Urteil des VG Münster vom 04.05.2010

VG Münster (medizin, wwu, studienjahr, festsetzung, zulassung, verwaltungsgericht, antragsteller, daten, vergabe, verordnung)

Verwaltungsgericht Münster, 9 Nc 81/10
Datum:
04.05.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
9 Nc 81/10
Schlagworte:
Zulassung zum Studium, WWU Münster, Medizin, 1. klinisches
Fachsemester, hilfsweise 4. oder niedrigeres vorklinisches
Fachsemester, SS 2010
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
1
I.
2
Der Antragsteller begehrt im Verfahren der einstweiligen Anordnung in Weiterverfolgung
seines bei der Hochschule gestellten Antrags die vorläufige Zulassung zum Studium der
Medizin an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU Münster) im 1.
klinischen Fachsemester - hilfsweise im 4. oder niedrigeren vorklinischen Fachsemester
- nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Sommersemesters (SS)
2010 außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen bzw. die Teilnahme an einem
gerichtlich anzuordnenden Losverfahren zur Verteilung entsprechend vorhandener
Studienplätze.
3
Das Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes
Nordrhein-Westfalen (MIWFT) hat durch die Verordnung über die Festsetzung von
Zulassungszahlen und die Vergabe von Studienplätzen im ersten Fachsemester für das
Sommersemester 2010 (ZulassungszahlenVO 1. Fs.) vom 18. Dezember 2009 (GV.
NRW. 2010, 2 f.) und durch die Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen
und die Vergabe von Studienplätzen in höheren Fachsemestern an den Hochschulen
des Landes Nordrhein-Westfalen zum Studienjahr 2009/2010 (ZulassungszahlenVO
höh. Fs.) vom 20. August 2009 (GV. NRW. 2009, 452, 477) in der Fassung der
Änderungsverordnung vom 3. Februar 2010 (GV. NRW. 2010, 76, 109) die Zahlen der
von der WWU Münster zum SS 2010 aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber
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für die vorklinischen und klinischen Fachsemester des Studiengangs Medizin wie folgt
festgesetzt:
1. klinisches Fachsemester 104 Studienplätze
5
2. klinisches Fachsemester 104 Studienplätze
6
3. klinisches Fachsemester 102 Studienplätze
7
4. klinisches Fachsemester 103 Studienplätze
8
5. und 6. klinisches Fachsemester insg. 202 Studienplätze
9
(Soll-Summe klinische FS. insgesamt:
615
10
1. vorklinisches Fachsemester 126 Studienplätze
11
2. vorklinisches Fachsemester 125 Studienplätze
12
3. vorklinisches Fachsemester 123 Studienplätze
13
4. vorklinisches Fachsemester 122 Studienplätze.
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Dem stehen nach Mitteilung der Antragsgegnerin (Schriftsatz vom 16. April 2010 im
gerichtlichen Leitverfahren Medizin SS 2010 9 Nc 1/10 ) folgende tatsächlichen
Einschreibungszahlen (Stand: 15. April 2010) gegenüber:
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1. klinisches Fachsemester 114 Studierende
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2. klinisches Fachsemester 131 Studierende
17
3. klinisches Fachsemester 123 Studierende
18
4. klinisches Fachsemester 139 Studierende
19
5. klinisches Fachsemester 110 Studierende und
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6. klinisches Fachsemester 140 Studierende
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(Ist-Summe klinische FS.:
757
22
1. vorklinisches Fachsemester 131 Studierende
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2. vorklinisches Fachsemester 130 Studierende
24
3. vorklinisches Fachsemester 125 Studierende und
25
4. vorklinisches Fachsemester 131 Studierende.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte dieses Verfahrens, des gerichtlichen Leitverfahrens des SS 2010 - 9 Nc
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1/10 -, des gerichtlichen Leitverfahrens des WS 2009/2010 – 9 Nc 255/09 - und der von
der Antragsgegnerin dort vorgelegten Kapazitätsunterlagen sowie der hierauf
bezogenen Erläuterungen (Medizin Studienjahr 2009/2010) verwiesen.
II.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat mangels glaubhaft gemachten
Anordnungsanspruchs keinen Erfolg.
29
A. Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegnerin zum SS 2010 im 1.
klinischen Fachsemester des Studiengangs Medizin über die festgesetzte
Zulassungszahl bzw. die tatsächlich - kapazitätsdeckend - vergebenen Plätze hinaus
ein freier Studienplatz zur Verfügung steht, der durch gerichtliche Entscheidung
vorläufig unter Beteiligung des Antragstellers vergeben werden könnte, § 123 Abs. 3
VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO.
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Das Gericht hat keinen Anlass daran zu zweifeln, dass die Studienplätze für die
klinischen Fachsemester des Studiengangs Medizin für das SS 2010 entsprechend den
Angaben der Antragsgegnerin vom 16. April 2010 besetzt sind. Durch diese
Besetzungszahlen, aus denen insgesamt eine Zahl von 757 in Anspruch genommener
Studienplätze im klinischen Abschnitt des dortigen Studiengangs Medizin folgt, wird die
für die klinischen Fachsemester insgesamt festgesetzte Aufnahmekapazität von 615 um
142 und damit um rund 23 v. H. überschritten. In Bezug auf das 1. klinische
Fachsemester beträgt die Überschreitung der Sollzahl von 104 mit einem Überhang von
10 nahezu 10 v.H.
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Bei dieser Sachlage ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, im Gegenteil fernliegend
und damit nicht glaubhaft gemacht, dass über die festzustellende Überlast, die
ersichtlich auf der in der geltenden ZulassungszahlenVO höh. Fs. (dort: § 3) erneut
bestimmten Studienfortführungsgarantie beruht, hinaus noch weitere Studienplätze des
1. klinischen Fachsemesters zur Verfügung stehen. Dies gilt um so mehr, als die von der
Antragsgegnerin zum WS 2009/2010 vorgelegten und das SS 2010 erfassenden
Kapazitätsberechnungsunterlagen, soweit sie sich auf die Aufnahmekapazität in den
klinischen Fachsemestern des Studiengangs Medizin der WWU Münster zum
Studienjahr 2009/2010 beziehen, bei summarischer Überprüfung und auch unter
Einbeziehung des Vortrags des Antragstellers keine methodischen oder gar
rechnerischen Fehler haben hervortreten lassen. Aus der dort vorgelegten
Kapazitätsermittlung des Ministeriums (zum Berechnungsstichtag 15. September 2009)
ergibt sich, dass die beanstandete Zulassungszahl sich aus der patientenbezogenen
Kapazität (§ 17 KapVO) ableitet. Rechtliche Bedenken gegen die Methodik zur
Ermittlung der patientenbezogenen Kapazität bestehen nicht; rechnerische Fehler sind
gleichfalls nicht ersichtlich. Die insoweit maßgeblichen kapazitätsrechtlich erheblichen
Daten – tagesbelegte Betten und Poliklinische Neuzugänge (§ 17 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1
und 2 KapVO) ergeben sich aus den verpflichtend geführten Statistiken des Klinikums,
dessen Daten keinen Anlass zu Zweifeln ergeben.
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Vgl. hierzu bereits OVG NRW, Beschluss vom 7. Februar 2008 – 13 C 148/07
u.a. (WWU Münster, Medizin, WS 2007/2008, 1. klin. Fs.).
33
Die sich hieraus ergebende jährliche Zulassungszahl von 209 hat das Ministerium
beanstandungsfrei mit 105 Studienplätzen für das WS 2009/2010 und 104 auf das SS
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2010 verteilt.
B. Ebenfalls nicht glaubhaft gemacht worden ist der Anordnungsanspruch, soweit er
sich hilfsweise auf das 4. oder ein niedrigeres vorklinisches Fachsemester bezieht.
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Es ist nicht zweifelhaft, dass auch die Studienplätze für die vorklinischen Fachsemester
des Studiengangs Medizin entsprechend den Angaben der Antragsgegnerin vom 16.
April 2010 besetzt sind. Durch diese Besetzungszahlen werden
Zulassungszahlenverordnungen
Zulassungszahlen
überschritten.
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a) Die festgesetzte Aufnahmekapazität von 126 Studienanfängerplätzen im
streitbetroffenen Studiengang entspricht dem Ergebnis der Überprüfung, die das Gericht
in den auf das Wintersemester 2009/2010 bezogenen Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes mit den Aktenzeichen 9 Nc 255/09 u.a. vorgenommen hat. Der
gerichtlichen Überprüfung lag dabei der Berechnungszeitraum des Studienjahres
2009/2010 zugrunde, der auch für das hier verfahrensbetroffene SS 2010 maßgeblich
ist, § 2 Abs. 2 KapVO.
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An den dortigen Beurteilungen (vgl. die rechtskräftig gewordenen Beschlüsse des
Gerichts vom 18. November 2009 – 9 Nc 255/09 - sowie etwa 9 Nc 307/09, veröffentlicht
in der Online-Datenbank www.nrwe.de) wird auch in dem nunmehr zur Entscheidung
stehenden Eilverfahren festgehalten. Das Vorbringen des Antragstellers zeigt auch
unter Einschluss der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des
Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-West-falen (OVG NRW) in
kapazitätsrechtlichen Verfahren der vorliegenden Art keine Umstände auf, die - gerade
auch bei der hier gegebenen Überschreitung der zum SS 2010 bestimmten
Zulassungszahl für Studienanfänger durch die tatsächlich erfolgten 131
Einschreibungen - eine abweichende Beurteilung rechtfertigen oder gar gebieten
könnten.
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b) Soweit der Antragsteller die vorläufige Zulassung zum 4., 3. oder 2. vorklinischen
Fachsemester begehrt, kann er damit ebenfalls nicht durchdringen.
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Die für die Bestimmung der Zulassungszahlen maßgebliche Kapazitätsverordnung
(KapVO) gilt gemäß deren § 22 Abs. 2 für die Festsetzung der Zulassungszahlen in den
höheren Fachsemestern (sog. Auffüllgrenzen) entsprechend.
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Das Gericht hat bereits in den auf das WS 2009/2010 bezogenen Eilverfahren (etwa
Beschluss vom 18. November 2009 - 9 Nc 307/09 -, rk.) die sich für das Studienjahr
2009/2010 (bei einer beanstandungsfrei zugrunde gelegten semesterlichen
Übergangsquote von 0,9865 entsprechend einem Schwundausgleichsfaktor von 1/0,98)
ergebenden jährlichen Studienplatzzahlen wie folgt festgestellt:
41
250 Studienplätze/Jahr für das 2. Fs.;
42
246 Studienplätze/Jahr für das 3. Fs. und
43
243 Studienplätze/Jahr für das 4. Fachsemester.
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Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf die Gründe zu II. jenes Beschlusses,
a.a.O., verwiesen.
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Diese Jahreskapazitäten hat das Ministerium ohne Beanstandung in der
ZulassungszahlenVO höh. Fs. dahingehend verteilt, dass auf das
SS 2010
sogar für dieses Semester günstig - folgende Auffüllgrenzen festgesetzt worden sind:
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2. vorklinisches Fachsemester: 125 Studienplätze
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3. vorklinisches Fachsemester: 123 Studienplätze und
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4. vorklinisches Fachsemester: 122 Studienplätze.
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Sie werden mit den tatsächlich erfolgten Einschreibungen (Rückmeldungen) in den
jeweiligen höheren vorklinischen Fachsemestern - sogar teilweise deutlich -
überschritten.
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Damit können auch für die vorklinischen Fachsemester des Studiengangs Medizin zum
SS 2010 keine gerichtlich zu vergebende Studienplätze festgestellt werden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG beruhende Festsetzung des Streitwertes
entspricht der Streitwertpraxis des OVG NRW in Eilverfahren der vorliegenden Art.
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