
Straße 00 angelegte Karteikarte eingetragen werden müssen, ist unzutreffend. Die
genannte Vorschrift betrifft nur solche Gegenstände, die sachenrechtlich selbständig
und deshalb nicht bereits durch die Listeneintragung des Gebäudes selbst - wie hier -
den Regelungen des Denkmalschutzgesetzes gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 DSchG
unterfallen.
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Der Beklagte hat der Klägerin zu Recht aufgegeben, die Abbrucharbeiten an dem
Kamin sofort einzustellen. Diese Anordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 27 DSchG.
Der Abbruch des Kamins ist ohne denkmalrechtliche Erlaubnis begonnen worden. Denn
die der Klägerin erteilte Erlaubnis vom 20. Januar 1999 schloß ausdrücklich nicht die
Befugnis ein, den Kamin zu beseitigen. Selbst wenn die Beschädigungen des Kamins
nicht mutwillig, sondern - wie die Klägerin behauptet - lediglich versehentlich bei einem
unsachgemäßen Abbruch des zugehörigen Schornsteins geschehen sein sollten, war
der Beklagte auf der Grundlage von § 27 Abs. 1 DSchG befugt, der Klägerin gegenüber
die sofortige Einstellung der Bauarbeiten anzuordnen.
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Soweit der Beklagte der Klägerin aufgegeben hat, den Kamin vor weiteren
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Beschädigungen zu sichern und die bei den Abbrucharbeiten angefallenen Bruchstücke
des Kamins an geschützter Stelle zu verwahren, durfte diese Anordnung auf der
Grundlage von § 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 DSchG ergehen. Auf die - nach Angaben der
Klägerin - vor Erlaß der Ordnungsverfügung in Verlust geratenen Zubehörteile des
Kamins mußte die Klägerin die ihr gegenüber ergangene Anordnung selbstverständlich
nicht beziehen. Aus den Akten tritt im übrigen hervor, daß es zu keinerlei
Mißverständnissen über den Umfang der der Klägerin aufgegebenen Verwahrpflicht
gekommen ist.
Soweit der Beklagte der Klägerin die Wiederherstellung des Kamins aufgegeben hat,
findet diese Anordnung in § 27 Abs. 1, Abs. 2 DSchG ihre Rechtsgrundlage. Die
Anordnung des Beklagten genügte den gesetzlichen Bestimmtheitsanforderungen (§ 37
Abs. 1 VwVfG). Welchen Erfolg die Klägerin herbeizuführen hatte, war der Anordnung
zweifelsfrei zu entnehmen. Es bedurfte auch keiner detaillierten Regelung, auf welche
Weise dieser Erfolg herbeizuführen war. In Anbetracht der klaren Aufgabenstellung
waren im vorliegenden Fall handwerklich-praktische Direktiven entbehrlich. Mit der
Wiederherstellungsanordnung hat der Beklagte nichts tatsächlich unmögliches
gefordert: Das frühere Erscheinungsbild und das konstruktive Gefüge des Kamins
konnte und kann auf der Grundlage der vorhandenen Lichtbilder und an Hand der
erhalten gebliebenen Bauteile des Kamins ohne weiteres rekonstruiert werden. Der bei
dem Teilabbruch des Kamins - nach dem derzeitigen Erkenntnisstand - eingetretene
irreparable Verlust an denkmalwerter Sachsubstanz gibt keinen Anlaß zu zweifeln, ob
eine den denkmalrechtlichen Anforderungen entsprechende Wiederherstellung des
Kamins noch möglich ist und deshalb von Rechts wegen noch verlangt werden kann.
Unbestritten ist, daß sechs Fliesen des Kamins endgültig verloren sind und
nachgefertigt werden müssen. Die in diesem Umfang unvermeidliche Teilrekonstruktion
des Schutzobjektes hält sich - gemessen an der Gesamtzahl der Fliesen - in einem
ohne weiteres vertretbaren Rahmen. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat in der
mündlichen Verhandlung diesbezüglich noch erklärt, er wisse nicht, ob die
Eckschutzleisten und die kupferne Kaminhaube noch vorhanden seien. Da der
Ehemann der Klägerin - nach einem Aktenvermerk in den beigezogenen
Verwaltungsvorgängen - dem Beklagten am 16. März 1999 anläßlich eines Ortstermins
erklärt hat, diese Bestandteile des Kamins befänden sich - wie vom Beklagten gefordert
- an einem sicheren Aufbewahrungsort, und da ein Verlust dieser Objekte nicht
substantiiert vorgetragen ist, gibt es bei dem derzeitigen Sachstand keinen Anlaß in
eine nähere Prüfung der - von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung
aufgeworfenen - Frage einzutreten, ob die vom Beklagten geforderte Wiederherstellung
des Kamins nicht in Wahrheit auf eine Kopie des Schutzobjektes hinausläuft.
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Die Aufforderung des Beklagten zur Wiederherstellung des Kamins ist auch nicht etwa -
wegen der am 25. Februar 1999 vorgenommenen Versiegelung des Kamins - auf eine
rechtlich unmögliche Leistung gerichtet. Weder hat die Klägerin vorgetragen, den
Beklagten jemals um die Ausräumung dieses - der Wiederherstellungsanordnung
angeblich entgegenstehenden - Hindernisses gebeten zu haben, noch gibt es
irgendeinen Anlaß daran zu zweifeln, daß der Beklagte einer so begründeten Bitte
sofort entsprochen hätte. Abgesehen hiervon ergibt sich aus den von dem angebrachten
„Siegel" gefertigten Lichtbild und aus dem Text der Versiegelungs-Urkunde, daß eine
Versiegelung im gegenständlichen Sinne nicht stattgefunden hat, sondern daß der
Beklagte auf dem Kamin lediglich die auf Blatt 86 der Beiakte Heft 2 in Kopie ablesbare
Versiegelungsanordnung angebracht hat. Nach dem Inhalt dieser Anordnung war
„aufgrund der Versiegelung . . . das Weiterführen der Abbrucharbeiten (für) verboten"
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erklärt worden. Die Klägerin konnte folglich ihrer Pflicht zur Wiederherstellung des
ursprünglichen Zustandes nachkommen, ohne die Versiegelung zu mißachten oder gar
einen Siegelbruch im strafrechtlichen Sinne zu begehen.
Mit ihrem Antrag zu 2. ist die Klage abzuweisen, weil die Klägerin keinen Anspruch auf
Erteilung der begehrten Abbrucherlaubnis hat. Die vom Beklagten auf der Grundlage
von § 9 DSchG getroffene Entscheidung läßt rechtliche Fehler, die der gerichtlichen
Kontrolle unterliegen, nicht erkennen. Nach § 9 Abs. 2 a DSchG ist die Erlaubnis für die
- hier beabsichtigte - Veränderung eines Baudenkmals zu erteilen, wenn Gründe des
Denkmalschutzes nicht entgegenstehen. Die hiernach maßgeblichen „Gründe des
Denkmalschutzes", die einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis ausschließen
können, lassen sich nicht in verallgemeinernder Form benennen. Vielmehr ist eine
Einzelfallprüfung vorzunehmen, die von der Qualität des jeweils zu schützenden
Denkmals bestimmt ist und die der Frage nachzugehen hat, ob und inwieweit die vom
Eigentümer beabsichtigte Maßnahme geeignet ist, die Schutzzwecke des
Denkmalschutzgesetzes - bezogen auf das konkret betroffene Denkmal - zu stören oder
sogar zu vereiteln. Bei dieser Prüfung ist den Gründen, aus denen ein Objekt unter
Schutz gestellt worden ist, besonderes Gewicht beizumessen, weil diese Gründe die mit
der Unterschutzstellung verbundene Einschränkung der Eigentümerbefugnisse
rechtfertigen.
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vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss
vom 2. Oktober 2002 - 8 A 5546/00 -, S. 3
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Allerdings darf eine Erlaubnis nach § 9 Abs. 2 a DSchG erst dann verweigert werden,
wenn Gründe des Denkmalschutzes der Veränderung des Denkmals „entgegenstehen",
also stärkeres Gewicht haben als die für die Veränderung streitenden Interessen des
Eigentümers. Nicht schon jede geringfügige Beeinträchtigung denkmalrechtlicher
Belange kann deshalb zur Verweigerung einer beantragten Erlaubnis oder zur
Feststellung der materiellen Illegalität einer formal illegal durchgeführten Maßnahme
führen. Anders als bei der Entscheidung über die Unterschutzstellung selbst - die
gerade von privaten Interessen unabhängig und allein vom Denkmalwert des
betroffenen Objekts abhängig ist - verfolgt § 9 DSchG das Ziel, dem Eigentümer trotz der
ihm auferlegten Einschränkungen eine flexible, profitable und zeitgerechte Nutzung des
Denkmals im Rahmen des denkmalrechtlich vertretbaren zu ermöglichen.
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vgl. OVG NRW, a.a.O., S. 4
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Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung der
unter dem 24. Februar 1999 beantragten Erlaubnis zur Beseitigung des Kamins. Der
Beklagte hat die nach den genannten Maßstäben gebotene Abwägung der
widerstreitenden Interessen rechtsfehlerfrei vorgenommen. Er hat sich zu Recht bei der
Beurteilung des öffentlichen Interesses am Erhalt des Kamins auch an der zum
Abbruchantrag der Klägerin abgegebenen Stellungnahme des Westfälischen Amtes für
Denkmalpflege vom 4. März 1999 orientiert. In dieser Stellungnahme ist der besondere
und - ausweislich der Eintragungsbegründung - für die Unterschutzstellung des
Gebäudes auch wesentliche Dokumentationswert des Kamins im Wohnhaus E.-Straße
00 detailliert und nachvollziehbar dargelegt und belegt. Der Verfasser dieser
Stellungnahme, Herr X. Referent Dr. S., hat den baugestalterischen Verlust, der mit
einer Beseitigung des Kamins aber auch schon bei einer Verlegung des Kamins an eine
andere Stelle des Wohnhauses eintreten würde, in der mündlichen Verhandlung vom
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17. November 2003 nochmals erläutert und verdeutlicht. Daß die von der Klägerin
angesprochene Verkleinerung der Diele bei Umbaumaßnahmen in der Nachkriegszeit
den baugestalterischen Wert des Kamins beeinflußt haben könnte, ist nicht erkennbar.
Die den Kamin als wesentliches Gestaltungselement des Empfangsraumes
hervorhebende Sichtbeziehung zwischen dem Kamin und der mit Marmor
ausgestatteten inneren Hauseingangstreppe ist von diesen Umbauarbeiten offenkundig
unbeeinflußt geblieben. Daß bei den Grundrißveränderungen der Nachkriegszeit der
Standort des Kamins geändert worden ist, hat die Klägerin nicht behauptet (und auch
nicht belegt).
Verglichen mit dem damit gegebenen und in den angefochtenen Bescheiden zutreffend
angenommenen öffentlichen Interesse am Erhalt des Kamins hat das Interesse der
Klägerin, den Kamin zu beseitigen oder an eine andere Stelle des Foyers umzusetzen,
geringeres Gewicht. Der - nur um die Breite von zwei Kacheln in den Raum vortretende -
Kamin beansprucht im Foyer des Erdgeschosses nur einen geringen Platz. Auch
funktional betrachtet steht der Kamin dem von der Klägerin verfolgten Raumprogramm
für das Architekturbüro nicht in einer Weise entgegen, die seine Beseitigung
rechtfertigen könnte. Der Wunsch der Klägerin, in dem dem Hauseingang direkt
gegenüber liegenden Raum den „Empfang" des Architekturbüros einzurichten, kann
verwirklicht werden, ohne daß hierfür die Dielenwand gerade am Standort des Kamins
durchbrochen wird. Die Haustür und die zu den Geschäftsräumen des Erdgeschosses
führende Eingangstreppe kann überwacht werden, ohne daß sich dort, wo jetzt der
Kamin steht, eine Tür oder ein Durchgang befindet.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die
vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung des Urteils beruht auf § 167 VwGO
i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozeßordnung.
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