Urteil des VG Münster vom 16.05.2007

VG Münster: wirtschaftliche leistungsfähigkeit, satzung, stadt, vergnügungssteuer, unechte rückwirkung, europäisches recht, bekanntmachung, steuersatz, verbrauch, steuerfestsetzung

Verwaltungsgericht Münster, 9 K 770/03
Datum:
16.05.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 K 770/03
Tenor:
T a t b e s t a n d
Der Kläger befasst sich im Stadtgebiet von H. mit der Aufstellung von
Spielautomaten mit und ohne Gewinnmöglichkeit in einer Spielhalle.
Mit Jahressteuerbescheid vom 16. Januar 2003 zog der Beklagte den
Kläger für das Jahr 2003 zu Vergnügungssteuern für die in der T. S.------
T1. 21 aufgestellten acht Gewinnspielgeräte und vierzehn sonstigen
Apparate in Höhe von insgesamt 25.080,00 EUR heran.
Die Veranlagung erfolgte auf der Grundlage der im Amtsblatt der Stadt
H. vom 19. Dezember 2002 bekanntgemachten
Vergnügungssteuersatzung, die für Spielapparate, differenziert nach
Apparaten mit bzw. ohne Gewinnmöglichkeit und nach dem jeweiligen
Aufstellort, eine Besteuerung nach Stückzahl bestimmte. Wegen der
Einzelheiten der Beschlussfassung durch den Rat wird auf die vom
Beklagten zu den Gerichtsakten gereichten Unterlagen verwiesen.
Der Kläger legte gegen den Steuerbescheid unter dem 17. Januar 2003
Widerspruch mit der Begründung ein, die Vergnügungssteuer habe
erdrosselnde Wirkung.
Wegen der Aufstellung eines weiteren Unterhaltungsgerätes zum 1.
März 2003 änderte der Beklagte die Vergnügungssteuerfestsetzung mit
Bescheid vom 18. März 2003 entsprechend ab.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.
Februar 2003 zurück.
Der Kläger hat am 19. März 2003 Klage erhoben, mit der er sich
zunächst vollumfänglich gegen den Vergnügungssteuerbescheid vom
16. Januar 2003 gewandt hat.
Mit Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt H. vom 15. September 2005
machte der Beklagte unter der Überschrift ​ Die Bekanntmachung vom
19.12.2002 wird wie folgt berichtigt" die Satzung über die Erhebung von
Vergnügungssteuer in der Stadt H. unter der Bezeichnung
Vergnügungssteuersatzung vom 15.09.2005" mit dem Inhalt bekannt,
wie diese vom Rat der Stadt H. in seiner Sitzung vom 18. Dezember
2002 entsprechend der Empfehlung des Haupt- und Finanzausschusses
vom 4. Dezember 2002 und der dieser folgend entsprechend in der
Verwaltungsvorlage Nr. 405/2002 (Stand: 13.12.2002) als Synopse
dargestellten Fassung einstimmig beschlossen worden sei. Sie
bestimmt - wie die Bekanntmachung vom 19. Dezember 2002 - mit
Wirkung ab dem 1. Januar 2003 die Besteuerung von
Gewinnspielgeräten pauschal nach der Stückzahl mit einem Steuersatz
von 200,00 EUR/Monat bei Aufstellung in einer T. .
In seiner Sitzung vom 14. Dezember 2005 beschloss der Rat der Stadt
H. mit Blick auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts zur Besteuerung von Gewinnspielgeräten,
die Vergnügungssteuersatzung mit Rückwirkung auf das Steuerjahr
2003 zu ändern.
Nach Art. 1 dieser am 15. Dezember 2005 bekanntgemachten Satzung,
die sich auf die Vergnügungssteuersatzung ​vom 15.09.2005" als zu
ändernd bezieht, beträgt die Vergnügungssteuer rückwirkend ab dem 1.
Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2005 je Gewinnspielapparat und
angefangenem Kalendermonat in Spielhallen 12 v.H. des
Einspielergebnisses, höchstens 200,00 EUR, in Gaststätten und
anderen Orten 12 v.H. des Einspielergebnisses, höchstens 50,00
EUR/Monat.
Die Satzung bestimmt ferner in ihrem Art. 1, dass der Steuerschuldner
bei Apparaten mit Gewinnmöglichkeit verpflichtet ist, die Steuer selbst zu
errechnen. Für die Veranlagungszeiträume 2003, 2004 und 2005 ist der
Stadt bis zum 31.03.2006 eine Steueranmeldung nach amtlichem
Vordruck einzureichen. Die unbeanstandete Entgegennahme der
Steueranmeldung gilt als Steuerfestsetzung. Wird die Steuer nicht
innerhalb der Frist angemeldet, bleibt es bei den festgesetzten
Höchstbeträgen.
Der Kläger hat innerhalb der Frist keine Steueranmeldung für das
Steuerjahr 2003 vorgenommen.
Im Erörterungstermin vom 15. März 2006 hat er die Klage
zurückgenommen, soweit sich diese auch auf die Besteuerung von
Apparaten ohne Gewinnmöglichkeit bezogen hat.
Mit Bekanntmachung vom 1. März 2007 beschloss der Rat der Stadt H.
die 1. Änderung der Vergnügungssteuersatzung vom 15. Dezember
2005. Mit ihr wurde für die dortigen Artikel 1 und 2 das ​Einspielergebnis"
dahin definiert, dass hierunter der Betrag der elektronisch gezählten
Bruttokasse zu verstehen ist, der sich aus der elektronisch gezählten
Kasse zuzüglich Röhrenentnahme (sog. Fehlbetrag), abzüglich
Röhrenauffüllung, Falschgeld, Prüftestgeld und Fehlgeld errechnet.
Der Kläger vertieft seine Auffassung, die derzeitige
Vergnügungssteuersatzung der Stadt H. , soweit sie in ihrem Artikel 1
rückwirkend das Steuerjahr 2003 regele, sei schon deshalb fehlerhaft,
weil sie sich ändernd auf die Vergnügungssteuersatzung vom 15.
September 2005 (Berichtigungsbekanntmachung) beziehe, die der Rat
jedoch in dieser Form in seiner Sitzung vom 18. Dezember 2002 nicht
beschlossen habe. Ausweislich der Niederschrift über die Ratssitzung
vom 18. Dezember 2002 und der dortigen Anlage habe der Rat eine
Satzung beschlossen, die sich inhaltlich und im Aufbau deutlich von den
Bestimmungen unterscheide, auf die sich Artikel 1 beziehe. Für eine
nachgehende Genehmigung der Berichtigungsbekanntmachung (15.
September 2005) durch den Rat oder für in der Wirkung vergleichbare
Entscheidungen des Rates fehle es an hinreichenden Anhaltspunkten.
Die Satzung sei aber auch in der Sache zu beanstanden, insbesondere
hinsichtlich der Rückwirkungsanordnung, die gesetztes Vertrauen
verletze, ferner wegen fehlender Abwägung des Steuersatzes, der
erdrosselnde Wirkung habe und auch nicht auf die Spieler abgewälzt
werden könne.
Der Kläger beantragt nunmehr,
den Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 16. Januar 2003 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2003
aufzuheben, soweit hierdurch für das Steuerjahr 2003
Vergnügungssteuer für Spielapparate mit Gewinnmöglichkeit festgesetzt
worden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er tritt dem Vorbringen des Klägers im Einzelnen entgegen.
Insbesondere habe der Rat der Stadt in seiner Sitzung vom 18.
Dezember 2002 die Vergnügungssteuersatzung mit dem Inhalt
beschlossen, der zuvor vom Haupt- und Finanzausschuss empfohlen
worden sei. Die Verwaltungsvorlage für den Rat sei entsprechend der
Empfehlung des Ausschusses geändert gewesen. Der Niederschrift
über die Ratssitzung vom 18. Dezember 2002 sei wegen eines
Versehens eine unzutreffende Anlage beigefügt worden. Dieser Fehler,
aus dem sich auch die zunächst unzutreffende Bekanntmachung der
Satzung erkläre, sei durch die Berichtigungsbekanntmachung vom 15.
September 2005 verwaltungsseitig behoben worden. Hierauf bezögen
sich dann auch zutreffend die nachgehenden vom Rat beschlossenen
Satzungsänderungen. Die weiteren Angriffe des Klägers gingen
gleichfalls fehl.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf
den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge und Aufstellungsunterlagen des Beklagten, ferner
auf die vom Kläger vorgelegten Unterlagen Bezug genommen. Diese
sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Soweit der Kläger seine Klage zurückgenommen hat, nämlich wegen
der Festsetzung von Vergnügungssteuern für ​sonstige" Apparate, ist das
Verfahren einzustellen, § 92 Abs. 3 VwGO.
2. Die weitergehende Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Steuerbescheid des Beklagten vom 16. Januar 2003 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2003, soweit hierdurch
Vergnügungssteuern für Gewinnspielgeräte in der verfahrensbetroffenen
T. festgesetzt worden sind, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht
in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Grundlage für die Erhebung von auf das Steuerjahr 2003 bezogenen
Vergnügungssteuern für Apparate mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen
und sonstigen Aufstellorten der Stadt H. sind (nunmehr) die
Bestimmungen des Artikel 1 der Vergnügungssteuersatzung der Stadt H.
vom 15. Dezember 2005 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom
1. März 2007 (im Folgenden: VStS) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1
KAG. Diese Satzungsbestimmungen sind nach Art. 3 der Satzung
rückwirkend zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten und erfassen das hier
streitige Steuerjahr 2003 vollumfänglich.
Nach dieser Satzung beträgt die Vergnügungssteuer für
Gewinnspielgeräte in Spielhallen und ähnlichen Unternehmen 12 v.H.
des Einspielergebnisses, höchstens 200,00 EUR/ Apparat und Monat
(Art. 1 § 5 Abs. 2 VStS).
Einspielergebnis ist der Betrag der elektronisch gezählten Bruttokasse.
Dieser errechnet sich aus der elektronisch gezählten Kasse zuzüglich
Röhrenentnahme (sog. Fehlbetrag), abzüglich Röhrenauffüllung,
Falschgeld, Prüftestgeld und Fehlgeld (Art. 1 § 5 Abs. 1 VStS).
Die Satzung, soweit entscheidungserheblich, ist in formeller und
materieller Hinsicht im Ergebnis beanstandungsfrei und bildet damit die
wirksame Grundlage für die hier streitige Steuerfestsetzung.
Der Geltungsanspruch der Satzung in der derzeitigen, mit Rückwirkung
ab dem 1. Januar 2003 ausgestatteten Fassung von Art. 1
(Satzungsänderungen vom 15. Dezember 2005 und 1. März 2007) wird
im Ergebnis nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich deren
Regelungen auf die Vergnügungssteuersatzung ​vom 15.12.2005"
(Berichtigungsbekanntmachung) beziehen.
Allerdings ist auch unter Einschluss der vom Beklagten auf Anforderung
des Gerichts nachgebrachten Satzungsunterlagen nicht mit der
erforderlichen Sicherheit festzustellen, ob diese verwaltungsseitige
Berichtigungsbekanntmachung, mit der die als fehlerhaft angesehene
Bekanntmachung der Satzung vom 19. Dezember 2002 korrigiert
werden sollte, verfahrensrechtlich allein in der Lage gewesen ist,
nunmehr die Beschlussfassung des Rates in seiner Sitzung vom 18.
Dezember 2002 über die Vergnügungssteuersatzung ordnungsgemäß
bekannt zu machen und damit den nachfolgenden Änderungen des Art.
1 den gebotenen Normenbezug zu vermitteln.
Welchen Inhalt der Beschluss des Rates vom 18. Dezember 2002 hatte,
bestimmt sich zuvörderst aus der über diese Beschlussfassung
urkundlich gefertigten Niederschrift. Diese liegt dem Gericht vor. Nach
ihr (TOP 10.2 der Sitzung) hat der Rat auf der Grundlage der Vorlage Nr.
405/2002 die Vergnügungssteuersatzung in der in der Anlage
beigefügten Fassung einstimmig beschlossen. Die im Protokollbuch
enthaltene Anlage (dort: Anlage 14) gibt einen Satzungstext wieder, der
fünfzehn Paragraphen enthält und redaktionell eine weitgehende
Übereinstimmung mit dem Satzungstext aufweist, der unter der
Vorlagennummer 405/2002 mit dem Stand: 30.09.2002 als
Beschlussvorlage von der Verwaltung erarbeitet worden war. Allerdings
ging diese Vorlage noch von niedrigeren Steuersätzen für
Gewinnspielapparate (150,00 EUR bzw. 50,00 EUR) aus. § 5 dieser
Vorlage enthielt Regelungen zur Kartensteuer.
Die Regelungen in Art. 1 der am 14. Dezember 2005 vom Rat
beschlossenen Satzungsänderungen, insbesondere die dortigen
Änderungen und Ergänzungen zu § 5 Abs. 2, hätten damit keinen
sinnhaften Bezug.
Zwar mag vieles dafür sprechen, dass entsprechend dem Vortrag des
Beklagten die im Protokollbuch enthaltene Anlage 14 - und damit die
hieran anknüpfende Satzungsbekanntmachung vom 19. Dezember 2002
- den Inhalt der Beschlussfassung des Rates vom 18. Dezember 2002
nicht zutreffend wiedergibt, vielmehr auf einem Protokollfehler beruht.
Hierfür spricht, dass nach den vorgelegten Unterlagen die beabsichtigte
Vergnügungsbesteuerung am 4. Dezember 2002 im Haupt- und
Finanzausschuss beraten worden ist und dort wesentliche Änderungen
der Ratsvorlage 405/2002 empfohlen wurden, nämlich der Wegfall der
Vergnügungsbesteuerung von Tanzveranstaltungen und eine Anhebung
der Steuersätze für Gewinnspielgeräte in Spielhallen von 150,00 EUR
auf 200,00 EUR (neben einer Erhöhung des Steuersatzes für
Gewaltspielgeräte). Auch ergab sich hieraus eine wesentliche Änderung
der Paragraphenfolge. Die Änderungen sind sodann in eine Änderung
der Verwaltungsvorlage 405/2002 (Stand: 13.12.2002) mit einer
synoptischen Übersicht eingearbeitet worden.
Ob diese Vorlage diejenige gewesen ist, über die der Rat sodann in
seiner abschließenden Sitzung vom 18. Dezember 2002 beschlossen
hat, belegen die genannten Vorgänge allerdings nicht zweifelsfrei. Eine
Protokollberichtigung ist in der Folgezeit nicht vorgenommen worden.
Gleichwohl ist davon auszugehen, dass die Satzungsfassung
entsprechend der ​Berichtigungsbekanntmachung" vom 15. September
2005 dem auf das Steuerjahr 2003 bezogenen und in der
Beschlussfassung verbindlich zum Ausdruck gebrachten Willen des
Rates der Stadt H. zur Vergnügungsbesteuerung entspricht. Dies folgt
zur Überzeugung des Gerichts jedenfalls daraus, dass der Rat in seiner
Sitzung vom 14. Dezember 2005 - und nachfolgend erneut am 28.
Februar 2007 - mit seinen dort gefassten Satzungsbeschlüssen, die
ausdrücklich auf die Vergnügungssteuersatzung vom ​15.09.2005" (=
Datum der ​Berichtigungsbekanntmachung") Bezug nehmen und auch
deren Paragraphenfolge aufnehmen, diese
Berichtigungsbekanntmachung als das maßgebliche Ortsrecht jedenfalls
genehmigt und in seinen Willen aufgenommen hat. Jedenfalls hierdurch
ist hinreichend publik gemacht worden, dass diese
Vergnügungssteuersatzung (entsprechend auch der geänderten
Verwaltungsvorlage 405/2002) seiner Beschlussfassung vom 18.
Dezember 2002 entspricht.
Auch inhaltlich ist die Vergnügungssteuersatzung in ihrem Artikel 1
(Fassung der 1. Änderungssatzung vom 1. März 2007) nicht zu
beanstanden.
Ihr Erlass lag in der Normsetzungskompetenz der Stadt H. .
Gemäß Art. 105 Abs. 2a GG haben die Länder die Befugnis zur
Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern,
solange und so weit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern
gleichartig sind. Diese Besteuerungskompetenz und
Besteuerungsbefugnis hat der Landesgesetzgeber in Nordrhein-
Westfalen durch § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG NRW auf die Gemeinden
übertragen.
Die ​örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern" sind die Steuern, die Art.
105 Abs. 2 Nr. 1 GG a.F. als solche ​mit örtlich bedingtem Wirkungskreis"
definiert hatte. Die ​örtliche" Steuer ist also im Steuertatbestand auf den
örtlich bedingten Wirkungskreis beschränkt. Auch der Tatbestand der
Verbrauch- und Aufwandsteuern" hat in der Tradition des deutschen
Verfassungsrechts einen festen Inhalt gewonnen: Aufwandsteuern sind
Steuern auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen
Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit. Maßgebend für den Charakter einer Steuer als
Aufwandsteuer ist es, dass die in der Einkommensverwendung zum
Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit belastet werden
soll. Zu diesen Aufwandsteuern gehört traditionell die
Spielautomatensteuer, die als Steuer auf Spiel-, Musik- und ähnliche
Automaten wirtschaftlich den Aufwand des Spielers erfasst, der sich des
Automaten zu seinem Vergnügen bedient. Dabei gehört es zum
herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer als Aufwandsteuer, dass
sie steuertechnisch vom Geräteaufsteller erhoben und sodann von
diesem auf den Konsumenten überwälzt wird.
Gemäß Art. 105 Abs. 2a GG dürfen örtliche Aufwandsteuern
bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig sein. Dieses
Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG erfasst jedoch nicht die
herkömmlichen örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, selbst wenn
diese dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausschöpfen
wie Bundessteuern. Hierzu zählt die streitige Vergnügungssteuer.
Std. Rspr., vgl. etwa: BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2001 - 1 BvR 624/00
-, NVwZ 2001, 1264; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18. Oktober
2006 - 2 LB 11/04 -, Juris; BFH, Urteil vom 29. März 2006 - II R 59/04 -,
Juris; OVG NRW, Urteil vom 6. März 2007 - 14 A 608/05 -.
Soweit die hier streitige Satzung bei den Apparaten mit
Gewinnmöglichkeit die Besteuerung nach dem - dort rechtlich
beanstandungsfrei definierten - ​Einspielergebnis" bestimmt, wird
hierdurch der Charakter als örtliche Aufwandsteuer nicht in Frage
gestellt. Besteuert wird auch weiterhin das Vergnügen des einzelnen
Spielgastes. Die Steuer zielt nämlich auch mit diesem Steuermaßstab
darauf ab, die mit der Einkommensverwendung für ein Vergnügen zum
Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten,
unbeschadet dessen, dass der Veranstalter des Vergnügens
Steuerschuldner ist. Insoweit handelt es sich weiterhin um eine indirekte
Aufwandsteuer, die auf Abwälzbarkeit angelegt ist.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner neueren Rechtsprechung
Urteil vom 13. April 2005 - 10 C 5.04 -, BVerwGE 123, 218,
die bei den Einspielergebnissen von Spielapparaten mit
Gewinnmöglichkeit festzustellenden Unterschiede lediglich zum Anlass
genommen, den bislang bei der Vergnügungssteuer regelmäßig
verwendeten Stückzahlmaßstab bei Überschreitung einer näher
bezeichneten Schwankungsbreite im Geltungsbereich der jeweiligen
Satzung als mit Bundesrecht unvereinbar zu erklären, zugleich aber
klargestellt, dass den Kommunen bei der Ausgestaltung ihrer örtlichen
Vergnügungssteuersatzungen im Hinblick auf den rechtmäßig zu
wählenden Besteuerungsmaßstab nach wie vor ein weiter Spielraum
zustehe. Dieser Maßstab müsse vor dem Hintergrund der bei den
Spielapparaten mit Gewinnmöglichkeit eingetretenen technischen
Entwicklung lediglich einen engeren Bezug zum Vergnügungsaufwand
des Spielers aufweisen.
Eine Besteuerung, die an das Einspielergebnis, hier an die sog.
Bruttokasse, anknüpft, genügt diesen Anforderungen. Ein solcher
Steuermaßstab ist geeignet, den Vergnügungsaufwand des Spielers
ungleich wirklichkeitsnäher abzubilden als der bisherige
Stückzahlmaßstab. Sie wird damit nicht zu einer reinen
Automatensteuer.
Der Einordnung der Vergnügungssteuer in der hier in Rede stehenden
Ausformung als im Maßstab ​einspielorientiert" steht nicht das Erfordernis
entgegen, dass sie nach der Rechtsprechung auf die Überwälzbarkeit
auf den Spieler als ​Endverbraucher" angelegt sein muss.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2001 - 1 BvR 624/00 -, NVwZ 2001,
1264; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18. Oktober 2006, a.a.O.; VG
Minden, Urteil vom 17. Januar 2007 - 11 K 2291/06 -, NRWE; VG
Düsseldorf, Urteil vom 25. September 2006 - 25 K 4880/06 -, NRWE;
OVG NRW, Urteil vom 6. März 2007, a.a.O.
Dieses Erfordernis der Abwälzbarkeit bedeutet nicht, dass dem
Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten werden müsse, er
werde den als Steuer gezahlten Geldbetrag - etwa wie einen
durchlaufenden Posten - von der von der Steuernorm der Intention nach
als Steuerträger gemeinten Person (hier: dem Spieler) auch tatsächlich
ersetzt erhalten. Die Steuerüberwälzung ist, wie in der Rechtsprechung
geklärt ist, ein wirtschaftlicher Vorgang. Es ist dem Steuerschuldner
überlassen, den Steuerbetrag in die Kalkulation einzubeziehen und die
Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens trotz der Steuer zu wahren. Für
diese kalkulatorische Abwälzbarkeit genügt es, dass der
Steuerschuldner nach Einstellung der Steuer in seine Selbstkosten
durch geeignete Maßnahmen - etwa durch eine Umsatzsteigerung oder
durch Senkung sonstiger Kosten - die Wirtschaftlichkeit seines
Unternehmens aufrecht erhalten kann. Dabei ist nicht erforderlich, dass
die Steuerbelastung durch erhöhte Preise oder Entgelte weitergegeben
werden kann. Den Unternehmen bleibt die Möglichkeit, etwa durch
Auswahl geeigneter Standorte oder eine den Spieler ansprechende
Gestaltung und Ausstattung der Spielstätte auf eine Umsatzsteigerung
hinzuwirken und die Selbstkosten auf das unbedingt erforderliche Maß
zu beschränken, um so auch die Steuer erwirtschaften zu können.
Vgl.: BVerfG, Urteil vom 20. April 2004 - 1 BvR 905/00 -, GewArch 2004,
238; BFH, Urteil vom 29. März 2006 - II R 59/04 -, a.a.O.
Der Kläger zeigt nichts dafür auf, von diesen in der Rechtsprechung
herausgebildeten Grundsätzen abzuweichen. Eine Überwälzbarkeit in
jedem Fall, etwa bei unwirtschaftlicher Betriebsführung, ist aus
verfassungsrechtlicher Sicht nicht geboten.
Dass die Erhebung der Vergnügungssteuer nicht gegen europäisches
Recht verstößt, insbesondere nicht gegen Art. 33 der Richtlinie
77/388/EWG (6. EG- Richtlinie), die eine Einführung von Steuern
verbietet, sofern sie den Charakter einer Umsatzsteuer haben, ist durch
die Rechtsprechung geklärt.
Vgl. unter ausführlicher Darstellung der nach der Rechtsprechung des
EUGH, etwa Urteil vom 19. März 1991 - C 109/90 - entwickelten
Grundsätze: BVerwG, Urteil vom 22. Dezember 1999 - 11 CN 1/99 -,
BVerwGE 110, 237; OVG NRW, Beschluss vom 23. März 2006 - 14 A
4479/01 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 25. September 2006 - 25 K
4880/06 -; VG Minden, Urteil vom 17. Januar 2007 - 11 K 2291/06 -;
Beschluss des Gerichts vom 31. Oktober 2006 - 9 L 782/06 -; OVG NRW,
Urteil vom 6. März 2007, a.a.O..
Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Soweit der Kläger meint, die Satzung verstoße gegen Artikel 3 GG, weil
andere Veranstalter nicht oder geringer belastet werden, führt auch
dieser Einwand nicht zum Erfolg. Bei der Schaffung von Ermäßigungs-
und Befreiungstatbeständen bleibt dem Satzungsgeber unter Beachtung
des Gleichheitssatzes ein erheblicher Gestaltungsspielraum, vgl. OVG
NRW, Urteil vom 21. Februar 1996 - 22 A 5053/95 -.
Die in § 2 VStS von der Steuer freigestellten Veranstaltungen sind nicht
mit den Steuertatbeständen des § 5 VStS vergleichbar. Während die
Spielapparate mit Gewinnmöglichkeit in den in §§ 1 und 5 VStS
genannten Fällen ständig aufgestellt sind, handelt es sich bei den in § 2
genannten Veranstaltungen um solche mit deutlich minderer zeitlicher
Präsenz. Damit haben diese Veranstaltungen auch in Bezug auf das
zulässigerweise mitverfolgbare Besteuerungsziel, nämlich der
Eindämmung der Spielsucht, ein völlig anderes Gepräge.
Die Rüge des Klägers, die Satzung leide wegen fehlender - bzw. nicht
hinreichend dokumentierter - abwägender Berücksichtigung der
Interessen seiner Branche an einem zur Nichtigkeit führenden
Abwägungsmangel, geht fehl.
Wie aus der Ratsvorlage 360/2005 folgt, ist sich der Rat der Stadt H.
durchaus der wirtschaftlichen Bedeutung der Vergnügungssteuer für die
betroffenen Unternehmen im Stadtgebiet bewusst gewesen. Der Vorwurf
der Betreiber, die Steuer habe eine erdrosselnde Wirkung, ist ihm
präsent gewesen. Wenn sich der Rat vor diesem Hintergrund, auch in
Kenntnis der Verlautbarungen der kommunalen Spitzenverbände dazu,
bei welchen Steuersätzen die bisherigen - von der Gemeinde nicht als
erdrosselnd bewerteten - Steuereinnahmen weiterhin erzielt werden
können, für einen Steuersatz von 12 v.H. (für den Rückwirkungszeitraum
begrenzt auf den vorherigen, nach Stückzahl bemessenen
Pauschalbetrag als Höchstbetrag) entschieden hat, so ist dies, sollte
man dies überhaupt als Gültigkeitsvoraussetzung fordern, vom
Abwägungsvorgang her hinreichend. Genauerer Berechnungen dazu,
zu welchen konkreten Steuerbelastungen dieser Steuersatz -
abgesehen von der Maximalbesteuerung bei unterbleibender
Steueranmeldung - führen wird, bedurfte es jedenfalls nicht. Auch das
hierauf aufbauende Ergebnis, auf das sich die gerichtliche Prüfung
schwerpunktmäßig zu beziehen hat, ist rechtlich beanstandungsfrei. Der
Kläger hat nicht aufgezeigt, dass der Steuersatz von 12 v. H., begrenzt
für den Rückwirkungszeitraum auf die genannten Höchstbeträge, eine
gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoßende erdrosselnde Wirkung für einen
durchschnittlichen Betreiber im Stadtgebiet haben könnte. Die von ihm
mit Schriftsatz vom 23. September 2004 zum Verfahren gereichten
betriebswirtschaftlichen Zahlenwerke, die sich überwiegend auf das
Gesamtunternehmen mit den verschiedenen Standorten - auch
außerhalb Grevens - und den Zeitraum bis Ende 2003 beziehen,
belegen dieses nicht. Im Gegenteil weisen etwa die Gewinnangaben in
der Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 2003
(Gesamtbetrieb) einschließlich der dort angeführten Entnahmen, aber
auch die Angaben in der auf den Standort H. für das Jahr 2003
vorgelegten ​Chefübersicht" Betriebsergebnisse nach Kosten auf, die für
eine solche Erdrosselung auch ansatzweise nichts hergeben. Deshalb
besteht - auch unter Einschluss der Zahlenangaben aus dem Verfahren
9 K 808/03, die dem Klägervertreter bekannt sind - kein Anlass, von
Amts wegen weitere Ermittlungen über die wirtschaftlichen
Gegebenheiten der Branche im Stadtgebiet von H. anzustellen. Dies gilt
gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung des OVG
NRW (Urteil vom 6. März 2006, a.a.O.), das , wenn auch bezogen auf
eine Großstadt, einen Steuersatz von 13 v. H. als nicht erdrosselnd
bewertet hat. Dass die Zahl der Gewinnspielgeräte insgesamt bzw. die
Zahl gerade der Spielhallen in der Stadt H. infolge der hier streitigen
Steuer signifikant zurückgegangen sei, hat der Kläger selbst nicht
dargetan.
Die Steuersatzung durfte auch rückwirkend zum 1. Januar 2003
geändert werden. Der Kläger ist durch die streitige Satzung nicht etwa
rückwirkend erstmalig einer neuen Steuer unterworfen worden. Auch
wenn sich der Satzungsgeber nunmehr mit Blick auf das Urteil des
BVerwG vom 13. April 2005 gehalten gesehen hat, gegenüber dem
bisherigen Stückzahlmaßstab einen stärker auf den Aufwand des
Spielers bezogenen, nämlich den an das Einspielergebnis des
Apparates anknüpfenden Steuermaßstab zu bestimmen, bleibt diese
Steuer gleichwohl - wie ausgeführt - eine örtliche Aufwandsteuer i.S.v.
Art. 105 Abs. 2a GG.
Die rückwirkende Inkraftsetzung der Satzung ist auch sonst
beanstandungsfrei.
Gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot ist nicht
verstoßen worden. Es handelt sich hier mit der Rechtsprechung des
BVerfG um den Fall einer sog. unechten Rückwirkung bzw. einer
tatbestandlichen Rückanknüpfung, weil die Satzung auf vor
Bekanntmachung ins Werk gesetzte, aber noch nicht abgeschlossene
Sachverhalte, nämlich hier auf die noch nicht bestandskräftig
abgeschlossene Besteuerung der vom Kläger im Steuerjahr 2003
aufgestellten Geldspielgeräte, ändernd einwirkt. Dass das Steuerjahr
2003 im Zeitpunkt der Satzungsänderung bereits verstrichen war,
bedeutet allein noch keine echte Rückwirkung.
Vgl. zur Einordnung von Satzungsänderungen der vorliegenden Art als
zulässige unechte Rückwirkung etwa: OVG Schleswig-Holstein, Urteil
vom 18. Oktober 2006 - 2 LB 11/04 -; VG Köln, Beschluss vom 29.
August 2006 - 23 L 1070/06 -, NRWE; zur rückwirkenden Änderung von
(Hunde-)Steuersatzungen s. auch OVG NRW, Urteil vom 28. März 1996
- 22 A 5053/95 -;
Diese Rückwirkung ist zulässig. An der Gültigkeit der im Jahre 2003
ursprünglich geltenden Regelung über die Besteuerung der
Gewinnspielautomaten nach Stückzahl bestanden zumindest ganz
erhebliche Zweifel. Diese Zweifel sind durch den nunmehr bestimmten
Besteuerungsmaßstab beseitigt worden. Ein überwiegendes
schutzwürdiges Vertrauen des Klägers, dass diese
höchstwahrscheinlich ungültige Norm beibehalten würde, besteht nicht.
Ihm war bekannt, dass die Stadt H. auch nach der Aufhebung des
Vergnügungssteuergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen
Vergnügungssteuern erheben wollte. Deshalb konnte sich bei ihm kein
schutzwürdiges Vertrauen dahin bilden, wegen einer von den beteiligten
Spielhallenbetreibern und ihren Verbänden selbst angenommenen
Fehlerhaftigkeit des bisherigen Maßstabs von einer Abgabepflicht
überhaupt verschont zu bleiben. Er musste vielmehr auch für den
Rückwirkungszeitraum mit einer Steuerpflicht jedenfalls bis zu der Höhe
des bislang bestimmten Steuersatzes rechnen und konnte dies auch in
seine damalige betriebliche Kalkulation einstellen. Einer höheren
Steuerlast als der nach bisherigem Recht wird er nicht ausgesetzt, wie
aus der in der Satzung bestimmten Höchstbetragsregelung folgt.
Vgl. nunmehr ebenfalls ausdrücklich: OVG NRW, Urteil vom 6. März
2007 - 14 A 608/05 -.
Soweit der Beklagte die in dem angefochtenen Bescheid festgesetzte
Steuer für die Gewinnspielgeräte auch unter Geltung der rückwirkenden
Satzungsänderung betragsmäßig aufrecht erhalten hat, ohne etwa einen
neuen Abgabenbescheid mit derselben Steuerfestsetzung zu erlassen,
ist dies gleichfalls nicht rechtsverletzend. Der Kläger ist seiner aus Art. 1
§ 5 Abs. 2a VSTS folgenden Verpflichtung, die Steuer für den streitigen
Zeitraum selbst zu errechnen und dieser Steueranmeldung die
Zählwerksausdrucke der Apparate beizufügen, nicht nachgekommen.
Für diesen Fall bestimmt Art. 1 § 5 Abs. 2a letzter Satz VStS, dass es
dann bei den Höchstbeträgen aus Abs. 2 verbleibt. Auch diese
Regelung ist beanstandungsfrei. Der Satzungsgeber hat sich dabei im
Rahmen seiner Gestaltungsbefugnis, die ihm nach der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts (etwa Urteil vom 13. April 2005 - 10 C
5.04 -, Bl. 22 des amtlichen Umdrucks) auch weiterhin zusteht,
ersichtlich davon leiten lassen, dass ein Spielautomatenaufsteller, wenn
dies für ihn finanziell günstig ist, sicherlich von dem jetzt bestimmten
Steuersatz nach dem Einspielergebnis und dem daran angeknüpften
Anmeldeverfahren mit Nachweisvorlage Gebrauch machen wird.
Unterlässt er dies, so ist es in generalisierender und pauschalierender
Sicht nicht fehlsam anzunehmen, dass das Einspielergebnis seiner
Gewinnspielgeräte im streitigen Zeitraum jedenfalls zu keiner
niedrigeren Steuer als der führen würde, die in der Satzung für den
Rückwirkungszeitraum als Höchstbetrag bestimmt ist. Das ist unmittelbar
nachvollziehbar. Der Kläger ist dem trotz Erörterung in der mündlichen
Verhandlung auch nicht entgegengetreten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 2, 154 Abs. 1 VwGO,
die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§
167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
T a t b e s t a n d
1
Der Kläger befasst sich im Stadtgebiet von H. mit der Aufstellung von Spielautomaten
mit und ohne Gewinnmöglichkeit in einer Spielhalle.
2
Mit Jahressteuerbescheid vom 16. Januar 2003 zog der Beklagte den Kläger für das
Jahr 2003 zu Vergnügungssteuern für die in der T. S.------T1. 21 aufgestellten acht
Gewinnspielgeräte und vierzehn sonstigen Apparate in Höhe von insgesamt 25.080,00
EUR heran.
3
EUR heran.
Die Veranlagung erfolgte auf der Grundlage der im Amtsblatt der Stadt H. vom 19.
Dezember 2002 bekanntgemachten Vergnügungssteuersatzung, die für Spielapparate,
differenziert nach Apparaten mit bzw. ohne Gewinnmöglichkeit und nach dem jeweiligen
Aufstellort, eine Besteuerung nach Stückzahl bestimmte. Wegen der Einzelheiten der
Beschlussfassung durch den Rat wird auf die vom Beklagten zu den Gerichtsakten
gereichten Unterlagen verwiesen.
4
Der Kläger legte gegen den Steuerbescheid unter dem 17. Januar 2003 Widerspruch
mit der Begründung ein, die Vergnügungssteuer habe erdrosselnde Wirkung.
5
Wegen der Aufstellung eines weiteren Unterhaltungsgerätes zum 1. März 2003 änderte
der Beklagte die Vergnügungssteuerfestsetzung mit Bescheid vom 18. März 2003
entsprechend ab.
6
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2003
zurück.
7
Der Kläger hat am 19. März 2003 Klage erhoben, mit der er sich zunächst
vollumfänglich gegen den Vergnügungssteuerbescheid vom 16. Januar 2003 gewandt
hat.
8
Mit Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt H. vom 15. September 2005 machte der
Beklagte unter der Überschrift „ Die Bekanntmachung vom 19.12.2002 wird wie folgt
berichtigt" die Satzung über die Erhebung von Vergnügungssteuer in der Stadt H. unter
der Bezeichnung „Vergnügungssteuersatzung vom 15.09.2005" mit dem Inhalt bekannt,
wie diese vom Rat der Stadt H. in seiner Sitzung vom 18. Dezember 2002 entsprechend
der Empfehlung des Haupt- und Finanzausschusses vom 4. Dezember 2002 und der
dieser folgend entsprechend in der Verwaltungsvorlage Nr. 405/2002 (Stand:
13.12.2002) als Synopse dargestellten Fassung einstimmig beschlossen worden sei.
Sie bestimmt - wie die Bekanntmachung vom 19. Dezember 2002 - mit Wirkung ab dem
1. Januar 2003 die Besteuerung von Gewinnspielgeräten pauschal nach der Stückzahl
mit einem Steuersatz von 200,00 EUR/Monat bei Aufstellung in einer T. .
9
In seiner Sitzung vom 14. Dezember 2005 beschloss der Rat der Stadt H. mit Blick auf
die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur
Besteuerung von Gewinnspielgeräten, die Vergnügungssteuersatzung mit Rückwirkung
auf das Steuerjahr 2003 zu ändern.
10
Nach Art. 1 dieser am 15. Dezember 2005 bekanntgemachten Satzung, die sich auf die
Vergnügungssteuersatzung „vom 15.09.2005" als zu ändernd bezieht, beträgt die
Vergnügungssteuer rückwirkend ab dem 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2005 je
Gewinnspielapparat und angefangenem Kalendermonat in Spielhallen 12 v.H. des
Einspielergebnisses, höchstens 200,00 EUR, in Gaststätten und anderen Orten 12 v.H.
des Einspielergebnisses, höchstens 50,00 EUR/Monat.
11
Die Satzung bestimmt ferner in ihrem Art. 1, dass der Steuerschuldner bei Apparaten mit
Gewinnmöglichkeit verpflichtet ist, die Steuer selbst zu errechnen. Für die
Veranlagungszeiträume 2003, 2004 und 2005 ist der Stadt bis zum 31.03.2006 eine
Steueranmeldung nach amtlichem Vordruck einzureichen. Die unbeanstandete
Entgegennahme der Steueranmeldung gilt als Steuerfestsetzung. Wird die Steuer nicht
12
innerhalb der Frist angemeldet, bleibt es bei den festgesetzten Höchstbeträgen.
Der Kläger hat innerhalb der Frist keine Steueranmeldung für das Steuerjahr 2003
vorgenommen.
13
Im Erörterungstermin vom 15. März 2006 hat er die Klage zurückgenommen, soweit sich
diese auch auf die Besteuerung von Apparaten ohne Gewinnmöglichkeit bezogen hat.
14
Mit Bekanntmachung vom 1. März 2007 beschloss der Rat der Stadt H. die 1. Änderung
der Vergnügungssteuersatzung vom 15. Dezember 2005. Mit ihr wurde für die dortigen
Artikel 1 und 2 das „Einspielergebnis" dahin definiert, dass hierunter der Betrag der
elektronisch gezählten Bruttokasse zu verstehen ist, der sich aus der elektronisch
gezählten Kasse zuzüglich Röhrenentnahme (sog. Fehlbetrag), abzüglich
Röhrenauffüllung, Falschgeld, Prüftestgeld und Fehlgeld errechnet.
15
Der Kläger vertieft seine Auffassung, die derzeitige Vergnügungssteuersatzung der
Stadt H. , soweit sie in ihrem Artikel 1 rückwirkend das Steuerjahr 2003 regele, sei
schon deshalb fehlerhaft, weil sie sich ändernd auf die Vergnügungssteuersatzung vom
15. September 2005 (Berichtigungsbekanntmachung) beziehe, die der Rat jedoch in
dieser Form in seiner Sitzung vom 18. Dezember 2002 nicht beschlossen habe.
Ausweislich der Niederschrift über die Ratssitzung vom 18. Dezember 2002 und der
dortigen Anlage habe der Rat eine Satzung beschlossen, die sich inhaltlich und im
Aufbau deutlich von den Bestimmungen unterscheide, auf die sich Artikel 1 beziehe. Für
eine nachgehende Genehmigung der Berichtigungsbekanntmachung (15. September
2005) durch den Rat oder für in der Wirkung vergleichbare Entscheidungen des Rates
fehle es an hinreichenden Anhaltspunkten. Die Satzung sei aber auch in der Sache zu
beanstanden, insbesondere hinsichtlich der Rückwirkungsanordnung, die gesetztes
Vertrauen verletze, ferner wegen fehlender Abwägung des Steuersatzes, der
erdrosselnde Wirkung habe und auch nicht auf die Spieler abgewälzt werden könne.
16
Der Kläger beantragt nunmehr,
17
den Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 16. Januar 2003 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2003 aufzuheben, soweit hierdurch für das
Steuerjahr 2003 Vergnügungssteuer für Spielapparate mit Gewinnmöglichkeit
festgesetzt worden ist.
18
Der Beklagte beantragt,
19
die Klage abzuweisen.
20
Er tritt dem Vorbringen des Klägers im Einzelnen entgegen. Insbesondere habe der Rat
der Stadt in seiner Sitzung vom 18. Dezember 2002 die Vergnügungssteuersatzung mit
dem Inhalt beschlossen, der zuvor vom Haupt- und Finanzausschuss empfohlen worden
sei. Die Verwaltungsvorlage für den Rat sei entsprechend der Empfehlung des
Ausschusses geändert gewesen. Der Niederschrift über die Ratssitzung vom 18.
Dezember 2002 sei wegen eines Versehens eine unzutreffende Anlage beigefügt
worden. Dieser Fehler, aus dem sich auch die zunächst unzutreffende Bekanntmachung
der Satzung erkläre, sei durch die Berichtigungsbekanntmachung vom 15. September
2005 verwaltungsseitig behoben worden. Hierauf bezögen sich dann auch zutreffend
die nachgehenden vom Rat beschlossenen Satzungsänderungen. Die weiteren Angriffe
21
des Klägers gingen gleichfalls fehl.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Aufstellungsunterlagen
des Beklagten, ferner auf die vom Kläger vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
22
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
23
1. Soweit der Kläger seine Klage zurückgenommen hat, nämlich wegen der Festsetzung
von Vergnügungssteuern für „sonstige" Apparate, ist das Verfahren einzustellen, § 92
Abs. 3 VwGO.
24
2. Die weitergehende Klage ist zulässig, aber unbegründet.
25
Der Steuerbescheid des Beklagten vom 16. Januar 2003 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2003, soweit hierdurch Vergnügungssteuern
für Gewinnspielgeräte in der verfahrensbetroffenen T. festgesetzt worden sind, ist
rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
26
Grundlage für die Erhebung von auf das Steuerjahr 2003 bezogenen
Vergnügungssteuern für Apparate mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen und sonstigen
Aufstellorten der Stadt H. sind (nunmehr) die Bestimmungen des Artikel 1 der
Vergnügungssteuersatzung der Stadt H. vom 15. Dezember 2005 in der Fassung der 1.
Änderungssatzung vom 1. März 2007 (im Folgenden: VStS) in Verbindung mit § 2 Abs.
1 Satz 1 KAG. Diese Satzungsbestimmungen sind nach Art. 3 der Satzung rückwirkend
zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten und erfassen das hier streitige Steuerjahr 2003
vollumfänglich.
27
Nach dieser Satzung beträgt die Vergnügungssteuer für Gewinnspielgeräte in
Spielhallen und ähnlichen Unternehmen 12 v.H. des Einspielergebnisses, höchstens
200,00 EUR/ Apparat und Monat (Art. 1 § 5 Abs. 2 VStS).
28
Einspielergebnis ist der Betrag der elektronisch gezählten Bruttokasse. Dieser errechnet
sich aus der elektronisch gezählten Kasse zuzüglich Röhrenentnahme (sog.
Fehlbetrag), abzüglich Röhrenauffüllung, Falschgeld, Prüftestgeld und Fehlgeld (Art. 1 §
5 Abs. 1 VStS).
29
Die Satzung, soweit entscheidungserheblich, ist in formeller und materieller Hinsicht im
Ergebnis beanstandungsfrei und bildet damit die wirksame Grundlage für die hier
streitige Steuerfestsetzung.
30
Der Geltungsanspruch der Satzung in der derzeitigen, mit Rückwirkung ab dem 1.
Januar 2003 ausgestatteten Fassung von Art. 1 (Satzungsänderungen vom 15.
Dezember 2005 und 1. März 2007) wird im Ergebnis nicht dadurch in Frage gestellt,
dass sich deren Regelungen auf die Vergnügungssteuersatzung „vom 15.12.2005"
(Berichtigungsbekanntmachung) beziehen.
31
Allerdings ist auch unter Einschluss der vom Beklagten auf Anforderung des Gerichts
nachgebrachten Satzungsunterlagen nicht mit der erforderlichen Sicherheit
festzustellen, ob diese verwaltungsseitige Berichtigungsbekanntmachung, mit der die
32
als fehlerhaft angesehene Bekanntmachung der Satzung vom 19. Dezember 2002
korrigiert werden sollte, verfahrensrechtlich allein in der Lage gewesen ist, nunmehr die
Beschlussfassung des Rates in seiner Sitzung vom 18. Dezember 2002 über die
Vergnügungssteuersatzung ordnungsgemäß bekannt zu machen und damit den
nachfolgenden Änderungen des Art. 1 den gebotenen Normenbezug zu vermitteln.
Welchen Inhalt der Beschluss des Rates vom 18. Dezember 2002 hatte, bestimmt sich
zuvörderst aus der über diese Beschlussfassung urkundlich gefertigten Niederschrift.
Diese liegt dem Gericht vor. Nach ihr (TOP 10.2 der Sitzung) hat der Rat auf der
Grundlage der Vorlage Nr. 405/2002 die Vergnügungssteuersatzung in der in der
Anlage beigefügten Fassung einstimmig beschlossen. Die im Protokollbuch enthaltene
Anlage (dort: Anlage 14) gibt einen Satzungstext wieder, der fünfzehn Paragraphen
enthält und redaktionell eine weitgehende Übereinstimmung mit dem Satzungstext
aufweist, der unter der Vorlagennummer 405/2002 mit dem Stand: 30.09.2002 als
Beschlussvorlage von der Verwaltung erarbeitet worden war. Allerdings ging diese
Vorlage noch von niedrigeren Steuersätzen für Gewinnspielapparate (150,00 EUR bzw.
50,00 EUR) aus. § 5 dieser Vorlage enthielt Regelungen zur Kartensteuer.
33
Die Regelungen in Art. 1 der am 14. Dezember 2005 vom Rat beschlossenen
Satzungsänderungen, insbesondere die dortigen Änderungen und Ergänzungen zu § 5
Abs. 2, hätten damit keinen sinnhaften Bezug.
34
Zwar mag vieles dafür sprechen, dass entsprechend dem Vortrag des Beklagten die im
Protokollbuch enthaltene Anlage 14 - und damit die hieran anknüpfende
Satzungsbekanntmachung vom 19. Dezember 2002 - den Inhalt der Beschlussfassung
des Rates vom 18. Dezember 2002 nicht zutreffend wiedergibt, vielmehr auf einem
Protokollfehler beruht. Hierfür spricht, dass nach den vorgelegten Unterlagen die
beabsichtigte Vergnügungsbesteuerung am 4. Dezember 2002 im Haupt- und
Finanzausschuss beraten worden ist und dort wesentliche Änderungen der Ratsvorlage
405/2002 empfohlen wurden, nämlich der Wegfall der Vergnügungsbesteuerung von
Tanzveranstaltungen und eine Anhebung der Steuersätze für Gewinnspielgeräte in
Spielhallen von 150,00 EUR auf 200,00 EUR (neben einer Erhöhung des Steuersatzes
für Gewaltspielgeräte). Auch ergab sich hieraus eine wesentliche Änderung der
Paragraphenfolge. Die Änderungen sind sodann in eine Änderung der
Verwaltungsvorlage 405/2002 (Stand: 13.12.2002) mit einer synoptischen Übersicht
eingearbeitet worden.
35
Ob diese Vorlage diejenige gewesen ist, über die der Rat sodann in seiner
abschließenden Sitzung vom 18. Dezember 2002 beschlossen hat, belegen die
genannten Vorgänge allerdings nicht zweifelsfrei. Eine Protokollberichtigung ist in der
Folgezeit nicht vorgenommen worden.
36
Gleichwohl ist davon auszugehen, dass die Satzungsfassung entsprechend der
„Berichtigungsbekanntmachung" vom 15. September 2005 dem auf das Steuerjahr 2003
bezogenen und in der Beschlussfassung verbindlich zum Ausdruck gebrachten Willen
des Rates der Stadt H. zur Vergnügungsbesteuerung entspricht. Dies folgt zur
Überzeugung des Gerichts jedenfalls daraus, dass der Rat in seiner Sitzung vom 14.
Dezember 2005 - und nachfolgend erneut am 28. Februar 2007 - mit seinen dort
gefassten Satzungsbeschlüssen, die ausdrücklich auf die Vergnügungssteuersatzung
vom „15.09.2005" (= Datum der „Berichtigungsbekanntmachung") Bezug nehmen und
auch deren Paragraphenfolge aufnehmen, diese Berichtigungsbekanntmachung als das
37
maßgebliche Ortsrecht jedenfalls genehmigt und in seinen Willen aufgenommen hat.
Jedenfalls hierdurch ist hinreichend publik gemacht worden, dass diese
Vergnügungssteuersatzung (entsprechend auch der geänderten Verwaltungsvorlage
405/2002) seiner Beschlussfassung vom 18. Dezember 2002 entspricht.
Auch inhaltlich ist die Vergnügungssteuersatzung in ihrem Artikel 1 (Fassung der 1.
Änderungssatzung vom 1. März 2007) nicht zu beanstanden.
38
Ihr Erlass lag in der Normsetzungskompetenz der Stadt H. .
39
Gemäß Art. 105 Abs. 2a GG haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die
örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und so weit sie nicht
bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Diese Besteuerungskompetenz
und Besteuerungsbefugnis hat der Landesgesetzgeber in Nordrhein-Westfalen durch §
3 Abs. 1 Satz 1 KAG NRW auf die Gemeinden übertragen.
40
Die „örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern" sind die Steuern, die Art. 105 Abs. 2 Nr.
1 GG a.F. als solche „mit örtlich bedingtem Wirkungskreis" definiert hatte. Die „örtliche"
Steuer ist also im Steuertatbestand auf den örtlich bedingten Wirkungskreis beschränkt.
Auch der Tatbestand der „Verbrauch- und Aufwandsteuern" hat in der Tradition des
deutschen Verfassungsrechts einen festen Inhalt gewonnen: Aufwandsteuern sind
Steuern auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum
Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Maßgebend für den Charakter
einer Steuer als Aufwandsteuer ist es, dass die in der Einkommensverwendung zum
Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit belastet werden soll. Zu diesen
Aufwandsteuern gehört traditionell die Spielautomatensteuer, die als Steuer auf Spiel-,
Musik- und ähnliche Automaten wirtschaftlich den Aufwand des Spielers erfasst, der
sich des Automaten zu seinem Vergnügen bedient. Dabei gehört es zum
herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer als Aufwandsteuer, dass sie
steuertechnisch vom Geräteaufsteller erhoben und sodann von diesem auf den
Konsumenten überwälzt wird.
41
Gemäß Art. 105 Abs. 2a GG dürfen örtliche Aufwandsteuern bundesgesetzlich
geregelten Steuern nicht gleichartig sein. Dieses Gleichartigkeitsverbot des Art. 105
Abs. 2a GG erfasst jedoch nicht die herkömmlichen örtlichen Verbrauch- und
Aufwandsteuern, selbst wenn diese dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit
ausschöpfen wie Bundessteuern. Hierzu zählt die streitige Vergnügungssteuer.
42
Std. Rspr., vgl. etwa: BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2001 - 1 BvR 624/00 -, NVwZ 2001,
1264; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18. Oktober 2006 - 2 LB 11/04 -, Juris; BFH,
Urteil vom 29. März 2006 - II R 59/04 -, Juris; OVG NRW, Urteil vom 6. März 2007 - 14 A
608/05 -.
43
Soweit die hier streitige Satzung bei den Apparaten mit Gewinnmöglichkeit die
Besteuerung nach dem - dort rechtlich beanstandungsfrei definierten -
„Einspielergebnis" bestimmt, wird hierdurch der Charakter als örtliche Aufwandsteuer
nicht in Frage gestellt. Besteuert wird auch weiterhin das Vergnügen des einzelnen
Spielgastes. Die Steuer zielt nämlich auch mit diesem Steuermaßstab darauf ab, die mit
der Einkommensverwendung für ein Vergnügen zum Ausdruck kommende
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten, unbeschadet dessen, dass der
Veranstalter des Vergnügens Steuerschuldner ist. Insoweit handelt es sich weiterhin um
44
eine indirekte Aufwandsteuer, die auf Abwälzbarkeit angelegt ist.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner neueren Rechtsprechung
45
Urteil vom 13. April 2005 - 10 C 5.04 -, BVerwGE 123, 218,
46
die bei den Einspielergebnissen von Spielapparaten mit Gewinnmöglichkeit
festzustellenden Unterschiede lediglich zum Anlass genommen, den bislang bei der
Vergnügungssteuer regelmäßig verwendeten Stückzahlmaßstab bei Überschreitung
einer näher bezeichneten Schwankungsbreite im Geltungsbereich der jeweiligen
Satzung als mit Bundesrecht unvereinbar zu erklären, zugleich aber klargestellt, dass
den Kommunen bei der Ausgestaltung ihrer örtlichen Vergnügungssteuersatzungen im
Hinblick auf den rechtmäßig zu wählenden Besteuerungsmaßstab nach wie vor ein
weiter Spielraum zustehe. Dieser Maßstab müsse vor dem Hintergrund der bei den
Spielapparaten mit Gewinnmöglichkeit eingetretenen technischen Entwicklung lediglich
einen engeren Bezug zum Vergnügungsaufwand des Spielers aufweisen.
47
Eine Besteuerung, die an das Einspielergebnis, hier an die sog. Bruttokasse, anknüpft,
genügt diesen Anforderungen. Ein solcher Steuermaßstab ist geeignet, den
Vergnügungsaufwand des Spielers ungleich wirklichkeitsnäher abzubilden als der
bisherige Stückzahlmaßstab. Sie wird damit nicht zu einer reinen Automatensteuer.
48
Der Einordnung der Vergnügungssteuer in der hier in Rede stehenden Ausformung als
im Maßstab „einspielorientiert" steht nicht das Erfordernis entgegen, dass sie nach der
Rechtsprechung auf die Überwälzbarkeit auf den Spieler als „Endverbraucher" angelegt
sein muss.
49
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2001 - 1 BvR 624/00 -, NVwZ 2001, 1264; OVG
Schleswig-Holstein, Urteil vom 18. Oktober 2006, a.a.O.; VG Minden, Urteil vom 17.
Januar 2007 - 11 K 2291/06 -, NRWE; VG Düsseldorf, Urteil vom 25. September 2006 -
25 K 4880/06 -, NRWE; OVG NRW, Urteil vom 6. März 2007, a.a.O.
50
Dieses Erfordernis der Abwälzbarkeit bedeutet nicht, dass dem Steuerschuldner die
rechtliche Gewähr geboten werden müsse, er werde den als Steuer gezahlten
Geldbetrag - etwa wie einen durchlaufenden Posten - von der von der Steuernorm der
Intention nach als Steuerträger gemeinten Person (hier: dem Spieler) auch tatsächlich
ersetzt erhalten. Die Steuerüberwälzung ist, wie in der Rechtsprechung geklärt ist, ein
wirtschaftlicher Vorgang. Es ist dem Steuerschuldner überlassen, den Steuerbetrag in
die Kalkulation einzubeziehen und die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens trotz der
Steuer zu wahren. Für diese kalkulatorische Abwälzbarkeit genügt es, dass der
Steuerschuldner nach Einstellung der Steuer in seine Selbstkosten durch geeignete
Maßnahmen - etwa durch eine Umsatzsteigerung oder durch Senkung sonstiger Kosten
- die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens aufrecht erhalten kann. Dabei ist nicht
erforderlich, dass die Steuerbelastung durch erhöhte Preise oder Entgelte
weitergegeben werden kann. Den Unternehmen bleibt die Möglichkeit, etwa durch
Auswahl geeigneter Standorte oder eine den Spieler ansprechende Gestaltung und
Ausstattung der Spielstätte auf eine Umsatzsteigerung hinzuwirken und die
Selbstkosten auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken, um so auch die
Steuer erwirtschaften zu können.
51
Vgl.: BVerfG, Urteil vom 20. April 2004 - 1 BvR 905/00 -, GewArch 2004, 238; BFH,
52
Urteil vom 29. März 2006 - II R 59/04 -, a.a.O.
Der Kläger zeigt nichts dafür auf, von diesen in der Rechtsprechung herausgebildeten
Grundsätzen abzuweichen. Eine Überwälzbarkeit in jedem Fall, etwa bei
unwirtschaftlicher Betriebsführung, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht geboten.
53
Dass die Erhebung der Vergnügungssteuer nicht gegen europäisches Recht verstößt,
insbesondere nicht gegen Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG (6. EG- Richtlinie), die eine
Einführung von Steuern verbietet, sofern sie den Charakter einer Umsatzsteuer haben,
ist durch die Rechtsprechung geklärt.
54
Vgl. unter ausführlicher Darstellung der nach der Rechtsprechung des EUGH, etwa
Urteil vom 19. März 1991 - C 109/90 - entwickelten Grundsätze: BVerwG, Urteil vom 22.
Dezember 1999 - 11 CN 1/99 -, BVerwGE 110, 237; OVG NRW, Beschluss vom 23.
März 2006 - 14 A 4479/01 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 25. September 2006 - 25 K
4880/06 -; VG Minden, Urteil vom 17. Januar 2007 - 11 K 2291/06 -; Beschluss des
Gerichts vom 31. Oktober 2006 - 9 L 782/06 -; OVG NRW, Urteil vom 6. März 2007,
a.a.O..
55
Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
56
Soweit der Kläger meint, die Satzung verstoße gegen Artikel 3 GG, weil andere
Veranstalter nicht oder geringer belastet werden, führt auch dieser Einwand nicht zum
Erfolg. Bei der Schaffung von Ermäßigungs- und Befreiungstatbeständen bleibt dem
Satzungsgeber unter Beachtung des Gleichheitssatzes ein erheblicher
Gestaltungsspielraum, vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 1996 - 22 A 5053/95 - .
57
Die in § 2 VStS von der Steuer freigestellten Veranstaltungen sind nicht mit den
Steuertatbeständen des § 5 VStS vergleichbar. Während die Spielapparate mit
Gewinnmöglichkeit in den in §§ 1 und 5 VStS genannten Fällen ständig aufgestellt sind,
handelt es sich bei den in § 2 genannten Veranstaltungen um solche mit deutlich
minderer zeitlicher Präsenz. Damit haben diese Veranstaltungen auch in Bezug auf das
zulässigerweise mitverfolgbare Besteuerungsziel, nämlich der Eindämmung der
Spielsucht, ein völlig anderes Gepräge.
58
Die Rüge des Klägers, die Satzung leide wegen fehlender - bzw. nicht hinreichend
dokumentierter - abwägender Berücksichtigung der Interessen seiner Branche an einem
zur Nichtigkeit führenden Abwägungsmangel, geht fehl.
59
Wie aus der Ratsvorlage 360/2005 folgt, ist sich der Rat der Stadt H. durchaus der
wirtschaftlichen Bedeutung der Vergnügungssteuer für die betroffenen Unternehmen im
Stadtgebiet bewusst gewesen. Der Vorwurf der Betreiber, die Steuer habe eine
erdrosselnde Wirkung, ist ihm präsent gewesen. Wenn sich der Rat vor diesem
Hintergrund, auch in Kenntnis der Verlautbarungen der kommunalen Spitzenverbände
dazu, bei welchen Steuersätzen die bisherigen - von der Gemeinde nicht als
erdrosselnd bewerteten - Steuereinnahmen weiterhin erzielt werden können, für einen
Steuersatz von 12 v.H. (für den Rückwirkungszeitraum begrenzt auf den vorherigen,
nach Stückzahl bemessenen Pauschalbetrag als Höchstbetrag) entschieden hat, so ist
dies, sollte man dies überhaupt als Gültigkeitsvoraussetzung fordern, vom
Abwägungsvorgang her hinreichend. Genauerer Berechnungen dazu, zu welchen
konkreten Steuerbelastungen dieser Steuersatz - abgesehen von der
60
Maximalbesteuerung bei unterbleibender Steueranmeldung - führen wird, bedurfte es
jedenfalls nicht. Auch das hierauf aufbauende Ergebnis, auf das sich die gerichtliche
Prüfung schwerpunktmäßig zu beziehen hat, ist rechtlich beanstandungsfrei. Der Kläger
hat nicht aufgezeigt, dass der Steuersatz von 12 v. H., begrenzt für den
Rückwirkungszeitraum auf die genannten Höchstbeträge, eine gegen Art. 12 Abs. 1 GG
verstoßende erdrosselnde Wirkung für einen durchschnittlichen Betreiber im Stadtgebiet
haben könnte. Die von ihm mit Schriftsatz vom 23. September 2004 zum Verfahren
gereichten betriebswirtschaftlichen Zahlenwerke, die sich überwiegend auf das
Gesamtunternehmen mit den verschiedenen Standorten - auch außerhalb Grevens -
und den Zeitraum bis Ende 2003 beziehen, belegen dieses nicht. Im Gegenteil weisen
etwa die Gewinnangaben in der Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr
2003 (Gesamtbetrieb) einschließlich der dort angeführten Entnahmen, aber auch die
Angaben in der auf den Standort H. für das Jahr 2003 vorgelegten „Chefübersicht"
Betriebsergebnisse nach Kosten auf, die für eine solche Erdrosselung auch
ansatzweise nichts hergeben. Deshalb besteht - auch unter Einschluss der
Zahlenangaben aus dem Verfahren 9 K 808/03, die dem Klägervertreter bekannt sind -
kein Anlass, von Amts wegen weitere Ermittlungen über die wirtschaftlichen
Gegebenheiten der Branche im Stadtgebiet von H. anzustellen. Dies gilt gerade vor dem
Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung des OVG NRW (Urteil vom 6. März 2006,
a.a.O.), das , wenn auch bezogen auf eine Großstadt, einen Steuersatz von 13 v. H. als
nicht erdrosselnd bewertet hat. Dass die Zahl der Gewinnspielgeräte insgesamt bzw.
die Zahl gerade der Spielhallen in der Stadt H. infolge der hier streitigen Steuer
signifikant zurückgegangen sei, hat der Kläger selbst nicht dargetan.
Die Steuersatzung durfte auch rückwirkend zum 1. Januar 2003 geändert werden. Der
Kläger ist durch die streitige Satzung nicht etwa rückwirkend erstmalig einer neuen
Steuer unterworfen worden. Auch wenn sich der Satzungsgeber nunmehr mit Blick auf
das Urteil des BVerwG vom 13. April 2005 gehalten gesehen hat, gegenüber dem
bisherigen Stückzahlmaßstab einen stärker auf den Aufwand des Spielers bezogenen,
nämlich den an das Einspielergebnis des Apparates anknüpfenden Steuermaßstab zu
bestimmen, bleibt diese Steuer gleichwohl - wie ausgeführt - eine örtliche
Aufwandsteuer i.S.v. Art. 105 Abs. 2a GG.
61
Die rückwirkende Inkraftsetzung der Satzung ist auch sonst beanstandungsfrei.
62
Gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot ist nicht verstoßen worden. Es
handelt sich hier mit der Rechtsprechung des BVerfG um den Fall einer sog. unechten
Rückwirkung bzw. einer tatbestandlichen Rückanknüpfung, weil die Satzung auf vor
Bekanntmachung ins Werk gesetzte, aber noch nicht abgeschlossene Sachverhalte,
nämlich hier auf die noch nicht bestandskräftig abgeschlossene Besteuerung der vom
Kläger im Steuerjahr 2003 aufgestellten Geldspielgeräte, ändernd einwirkt. Dass das
Steuerjahr 2003 im Zeitpunkt der Satzungsänderung bereits verstrichen war, bedeutet
allein noch keine echte Rückwirkung.
63
Vgl. zur Einordnung von Satzungsänderungen der vorliegenden Art als zulässige
unechte Rückwirkung etwa: OVG Schleswig- Holstein, Urteil vom 18. Oktober 2006 - 2
LB 11/04 -; VG Köln, Beschluss vom 29. August 2006 - 23 L 1070/06 -, NRWE; zur
rückwirkenden Änderung von (Hunde-)Steuersatzungen s. auch OVG NRW, Urteil vom
28. März 1996 - 22 A 5053/95 -;
64
Diese Rückwirkung ist zulässig. An der Gültigkeit der im Jahre 2003 ursprünglich
65
geltenden Regelung über die Besteuerung der Gewinnspielautomaten nach Stückzahl
bestanden zumindest ganz erhebliche Zweifel. Diese Zweifel sind durch den nunmehr
bestimmten Besteuerungsmaßstab beseitigt worden. Ein überwiegendes
schutzwürdiges Vertrauen des Klägers, dass diese höchstwahrscheinlich ungültige
Norm beibehalten würde, besteht nicht. Ihm war bekannt, dass die Stadt H. auch nach
der Aufhebung des Vergnügungssteuergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen
Vergnügungssteuern erheben wollte. Deshalb konnte sich bei ihm kein schutzwürdiges
Vertrauen dahin bilden, wegen einer von den beteiligten Spielhallenbetreibern und
ihren Verbänden selbst angenommenen Fehlerhaftigkeit des bisherigen Maßstabs von
einer Abgabepflicht überhaupt verschont zu bleiben. Er musste vielmehr auch für den
Rückwirkungszeitraum mit einer Steuerpflicht jedenfalls bis zu der Höhe des bislang
bestimmten Steuersatzes rechnen und konnte dies auch in seine damalige betriebliche
Kalkulation einstellen. Einer höheren Steuerlast als der nach bisherigem Recht wird er
nicht ausgesetzt, wie aus der in der Satzung bestimmten Höchstbetragsregelung folgt.
Vgl. nunmehr ebenfalls ausdrücklich: OVG NRW, Urteil vom 6. März 2007 - 14 A 608/05
-.
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Soweit der Beklagte die in dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Steuer für die
Gewinnspielgeräte auch unter Geltung der rückwirkenden Satzungsänderung
betragsmäßig aufrecht erhalten hat, ohne etwa einen neuen Abgabenbescheid mit
derselben Steuerfestsetzung zu erlassen, ist dies gleichfalls nicht rechtsverletzend. Der
Kläger ist seiner aus Art. 1 § 5 Abs. 2a VSTS folgenden Verpflichtung, die Steuer für den
streitigen Zeitraum selbst zu errechnen und dieser Steueranmeldung die
Zählwerksausdrucke der Apparate beizufügen, nicht nachgekommen. Für diesen Fall
bestimmt Art. 1 § 5 Abs. 2a letzter Satz VStS, dass es dann bei den Höchstbeträgen aus
Abs. 2 verbleibt. Auch diese Regelung ist beanstandungsfrei. Der Satzungsgeber hat
sich dabei im Rahmen seiner Gestaltungsbefugnis, die ihm nach der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts (etwa Urteil vom 13. April 2005 - 10 C 5.04 -, Bl. 22 des
amtlichen Umdrucks) auch weiterhin zusteht, ersichtlich davon leiten lassen, dass ein
Spielautomatenaufsteller, wenn dies für ihn finanziell günstig ist, sicherlich von dem jetzt
bestimmten Steuersatz nach dem Einspielergebnis und dem daran angeknüpften
Anmeldeverfahren mit Nachweisvorlage Gebrauch machen wird. Unterlässt er dies, so
ist es in generalisierender und pauschalierender Sicht nicht fehlsam anzunehmen, dass
das Einspielergebnis seiner Gewinnspielgeräte im streitigen Zeitraum jedenfalls zu
keiner niedrigeren Steuer als der führen würde, die in der Satzung für den
Rückwirkungszeitraum als Höchstbetrag bestimmt ist. Das ist unmittelbar
nachvollziehbar. Der Kläger ist dem trotz Erörterung in der mündlichen Verhandlung
auch nicht entgegengetreten.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 2, 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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