Urteil des VG Münster vom 03.12.2007

VG Münster: teilzeitbeschäftigung, dienstort, fürsorgepflicht, erlass, amt, verfügung, spiel, aufzählung, versetzung, verfahrensmangel

Verwaltungsgericht Münster, 11 L 587/07
Datum:
03.12.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
11 L 587/07
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des
Verfahrens. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe:
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Der (sinngemäß gestellte) Antrag der Antragstellerin,
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den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie, die
Antragstellerin, beginnend mit dem 1. Oktober 2007 in Teilzeit mit 15 Stunden
wöchentlich am Dienstort N. zu beschäftigen, und zwar montags ganztägig sowie
dienstags und donnerstags jeweils halbtägig, hat keinen Erfolg. Gemäß § 123 Abs. 1
Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - kann eine einstweilige Anordnung zur
Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
erlassen werden, wenn diese Regelung u. a. zur Abwendung wesentlicher Nachteile
nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt im Einzelnen voraus,
dass der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen
Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
(Anordnungsgrund) von dem jeweiligen Antragsteller dargelegt und glaubhaft gemacht
werden (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung). Es kann
offen bleiben, ob ein die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigender Grund für den
Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung gegeben ist. Das Rechtsschutzbegehren
der Antragstellerin scheitert jedenfalls an der Glaubhaftmachung eines
Anordnungsanspruchs. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die
Antragsgegnerin verpflichtet ist, die Antragstellerin während ihrer Elternzeit am Dienstort
N. in Teilzeit mit 15 Stunden wöchentlich zu beschäftigen. Einen auf den Dienstort N.
beschränkten Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung kann die Antragstellerin bei
summarischer Prüfung nicht aus § 1 Abs. 4 Satz 1 der Elternteilzeitverordnung - EltZV -
herleiten. Nach der genannten Bestimmung ist Beamten während der Elternzeit auf
Antrag eine Teilzeitbeschäftigung beim selben Dienstherrn bis zu 30 Stunden
wöchentlich zu bewilligen, wenn zwingende dienstliche Gründe nicht entgegenstehen.
Die Vorschrift normiert einen Anspruch des Beamten gegen seinen Dienstherrn auf
Bewilligung von Teilzeitbeschäftigung in dessen Dienstbereich („beim selben
Dienstherrn") und besagt nichts über den Einsatzort und den konkreten
Aufgabenbereich der angestrebten Teilzeitbeschäftigung Dem entsprechend bezieht
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sich auch das negative Tatbestandsmerkmal „wenn zwingende dienstliche Gründe nicht
entgegenstehen", auf jegliche Teilzeitbeschäftigung beim „selben Dienstherrn" des
Beamten und nicht auf den konkreten Dienstposten, den der Beamte vor dem Eintritt in
die Elternzeit innegehabt hat. Dies bedeutet zwar nicht, dass der Dienstherr in seiner
Entscheidung völlig frei wäre, wie und wo er den er den in Elternzeit befindlichen
Beamten im Rahmen seines statusrechtlichen Amtes teilzeitbeschäftigt. Vielmehr muss
die Entscheidung des Dienstherrn sowohl den Zielvorstellungen der
Elternzeitverordnung als auch der ihm obliegenden Fürsorgepflicht gerecht werden.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die
Antragsgegnerin den auf die Dienstorte N. und J. beschränkten Antrag auf Bewilligung
von Teilzeit abgelehnt hat. Der bevollmächtigte Terminsvertreter der Antragsgegnerin
hat in dem heutigen Erörterungstermin unmissverständlich erklärt, dass die Versagung
der Teilzeitbeschäftigung nur die von der Antragstellerin gewünschten Dienstorte N.
oder J. betrifft und eine Beschäftigung der Antragstellerin bei einer der Dienststellen in
Bochum möglich sei. Damit ist seitens der Antragsgegnerin zugleich klargestellt, dass
aus ihrer Sicht einer Teilzeitbeschäftigung der Antragstellerin „beim selben Dienstherrn"
keine zwingenden dienstlichen Gründe entgegen stehen. Mithin reduziert sich die
entscheidungserhebliche Fragestellung darauf, ob die Verweisung der Antragstellerin
auf eine Dienststelle in C. unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 1 Abs. 4
EltZV gegen die Fürsorgepflicht verstößt. Diese Frage ist nach Auffassung des Gerichts
zu verneinen. Der Terminsvertreter der Antragsgegnerin hat in dem heutigen
Erörterungstermin nachvollziehbar dargelegt, dass im Bereich der für die Antragstellerin
maßgeblichen Besoldungsgruppe A 10 in der Geschäftsstelle N. ein Stellenüberhang
von 0,72 Stellen besteht. Bei den Stellen der Besoldungsgruppe A 9 bestehe sogar ein
Stellenüberhang von 4 Stellen. In der - von der Antragstellerin ebenfalls bevorzugten -
Dienstelle J. bestehe lediglich eine Vakanz von 0,1 Stellen der Besoldungsgruppe A 10.
Bei dieser Sachlage ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin der
Antragstellerin eine Teilzeitbeschäftigung nicht an den von ihr gewünschten Dienstorten
N. und J. , sondern an dem danach nächstgelegenen Dienstort C. anbietet. Dass eine
Teilzeitbeschäftigung der in Hagen am Teutoburger Wald wohnhaften Antragstellerin
bei einer Dienststelle in C. mit einem deutlich größeren Fahraufwand verbunden sein
würde als dies bei dem von ihr gewünschten Einsatz in N. der Fall wäre, liegt auf der
Hand. Gleichwohl hält das Gericht das Angebot einer Teilzeitbeschäftigung der
Antragstellerin in C. vor dem Hintergrund der fehlenden Stellenvakanzen in N. und J.
nicht für schlechthin unzumutbar. Die Schaffung einer zusätzlichen
Beschäftigungsmöglichkeit in N. (oder J. ) durch eine Änderung der
Organisationsstruktur oder Personalmaßnahmen mit dem Ziel einer Stellenvakanz, die
zwangsläufig zu Lasten anderer Bediensteter und deren privater Lebensgestaltung
gehen müssten, kann die Antragstellerin jedenfalls nicht beanspruchen. Dass dem
Dienstherrn nicht angesonnen werden kann, die Antragstellerin trotz fehlenden
Beschäftigungsbedarfs in N. als Teilzeitkraft zu einzusetzen, versteht sich von selbst.
Das Gericht vermag der Auffassung der Antragstellerin, die Antragsgegnerin betreibe
mit ihrer Entscheidung über den Antrag auf Teilzeitbeschäftigung „auf kaltem Wege"
eine Versetzung nach C. , nicht beizutreten. Die Ablehnung einer Teilzeitbeschäftigung
während der Elternzeit am (bisherigen) Dienstort N. hat keinerlei Auswirkungen auf die
Frage, wo die Antragstellerin nach Ende ihrer Elternzeit ihren Dienst zu verrichten
haben wird. Es spricht vieles dafür, dass die Antragstellerin mit Ablauf der Elternzeit
unabhängig von der Stellenauslastung wieder an ihre bisherige Dienststelle in N.
zurückkehrt, sofern sie nicht ausdrücklich - durch eine gerichtlich überprüfbare
Verfügung - an eine andere Dienststelle versetzt bzw. umgesetzt wird. Völlig anders
verhält es sich jedoch mit der von der Antragstellerin beantragten Teilzeitbeschäftigung,
die sie ja gerade während der laufenden Elternzeit ausüben möchte und die nicht an
das vor Eintritt in die Elternzeit ausgeübte konkret-funktionelle Amt anknüpft. Die
Antragstellerin kann schließlich auch nichts aus der von ihr gerügten Nichtbeteiligung
des Personalrates für ihr Antragsbegehren herleiten. Abgesehen davon, dass selbst ein
derartiger Verfahrensmangel der Antragstellerin noch keinen Rechtsanspruch auf die
zeitlich genau konkretisierte Teilzeitbeschäftigung in N. vermitteln würde, liegt hier gar
kein Mitwirkungsmangel vor. Die von der Antragstellerin ins Spiel gebrachte
Bestimmung des § 76 Abs. 1 Nr. 8 BPersVG erfasst nur die Teilzeitbeschäftigung nach §
72 a und § 72 e BBG, nicht jedoch die nach § 1 Abs. 4 EltZV. Eine analoge Anwendung
kommt angesichts der enumerativen Aufzählung der Mitbestimmungstatbestände nicht
in Betracht. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die
Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Der sich daraus ergebende
Auffangwert ist wegen des vorläufigen Charakters dieses Rechtsschutzverfahrens um
die Hälfte zu reduzieren.
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