Urteil des VG Minden vom 30.07.2008

VG Minden: erneuerung, stadt, abwasseranlage, ersetzung, anschluss, grundstück, bestandteil, zustand, sammelleitung, sondervorteil

Verwaltungsgericht Minden, 11 K 888/08
Datum:
30.07.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 K 888/08
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht zuvor in
gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand:
1
Der Kläger ist Teileigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks "H.------
straße 7" (Flur 5 Flurstück 132) in der Gemarkung E. der Stadt N. . Er wendet sich gegen
die Heranziehung zu Kosten für die Erneuerung eines Regenwasseranschlusses an
sein Grundstück durch die Stadt N. im Jahre 2005. Die Beklagte ist eine
eigenbetriebsähnliche Einrichtung der Stadt N. , die seit dem 1.1.2007 Aufgaben der
Abwasserwirtschaft für die Stadt N. wahrnimmt.
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Bei den Häusern an der "H1.-----straße " handelt es sich um eine ehemalige
Bergmannssiedlung. Die Bebauung an der Straße entstand um ca. 1938. Das
Regenwasser der nördlich der "H1.-----straße " gelegenen Grundstücke wird seit 1938 in
einen Regenwasserkanal eingeleitet, der nach der zum 1.1.1973 durchgeführten
Gebietsreform und Angliederung der ehemals selbständigen Gemeinde E. im
Kanalbestandsverzeichnis der Stadt N. als öffentlicher Regenwassersammler geführt
wird. Die südlich der "H1.----- straße " gelegenen Grundstücke - zu denen auch das
Grundstück des Klägers gehört - leiteten das Regenwasser zunächst in einen auf ihren
Grundstücken privat verlegten Kanal. Ob dieser eine Verbindung zu dem im
Bestandsverzeichnis als öffentlicher Regenwassersammler geführten Kanal an der
Nordseite der H1.-----straße hat, ist unklar. Mitte der 50er-Jahre entschlossen sich
zumindest zwei Grundstückseigentümer von an der Südseite der "H1.----- straße "
gelegenen Grundstücken ihr Grundstück ebenfalls in Eigeninitiative an den an der
Nordseite der "H1.-----straße " gelegenen Regenwassersammler anzuschließen. Ca.
1974/1975 wurde in der "H1.-----straße " eine öffentliche Schmutzwasserleitung verlegt,
an die sämtliche an der H1.-----straße gelegenen Grundstücke angeschlossen sind.
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Der in der "H1.-----straße " im nördlichen Bereich verlegte Regenwasserkanal wurde im
Jahr 1994 mittels Kanalfernauge untersucht. Hierbei wurden nach Angaben der
Beklagten erhebliche Mängel festgestellt. Im Abwasserbeseitigungskonzept der Stadt N.
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wurde deshalb die Erneuerung des Regenwasserkanals vorgesehen. Im Vorfeld des im
Jahre 2005 erfolgten Straßenausbaus der H1.-----straße erneuerte die Stadt N. den
vorhandenen Regenwasserkanal sowie die Grundstücksanschlussleitungen. Auf diese
Maßnahme und eventuell entstehende Kosten durch die Sanierung der
Grundstücksanschlussleitungen wurden die Anlieger in einem Schreiben der Stadt N.
vom 21.09.2004 hingewiesen. Die Fertigstellung des neuen Regenwasserkanals und
der Grundstücksanschlüsse erfolgte im April 2005. Im Rahmen des anschließend
erfolgten Straßenausbaus wurde die Fahrstrecke der "H1.-----straße " in zwei Teile
geteilt. Die beiden Fahrstrecken werden durch eine Ruhezone unterbrochen, auf der
sich u.a. ein Spielplatz und Sitzbänke befinden.
Mit Bescheid vom 09.03.2007 stellte die Beklagte dem Kläger für die Herstellung eines
Anschlusses an den Regenwasserkanal einen Betrag i.H.v. 1.210,00 EUR in
Rechnung.
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Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 03.04.2007 Widerspruch ein und trug zur
Begründung vor: Die "H1.-----straße " sei in zwei Fahrstrecken und eine Spielplatzfläche
aufgeteilt. In beiden Fahrstrecken seien vor den Straßenarbeiten Abflussrohre verlaufen,
die das Wasser der Grundstücke aufnahmen. Die Restauration bzw. Erneuerung der
Leitung im oberen Bereich (südlich des Spielplatzes) wären mit deutlich geringeren
Kosten für die Anlieger möglich gewesen. Auch hätte bei der Berechnung der
Straßenbreite die Spielplatzfläche nicht berücksichtigt werden dürfen.
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Mit Bescheid vom 11.02.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück
und trug zur Begründung ergänzend vor: Die Kosten für die Erneuerung der
Grundstücksanschlüsse seien von dem Kläger zu zahlen. Sie seien auch rechnerisch
richtig ermittelt worden. Bei der Herstellung und Erneuerung von
Grundstücksanschlüssen werde der Kostenaufwand nach Einheitssätzen ermittelt, die je
angefangenen Meter bei Regenwassergrundstücksanschlüssen 220,00 EUR betragen
würden. Der Einheitssatz werde je angefangenen Meter Anschlussleitung berechnet
und von der Straßenmitte bis zur Grundstücksgrenze ermittelt. Hierbei sei "Straße" im
Sinne der Satzung nicht nur die gepflasterte Fahrbahn, sondern grundsätzlich die für
den öffentlichen Verkehr zur Verfügung stehende Fläche, insoweit also auch die für
diesen Zweck gebildete Straßenparzelle einschließlich etwaiger Wendeplätze, Geh-
/Radwege und Begleitgrünflächen.
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Der Kläger hat daraufhin am 11.03.2008 Klage erhoben und durch seine
Prozessbevollmächtigten vortragen lassen: Die Beklagte habe im Zuge des
Straßenausbaus im Jahre 2005 zwei öffentliche Regenwasserkanäle durch einen
neuen ersetzt. Sie könne hierfür keinen Kostenersatz geltend machen, weil die
Erneuerung durch den Straßenausbau veranlasst worden sei. Sie habe sich die
Erneuerung zweier vorhandener Abwasserkanäle erspart, zugleich aber bei den
Anliegern einen höheren Kostenersatz generiert, da der neue Regenwasserkanal als in
der Straßenmitte verlaufend gelte und sich damit die Grundstücksanschlussleitung für
jedes Grundstück im Vergleich zum bisherigen Zustand verlängere. Dadurch seien
unverhältnismäßig hohe Kosten entstanden. Der Kostenersatz müsse auf den Aufwand
beschränkt werden, der bei Erneuerung der vorhandenen Regenwasserkanäle
entstanden wäre.
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Der Kläger beantragt,
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den Heranziehungsbescheid der Beklagten vom 09.03.2007 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 11.02.2008 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie trägt zur Begründung des Antrages vor: Nur der an der nördlichen Seite der "H1.-----
straße " verlaufende öffentliche Regenwassersammler sei im Jahre 1994 mittels
Kamerabefahrung untersucht worden. Eine Kamerabefahrung der
Grundstücksanschlüsse sei nicht möglich gewesen, weil diese nur einen Durchmesser
vom 80 mm gehabt hätten. Bei der Erneuerung des Regenwasserkanals hätte sich
jedoch herausgestellt, dass diese in einem ähnlich schlechten und schadhaften Zustand
gewesen seien wie der Hauptsammler und deshalb ebenfalls erneuert werden mussten.
Erstmals im Rahmen der Bauausführung habe man auch Kenntnis von dem privaten
Abwasserkanal auf den Grundstücken südlich der "H1.-----straße " erlangt und von dem
Umstand, dass diese Anlieger ihre Grundstücke im Laufe der Zeit ebenfalls an den im
nördlichen Bereich der "H1.-----straße " verlegten öffentlichen Regenwassersammler
angeschlossen hätten. Der private Kanal sei im Rahmen der Bausausführung weder
untersucht noch beseitigt worden. Für diesen auf privaten Grundstücken verlegten Kanal
seien die jeweiligen Eigentümer verantwortlich.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der
Beklagten.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist zulässig und begründet.
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Der Kostenerstattungsbescheid der Beklagten vom 9.3.2007 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 11.2.2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in
seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Zum Erlass des Kostenerstattungsbescheides ist die Beklagte zuständig. Nach § 114
GO, § 3 Abs. 1 EigVO und § 2 Abs. 2 der Betriebssatzung der Stadt N. für die
eigenbetriebsähnliche Einrichtung Städtische Betriebe N. vom 15.12.2006 obliegt der
Beklagten im Bereich des Abwasser- und Straßenwesen die Erhebung von
Kanalanschlussbeiträgen und die Erhebung des Kostenersatzes für
Kanalanschlussleitungen.
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Der Kostenerstattungsbescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Bescheide der vorliegenden Art finden ihre Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 1 KAG NRW
i.V.m. § 13 der Beitrags- und Gebührensatzung der Stadt N. vom 20.10.1986 i.d.F. der
Änderungssatzung vom 17.12.2007 - im Folgenden: BGS - zur Entwässerungssatzung
der Stadt N. vom 19.12.1991 i.d.F. der Änderungssatzung vom 15.12.2006 - im
Folgenden : ES -. Nach § 13 Abs. 1 BGS ist der Stadt N. der Aufwand für die
Herstellung, Erneuerung, Veränderung, Unterhaltung, Reparatur und Beseitigung eines
Grundstücksanschlusses bis zur öffentlichen Abwasseranlage zu ersetzen. Der Begriff
der Grundstücksanschlussleitungen ist in § 1 Abs. 3 ES definiert. Danach sind
Grundstücksleitungen die Anschlussleitungen von der öffentlichen Abwasseranlage bis
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zur Grundstücksgrenze. Von der Möglichkeit, diese durch Satzung zum Bestandteil der
öffentlichen Abwasseranlage zu erklären, hat die Stadt N. keinen Gebrauch gemacht, so
dass die Geltendmachung eines Kostenerstattungsanspruches nicht nach § 10 Abs. 3
KAG NRW ausgeschlossen ist.
Zur Höhe des Kostenerstattungsanspruches bestimmt § 13 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW,
dass die Höhe des Erstattungsanspruches nach den tatsächlich entstandenen Kosten
oder nach Einheitssätzen ermittelt werden kann. Die Stadt N. hat sich für die Ermittlung
des Kostenaufwandes nach Einheitssätzen entschieden und in § 13 Abs. 1 Satz 2 BGS
für die Herstellung und Erneuerung von Grundstücksanschlüssen DN 150 - 200 mm an
die Regenwasserkanalisation einen Einheitssatz von 220 EUR je angefangener Meter
Grundstücksanschlussleitung zugrunde gelegt. Von der nach § 13 Abs. 1 Satz 3 KAG
NRW eröffneten Möglichkeit, Abwasserleitungen als in der Straßenmitte verlaufend zu
fingieren, hat die Stadt N. in § 13 Abs. 2 2. Hs. BGS Gebrauch gemacht.
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Die Voraussetzungen für die Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs der
Beklagten sind erfüllt. Soweit es die südlich der "H1.-----straße " gelegenen Grundstücke
- damit auch das Grundstück des Klägers - betrifft, handelt es sich bei der die
Erstattungspflicht auslösenden Maßnahme um eine "Erneuerung" i.S.d. § 10 Abs. 1
KAG NRW, da diese Grundstücke bereits vor der Ersetzung der Grundstücksanschlüsse
im Jahre 2005 über einen Anschluss an die öffentliche Regenwasserkanalisation
verfügten.
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Hierbei kann an dieser Stelle dahingestellt bleiben, ob die auf den Grundstücken
südlich der "H1.-----straße " verlegte Regenwasserleitung bereits Teil der öffentlichen
Abwasseranlage ist oder sich es um eine gemeinsame private
Grundstücksanschlussleitung handelt. Nach den Angaben der Prozessbevollmächtigten
in der Klagebegründung vom 2.6.2008 verfügte diese Leitung jedenfalls an ihren Enden
über eine Verbindung an den im nördlichen Bereich der "H1.-----straße " vorhandenen
öffentlichen Regenwassersammler. Zudem hat der Kläger in der mündlichen
Verhandlung angegeben, dass diese Leitung seit langem verstopft gewesen sei und zur
Abführung des anfallenden Grundwassers aufgrund zu geringer Tiefe nicht in der Lage.
Ein Teil der Anlieger an der Südseite der "H1.-----straße " - so auch sein
Rechtsvorgänger bereits vor 1960 - habe deshalb zusätzlich einen direkten Anschluss
zum tiefer liegenden Regenwasserkanal an der Nordseite der "H1.-----straße " gelegt.
Nach den Angaben des Bauleiters der Beklagten, Dipl.-Ing. T. sollen alle Anlieger an
der Südseite der H1.-----straße in gleicher Weise verfahren haben. Im Rahmen des
Ausbaus im Jahre 2005 habe man festgestellt, dass alle südlich der H1.-----straße
gelegenen Grundstücke über einen Anschluss an den Regenwasserkanal an der
Nordseite der "H1.----- straße " verfügt hätten.
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Ausgehend von diesen Angaben des damals zuständigen Bauleiters und des Klägers
stellt sich der Anschluss der südlich der "H1.-----straße " gelegenen Grundstücke an den
im nördlichen Bereich der H1.-----straße verlegten neuen Regenwassersammler nicht
als (erstmalige) "Herstellung" eines Grundstücksanschlusses, sondern als "Erneuerung"
dar, weil ein Anschluss an diesen Regenwassersammler - sei es direkt oder über die auf
den Grundstücken verlegte Sammelleitung - bereits vorhanden war.
23
Als "Erneuerung" gilt jede Wiederherstellung eines nach bestimmungsgemäßer
Nutzung abgenutzten Anschlusses durch die Ersetzung der ganzen Leitung oder eines
nicht unerheblichen Teils der Leitung.
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Vgl.: Dietzel in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Loseblattsammlung,
Stand: § 10 Rdn. 21.
25
Die "Erneuerung" einer Anschlussleitung trägt dem Umstand Rechnung, dass
Anschlussleitungen dem Verschleiß unterliegen und deshalb nur eine zeitlich begrenzte
Nutzungsdauer aufweisen. Definitionsgemäß setzt eine "Erneuerung" als Grundlage
eines Kostenerstattungsanspruches deshalb voraus, dass die Anschlussleitung
aufgrund der Abnutzung nicht mehr bestimmungsgemäß genutzt werden kann oder in
absehbarer Zeit verschleißbedingte Störungen zu erwarten sind. Dabei steht der
Gemeinde bei der Frage, ob und wann es infolge eines Verschleißes einer Erneuerung
bedarf, ein Einschätzungsermessen zu,
26
Vgl. Dietzel a.a.O. m.w.N. auf die Rechtsprechung des OVG NRW und des VGH Kassel;
ebenso: VG N. , Urteil vom 5.1.2005 - 11 K 933/04 -,
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dass sich daran orientieren kann, wann nach den Regeln der Entsorgungstechnik
verschleißbedingte Störungen zu erwarten sind.
28
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 8.2.1990 - 22 A 2053/88 -, unter Bezugnahme auf die
Wertermittlungsrichtlinien des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und
Städtebau, Anlage 7 ("Technische Lebensdauer von Außenanlagen") zu Teil I der
Richtlinien für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken vom 31.5.1976,
Beilage 21/76 zum Bundesanzeiger vom 6.8.1976 Nr. 146.
29
Soweit derartigen Richtlinien Aussagen darüber entnommen werden können, wann für
einen Grundstücksanschluss ein "Erneuerungsbedarf" besteht,
30
nach den o.g. Wertermittlungsrichtlinien wird bei Entwässerungsanlagen aus
Betonrohren von einer Lebensdauer von 30 - 50 Jahren, bei solchen aus Steinzeug von
80 - 100 Jahren ausgegangen,
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ergeben sich hieraus lediglich Anhaltspunkte, allerdings keine starren Vorgaben oder
sogar Bindungen für den Einzelfall. Über das übliche Maß hinausgehende
Beanspruchungen des Straßenkörpers können wegen der hiervon ausgehenden
Erschütterungen eine Erneuerung des Grundstücksanschlusses auch vor Ablauf der
sich aus den o.g. Richtlinien ergebenden mutmaßlichen Lebensdauer von
Entwässerungsanlagen erfordern.
32
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 8.2.1990 - 22 A 2053/88 -.
33
Gemessen an diesen Voraussetzungen handelte es sich zum Zeitpunkt der Ersetzung
der Grundstücksanschlüsse auch für die südlich an die "H1.-----straße " angrenzenden
Grundstücke im Jahre 2005 um eine "Erneuerung" i.S.d. § 10 Abs. 1 KAG NRW. Wie der
damals für die Durchführung der Baumaßnahme zuständige Bauleiter der Beklagten,
Dipl.- Ing. T. , in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, war nicht nur der
Regenwasserhauptsammler - wie bereits durch die Kanaluntersuchung 1994 bestätigt
(vgl. die Untersuchungsprotokolle in BA III) - an vielen Stellen beschädigt und deshalb
erneuerungsbedürftig, sondern auch die im öffentlichen Straßenraum liegenden
Grundstücksanschlüsse der hieran angeschlossenen Grundstückseigentümer. Die
Anschlüsse bestanden - so seine Angaben - aus einem "Sammelsurium" von Rohren
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unterschiedlicher Art und Dimension ohne ordnungsgemäße Verbindungen, wiesen
Scherbenbildung auf und waren an vielen Stellen mit Wurzelwerk durchzogen.
Es bedarf deshalb keiner Erörterung der Frage, ob von einer "Erneuerung" der
Grundstücksanschlüsse i.S.d. § 10 Abs. 1 KAG NRW auch dann auszugehen wäre,
wenn diese zum Zeitpunkt der Ersetzung noch keine sichtbaren Beschädigungen
aufgewiesen hätten. Im Hinblick auf das Alter der Leitungen - der ca. 1938 verlegte
Regenwasserhauptsammler war aus Beton, die 1938 und nachträglich in den 50er-
Jahren verlegten Grundstücksanschlussleitungen teilweise ebenfalls - dürfte allerdings
nach den o.g. Richtlinien in absehbarer Zeit mit verschleißbedingten Schäden an den
Grundstücksleitungen und Störungen im Entwässerungssystem zu rechnen gewesen
sein, so dass die Beklagte auch unter diesen Voraussetzungen zu Recht von einem
Erneuerungsbedarf ausgegangen wäre.
35
Als zusätzliches, ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal setzt die Geltendmachung
eines Erstattungsanspruches allerdings voraus, dass die Maßnahme im
"Sonderinteresse" des Erstattungspflichtigen lag.
36
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.7.1987 - 22 A 1605/86 -, NVwZ 1996, 599.
37
Sofern es sich - wie hier - um Maßnahmen der "Erneuerung" "Veränderung", oder
"Unterhaltung" eines Grundstücksanschlusses handelt, ist entscheidend, wodurch die
durchgeführten Maßnahmen veranlasst wurden und welchem Zweck sie dienen. Ein
"Sondervorteil" für den Grundstückseigentümer besteht nur dann, wenn er mit den
durchgeführten Maßnahmen einen konkreten "Vorteil" erlangt hat. Maßgebend ist auch
insoweit die sich aus dem Anschluss- und Benutzungsverhältnis ergebende Aufgaben-
und Risikoverteilung.
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Vgl. OVG NRW, Urteile vom 18.5.1993 - 22 A 2169/91 -, NWVBL 1993,419 = = KStZ
1995, 118 und vom 17.1.1996 - 22 A 3091/93 - NVwZ-RR 1996, 389 =
Gemeindehaushalt 1997, 262.
39
Bei einer "Erneuerung" von Grundstücksanschlüssen - wie im vorliegenden Fall - ist
deshalb zu differenzieren: Grundsätzlich liegt - sofern diese nicht zur öffentlichen
Abwasseranlage gehören - die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Zustand des
Grundstücksanschlusses beim Grundstückseigentümer. Tritt z.B. bei Beschädigungen
des Anschlusses Abwasser aus, liegen hierauf gerichtete Reparaturmaßnahmen im
Sonderinteresse des Grundstückseigentümers, weil sie der ordnungsgemäßen Erfüllung
der Benutzungspflicht dienen.
40
OVG NRW, Urteil vom 18.5.1993 - 22 A 2169/91 -, NWVBl. a.a.O.
41
Etwas Anderes gilt nur dann, wenn die "Erneuerung" nicht in Erfüllung der dem
Grundstückseigentümer obliegenden Benutzerpflicht erfolgt, sondern im Rahmen des
der Stadt selbst von der Rechtsordnung zugewiesenen Pflichtenkreises durchgeführt
wird. Dies ist z.B. dann anzunehmen, wenn die Reparaturbedürftigkeit eines
Anschlusses auf vorangegangenen, rechtswidrigen Einwirkungen beruht, zu deren
Beseitigung die Stadt unter dem Gesichtspunkt der Folgenbeseitigung verpflichtet ist.
Hiervon ist z.B. auszugehen, wenn die Beschädigung auf mangelhaft ausgeführte
Arbeiten bei der Verlegung des Grundstücksanschlusses, die Regeln der Baukunst
missachtende Straßenbauarbeiten oder die Anpflanzung stark wurzelnder Bäume
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unmittelbar neben vorhandenen Grundstücksanschlüssen zurückzuführen ist.
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 11.4.1996 - 22 A 3106/94 -, NWVBl. 1996, 489 = NVwZ-RR
1997, 207 und vom 21.2.1996 - 22 A 3216/92 -.
43
Nichts Anderes hinsichtlich der vorgenannten Risikoverteilung und Pflichtenstellung im
Anschluss- und Benutzungsverhältnis ergibt sich auch aus der von den
Prozessbevollmächtigten in der Klagebegründung vom 11.3.2008 genannten weiteren
Rechtsprechung des OVG NRW.
44
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15.6.1970 - II A 1397/68 -, KStZ 1970, 234 ff.
45
Auch in dieser Entscheidung wird ausgeführt, dass die Gemeinde die Kosten für die
Erneuerung der Grundstücksanschlüsse (nur) dann nicht von den Anliegern ersetzt
verlangen kann, wenn die Schäden an der Anschlussleitung auf einen Mangel des
Hauptkanals zurückzuführen sind und die Gemeinde die rechtzeitige Beseitigung des
Mangels unterlassen hat, m.a.W. ohne Hinzutreten derartiger besondere Umstände ein
Erneuerungsbedarf für die Grundstücksanschlüsse gerade nicht bestanden hätte. Für
einen derartigen Verursachungszusammenhang zwischen dem Zustand des
Hauptsammlers und den festgestellten Schäden an den Grundstücksanschlussleitungen
ist durch die Prozessbevollmächtigten und den Kläger weder konkret vorgetragen
worden noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich.
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Ein darüber hinaus gehender Entscheidungssatz, dass ein Sondervorteil zugunsten des
Anliegers auch dann nicht vorliege, wenn die Ersetzung der Grundstücksanschlüsse
durch eine Ersetzung oder Veränderung des Hauptsammlers veranlasst worden sei,
lässt sich dem Urteil vom 15.6.1970 nicht entnehmen. Diese Frage hat das OVG NRW
in der Entscheidung ausdrücklich offengelassen. Soweit es in einer späteren
Entscheidung
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vgl. OVG NRW, Urteil vom 24.5.1978 - II A 1429/76 - KStZ 1979, 134 =
Gemeindehaushalt 1979, 70; aA wohl: OVG Lüneburg, Urteil vom 22.11.1984 - 3 A
33/83 -, KStZ 1985, 33 und VGH Kassel, Urteil vom 7.7.1997 - 5 UE 3780/96 -, KStZ
1998,179,
48
ausgeführt hat, dass ein Sondervorteil des Grundstückseigentümers nicht gegeben sei,
wenn die Gemeinde sich entschließe, ihre Abwasserbeseitigungspflicht anders zu
erfüllen, z.B. bei der Ersetzung der vorhandenen Mischkanalisation durch eine
Trennkanalisation, und hierdurch neue Grundstücksanschlüsse erforderlich werden,
betrifft dies ersichtlich nur die Fälle, in denen nicht zugleich ein Austausch der
Grundstücksanschlussleitungen aufgrund eines Verschleißes geboten war. Von einer
derartigen Situation war hier aber auszugehen. Im Übrigen kommt es auf das Vorliegen
eines "Sondervorteils" dann nicht an, wenn der Anschluss mit Wissen und Wollen des
Anschlussnehmers verlegt worden ist. In diesem Fall ist wegen der subjektiven
Zweckbestimmung ohne weiteres von einem objektiven Sondervorteil auszugehen.
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Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15.2.2000 - 15 A 5328/06 -vom 17.1.1996 - 22 A 2467/93 -,
NWVBl. 1996, 390 = NVwZ-RR 1996, 599 = DÖV 1997, 305 = EstT NW 1996, 447 und
vom 25.2.1981 - 2 A 484/80 -.
50
Über die geplante Erneuerung des Regenwasserhauptsammlers sind die Anlieger der
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"H1.-----straße " - damit auch der Kläger - vor der Durchführung der Maßnahmen in
einem Schreiben der Stadt N. vom 21.9.2004 (Bl. 41 d.A. in 11 K 696/08) informiert
worden. Hierbei wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die vorhandenen
Regenwassergrundstücksanschlüsse aufgrund des geringen Durchmessers nicht
mittels Kamerabefahrung hätten untersucht werden können und über einen eventuellen
Sanierungsbedarf erst im Zuge der Bauausführung entschieden werden könne. Auf die
sich aus § 13 BGS ergebende Verpflichtung, die Kosten für notwendige Erneuerungen
der Grundstückshausanschlüsse selbst zu tragen, wurden die Anlieger hingewiesen.
Der Kläger hat diesem Schreiben und der späteren Bauausführung nicht widersprochen,
vielmehr sein Grundstück nach Fertigstellung des Grundstücksanschlusses an den
neuen Regenwasserkanal angeschlossen. Damit ist davon auszugehen, dass die
Verlegung des neuen Grundstücksanschlusses mit Wissen und Wollen des Klägers
erfolgte. Verdeutlicht wird dies auch durch den vom Kläger unter dem 20.3.2007 gegen
den Kostenbescheid eingelegten Widerspruch, mit dem er sich nur gegen die
Kostentragungspflicht bzw. die Höhe der Kosten wendet, dagegen weder einen
Erneuerungsbedarf bestreitet noch geltend macht, die Erneuerung sei ohne sein Wissen
und seine Zustimmung erfolgt.
Der streitige Erstattungsanspruch der Beklagten ist auch in der geltend gemachten
Höhe rechtlich nicht zu beanstanden.
52
Soweit die Prozessbevollmächtigten in der Klagebegründung vom 11.3.2008
vorgetragen haben, die Stadt N. habe sich durch die Verlegung eines neuen
Regenwassersammlers anstelle der zwei vorhandenen selbst Kosten erspart und bei
den Anliegern zusätzliche Kosten generiert, so dass der Kostenerstattungsanspruch auf
die Kosten zu beschränken sei, die bei pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens
entstanden seinen, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Die Begründung geht
schon von einem unzutreffenden Ansatz aus, nämlich der Annahme, auch bei dem auf
den südlich angrenzenden Grundstücken der "H1.-----straße " verlaufenden
Regenwassersammler habe es sich um einen öffentlichen Kanal gehandelt.
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Ob ein Kanal Teil der öffentlichen Entwässerungsanlage ist, hängt davon ab, ob er zum
entwässerungsrechtlichen Zweck technisch geeignet ist und durch Widmung bestimmt
ist, die nicht formgebunden ist und auch konkludent erfolgen kann. Dies beurteilt sich
nach einer Würdigung der Gesamtumstände, soweit sie einen Schluss auf das
Vorhandensein oder Fehlen einer Bestimmung des Kanals zum öffentlichen
Entwässerungszweck durch die Gemeinde zulassen.
54
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12.12.2006 - 15 A 2173/04 - und vom 18. Mai 1999 - 15 A
2880/96 -, NWVBl. 2000, 300 sowie Beschlüsse vom 5. März 2001 - 15 A 1564/97 -,
NWVBl. 2002, 311 und vom 27. Januar 1999 - 15 A 1929/96 -.
55
Es kann dahingestellt bleiben, ob der auf den Grundstücken südlich der "H1.----- straße "
verlegte Kanal überhaupt zur Ableitung des Regenwassers technisch geeignet war.
Nach den Angaben des Anliegers H2. (11 K 887/08) haben sein Rechtsvorgänger und
andere Anlieger, nach den Feststellungen der Beklagten alle Anlieger an der Südseite
der "H1.-----straße " bereits vor 1960 direkte Zugänge zum Regenwassersammler an der
Nordseite der "H1.-----straße " gelegt, weil die vorhandene Sammelleitung aufgrund zu
geringer Tiefe zur Ableitung des Grundwassers nicht in der Lage war. Sie war
offensichtlich seit langer Zeit unbrauchbar und funktionslos. Dies spricht dafür, dass sie
zum Zeitpunkt der Erneuerung der Grundstücksanschlüsse im Jahre 2005 zu dem ihr
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zugedachten Entwässerungszweck schon nicht (mehr) geeignet war.
Jedenfalls kann sie bei Würdigung der Gesamtumstände nicht als Bestandteil der
öffentlichen Abwasseranlage angesehen werden. Die Leitung wurde vermutlich um
1938 auf privatem Grund verlegt. Dafür, dass sie schon vor der Gebietsreform zum
1.1.1973 von der ehemals selbständigen Gemeinde E. als Teil der öffentlichen
Abwasseranlage angesehen und behandelt wurde, ist von den Anliegern weder etwas
vorgetragen worden noch sonst etwas ersichtlich. Hiergegen spricht schon die damalige
Rechtslage. Die Abwasserbeseitigung war bis zur Änderung des
Landeswassergesetzes im Jahre 1979 eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe der
Gemeinde. Sie wurde erst durch eine im Jahr 1979 erfolgte Änderung des Gesetzes zu
einer Pflichtaufgabe der Gemeinden (§ 53 LWG NRW 1979). Es ist deshalb durchaus
möglich, wenn nicht aufgrund der damaligen Rechtslage sogar nahe liegend, dass
diese Leitung auf privatem Grund von den Anliegern errichtet, finanziert und unterhalten
wurde. Jedenfalls haben weder der Prozessbevollmächtigte noch der Kläger noch die
anderen in der mündlichen Verhandlung anwesenden Anlieger konkrete Umstände
vorgetragen, dass diese Leitung vor der Gebietsreform zum 1.1.1973 von der
ehemaligen Gemeinde E. als öffentliche Abwasseranlage betrieben und unterhalten
wurde.
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Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese Leitung nach der Gebietsreform zum 1.1.1973
von der Stadt N. durch einen späteren Übernahme- und Widmungsakt zum Bestandteil
der öffentlichen Abwasseranlage erklärt wurde. Im Bestandsverzeichnis der öffentlichen
Kanalisation der Stadt N. ist sie - im Gegensatz zur Regenwasserleitung an der
Nordseite der "H1.-----straße " - nicht enthalten. Es handelt sich hierbei auch nicht um
ein Versehen. Denn - wie die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung
unwidersprochen erklärten - war sie bis zu den Bauarbeiten im Jahre 2005 der Stadt N.
gar nicht bekannt.
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Soweit die Prozessbevollmächtigten in der Klagebegründung vom 2.6.2008 (Bl. 35 d.A.)
unter Bezugnahme auf
59
OVG NRW, Urteil vom 18.5,1999 - 15 A 2880/96 -, OVGE MüLü 48,1 = ZMR 1999, 730 =
NWVBl 2000, 300 und Beschluss vom 5.3.2001, VG Arnsberg, Urteil vom 15.1.2002 - 11
K 3570/00 -,
60
darauf hingewiesen haben, dass eine Widmung grundsätzlich auch konkludent - etwa
durch die Erhebung von Regenwassergebühren erfolgen könne - triff dies zwar. Dass
der Kläger und die anderen, südlich der "H1.-----straße " gelegenen Grundstücke seit
1998 - wie vorgetragen wurde (Bl. 36 d.A.) - zu Regenwassergebühren herangezogen
wurden, hat die Beklagte auch nicht bestritten.
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Gleichwohl lässt sich aus der Heranziehung zu Regenwassergebühren hier nicht der
Schluss ziehen, der auf den Grundstücken der Anlieger verlaufende Abwasserkanal sei
konkludent zum Bestandteil der öffentlichen Abwasseranlage gewidmet worden. Das
Regenwasser von den südlich angrenzend Grundstücken wurde seit jeher dem im
nördlichen Bereich der "H1.-----straße " gelegenen öffentlichen Regenwasserkanal
zugeleitet - sei es zunächst über eine auf den Grundstücken verlegte Sammelleitung,
später durch von den Anliegern gelegte direkte Anschlüsse. Insoweit ist die Erhebung
von Regenwassergebühren schon deshalb zu Recht und wohl deshalb erfolgt, weil
auch diese Anlieger der "H1.----- straße " ihr Regenwasser letztlich in einen öffentlichen
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Regenwasserkanal geleitet haben. Ist die Rechtsqualität der Sammelleitung für die
Erhebung der Benutzungsgebühren aber ohne Belang, kann sie auch nicht durch
diesen Umstand konkludent zum Bestandteil der öffentlichen Abwasseranlage
gewidmet worden seien. Im Übrigen ist bei der Frage, ob eine Leitung
Grundstücksanschlussleitung oder Teil der öffentlichen Abwasseranlage ist,
maßgeblich darauf abzustellen, on die jeweilige Leitung der abwassermäßigen
Erschließung aller an einer Verkehrsfläche liegenden Grundstücks dient (dann
öffentliche Abwasseranlage) oder nur der Ableitung des Abwassers einzelner mehrerer
Grundstücke (dann einzelne oder gemeinsame Grundstücksanschlussleitung).
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15.2.2000 - 15 A 5328/06 -.
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Danach handelt es sich bei dem auf den südlich der "H1.-----straße " verlegten
Regenwassersammler um eine gemeinsame Anschlussleitung und keine öffentliche
Abwasseranlage, weil sie von vornherein dazu bestimmt war, das Regenwasser nur
eines Teils der Anlieger der "H1.-----straße " aufzunehmen.
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Selbst wenn es sich bei der Regenwasserleitung auf den südlich an die "H1.----- straße
" angrenzenden Grundstücken um Teil einer öffentlichen Abwasseranlage handeln
sollte, war die Stadt N. nicht gehalten, im Rahmen der Erneuerung der
Regenwasserkanäle in der H1.-----straße weiterhin zwei separate Regenwasserkanäle
für die Anlieger als öffentliche Abwassersammler zu erhalten.
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Die Ausgestaltung der öffentlichen Abwasserbeseitigung liegt grundsätzlich im
planerischen Ermessen der Gemeinde und ist vom Gericht nur eingeschränkt
überprüfbar.
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Vgl. OVG NRW Urteil vom 27. April 1988 - 22 A 580/86 -, MittNWStGB 1988, 289.
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Seine Grenzen findet dieser Gestaltungsspielraum erst dann, wenn die Gemeinde ihn
ohne sachlichen Grund einseitig zulasten der Anschlusspflichtigen ausgenutzt hat.
Diese Voraussetzungen liegen aber nicht schon dann vor, wenn die Gemeinde sich bei
der Auswahl unter mehreren Alternativen in erster Linie davon leiten lässt, welche
Alternative für sie am kostengünstigsten ist.
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Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18.6.1997 - 22 A 1406/96 -, Städte- und Gemeinderat 1997,
284 = NWVBl 1998, 154 ZfW 1998, 384 = Gemeindehaushalt 1999, 214.
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Zu einem derartigen Verhalten ist die Gemeinde regelmäßig schon nach den
Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung verpflichtet.
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Selbst wenn die Stadt N. durch die Ersetzung von zwei Regenwasserkanälen für sich
Kosten erspart, den Anliegern aber zusätzliche Kosten aufgebürdet haben sollte, hat sie
hierdurch deshalb ihren Gestaltungsspielraum noch nicht verletzt. Es bedarf keiner
weiteren Erörterungen, dass für die Ersetzung zweier, nicht mehr bestimmungsgemäß
nutzbarer Regenwasserkanäle in einer Straße - auch die Regenwasserleitung südlich
der "H1.-----straße " war verstopft und diente den Anliegern an der Südseite nicht mehr
zur Entwässerung ihrer Grundstücke - durch einen neuen Regenwasserkanal ein
sachlicher Grund schon deshalb besteht, weil hierdurch geringere Herstellungs- und
Unterhaltungskosten entstehen. Die Anlieger der H1.-----straße können sich
demgegenüber nicht auf einen "Bestandschutz" der vorhandenen
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Entwässerungssituation, insbesondere hinsichtlich Lage und Anzahl der öffentlichen
Abwassersammler, berufen. Denn nach § 1 Abs. 4 Satz 1 ES bestimmt die Stadt Art,
Lage und Umfang der öffentlichen Abwasseranlage sowie den Zeitpunkt ihrer
Erweiterung, Änderung oder Sanierung.
Soweit die Prozessbevollmächtigten des Klägers im Übrigen darauf hinweisen, dass
durch die Entscheidung der Stadt, nur einen öffentlichen Regenwassersammler
vorzuhalten, hierdurch für den Kläger Grundstückanschlusskosten in
unverhältnismäßiger Höhe entstanden seien, ist darauf hinzuweisen, dass in Fällen
eines Erstanschlusses an die öffentliche Kanalisation die Rechtsprechung
Anschlusskosten von bis zu 25.000 EUR nicht als unverhältnismäßig ansieht. vgl. OVG
NW, Urteil vom 18. Juni 1997 - 22 A 1406/96 -, NWVBl 1998 S. 154 und Beschlüsse
vom 24. Januar 2006 - 15 A 5080/05 - und vom 5. Juni 2003 - 15 A 1738/03 -, NWVBl.
2003 S. 435.
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Von einer derartigen Summe ist der hier für den Kläger entstandene
Kostenmehraufwand weit entfernt.
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Der streitige Erstattungsanspruch ist auch in der geltend gemachten Höhe rechtlich nicht
zu beanstanden. Da der neue Regenwassersammler im nördlichen Bereich der "H1.-----
straße " und nicht in der Straßenmitte verlegt wurde, hat die Beklagte die
Fiktionsregelung des § 13 Abs. 2 2. Hs. BGS angewandt. Zu Recht ist sie hierbei davon
ausgegangen, dass die "Straßenmitte" i.S.d. der Fiktionsregelung sich nicht nur aus den
beiden Fahrbahnen der "H1.-----straße " errechnet, sondern auch die zwischen beiden
Fahrstrecken befindliche und im Rahmen des Straßenausbaus angelegte Ruhezone
hinzugerechnet werden muss. Da die Satzung insoweit keine eigene Definition der
"Straße" enthält, ist insoweit § 2 Abs. 2 Buchtstabe b StrWG NRW maßgeblich. Danach
gehören zur öffentlichen Straße nicht nur die Fahrbahnen sondern u.a. auch Rastplätze,
soweit sie mit einer Fahrbahn in Zusammenhang stehen (unselbständige Parkflächen,
unselbständige Rastplätze) und die Flächen verkehrsberuhigter Bereiche.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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