Urteil des VG Minden vom 19.01.2007

VG Minden: grundstück, stundung, wirtschaftlichkeit, erhaltung, wohnhaus, bestandteil, beitragspflicht, hilfsbetrieb, halle, eigentümer

Verwaltungsgericht Minden, 5 K 3309/06
Datum:
19.01.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 K 3309/06
Tenor:
Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom
28.08.2006 und unter Aufhebung seines Widerspruchsbescheides vom
17.10.2006 verpflichtet, dem Kläger den Erschließungsbeitrag für das
Grundstück Gemarkung E. Flur 6 Flurstück 1232 auch in Höhe von noch
18.306,23 EUR zinslos zu stunden.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Wegen der Kosten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
1
Die Parteien streiten um die Frage, ob der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger einen
von ihm noch in Höhe von 18.306,23 EUR geschuldeten Erschließungsbeitrag zinslos
zu stunden.
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Der Kläger ist Eigentümer des in der Gemarkung E. gelegenen Grundstücks Flur 6
Flurstück 1232. Das 6.268 qm große und durch den entlang seiner Südseite
verlaufenden Grundweg erschlossene Grundstück ist auf seiner westlichen Hälfte mit
dem vom Kläger und seiner Ehefrau bewohnten zweigeschossigen Wohnhaus H.----
weg 8 und einem dahinter angeordneten im Grundriss etwa 15 x 50 m großen
Betriebsgebäude bebaut, das dem vom Kläger mit einer Nutzfläche von 64 ha geführten
landwirtschaftlichen Betrieb als Lager- und Maschinenhalle dient. Nahe der östlichen
Grundstücksgrenze steht das ebenfalls zweigeschossige Wohnhaus A. 11. Dieses wird
als sog. Altenteilerhaus von der 83-jährigen Mutter des Klägers bewohnt, etliche Räume
waren und sind aber an dritte Personen vermietet. Weiter steht auf dem Grundstück in
seinem mittleren Bereich und zu der rückwärtig (nördlich) verlaufenden Straße A.
orientiert der drei Wohngebäude umfassende Reihenhauskomplex A. 17, 17 a und 17 b.
Während die beiden anderen Häuser fremdvermietet (bzw.- verpachtet) sind, wird das
Haus A. 17 b von dem Sohn des Klägers Thomas bewohnt, der Mitarbeiter im Betrieb
des Klägers und für die Betriebsnachfolge vorgesehen ist. Die Reihenwohnhäuser sind
im Jahre 2003 an der genannten Stelle erbaut worden, nachdem das dort früher
vorhanden gewesene alte Wohn- und Wirtschaftsgebäude der Hofstelle des Klägers
teilweise durch Brand zerstört und daraufhin beseitigt worden war.
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Durch Bescheid des Beklagten vom 02.11.2000 war der Kläger als Eigentümer des
Grundstücks Flurstück 1232 für die Kosten der erstmaligen endgültigen Herstellung des
Grundwegs zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 36.289,17 EUR herangezogen
worden. Dieser Betrag, von dem nach Zahlung eines Teilbetrags noch 33.336,23 EUR
als geschuldet verblieben sind, wurde am 18.12.2000 vom Beklagten gem. § 135 Abs. 4
BauGB auf fünf Jahre zinslos gestundet.
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Wegen der weiteren Stundung des restlichen Erschließungsbeitrags bestehen zwischen
den Parteien seit Ende 2005 Meinungsverschiedenheiten. Nachdem der Beklagte
zunächst angekündigt hatte, wegen der inzwischen verwirklichten Bebauung des
Grundstücks mit mehreren Mietwohnhäusern den gesamten restlichen
Erschließungsbeitrag gegen den Kläger fällig zu stellen, entschied er auf den vom
Kläger gestellten Stundungsantrag vom 03.02.2006 nach Einholen einer Stellungnahme
der Landwirtschaftskammer NRW zu der Grundstückssituation und zu den betrieblichen
Verhältnissen des Klägers schließlich mit Bescheid vom 28.08.2006, dem Kläger einen
Teilbetrag von 15.030,- EUR zinslos zunächst für weitere fünf Jahre zu stunden, den
Restbetrag von 18.306,23 EUR jedoch vom Kläger bis zum 15.09.2006 einzufordern.
Den gestundeten Teilbetrag berechnete er nach einer 2.826 qm großen
Grundstücksteilfläche, die er als zum Wohnhaus des Klägers H.----weg 8 und der Lager-
und Maschinenhalle gehörig einstufte. Der Kläger legte gegen die teilweise Ablehnung
seines Stundungsantrags unter Hinweis auf die Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts vom 23.08.1996 - 8 C 34.94 - Widerspruch ein, den der
Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.10.2006 zurückwies.
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Mit seiner am 02.11.2006 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Stundungsbegehren
für den vom Beklagten fällig gestellten Restbetrag weiter. Zur Begründung verweist er
auf die genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Solange das Flurstück
1232 ein Grundstück i.S.d. im Erschließungsbeitragsrecht maßgeblichen Begriffs des
Grundbuchrechts sei, sei dies auch für § 135 Abs. 4 BauGB maßgeblich und könne die
Stundung daher nur einheitlich für das gesamte Grundstück erfolgen.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom 28.08.2006 und
unter Aufhebung seines Widerspruchsbescheides vom 17.10.2006 zu verpflichten, ihm
den Erschließungsbeitrag für das Grundstück Gemarkung E. , Flur 6, Flurstück 1232
auch in Höhe von weiteren 18.306,23 EUR zinslos zu stunden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er bezieht sich auf seinen Widerspruchsbescheid mit im Wesentlichen folgender
Begründung: Eine tatsächliche landwirtschaftliche Nutzung, von der § 135 Abs. 4
BauGB ausgehe, liege bei dem Beitragsgrundstück des Klägers nicht vor; denn eine
unmittelbare Bodenertragsnutzung finde dort nicht statt. Das Grundstück sei größtenteils
bebaut und anderweitig versiegelt, es seien dort auch keine verarbeitenden
Produktions- oder Veredelungsstufen im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebs
vorzufinden. Vielmehr sei für das Grundstück ein Gewerbe gemeldet, das nach der
Betriebekartei der Stadt Q. den Erwerb und die Verwaltung von Grundbesitz
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einschließlich der Veräußerung durch die N. Verwaltungs-GmbH & Co. Grundstücks-KG
zum Gegenstand habe. Der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers bestehe dagegen im
Wesentlichen aus einer Schweinemast außerhalb der Ortslage von E. . Die auf dem
Grundstück vorhandene Lager- und Maschinenhalle sei vergleichbar mit einem
landwirtschaftlichen Hilfsbetrieb, erfülle daher nicht den Begriff Landwirtschaft und damit
auch nicht die Stundungsvoraussetzungen nach § 135 Abs. 4 BauGB. Die Halle sei im
Übrigen auch nicht zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Betriebs notwendig, weil der
Kläger die Halle ohne weiteres ohne nennenswerte Beeinträchtigung der
Wirtschaftlichkeit des Gesamtbetriebs verlagern könne. Der Beklagte hält es nicht für
gerechtfertigt, die oben genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auf den
Fall des Klägers zu übertragen. Dies hätte letztlich zur Konsequenz, das eine
unbefristete zinslose Stundung zu Lasten der Gemeinde bereits dann gewährt werden
müsste, wenn auf dem beitragspflichtigem Grundstück z.B. nur noch einige Hühner
gehalten würden oder es zum gelegentlichen Abstellen eines Traktors genutzt werde.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Verfahrensakte einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten,
die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage hat Erfolg.
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Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf die vom ihm begehrte zinslose
Stundung zu. Er erfüllt mit seinem beitragsbelasteten Grundstück Flurstück 1232 die in §
135 Abs. 4 S. 1 BauGB für eine zinslose Stundung bestimmten Voraussetzungen, dass
das Grundstück landwirtschaftlich genutzt wird und auch derzeit zur Erhaltung der
Wirtschaftlichkeit des landwirtschaftlichen Betriebs genutzt werden muss. Dies gilt
ungeachtet des Umstandes, dass das Grundstück in erheblichem Umfange - nach der
seinem Bescheid vom 28.08.2006 zu Grunde liegenden Flächenaufteilung des
Beklagten (mit 55,01 %) zu mehr als der Hälfte - "landwirtschaftsfremd", insbesondere
zu Wohnzwecken genutzt wird; denn es wird jedenfalls auch in der von § 135 Abs. 4 S.
1 BauGB vorausgesetzten Weise landwirtschaftlich genutzt.
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Das Bundesverwaltungsgericht ist in seiner den Parteien bekannten Entscheidung vom
23.08.1996 - 8 C 34.94 - mit rechtsgrundsätzlichen Ausführungen zu § 135 Abs. 4
BauGB der Auffassung, diese Vorschrift sei eng auszulegen, daher kämen für eine
Stundung gemischt genutzte, d.h. sowohl der Wohnnutzung als auch dem
landwirtschaftlichen Betrieb zuzurechnende Flächen nicht, sondern lediglich die
unmittelbar und ausschließlich landwirtschaftlich genutzten Teilflächen eines
Grundstücks mit dem darauf entfallenden Beitragsanteil in Betracht, ausdrücklich
entgegengetreten und hat, wie im Leitsatz 2 zu der genannten Entscheidung
zusammengefasst, entschieden:
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"Der Erschließungsbeitrag für ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück ist gemäß §
135 Abs. 4 S. 1 BauGB bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen selbst
dann in vollem Umfang (zinslos) zu stunden, wenn das Grundstück außer mit
landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden teilweise auch mit Wohngebäuden bebaut ist,
d.h. Teilflächen des Grundstücks nicht landwirtschaftlich genutzt werden."
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Dem schließt sich das hier erkennende Gericht an und nimmt für die Begründung im
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Einzelnen zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe
unter II. 3. des genannten Urteils - allerdings mit folgender Einschränkung - Bezug:
Soweit die Ausführungen unter 3 b) für die Bestimmung des Begriffs Grundstück im
Sinne von § 133 Abs. 1 und § 135 Abs. 4 S. 1 BauGB für bestimmte Ausnahmefälle auf
die nach § 131 Abs. 1 S. 1 BauGB nur erschlossene Teilfläche eines Buchgrundstücks
abstellen und, wenn es in diesem Zusammenhang abschließend heißt, Grundstück im
Sinne des § 133 Abs. 1 und des § 135 Abs. 4 S. 1 BauGB sei lediglich die im Sinne des
§ 131 Abs. 1 S. 1 BauGB erschlossene Teilfläche des Buchgrundstücks, beides
gleichsetzen, vermag dem das Gericht nicht (uneingeschränkt) zu folgen und kann sich
daher die entsprechenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts a.a.O. nicht
zu Eigen machen.
Zwar trifft es zu, dass ein Buchgrundstück nicht immer mit seiner gesamten Fläche durch
eine Erschließungsanlage im Sinne von § 131 Abs. 1 S. 1 BauGB erschlossen ist.
Vielmehr kann die Erschließung ausnahmsweise - z.B. in den vom
Bundesverwaltungsgericht a.a.O. angesprochenen Fallkonstellationen - nur einen Teil
des Grundstück erfassen. Eine solche räumlich beschränkte Erschließungswirkung hat
für die Aufwandsverteilung nach § 131 Abs. 1 S. 1 BauGB zur Folge, dass daran das
Grundstück nur mit seiner erschlossenen (= bevorteilten) Teilfläche teilnimmt, verändert
aber nicht das Merkmal "Grundstück" und dessen Begriffsinhalt.
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Vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl., § 17 Rdnr. 9.
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Es ist vielmehr auch in diesen Fällen einer beschränkten Erschließungswirkung wie
auch im Übrigen im Erschließungsbeitragsrecht fast ausnahmslos
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vgl. dazu, wann "einzig" eine Ausnahme vom Buchgrundstücksbegriff in Betracht
kommt, Driehaus a.a.O., § 17 Rdnr. 7
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das Buchgrundstück in seiner gesamten Ausdehnung, das der Beitragspflicht nach §
133 Abs. 1 BauGB unterliegt, auf dem gemäß § 134 Abs. 2 der Beitrag als öffentliche
Last ruht und das für eine Stundung nach § 135 Abs. 4 BauGB interessiert, auch wenn
es beispielsweise nur mit einer durch die satzungsmäßige Tiefenbegrenzung
abgegrenzten Teilfläche im Sinne von § 131 Abs. 1 S. 1 BauGB erschlossen ist.
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Der Frage, was im Falle einer beschränkten Erschließungswirkung maßgebliches
Grundstück ist, braucht indes hier nicht weiter nachgegangen zu werden. Der Beklagte
hat die mit Bescheid vom 02.11.2000 vorgenommene Festsetzung des
Erschließungsbeitrags für das Grundstücks des Klägers zutreffend auf das (ganze)
Buchgrundstück Flurstück 1232 erstreckt und dieses mit seiner Gesamtfläche von 6.268
qm als erschlossen angesehen. Das Buchgrundstück Flurstück 1233 und nicht etwa
eine Teilfläche davon ist mithin hier als "Grundstück" maßgeblich und auch für die
Anwendung von § 135 Abs. 4 S. 1 zu Grunde zu legen.
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Für das genannte Buchgrundstück des Klägers scheidet bei Vorliegen der eingangs
genannten beiden Stundungsvoraussetzungen des § 135 Abs. 4 S. 1 BauGB nach der
vom Bundesverwaltungsgericht a.a.O. unter 3. a), c) und d) rechtsgrundsätzlich
vertretenen Auffassung, der das hier erkennende Gericht uneingeschränkt beipflichtet,
eine Aufteilung in Teilflächen mit dafür gewährter bzw. abgelehnter Stundung überhaupt
aus. Es verbietet sich auch die vom Beklagten für seine Widerspruchsentscheidung
gewählte gesonderte - von dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers gleichsam
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losgelöste - Betrachtung der auf dem Grundstück verwirklichten landwirtschaftlichen
Nutzung. Diese ist vielmehr als untrennbarer Bestandteil des vom Kläger geführten
landwirtschaftlichen Betriebs zu sehen und privilegiert das gesamte Buchgrundstück
Flurstück 1232 ungeachtet darauf stattfindender sonstiger (nicht landwirtschaftlicher)
Nutzungen für die zinslose Stundung nach § 135 Abs. 4 S. 1 BauGB.
Die in § 135 Abs. 4 S. 1 BauGB genannten Stundungsvoraussetzungen liegen bei dem
Grundstück Flurstück 1232 vor. Darauf findet eine landwirtschaftliche Nutzung statt. Ob
diese Annahme außer für das vom Kläger bewohnte Haus H.---- weg 8 auch für das
Haus A. 11, weil dieses als landwirtschaftliches Altenteilerhaus errichtet worden ist und
so teilweise auch noch genutzt wird, gerechtfertigt ist, mag dahinstehen. Jedenfalls ist
eine landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks in Gestalt der hinter dem Wohnhaus
des Klägers angeordneten Betriebshalle gegeben. Dieses Gebäude dient unstreitig der
Unterbringung, Wartung und Einsatzvorbreitung von im landwirtschaftlichen Betrieb des
Klägers benutzten Maschinen und Gerätschaften sowie auch der Zwischenlagerung von
geerntetem Getreide. Dabei handelt es sich, selbst wenn man mit dem Beklagten in
jenen Nutzungen der Betriebshalle keine selbst und unmittelbar auf eine
Bodenertragsnutzung in dem von § 201 BauGB vorausgesetzten Sinne erblicken wollte,
nicht nur nach dem üblichen Sprachgebrauch, sondern insbesondere auch bei der
gebotenen funktionsbezogenen Gesamtbetrachtung eines landwirtschaftlichen
Betriebsgeschehens um landwirtschaftliche Nutzung, weil sie keinem anderen Zweck
dient als der landwirtschaftlichen Nutzung im Rahmen des vom Kläger geführten
Betriebs.
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Erfüllt ist auch die weitere Stundungsvoraussetzung, dass das landwirtschaftlich
genutzte Grundstück des Klägers zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit seines
landwirtschaftlichen Betriebs genutzt werden muss. In diesem Zusammenhang kommt
es auf den konkreten landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers an, so wie dieser
organisiert ist und derzeit tatsächlich wirtschaftlich läuft. Von daher ist nicht zweifelhaft,
dass die in Gestalt der Betriebshallennutzung vorliegende landwirtschaftliche
Grundstücksnutzung zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Betriebs notwendig ist;
denn ohne diese Betriebshalle könnte der konkret eingerichtete und ausgeübte
landwirtschaftliche Betrieb nicht so wie zur Zeit wirtschaftlich "funktionieren".
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Demgegenüber ist unbeachtlich, was der Beklagte in der Begründung seines
Widerspruchsbescheides zur Verneinung der in § 135 Abs. 4 S. 1 BauGB bestimmten
Stundungsvoraussetzungen anführt. Wie bereits dargelegt, stellt jedenfalls die
Betriebshallenutzung auf dem Grundstücks des Klägers eine landwirtschaftliche
Nutzung des Grundstücks dar. Dieser landwirtschaftlichen Grundstücksnutzung kommt
für die Anwendung des § 134 Abs. 4 S. 1 BauGB entscheidende Bedeutung zu. Auf sie
muss es zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des landwirtschaftlichen Betriebs
ankommen. Weil dies für die auf dem Grundstück des Klägers vorhandene
Betriebshallennutzung als funktionsnotwendigem Bestandteil seines
landwirtschaftlichen Betriebs zutrifft, ist es nach dem vom Bundesverwaltungsgericht
a.a.O. unter 3. c) dargelegten Sinn und Zweck des § 135 Abs. 4 S. 1 BauGB verfehlt und
unzulässig, wenn der Beklagte die Betriebshalle mit einem sog. landwirtschaftlichen
Hilfsbetrieb, der nicht im Funktions- und Nutzungszusammenhang eines unter § 201
fallenden landwirtschaftlichen Betriebs steht, vergleicht und dafür mit der Überlegung,
der Kläger könne die Betriebshalle ohne weiteres auf ein anderes Grundstück verlagern,
ihre Notwendigkeit zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Betriebs verneint. Die
Betriebshalle ist nun einmal ein - übrigens offensichtlich auch nicht unwesentlicher -
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Bestandteil des vom Kläger geführten landwirtschaftlichen Betriebs. Auf diesen Betrieb
mit seiner konkret vorhandenen Organisation, dessen Wirtschaftlichkeit den im
Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahmen der Landwirtschaftskammer NRW
zu Folge nicht in Frage steht, ist abzustellen, nicht jedoch auf einen anders
organisierten, wie ihn sich der Beklagte vorstellt.
Nicht zu folgen ist schließlich auch dem Beklagten, wenn er sich dagegen wendet, das
o.g. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auf den vorliegenden Fall "zu übertragen",
weil das bedeuten würde, "dass in allen anderen (vergleichbaren) Fällen zu Lasten der
Gemeindehaushalte eine unbefristete zinslose Stundung des gesamten Beitrages
bereits dann gewährt werden müsste, wenn auf dem der Beitragspflicht unterliegenden
Grundstück nur noch einige Hühner gehalten werden oder etwa, wenn dieses
Grundstück gelegentlich zum Abstellen eines Traktors genutzt wird." Abgesehen davon,
dass von einer "unbefristeten" zinslosen Stundung schon wegen der Solange-wie-
Regelung in § 135 Abs. 4 S. 1 BauGB keine Rede sein kann, gilt selbstredend, dass die
vom Beklagten beispielhaft angesprochenen Nutzungen auf dem beitragspflichtigen
Grundstück, wenn sie als landwirtschaftliche und zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit
des landwirtschaftlichen Betriebs notwendige anzusehen sind, die zinslose Stundung -
wie dargelegt, für den auf das ganze Buchgrundstück entfallenden vollen
Erschließungsbeitrag - zur Konsequenz haben, während im umgekehrten Fall, also
wenn es an einer der oder an beiden Voraussetzungen des § 135 Abs. 4 S. 1 BauGB
fehlt, ein Anspruch auf eine solche Stundung nicht besteht. In Anknüpfung an die vom
Beklagten erwähnten Nutzungsfälle, die sinngemäß gerade eben noch als
landwirtschaftlich geprägt, im Übrigen aber ersichtlich als gänzlich unterwertig wenn
nicht sogar als abstrus verstanden werden sollen, sei indes abschließend, jedoch nicht
mit für die Entscheidung tragender Bedeutung, angemerkt, dass nach der Auffassung
des Gerichts im Einklang mit der genannten Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts vom 23.08.1996 eine zinslose Stundung nach § 135 Abs. 4
S. 1 BauGB selbst dann in Betracht zu ziehen ist, wenn der Inhaber eines
landwirtschaftlichen Betriebs auf dem beitragspflichtigen Grundstück nur sein
Wohnhaus hat und dort die für seinen Betrieb notwendige Büroarbeit erledigt.
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Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§
154 Abs. 1 und 167 Abs. 2 VwGO.
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