Urteil des VG Minden vom 05.12.2005

VG Minden: schiedsstelle, innere medizin, genehmigung, vollstreckung, budget, gerichtsakte, anfechtungsklage, vollstreckbarkeit, abrechnung, sicherheitsleistung

Verwaltungsgericht Minden, 3 K 4037/03
Datum:
05.12.2005
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 K 4037/03
Tenor:
Der Bescheid der Beklagten vom 26. März 2003 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen
Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Das Urteil ist
hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird
nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin
vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
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Hinsichtlich der Vorgeschichte des vorliegenden Verwaltungsrechtsstreits verweist die
Kammer zunächst auf den Tatbestand des im Verfahren - 3 K 3627/02 - ergangenen
Urteils vom selben Tage.
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Mit Schreiben vom 02. Dezember 2002 beantragte die Beigeladene zu 1. für die
Sozialleistungsträger beim Vorsitzenden der Schiedsstelle -KHG- Westfalen-Lippe, ein
Schiedsstellenverfahren gegen die Klägerin einzuleiten. Zur Begründung wiederholte
sie im Wesentlichen die Erwägungen aus dem Antrag vom 17. Dezember 2001 und
führte ergänzend an, dass - mit Blick auf die Versagung der Genehmigung durch die
Beklagte mit Bescheid vom 28. Oktober 2002 - die Schiedsstelle nunmehr nach § 20
Abs. 3 der Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze
(Bundespflegesatzverordnung - BPflV) verpflichtet sei, unter Beachtung der
Rechtsauffassung der Genehmigungsbehörde erneut zu entscheiden. Unter dem 17.
Dezember 2002 trug die Beigeladene zu 1. zusätzlich vor, eine neue
Pflegesatzvereinbarung sei erforderlich, da gemäß § 21 Abs. 1 BPflV die letzen
genehmigten Pflegesätze so lange ihre Gültigkeit behielten, bis eine neue
Pflegesatzvereinbarung abgeschlossen und genehmigt sei. Dies bedeute, dass die
Klägerin den nicht versorgungsauftragskonformen Pflegesatz teilstationäre
Strahlenheilkunde weiterhin abrechnen könne. Neben den rechtlichen Aspekten
zwängen auch wirtschaftliche Interessen die Sozialleistungsträger, eine Entscheidung
der Schiedsstelle, die die Rechtsauffassung der Genehmigungsbehörde berücksichtige,
zu beantragen. Bei Fortführung der nicht rechtskonformen Abrechnung teilstationärer
onkologischer Leistungen drohten nämlich Schadensersatzansprüche niedergelassener
Ärzte, die sich insoweit auf einen Einnahmeausfall als Folge ausbleibender Patienten
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berufen könnten.
Am 08. Januar 2003 setzte die Schiedsstelle-KHG Westfalen-Lippe - abweichend von
ihrer am 27. Juni 2002 getroffenen Entscheidung - für den Pflegesatzzeitraum 01.
Januar bis 31. Dezember 2001 das Budget nach K 5 Nr. 9 der LKA auf 64.900.148 DM
sowie das Budget nach K 5 Nr. 12 der LKA auf 51.880.579 DM fest und legte dabei die
Leistungstruktur zugrunde, welche bis einschließlich 1999 bestanden hatte. Zur
Begründung führte die Schiedsstelle an, dass sie nach § 20 Abs. 3 BPflV verpflichtet
sei, nunmehr in Übereinstimmung mit der materiell-rechtlichen Auffassung der
Genehmigungsbehörde zu entscheiden. Dass sie deren Auffassung nicht teile und die
Gründe hierfür in der vorangegangenen Entscheidung dargelegt habe, sei aus
verfahrensrechtlichen Gründen ohne Bedeutung. Bei Zugrundelegung der Auffassung,
die die Genehmigungsbehörde vertrete, habe dem Antrag der Sozialleistungsträger
entsprochen werden müssen.
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Unter dem 14. Februar 2003 stellte die Beigeladene zu 1. für die Sozialleistungsträger
bei der Beklagten einen Antrag auf Genehmigung der Pflegesätze für das Jahr 2001 auf
Grundlage der Entscheidung der Schiedsstelle-KHG Westfalen-Lippe vom 08. Januar
2003.
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Mit Bescheid vom 26. März 2003 genehmigte die Beklagte die Entscheidung der
Schiedsstelle-KHG Westfalen-Lippe. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass die
Genehmigung zu erteilen gewesen sei, da die Schiedsstellenentscheidung nach ihrer
rechtlichen Prüfung keine Beanstandungen ergeben habe. Diese trage - mit Blick auf §
20 Abs. 3 BPflV - insbesondere der im Ablehnungsbescheid vom 28. Oktober 2002
dargelegten Rechtsauffassung Rechnung.
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Hiergegen hat die Klägerin am 24. April 2003 Klage erhoben. Sie beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 26. März 2003 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte,
die Verfahrensakte - 3 K 3627/02 - sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (2
Hefte) Bezug genommen. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
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Die als Anfechtungsklage statthafte Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid der
Beklagten vom 26. März 2003 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten
(§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn mit ihm wird der auf der Entscheidung der
Schiedsstelle-KHG Westfalen-Lippe vom 08. Januar 2003 beruhende Pflegesatz für den
Pflegesatzzeitraum 01. Januar bis 31. Dezember 2001 genehmigt, obwohl die
Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 1 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung
der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze
(Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG) nicht erfüllt sind. Die seitens der
Schiedsstelle am 08. Januar 2003 getroffene Entscheidung ist rechtsfehlerhaft, da diese
zu Unrecht von der Festsetzung eines teilstationären Pflegesatzes der Abteilung Innere
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Medizin abgesehen hat, obwohl dieses von der Klägerin beansprucht werden kann.
Wegen der weiteren Begründung hierzu nimmt die Kammer auf ihre entsprechenden
Ausführungen im Urteil vom selben Tage im Verfahren - 3 K 3627/02 - Bezug.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711
ZPO. Das Gericht hat etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen nicht für
erstattungsfähig erklärt, weil diese keinen Sachantrag gestellt und damit kein
Kostenrisiko übernommen haben (§ 154 Abs. 3 VwGO).
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