Urteil des VG Minden vom 17.02.2004

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Verwaltungsgericht Minden, 1 K 1067/02
Datum:
17.02.2004
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 K 1067/02
Tenor:
Der Bescheid des Beklagten vom 13.02.2001 und der
Widerspruchsbescheid der Beigeladenen zu 2. vom 08.03.2002 werden
aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine
Bebauungsgenehmigung gemäß seiner Bauvoranfrage vom 29.11.2001
für eine Windenergieanlage mit einer Höhe von max. 135 m zu erteilen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig
sind.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der
Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger
vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
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Der Kläger begehrt die Erteilung einer Bebauungsgenehmigung für die Errichtung einer
Windkraftanlage in der Gemarkung T. , Flur 3, Flurstück 2 gemäß seiner Bauvoranfrage
vom 29.11.2001. Er plant die Errichtung einer Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe
von max. 110 m, einem Rotordurchmesser von max. 80 m und einer Gesamthöhe von
max. 135 m. Der geplante Standort der Windenergieanlage liegt ca. 1 bis 1,5 km östlich
der Ortschaft X. auf einer Höhe von etwa 300 m über NN im X1. P. . Das X1. P. erhebt
sich ca. 70 - 90 m über den Ortschaften T. und X. sowie über den Zentralort C. selbst.
Die vorhandene Bebauung ist vom vorgesehenen Standort der Windenergieanlage teils
gar nicht (etwa T. ), im Übrigen nur in größerer Entfernung (z.B. die Stadt C. selbst)
sichtbar. Mit Ausnahme von landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden (Scheunen) befindet
sich in der näheren Umgebung der geplanten Windenergieanlage keine nennenswerte
Bebauung. In süd-südöstlicher Richtung befinden sich ca. 500 m von dem
vorgesehenen Standort entfernt diesseits und jenseits der L.----straße 35 insgesamt
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sieben Windkraftanlagen. Sie gehören überwiegend zu einem Bereich, in dem der
Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1. eine Konzentrationszone für die Nutzung
der Windenergie darstellt. Drei Anlagen wurden jedoch außerhalb dieses
Vorranggebietes errichtet. Für den geplanten Standort der Windenergieanlage stellt der
geltende Flächennutzungsplan eine Fläche für die Landwirtschaft dar, eine
Konzentrationszone im Sinne von § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ist nicht ausgewiesen.
Der derzeit geltende Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1. stellt seit seiner 28.
Änderung, die am 28.06.1995 in Kraft trat und der 28/1. Änderung, die am 31.07.1996
bekannt gemacht wurde, insgesamt zwei Vorrangflächen für die Nutzung von
Windenergie dar. Neben der in der Nähe des vorgesehenen Standorts befindlichen
Vorrangzone in C1. /X2. ist dies die nördlich jenseits der Stadt C. gelegene
Vorrangfläche in C. -Steinhausen (28/1. Änderung des Flächennutzungsplanes). Zur 28.
Änderung des Flächennutzungsplanes kam es wie folgt:
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Unter dem 09.08.1993 teilte der Beklagte der Beigeladenen zu 1. mit, dass aus seiner
Sicht auf Grund der Vielzahl gestellter Genehmigungsanträge für Windenergieanlagen
eine Steuerung durch Bauleitpläne sinnvoll sei. Im Sinne einer geordneten
städtebaulichen Entwicklung sei es erforderlich, kommerziell betriebene
Windkraftanlagen räumlich zu konzentrieren. Nach ersten "Vorüberlegungen" seien im
Stadtgebiet der Beigeladenen zu 1. solche Anlagen am besten nordwestlich des
Hellwegs (C. -Steinhausen) sowie im Bereich von C1. zu konzentrieren. Der Rat der
Beigeladenen zu 1. beschloss daraufhin am 27.10.1993, "den Flächennutzungsplan
dahingehend zu ändern, dass in den Bereichen, die in den anliegenden
Übersichtskarten schraffiert dargestellt sind, kommerzielle Windkraftanlagen errichtet
werden dürfen." Bei den schraffierten Flächen handelte es sich um die von dem
Beklagten vorgeschlagenen Bereiche. Die genaue Abgrenzung der Vorrangzonen sollte
dem weiteren Planungsverfahren vorbehalten bleiben.
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Auf Grundlage dieses Ratsbeschlusses wurde das Ingenieurbüro Bölte am 06.12.1993
mit der Durchführung der Planung beauftragt. Im Ergebnis schlug es vor, zwei
Konzentrationsflächen an den vom Rat bereits beschlossenen Standorten auszuweisen.
Auf Grund von Bedenken der Genehmigungsbehörde, der Beigeladenen zu 2., wurde
zunächst nur die Darstellung einer ca. 240 ha großen Vorrangzone im Bereich C1. in
Kraft gesetzt. Der Flächennutzungsplan für den Teilbereich Steinhausen wurde mit einer
deutlich reduzierten Konzentrationszone von 22 ha statt der ursprünglich vorgesehenen
ca. 110 ha ein Jahr später bekannt gemacht. Mit der am 29.09.1999 in Kraft getretenen
43. Änderung des Flächennutzungsplanes wurde auch die Vorrangzone im Bereich C1.
von 240 ha auf ca. 30 ha verkleinert. Grundlage dieser Reduzierungen und der
Planungen selbst war eine mit Schreiben vom 03.05.1994 durch die Beigeladene zu 2.
mitgeteilte Bedarfsanalyse, nach der für den Bereich der Stadt C. lediglich zwei
Windkraftanlagen pro Jahr, mithin für zehn Jahre insgesamt 20, benötigt würden.
Hintergründe dieser Bedarfsanalyse wurden nicht mitgeteilt.
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Die vorgesehene Vorrangzone im Bereich C1. ist gegenwärtig mit vier
Windenergieanlagen weitgehend ausgenutzt. Auf Grund der Nähe zu einem
benachbarten Segelflugplatz besteht hier für ca. 70 % der vorgesehenen Fläche eine
Höhenbegrenzung von 30 m. Die Konzentrationszone grenzt in nordwestlicher und
nordöstlicher Richtung unmittelbar an bestehende Landschaftsschutzgebiete.
Zusammen mit der zweiten Vorrangzone in C. -T1. stehen ca. 0,3 % des gesamten
Gemeindegebietes und allenfalls 10 % der von dem Beklagten und der Beigeladenen
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zu 1. hierfür als "gut geeignet" eingestuften Flächen für die Windkraftnutzung zur
Verfügung.
Nachdem in mehreren Verfahren (1 K 2868/97 - T2. I -; 1 K 2711/99 - T3. ) die Gültigkeit
des Flächennutzungsplanes der Beigeladenen zu 1. in Frage gestellt wurde, reichte
diese eine Stellungnahme des Ingenieurbüros Bölte vom 18.12.2000 nach, in der die
verschiedenen Planungsschritte zur Erstellung der 28. Änderung des
Flächennutzungsplanes aus dessen Sicht detailliert dargestellt wurden. Als Grundlagen
der Planung wurden dabei u.a. eine Karte der Energieagentur NRW mit Angaben zu
Windgeschwindigkeiten sowie eine "Karte der VEW, Windgebiete 1:50.000 (auf
Grundlage von Windmessungen erstellt)" bezeichnet. Anhand dieser beiden Karten
sowie Panoramakarten und topografischen Karten seien zunächst in einem ersten
Schritt die Gebiete ermittelt worden, die für die Nutzung von Windenergie generell
geeignet seien. Dabei sei das gesamte Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 1. in den
Blick genommen worden. Die ausreichende Windhöffigkeit sei dann das Grundkriterium
gewesen, bestimmte Flächen näher zu untersuchen. Sodann seien bestimmte
besonders schutzbedürftige Gebiete (Natur- und Landschaftsschutzgebiete, Biotope
sowie besiedelte Bereiche und Waldflächen) ausgeschlossen worden. Dabei sei auch
die Empfehlung des Beklagten vom 09.08.1993 wesentlich berücksichtigt worden. Die
verbleibenden potentiellen Änderungsflächen, die auf Grund ihrer Windhöffigkeit eine
hohe Eignung aufwiesen, seien anschließend an den mittelfristigen Bedarf angepasst
worden. Ferner seien Mindestabstände zu Gebäuden, Siedlungsbereichen, Straßen,
Wald- und Schutzgebieten festgelegt worden und auf Grund dessen konfliktarme von
konfliktreichen Zonen unterschieden worden. Insgesamt seien so neben den letztlich
ausgewiesenen Konzentrationszonen fünf weitere übrig geblieben, darunter auch eine
Fläche östlich von X. . Diese seien im Wesentlichen deshalb ausgeschieden, weil unter
Anwendung der definierten Mindestabstände keine bzw. nur sehr kleine konfliktarme
Zonen übrig geblieben seien. Auf Grund der Bedarfsmitteilung der Bezirksregierung E.
seien schließlich die verbliebenen Flächen, die als zu groß betrachtet wurden, verringert
worden.
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Mit Schreiben vom 03.05.2001 teilte die Energieagentur NRW mit, dass eine von ihr
herausgegebene Windkarte nicht existiere. Seinerzeit habe sie lediglich ein Poster
erstellt, um für die Nutzung der Windkraft und anderer erneuerbarer Energien zu werben.
Die eingearbeiteten Daten seien für eine Planungsprognose bzgl. der Nutzung von
Windenergie jedoch generell nicht geeignet. Hinzu komme, dass das fragliche Poster
schon aus grafischen Gründen viel zu ungenau sei, um als Grundlage einer
Flächennutzungsplanung zu dienen. Mit Schreiben vom 13.08.2001 teilte der
Rechtsnachfolger der VEW - die RWE Net - mit, dass lediglich eine Windkarte der VEW
aus dem Jahre 1997 existiere. Ältere Karten habe es nicht gegeben. Es seien lediglich
in den Jahren zuvor an wenigen Punkten eigene Wettermessungen durchgeführt
worden. Dabei sei es jedoch nur um die Erfassung von Windböen gegangen. Für die
flächendeckende Ermittlung geeigneter Standorte für Windenergieanlagen seien diese
Daten keinesfalls geeignet.
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Nachdem in einem Parallelverfahren (1 K 2711/99 - T3. ) anlässlich eines Ortstermins
der Berichterstatter des OVG darauf hingewiesen hatte, dass sich aus den
Planungsunterlagen nicht ergebe, dass bei der 28. Änderung des
Flächennutzungsplanes andere als die vom Kreis in seiner Stellungnahme vom
09.08.1993 vorgeschlagenen Gebiete berücksichtigt worden seien, wurde in diesem
Verfahren eine Stellungnahme des Leiters der Bauabteilung der Beigeladenen zu 1.
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vom 01.07.2003 eingereicht, in der er bestätigte, dass die in der nachträglichen
Stellungnahme vom 18.12.2000 genannten Bereiche in allen Ausschuss- und
Ratssitzungen erwogen worden seien. Ein Protokoll hierüber sei allerdings nicht
vorhanden, da die Beigeladene zu 1. nur Ergebnisprotokolle führe. Aus seiner
Erinnerung könne er jedoch bestätigen, dass etwa der hier konkret in Rede stehende
Bereich östlich von X. deshalb ausgeschieden sei, weil er eine zu große Nähe zu
Landschaftsschutzgebieten aufweise und auf Grund der vorhandenen
Rundwanderwege der Naherholung diene.
Nach Beendigung des vorgenannten Rechtsstreits durch Erteilung eines
Bauvorbescheides für ein Vorhaben außerhalb der vorgesehenen Konzentrationszonen
beschloss der Rat der Beigeladenen zu 1. am 06.11.2003, einen geänderten
Flächennutzungsplan aufzustellen. In der Begründung heißt es, dass die Beigeladene
zu 1. auf Grund der Stellungnahmen des OVG NRW anlässlich der mündlichen
Verhandlung zu dem Schluss gekommen sei, "dass der geltende Flächennutzungsplan
hinsichtlich der ausgewiesenen Vorranggebiete nicht die Kriterien erfüllt, die die
höchstrichterliche Rechtsprechung heute erwartet". In der mündlichen Verhandlung hat
der Vertreter der Beigeladenen zu 1. diese Planungen auf ausdrückliche Nachfrage
bestätigt und auf gerichtliche Aufforderung Planungsunterlagen vorgelegt und den
bisherigen Planungsstand erläutert. Danach befindet sich die Änderung des
Flächennutzungsplanes derzeit noch in der ersten Planungsstufe. Es würden derzeit
alle Bereiche des Gemeindegebietes im Hinblick auf die Eignung zur Nutzung von
Windenergie voruntersucht. Diese Prüfungen seien unterschiedlich weit gediehen. Für
das hier betroffene Umgebungsgebiet der Ortschaft X. seien sie noch nicht
abgeschlossen. Die festgelegten Kriterien des Abstandes zu Straßen, Ortschaften,
Einzelgehöften und Landschaftsschutzgebieten zeigten jedoch, dass in diesem Gebiet
lediglich die Ausweisung kleinerer Flächen in der Nachbarschaft der hier geplanten
Anlage möglich sei. Eine Vorrangzone werde es hier daher voraussichtlich nicht geben.
Nach den derzeit zu Grunde gelegten Abstandsflächen zu Landschaftsschutzgebieten
von mehreren hundert Metern gehöre der geplante Standort selbst jedoch nicht zu
einem solchen grundsätzlich denkbaren Gebiet.
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Mit Bescheid vom 13.02.2002 lehnte der Beklagte den beantragten Bauvorbescheid ab.
Zur Begründung führte er aus, dass das Vorhaben des Klägers Belange des
Naturschutzes und der Landschaftspflege beeinträchtige und geeignet sei, das Orts- und
Landschaftsbild zu verunstalten. Die Anlage würde auf Grund der topografischen
Verhältnisse dominierend in Erscheinung treten. Sie würde die Ortschaften X. und T. um
ca. 230 m überragen. In unmittelbarer Nähe des Vorhabens setze der geltende
Landschaftsplan darüber hinaus den "geschützten Landschaftsbestandteil 2.4.3 -
Ahornreihe auf dem P. -" fest. Auch seien negative Auswirkungen auf den Lebensraum
von Vögeln zu erwarten. Darüber hinaus liege das Vorhaben außerhalb der
dargestellten Vorrangflächen für die Nutzung der Windenergie.
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Den Widerspruch des Klägers vom 14.02.2002 wies die Beigeladene zu 2. mit Bescheid
vom 08.03.2002 zurück. Zur Begründung verwies sie darauf, dass die Beigeladene zu 1.
ihr nach § 36 BauGB erforderliches Einvernehmen verweigert habe.
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Mit seiner unter dem 22.03.2002 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren
weiter. Das geplante Vorhaben sei im Rahmen der gestellten Voranfrage zulässig. Dem
stehe insbesondere nicht entgegen, dass der Flächennutzungsplan der Beigeladenen
zu 1. an anderer Stelle Vorrangflächen für die Nutzung der Windenergie darstelle. Diese
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entfalteten auf Grund zahlreicher Abwägungsmängel keine Ausschlusswirkung.
Insbesondere sei auf Grund der Stellungnahmen der Energieagentur NRW und der
RWE Net ausgeschlossen, dass eine Untersuchung des gesamten Gemeindegebiets
auf der Grundlage von Windkarten stattgefunden habe. Darüber hinaus sei zu
berücksichtigen, dass das dargestellte Vorranggebiet C1. an zwei Stellen unmittelbar an
ein Landschaftsschutzgebiet grenze. Das gelte für das X1. P. gerade nicht. Es könne
daher ausgeschlossen werden, dass die nachträglich angeführten Planungsgrundlagen
bei der Änderung des Flächennutzungsplanes tatsächlich eine Rolle gespielt hätten.
Vielmehr sei lediglich eine Festsetzung anhand der Vorschläge des Beklagten vom
09.08.1993 erfolgt. Diese Vorschläge seien jedoch nicht hinreichend durch die
Untersuchung des Gemeindegebietes abgesichert gewesen. Auch sei unerfindlich, wie
es zu einer Bedarfsfestsetzung von nur 20 Windenergieanlagen gekommen sei.
Die nunmehr ins Feld geführte Verunstaltung des Landschaftsbildes sei nicht
nachvollziehbar. In der Nähe seien bereits Windkraftanlagen vorhanden, und zwar auf
beiden Seiten der L.----straße 35. Zwar befinde sich die Vorrangzone C1. auf deren
Ostseite, jedoch stünden zwei Windkraftanlagen westlich in Richtung zum X1. P. hin.
Zudem sei seine Windkraftanlage von der Ortschaft X. aus kaum zu sehen. Eine
Sichtbeziehung sei auf Grund der topografischen Verhältnisse insbesondere im näher
gelegenen Bereich der Ortschaft auszuschließen. Unberücksichtigt bleibe schließlich
auch, dass die geplante Windkraftanlage durch die geschützten
Landschaftsbestandteile "Ahornreihe auf dem P. " zusätzlich von Blicken aus den
Ortschaften X. und T. abgeschirmt sei.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 13.02.2002 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides der Beigeladenen zu 2. vom 08.03.2002 zu verpflichten, ihm
eine Bebauungsgenehmigung gemäß seiner Bauvoranfrage vom 29.11.2001 für eine
Anlage in einer Gesamthöhe von 135 m zu erteilen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
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Zur Begründung verweist der Beklagte auf die Ausführungen in den angefochtenen
Bescheiden. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Flächennutzungsplan
wirksam. Es habe zum damaligen Zeitpunkt ausreichende Erkenntnisse über die
Windverhältnisse in der Stadt C. gegeben. Selbst wenn es keine Windkarte gegeben
haben sollte, stehe doch fest, dass die VEW Messungen durchgeführt habe. Im Übrigen
sei es zwar so, dass auch andere Gemeindegebiete zur Nutzung von Windenergie in
Frage gekommen seien. Die Stadt C. habe sich jedoch auf zwei Gebiete beschränkt. Sie
sei nicht verpflichtet, alle geeigneten Standorte als Konzentrationszonen auszuweisen.
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Unabhängig davon verunstalte die geplante Windkraftanlage am beantragten Standort
wegen ihrer exponierten Lage das Landschaftsbild. Die nähere und weitere Umgebung
sei weitgehend frei von baulichen Anlagen. Im Norden und Westen befinde sich das
Almetal. Die Alme sei im Gebietsentwicklungsplan als Bereich für den Schutz der Natur
dargestellt und habe für den Naturhaushalt eine herausgehobene Bedeutung, südlich
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von T. sei sie sogar als FFH-Gebiet gemeldet. Das X1. P. selbst sei insgesamt in den
Kanon freier Landschaften und offener Höhen einzuordnen. Das Landschaftsbild wirke
im Nahbereich durch offene Feldfluren, im Mittelbereich durch Strukturen der Täler und
am Horizont dominierend durch Wald. Insofern sei es mit dem Naturpark Rhön zu
vergleichen. In einer solchen Landschaft sei eine Windenergieanlage grob
unangemessen.
Die Beigeladene zu 1. weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass dem
Aufstellungsbeschluss zu 28. Änderung des Flächennutzungsplanes vom 27.10.1993
eine intensive Bereisung des Gemeindegebietes vorangegangen sei. Auch habe man
auf Windmessungen zurückgreifen können. Zur Abwägung im Übrigen sei auf die
Stellungnahme des Leiters der Bauabteilung im Verfahren 1 K 2711/99 zu verweisen. Im
Hinblick auf das Landschaftsbild sei insbesondere zu berücksichtigen, dass von der L.---
-straße 35 aus gesehen in westlicher Richtung - anders als nach Osten und Norden -
eine von Windkraftanlagen unberührte Landschaft existiere. Der Betrachter komme
daher nur bei einem Blick nach Westen "zur Ruhe". Schließlich widerspreche die
Errichtung einer Windkraftanlage am vorgesehenen Standort dem
Rundwanderwegkonzept der Beigeladenen zu 1. und der Nachbargemeinden. Es sei
ansatzweise bereits vorhanden, solle jedoch in Zukunft weiter ausgebaut und auch
näher an den geplanten Standort der Windenergieanlage herangeführt werden.
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Der Berichterstatter hat die Örtlichkeit besichtigt. Wegen des Ergebnisses wird Bezug
genommen auf das Terminsprotokoll vom 28.05.2003. Wegen der weiteren Einzelheiten
des Sach- und Streitstandes wird ferner auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der
beigezogenen Verwaltungsvorgänge einschließlich der beigezogenen Akten der
Verfahren 1 K 2868/97 und 1 K 2711/99 sowie auf sonstiges Kartenmaterial des
Beklagten und der Beigeladenen zu 1. verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die
Erteilung des begehrten Bauvorbescheides. Der ablehnende Bescheid vom 13.02.2002
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2002 ist rechtswidrig und verletzt
den Kläger in seinen Rechten. Er war aufzuheben und der Beklagte zu verpflichten,
antragsgemäß zu entscheiden, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO.
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Rechtsgrundlage für die begehrte Verpflichtung ist §§ 71 Abs. 1, Abs. 2, 75 Abs. 1 BauO
NRW. Danach hat der Kläger einen Anspruch auf die Erteilung des begehrten
Bauvorbescheides, wenn den darin zur Entscheidung gestellten Aspekten des
Bauvorhabens öffentlich-rechtliche Normen nicht entgegenstehen. Nach diesen
Maßstäben war dem Antrag des Klägers vom 29.11.2001 zu entsprechen. Denn der
Bebaubarkeit des Grundstücks Gemarkung T. , Flur 3, Flurstück 2, mit einer
Windenergieanlage in einer Höhe von max. 135 m stehen Vorschriften des öffentlichen
Baurechts nicht entgegen, konkret ist eine solche Bebauung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6
BauGB planungsrechtlich zulässig.
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Nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB sind Windenergieanlagen dann im Außenbereich
zulässig, wenn ihnen öffentliche Belange gemäß Abs. 3 nicht entgegenstehen. Dies ist
hier der Fall. Qualifizierte Belange des Natur- und Landschaftsschutzes im Sinne von §
35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB werden von dem Vorhaben nicht in unzulässiger Weise
betroffen. Ferner steht dem Vorhaben auch § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht entgegen.
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Ein den Vorgaben des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entsprechender Flächennutzungsplan
mit Ausschlusswirkung existiert für das Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 1. nicht.
Zwar stellt der geltende Flächennutzungsplan zwei Vorrangflächen für die Errichtung
von Windenergieanlagen in einer Gesamtgröße von ca. 50 ha dar. Er ist auch im Sinne
von § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich, insbesondere stehen seiner Durchführung keine
unüberwindbaren tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten entgegen. Soweit der
Kläger geltend macht, auf Grund der fehlenden Untersuchung zu den Windverhältnissen
im Gebiet der Beigeladenen zu 1. und auf Grund der Höhenbeschränkungen aus
Gründen des Luftverkehrs seien jedenfalls nicht die für die Windkraftnutzung
geeignetsten Standorte gewählt worden, so führt dies nicht zu einer fehlenden
Erforderlichkeit i.S.v. § 1 Abs. 3 BauGB.
28
Vgl. zu den entsprechenden Anforderungen BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 - 4 C 15/01
-, BRS 65 Nr. 95; OVG NRW, Urteil vom 30.11.2001 - 7 A 4857/00 -, BRS 64 Nr. 101;
Urteil vom 06.08.2003 - 7 aD 100/01.NE -.
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Denn danach reicht es aus, dass die ausgewiesenen Standorte für die Nutzung von
Windenergie zumindest geeignet sind und auf Grund der rechtlichen Vorgaben die
Errichtung von Windenergieanlagen konkret zulässig ist. Beides ist hier der Fall, was
sich insbesondere daran zeigt, dass in beiden Vorranggebieten Windenergieanlagen
errichtet wurden und offenbar auch rentabel zu betreiben sind.
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Der geltende Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1. in der Fassung des 28. und
43. Änderung weist jedoch Mängel im Abwägungsvorgang auf, die zumindest dazu
führen, dass er in seiner derzeitigen Form nicht die ihm von der Beigeladenen zu 1. u. a.
auch zugewiesene Ausschlusswirkung entfaltet. Denn der Darstellung einer
Konzentrationszone kommt nur dann eine solche Negativwirkung zu, wenn ihr ein
schlüssiges Plankonzept zu Grunde liegt, das sich auf den gesamten Außenbereich
erstreckt. Demzufolge muss die gemeindliche Entscheidung nicht nur positive
Standortvorgaben enthalten, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es
rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windkraftanlagen freizuhalten. Aus dem
Regelungszusammenhang des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ergibt sich, dass diese
Ausschlusswirkung durch städtebauliche Gründe legitimiert sein muss. Die Gemeinde
darf nicht im Gewand der Bauleitplanung eine Windkraftpolitik betreiben, die den
Wertungen des BauGB zuwider läuft und darauf abzielt, die Windenergienutzung aus
sonstigen Erwägungen heraus zu reglementieren oder gar zu unterbinden. Auch wenn §
35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB kein Optimierungsgebot in dem Sinne zu entnehmen ist, dass
der Nutzung der Windenergie die größtmöglichen Entwicklungschancen zu geben sind,
erlaubt § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eine beschränkende Ausweisung nur insoweit, wie
dies aus städtebaulichen Gründen erforderlich ist. Aus dem Planungsprozess darf sich
deshalb nicht ergeben, dass die Gemeinde aus anderen als städtebaulichen Gründen
von vornherein gezielt darauf hinarbeitet, die Windenergienutzung so weit wie möglich
von ihrem Gemeindegebiet fern zu halten. Mit einer bloßen "Feigenblattplanung" darf
sie es nicht bewenden lassen. Vielmehr muss sie auf Grund der gesetzgeberischen
Privilegierungsentscheidung der Windenergie zumindest substantiellen Raum
einräumen. Im Rahmen der Abwägungsentscheidung ist es ihr jedoch nicht verwehrt,
auch Standorte, die zur Nutzung der Windenergie besonders geeignet erscheinen,
deshalb nicht als Vorrangzone auszuweisen, weil für sie ein städtebaulich erhebliches
Konfliktpotential besteht.
31
Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 - 4 C 15/01 -, BRS 65 Nr. 95; OVG NRW, Urteil vom
30.11.2001 - 7 A 4857/00 -, BRS 64 Nr. 101.
32
Vor diesem Hintergrund verlangt § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, dass die Abwägung durch
Offenheit in der Bauleitplanung geprägt ist. Dazu gehört insbesondere, im Rahmen der
Aufstellung des Flächennutzungsplanes das gesamte Gemeindegebiet auf seine
Eignung für die Nutzung von Windenergie untersuchen und von den so ermittelten
grundsätzlich geeigneten Flächen nur solche aus der weiteren Betrachtung
auszuscheiden, bei denen ein städtebauliches Konfliktpotential besteht, das es
rechtfertigt, die gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegierte Windenergienutzung im
Rahmen einer Abwägungsentscheidung zurücktreten zu lassen. Die Ausweisung
bestimmter Konzentrationsflächen muss sich in diesem Rahmen im Ergebnis als
schlüssiges Planungskonzept präsentieren.
33
Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 - 4 C 15/01 -, BRS 65 Nr. 95; OVG NRW, Urteil vom
30.11.2001 - 7 A 4857/00 -, BRS 64 Nr. 101.
34
Gemessen an diesen Vorgaben erfüllt die von der Beigeladenen zu 1. durchgeführte
Bauleitplanung die Anforderungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB nicht. Der geltende
Flächennutzungsplan ist daher zumindest nicht geeignet, die ihm zugewiesene
Negativwirkung i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu entfalten.
35
Im vorliegenden Fall fehlt es an einem ergebnisoffenen Planaufstellungsverfahren.
Bereits der der 28. Änderung zu Grunde liegende Planaufstellungsbeschluss vom
27.10.1993 zielt ausdrücklich darauf ab, (nur) in zwei schraffierten Bereichen
gegebenenfalls Vorrangzonen für die Nutzung der Windenergie darzustellen. Durch
diese Entscheidung war die weitere Bauleitplanung damit von vornherein auf einen
relativ kleinen Ausschnitt des Gemeindegebietes der Beigeladenen zu 1 beschränkt.
Lediglich die genauen Gebietsabgrenzungen sollten nach dem Inhalt des
Aufstellungsbeschlusses im weiteren Planungsverfahren festgelegt werden. Dem lag
auch keine vorangegangene Gesamtbetrachtung des Gemeindegebietes zu Grunde,
eine solche ist jedenfalls nicht dokumentiert. Grundlage dieses Aufstellungsbeschlusses
für die 28. Änderung des Flächennutzungsplanes waren vielmehr ersichtlich nur "erste
Vorüberlegungen" des Beklagten, die darauf "hindeuteten", dass in diesem Bereich die
Nutzung der Windenergie grundsätzlich möglich und relativ konfliktarm sei. Ob weitere
Bereisungen des Gemeindegebiets durch den Leiter der Bauabteilung oder Mitglieder
des Rates der Beigeladenen zu 1. stattgefunden haben, ist hingegen nicht festzustellen.
Selbst wenn man solche nicht näher konkretisierten Reisen annähme, wären diese
allerdings kaum geeignet, die zu fordernde systematische Untersuchung des
Gemeindegebietes zu leisten und dadurch dem Gebot der Ergebnisoffenheit
ausreichend Rechnung zu tragen. Insbesondere sind Art, Umfang und Ergebnis der
Untersuchungen offenbar an keiner Stelle dokumentiert und daher auch nicht
überprüfbar, es lässt sich nicht einmal feststellen, ob und wie sich die Beteiligten den
erforderlichen Sachverstand verschafft haben.
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Von dieser Vorfestlegung ist die Beigeladene zu 1. jedenfalls nach den dem Gericht zur
Verfügung gestellten Unterlagen im weiteren Planungsprozess auch nicht abgerückt.
Dagegen spricht nicht zuletzt, dass die tatsächlich ausgewiesenen Vorrangflächen
genau in den Bereichen eingerichtet wurden, die bereits im Aufstellungsbeschluss vom
27.10.1993 genannt waren. Darüber hinaus wurden praktisch alle wesentlichen
Dokumente zum Planungsvorgang nachträglich erstellt. Hinweise darauf, dass trotzdem
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später das gesamte Gemeindegebiet untersucht wurde und entsprechende
Überlegungen in den Abwägungsprozess eingestellt wurden, sind dagegen nicht zu
finden. Allein die Stellungnahme des Leiters der Bauabteilung der Beigeladenen zu 1.
vom 01.07.2003 zeigt deutlich, dass dies zumindest nicht in einem nachprüfbaren
Umfang dokumentiert wurde. Ansonsten wäre eine Aufstellung "aus dem Gedächtnis"
nicht erforderlich gewesen. Am Wert einer solchen Stellungnahme im Abstand von 10
Jahren bestehen jedoch, schon auf Grund des nur beschränkten menschlichen
Erinnerungsvermögens, unabhängig davon erhebliche Zweifel. Vor allem ist ein solches
notwendig subjektives Gedächtnisprotokoll für eine objektive Prüfung des
Abwägungsprozesses im Rat ungeeignet. Schon deshalb kann hierauf im vorliegenden
Verfahren nicht abgestellt werden.
Den gleichen grundsätzlichen Einwänden begegnet letztlich auch die Stellungnahme
des von der Beigeladenen zu 1. beauftragten Ingenieurbüros vom 18.12.2000. Auch sie
kann einen rechtmäßigen Abwägungsvorgang in den Jahren 1993 bis 1995 nicht
zuverlässig dokumentieren. Unabhängig davon lässt sie jedoch nicht erkennen, dass
eine systematische Untersuchung des Gemeindegebietes tatsächlich stattgefunden hat.
Die entsprechende Stellungnahme war offenbar fünf Jahre nach Abschluss des
Planungsverfahrens erforderlich. Allein diese Tatsache lässt bezweifeln, dass die
Überlegung bei der Abwägungsentscheidung eine maßgebliche Rolle spielten. Dies
nicht zuletzt deshalb, weil der zu Grunde liegende Ratsauftrag nur eine Planung für
einen ausdrücklich beschränkten Teil des Gemeindegebietes vorsah. Es ist für sich
genommen zumindest ungewöhnlich, dass der Auftragnehmer hierüber aus eigener
Initiative hinausgegangen sein soll. Ein weiter gehender Auftrag ist aber offenbar
zumindest schriftlich nie erteilt worden. Falls diese Eigeninitiative trotzdem ausreichend
Eingang in den Abwägungsprozess des Rates der Beigeladenen zu 1. - trotz dessen
eindeutiger Festlegung auf einen begrenzten Untersuchungsauftrag - gefunden haben
soll, hätte das vor diesem Hintergrund zumindest dokumentierten Niederschlag finden
müssen. Unabhängig davon können die in einer nachgereichten Stellungnahme konkret
und erstmals erläuterten Planungsschritte schwerlich der fünf Jahre zuvor erfolgten
Abwägungsentscheidung des Rates der Beigeladenen zu 1. im Sinne eines
Nachvollzuges dieser Schritte zugeordnet werden. Auch insoweit gilt vielmehr, dass das
Erfordernis nachträglicher Präzisierung zugleich belegt, dass zum Zeitpunkt der
Planentscheidungen diese Grundlagen nicht berücksichtigt wurden.
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Nicht nur vor diesem Hintergrund hat das Gericht im Übrigen erhebliche Zweifel daran,
dass der Planungsablauf in der Stellungnahme vom 18.12.2000 korrekt dargestellt
wurde. So ist es zumindest erklärungsbedürftig, aus welchen Gründen darin die
Berücksichtigung von Kartenmaterial angeführt wird, das es zwar zum Zeitpunkt der
Stellungnahme im Jahr 2000 gab, nicht jedoch im Verlauf des Planungsprozesses
zwischen 1993 und 1995. Eine entsprechende Erklärung ist die Beigeladene zu 1.
bisher schuldig geblieben. Die Bezugnahme auf erfolgte Windmessungen kann den
ausdrücklichen Bezug auf eine Windkarte (einschließlich Maßstabsangabe) nicht
ersetzen. Hinzu kommt, dass diese Windmessungen ausweislich der von dem
Beklagten vorgelegten Zeitungsausschnitte erst nach dem Aufstellungsbeschluss vom
27.10.1993 durchgeführten wurden. Der Standortentscheidung zum damaligen
Zeitpunkt können sie also ebenfalls nicht zu Grunde gelegen haben.
39
Selbst wenn man jedoch den Abwägungsvorgang so zu Grunde legte, wie es in dieser
Stellungnahme dargestellt wird, kann im vorliegenden Fall eine ergebnisoffene
Ermittlung nicht festgestellt werden. Denn danach hat auch das Ingenieurbüro Bölte bei
40
seiner Planung die Empfehlung des Beklagten vom 09.08.1993 maßgeblich
berücksichtigt. Diese wiederum beruhte nur auf "ersten Vorüberlegungen" und damit
gerade nicht auf einer systematischen Untersuchung des Gemeindegebietes der
Beigeladenen zu 1. Zudem wurde laut Bericht ausdrücklich als wesentliches
Reduktionskriterium, bevor die grundsätzlich geeigneten verbliebenen Flächen anhand
städtebaulicher Kriterien ausgeschieden worden sein sollen, eine Bedarfsplanung der
Beigeladenen zu 2. zu Grunde gelegt. Demnach hat sich das beauftragte Planungsbüro
und damit im Ergebnis auch die Beigeladene zu 1. an einem vorgegebenen
Gesamtbedarf von insgesamt 20 Windenergieanlagen in zehn Jahren orientiert. Dabei
handelt es sich jedoch um eine - nicht näher begründete - externe Vorgabe, die mit
städtebaulichen Erwägungen und damit auch mit dem von § 35 Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 3
Satz 3 BauGB vorgegebenen Planungsprozess nichts zu tun hat.
Insofern geht auch der Hinweis des Beklagten fehl, die Beigeladene zu 1. habe nicht
alle theoretisch geeigneten Flächen als Vorrangzone ausweisen müssen. Dies ist nur
insoweit richtig, als städtebauliche Gründe für einen Ausschluss angeführt werden
können. Die gesetzlichen Vorgaben des § 35 BauGB mit der gesetzgeberischen
Privilegierungsentscheidung verbieten demgegenüber aber einen willkürlichen
Ausschluss geeigneter Flächen sowie eine verkappte Verhinderungsplanung, die
zumindest partiell aus der Berücksichtigung sonstiger Gründe zwingend folgt. Das zeigt
sich insbesondere daran, dass die von der Beigeladenen zu 1. ursprünglich
beabsichtigten Flächenausweisungen durch die Beigeladene zu 2. erheblich reduziert
wurden, wobei zur Begründung erneut auf einen angeblich nicht bestehenden Bedarf
hingewiesen wurde. Dementsprechend machen die schließlich ausgewiesenen
Vorrangflächen mit einer Gesamtgröße von ca. 50 ha nur 0,3 % des gesamten
Gemeindegebietes aus. Die Fläche entspricht zugleich weniger als 10 % der selbst
nach den Kriterien der Beigeladenen zu 1. für die Windenergienutzung besonders
geeigneten Flächen. Zwar ist nach der Rechtsprechung,
41
vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 - 4 C 15/01 -, BRS 65 Nr. 95; OVG NRW, Urteil vom
30.11.2001 - 7 A 4857/00 -, BRS 64 Nr. 101.
42
das Verhältnis der Vorrangflächen zur gesamten Gemeindefläche an sich kein
hinreichend sicheres Indiz für eine Verhinderungsplanung. Dies gilt jedoch nur insoweit,
als starre Vorgaben den jeweils unterschiedlichen topografischen und städtebaulichen
Verhältnissen des Gemeindegebietes nicht Rechnung tragen können. Sind diese
jedoch so, dass eine deutlich großzügigere Ausweisung von Vorrangflächen zu
erwarten wäre, so kann eine prozentual auffallend geringe Vorrangfläche einen
anderweitig gewonnenen Eindruck partieller Verhinderungsplanung unterstützen. Das
gilt jedenfalls dann, wenn die planende Gemeinde ersichtlich - oder wie hier sogar
ausdrücklich - städtebaufremde Gesichtspunkte über den Umfang der
Flächenausweisung entscheiden ließ.
43
Im Übrigen ist festzuhalten, dass selbst gemessen an den von der Beigeladenen zu 1.
übernommenen Bedarfsplanung die ausgewiesenen Flächen diesen Bedarf gerade
nicht decken. Die vorhandenen Konzentrationszonen sind insgesamt mit elf oder zwölf
Windenergieanlagen bebaut und damit im Wesentlichen ausgenutzt. Das Ziel, zwanzig
Windenergieanlagen bauen zu können, wird dadurch nicht annähernd erreicht. Selbst
wenn man also diesen Bedarf als städtebaulichen Grund anerkennen könnte,
rechtfertigte er die vorgenommene konkrete Ausweisung gerade nicht.
44
Vor diesem Hintergrund kommt dem eigentlichen Abwägungsvorgang kaum mehr eine
eigenständige Bedeutung zu. Dessen Überprüfung wird nicht zuletzt dadurch erschwert,
dass das Bauleitverfahren nicht erkennen lässt, dass und in welchem Umfang eine
solche Abwägung im Rat stattgefunden hat. Selbst wenn man dies jedoch unterstellte,
lässt sich die mit der Stellungnahme vom 18.12.2000 gegebene Begründung
insbesondere für das hier interessierende Gebiet östlich von X. schlüssig kaum
nachvollziehen. Ausschlaggebend für die Nichtberücksichtigung soll vor allem die Nähe
zu Landschaftsschutzgebieten gewesen sein. Eine besondere Nähe ist hier aus dem
vorhandenen Kartenmaterial aber nicht ersichtlich. Jedenfalls wäre ein dort
angesiedeltes Vorranggebiet möglich gewesen, ohne dass es unmittelbar an die
Grenzen von Landschaftsschutzgebieten stieße. Genau dies ist jedoch bei der letztlich
ausgewiesenen Vorrangfläche in C1. gleich an zwei Stellen der Fall. Ein schlüssiges
Gesamtplanungskonzept ist bei diesen Planungsergebnissen nicht zu erkennen.
45
Hinzu kommt, dass insbesondere für die Windverhältnisse aussagekräftiges
Kartenmaterial zum Planungszeitpunkt nicht vorhanden war bzw. von der Beigeladenen
zu 1. nicht angefordert wurde. Die Windkarte der VEW stammt tatsächlich aus dem
Jahre 1997, das Werbeplakat der Energieagentur NRW ist nach Sinn und Zweck hierzu
nicht geeignet gewesen. Dies hat die Energieagentur mit Schreiben vom 03.05.2001
noch einmal ausdrücklich bestätigt. Gleiches gilt für die 1994 durchgeführten
Windmessungen, wobei sich aus den Auskünften der Beigeladenen zu 1. insoweit
bereits gerade nicht ergibt, ob und ggf. wie sie in das Planungsverfahren eingeflossen
sein sollen. In der detaillierten Stellungnahme vom 18.12.2000 sind sie als Parameter
jedenfalls nicht genannt. Zudem fällt auf, dass die Umstände, die gegen eine
Ausweisung der Konzentrationszonen in C1. und Steinheim gesprochen hätten, im
Abwägungsvorgang offenbar letztlich keine Rolle spielten. Bei beiden Flächen wäre als
entgegenstehender Belang etwa ihre Lage in der Nähe von Flug- bzw. Segelflughäfen
zu berücksichtigen gewesen. Dies führt in beiden Fällen zu Baubeschränkungen, nach
denen im Fall der Ausweisung in C1. Windenergieanlagen nur mit einer ungewöhnlich
geringen Geamthöhe zulässig sind.
46
Schließlich zeigt auch das jetzt von der Beigeladenen zu 1. auf Grund des Beschlusses
des Rates vom 06.11.2003 eingeleitete Änderungsverfahren, dass eine systematische,
ergebnisoffene Planung von Vorrangzonen bisher nicht stattgefunden hat. Davon geht
auch die Beigeladene zu 1. inzwischen zumindest intern offenbar selbst aus. Denn
anders ist die Begründung der Beschlussvorlage, wonach eine den Anforderungen der
Rechtsprechung genügende Flächennutzungsplanung bisher nicht besteht, nicht zu
verstehen. Die eingehende Untersuchung des Gemeindegebietes im
Vorermittlungsverfahren ist zudem kaum erklärbar, wenn ein solches Verfahren vorher
bereits aufgenommen worden wäre. So ist etwa unverständlich, dass in einem Fall
aufwendiges Kartenmaterial hergestellt wurde, im anderen Fall trotz gleichgelagerter
Planungen und Planungsabsichten jedoch nicht.
47
Da nach alledem eine die Errichtung von Windenergieanlagen an anderer Stelle
ausschließende Flächennutzungsplanung der Beigeladenen zu 1. nicht vorliegt, wäre
der begehrte Bauvorbescheid nur dann nicht zu erteilen, wenn die von dem Beklagten
angeführten Gesichtspunkte des Landschaftsschutzes der Errichtung einer
Windenergieanlage gerade an dieser Stelle entgegen stünden, § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5
BauGB. Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die geplante
Anlage von den Ortschaften X. , T. und C. auf Grund ihrer exponierten Lage deutlich
sichtbar sei. Dadurch sei zugleich der weiträumig ruhige Landschaftscharakter
48
beeinträchtigt. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Landschaft auf Grund nahe
gelegener Rundwanderwege der Naherholung diene und dieses Rundwegenetz in
Zukunft weiter ausgebaut werden solle. Außerdem seien negative Auswirkungen für den
Lebensraum schützenswerter Tier- und Pflanzenarten zu befürchten. Schließlich
befinde sich in unmittelbarer Nähe des geplanten Standortes der geschützte
Landschaftsbestand Teil 2.4.3 - Ahornreihe auf dem P. -, dessen Erweiterung ebenfalls
geplant sei.
Hinsichtlich dieses letzten Einwandes ist bereits nicht ersichtlich, welche negativen
Auswirkungen die Errichtung einer mindestens 100 m hohen Windenergieanlage auf
eine Ahornreihe haben sollte, die allenfalls 30-40 m hoch sein bzw. werden dürfte.
Weder ist zu erwarten, dass Wachstum oder Lebensdauer der Bäume beeinträchtigt
würden noch wäre dadurch ihre Funktion als Landschaftsbestandteil gefährdet. Im
Gegenteil führen die nach dem Geländeschnitt knapp unterhalb der geplanten
Windenergieanlage vorhandenen bzw. geplanten Baumreihen dazu, dass die
Windkraftanlage jedenfalls nicht in voller Höhe sichtbar sein wird. Außerdem tritt sie
dadurch nicht in dem selben Maße als Solitär in Erscheinung, wie dies in einer reinen
Wiesenlandschaft der Fall wäre.
49
Im Ergebnis vermag das Gericht ferner auch die landschaftsästhetischen Einwände
gegen die Errichtung der geplanten Windenergieanlagen am vorgesehenen Standort
nicht zu teilen. Das Gericht legt seiner Beurteilung das bei den Akten befindliche Karten-
und Bildmaterial sowie das Ergebnis der Ortsbesichtigung durch den Berichterstatter zu
Grunde, das er der Kammer anhand dieser Unterlagen veranschaulicht hat. Der
betroffene Bereich ist - anders als weite Teile des Gemeindegebietes der Stadt C. und
nicht zuletzt auch der zum Vergleich herangezogene "Naturpark Rhön", dessen
durchaus fraglicher Vergleichbarkeit mit dem Bürener Land das Gericht schon deshalb
nicht im Einzelnen nachzugehen brauchte - nicht förmlich unter Natur- oder
Landschaftsschutz gestellt. Schon dies lässt erkennen, dass es sich hier auch aus Sicht
des Beklagten grundsätzlich und allgemein nicht um eine besonders schutzwürdige
Landschaft handelt. Gleichwohl schließt dies einen Verstoß gegen § 35 Abs. 3 Nr. 5
BauGB nicht von vornherein aus.
50
Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 18.03.2003 - 4 B 7/03 -, BauR 2/2004, 295;
Beschluss vom 15.10.2001 - 4 B 69/01 -; OVG NRW, Urteil vom 30.01.2001 - 7 A
4857/00 -, BRS 64, Nr. 101; Urteil vom 12.06.2001 - 10 A 97/99 -; Sächsisches OVG,
Urteil vom 18.05.2000 - 1 B 29/98 -.
51
In diesem Fall kommt jedoch eine Unzulässigkeit des Vorhabens nur bei einer
qualifizierten Beeinträchtigung in Form der Verunstaltung der Landschaft in Betracht.
Denn durch die Privilegierung hat der Gesetzgeber klargestellt, dass im Allgemeinen
der Schutz des Landschaftsbildes solchen Vorhaben nicht entgegen steht. Eine
Verunstaltung liegt nur vor, wenn sie dem Orts- oder Landschaftsbild in ästhetischer
Hinsicht grob unangemessen sind und auch von einem für ästhetische Eindrücke
offenen Betrachter als belastend erfunden werden.
52
BVerwG, Urteil vom 15.05.1997 - 4 C 23/95 -, BRS 59 Nr. 90, m.w.N.; vgl. auch OVG
NRW, Urteil vom 30.01.2001 - 7 A 4857/00 -, BRS 64 Nr. 101; Urteil vom 12.06.2001 -
10 A 97/99 -.
53
Eine solche verunstaltende Wirkung können auch Windkraftanlagen trotz ihrer
54
Privilegierung im Einzelfall haben.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.03.2003 - 4 B 7/03 -, BauR 2/2004, 295; Beschluss
vom 15.10.2001 - 4 B 69/01 -; OVG NRW, Urteil vom 30.01.2001 - 7 A 4857/00 -, BRS
64 Nr. 101; Urteil vom 12.06.2001 - 10 A 97/99 -.
55
Das lässt sich für das geplante Vorhaben jedoch nicht feststellen. Der Umstand allein,
dass die Anlage an ihrem Standort dominierend in Erscheinung tritt, führt entgegen der
Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen nicht bereits zu einer Verunstaltung
des Landschaftsbildes. Dies mag ein hinreichender städtebaulicher Grund für die
Nichtausweisung einer Vorrangzone sein, ein qualifiziertes Entgegenstehen im Rahmen
einer Einzelfallprüfung nach § 35 Abs. 1 BauGB lässt sich daraus jedoch nicht ableiten.
Denn gerade in einer Landschaft wie der hier vorhandenen kommen für
Windenergieanlagen praktisch nur exponierte Standorte in Betracht. Wollte man dort für
jede exponierte Lage, bei der Windenergieanlagen mit der heute üblichen Gesamthöhe
von mindestens 100 m zwangsläufig jedenfalls im Nahbereich dominant wirken, ohne
weiteres eine Verunstaltung annehmen, wären solche Anlagen in diesem Bereich
praktisch ausgeschlossen. Dies lässt sich jedoch mit der gesetzgeberischen Wertung
und der Privilegierung solcher Anlagen nicht vereinbaren. Denn daraus ist zumindest
abzuleiten, dass jedenfalls regelmäßige oder sogar zwangsläufige Auswirkungen vom
Gesetzgeber als hinzunehmen eingestuft werden und demgemäß eine qualifizierte
Beeinträchtigung des Landschaftsbildes nicht begründen. Gleiches gilt auch für die von
Windenergieanlagen wesensgemäß ausgehende Unruhe durch die Drehbewegung der
Rotorblätter.
56
Dazu allgemein OVG NRW, Urteil vom 30.11.2001 - 7 A 4857/00 -, BRS 64 Nr. 101.
57
Die Verletzung des § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB erfordert vielmehr einen in diesem Sinne
atypischen Sachverhalt. Eine zur Verunstaltung führende Wirkung von
Windenergieanlagen ist daher nur dann anzunehmen, wenn es sich bei dem optisch
betroffenen Bereich um eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders
schutzwürdige Umgebung handelt oder wenn ein besonders grober Eingriff in das
Landschaftsbild vorliegt.
58
Vgl. allgemein BVerwG, Beschluss vom 18.03.2003 - 4 B 7/03 -, BauR 2/2004, 295;
OVG NRW, Urteil vom 30.11.2001 - 7 A 4857/00 -, BRS 64 Nr. 101; Sächsisches OVG,
Urteil vom 18.05.2000 - 1 B 29/98 - .
59
Hierfür liegen jedoch weder bei einer engeren noch bei einer weiteren Betrachtung
hinreichende Anhaltspunkte vor. Insofern ist zunächst zu berücksichtigen, dass das
fragliche Gebiet - etwa anders als das vom Verfahren 1 K 2868/97 betroffene - nicht als
vorbelastungsfrei qualifiziert werden kann. So befinden sich in relativ geringer
Entfernung von dem Standort der geplanten Windenergieanlage insgesamt sieben
weitere Windkraftanlagen, die vom vorgesehenen Standort aus deutlich sichtbar sind.
Eine solche Vorbelastung schließt jedoch die Annahme einer besonders
schutzwürdigen Umgebung praktisch aus.
60
Vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 12.06.2001 - 10 A 97/99 - m.w.N.
61
Diese Vorbelastung ist hier auch nicht deshalb unerheblich, weil die vorhandenen
Anlagen alle östlich der L.----straße 35 zu finden und deshalb das gesamte westlich
62
davon liegende Gebiet als vorbelastungsfrei einzustufen wäre. Es ist bereits nicht
ersichtlich, dass der vom geplanten Standort überwiegend nicht sichtbaren L.---- straße
eine landschaftsgliedernde Funktion zukommt. Vielmehr liegt es näher, insoweit - wenn
überhaupt - auf die westlich des geplanten Standortes verlaufende Landstraße L 637
abzustellen, die breiter ausgebaut ist und zudem von einer Bahnlinie flankiert wird. Das
gilt umso mehr, als westlich dieser Straße mit Ausnahme der kleineren Siedlungen X.
und T. keine nennenswerte Bebauung besteht, während östlich wie westlich der L.----
straße 35 u. a. der Zentralort C. selbst zu finden ist. Hinzu kommt, dass die von der
geplanten Windkraftanlage unmittelbar betroffene Landschaft zwischen der L.----straße
35 und der Landstraße M. 637 mit Ausnahme der mehrfach angesprochenen
Ahornreihen keine besondere landschaftsästhetische Qualität aufweist, während weiter
westlich mit der Almeniederung und den anschließenden bewaldeten Gebieten der
reizvollere Landschaftsteil beginnt. Von der M1. 637 aus liegen jedoch sowohl die
sieben vorhandenen als auch die geplante Windenergieanlage in derselben
Blickrichtung.
Vgl. zum Vorstehenden auch OVG NRW, Urteil vom 12.06.2001 - 10 A 97/99 - , in dem
der Bereich östlich des Sternliedsberges und der Almeniederung, zu dem das X1.
Oberland gehört, im Übrigen keine besondere Erwähnung findet.
63
Dies mag jedoch auf sich beruhen, da die der Überlegung der Beigeladenen zu 1. zu
Grunde liegende Annahme, westlich der M1. .----straße 35 befänden sich keine
Windenergieanlagen, tatsächlich nicht zutrifft. Dies hat die Beigeladene zu 1. auf Vorhalt
des Klägers selbst eingeräumt. Soweit sie diesen Umstand deshalb als unerheblich
betrachtet, weil diese Anlagen deutlich kleiner seien als die nunmehr geplante,
überzeugt das nicht. Denn die vorhandenen Anlagen befinden sich in unmittelbarer
Nähe der M1. .----straße , was die größere Höhe der erheblich weiter entfernt geplanten
Anlage perspektivisch zumindest kompensiert.
64
Auch bei einer weiträumigen Betrachtung lässt sich eine grobe Unangemessenheit der
Windkraftanlage nicht feststellen. Zwar öffnen sich von dem geplanten Standort aus
weite Blicke in die Umgebung. Diese werden jedoch in nördlicher, östlicher und
westlicher Richtung gerade von Windenergieanlagen gewissermaßen begrenzt. Im
Süden findet sich dagegen vorwiegend Waldlandschaft. Diese Umstände lassen den
Schluss zu, dass die geplante Windenergieanlage aus der Umgebung, insbesondere
von den Erhebungen der Umgebung aus, ebenfalls sichtbar wäre. Eine grobe
Unangemessenheit ist jedoch schon auf Grund der relativ großen Entfernung
auszuschließen, zumal sich das X1. P. selbst nicht durch markante
landschaftsästhetische Besonderheiten wie etwa Wälder, Seen oder Flüsse
auszeichnet, sondern sich vornehmlich als flache, landwirtschaftlich genutzte
Hochebene präsentiert. Im Übrigen handelt es sich hierbei zu einem erheblichen Teil
um bewaldete Flächen, die einen ungehinderten Fernblick kaum zulassen. Dagegen
lassen sich von dem Standort der geplanten Windenergieanlage aus die von dem
Beklagten als besonders empfindlich eingestuften Flussniederungen nicht
wahrnehmen. Im Umkehrschluss wird die geplante Anlage deshalb auf Grund der
topografischen Verhältnisse von dort allenfalls eingeschränkt und nicht in ganzer Höhe
zu sehen sein, zumal der vorgesehene Standort eine relativ breite Hochebene ist.
65
Diese fehlende Sichtbarkeit kann insbesondere auch für den Nahbereich der Ortschaft
X. angenommen werden. Sofern die Anlage von dort aus überhaupt sichtbar sein sollte
beträfe dies jedenfalls nicht den Fuß dieser Anlage. Inwieweit eine Sichtbeziehung zur
66
Ortschaft T. besteht, lässt sich ebenfalls nicht abschließend feststellen. Die von der
Beklagten insoweit eingereichte Simulation ist nach Ansicht der Kammer schon deshalb
wenig aussagekräftig, weil der Maßstab für die Längs- und die Hochachse
unterschiedlich gewählt wurde. Dies hat zur Folge, dass eine Erhebung von 100 m auf
der Hochachse wesentlich stärker ausschlägt als die gleiche längenmäßige Entfernung
auf der Längsachse. Die durch die Simulation suggerierte fast unmittelbare, turmartige
Wirkung quasi in der Ortschaft selbst ist deshalb offenkundig jedenfalls in dieser Form
nicht zu befürchten. Zudem lässt diese Simulation nicht erkennen, ob die konkreten
topografischen Verhältnisse berücksichtigt wurden. Dies erscheint insbesondere
deshalb zweifelhaft, weil vom geplante Standort der Windenergieanlage aus die
Ortschaft T. in der Almenniederung gar nicht sichtbar ist. Dies spricht dagegen, dass die
Windenergieanlage von dort aus ungehindert in Erscheinung tritt. Hierzu hat sich die
Beklagte auch nicht weiter erklärt.
Hinzu kommt, dass auf Grund der relativ großen Entfernung zwischen der Ortschaft T.
und dem Standort der geplanten Windenergieanlage eine dominierende Wirkung
jedenfalls abgeschwächt wird und deshalb nicht als besonders grober Eingriff in das
Landschaftsbild gewertet werden kann. Ferner dürften von der Ortschaft T. aus, anders
als von X. , die bestehenden Windenergieanlagen in C1. ebenfalls durchweg sichtbar
sein. In diesem Fall ist aber nicht ersichtlich, warum dies im einen Fall zur Ausweisung
eines Vorranggebietes und im anderen Fall zu einer Verunstaltung des
Landschaftsbildes führen soll. Als besonders schutzwürdig kann auch insoweit nur das
westlich und südlich gelegene Gelände jenseits der Almeniederung bezeichnet werden.
Der Blick hierauf von dieser Ortschaft aus wird durch die geplante Anlage aber
wiederum nicht beeinträchtigt.
67
Zur Schutzwürdigkeit dieses Bereichs vgl. OVG NRW, Urt. vom 12.06.2001 - 10 A 97/99
-.
68
Vor diesem Hintergrund liegt auf der Hand, dass auch die in ca. 2,5 km Entfernung
geplanten Wohngebiete in C. von der Windenergieanlage des Klägers in
landschaftsästhetischer Hinsicht nicht über Gebühr belastet werden.
69
Gegen eine verunstaltende Wirkung der geplanten Windkraftanlage spricht ferner, dass
die von der Beigeladenen zu 1. vorgelegten Entwürfe für eine Überarbeitung des
Flächennutzungsplanes in unmittelbarer Nähe des geplanten Standortes Flächen
aufweisen, die nach den von der Beigeladenen zu 1. aufgestellten Kriterien für die
Errichtung von Windenergieanlagen geeignet wären. Dies soll zwar angesichts der
Größe dieser Flächen nicht zur Ausweisung einer Konzentrationszone führen, belegt
jedoch, dass der Standort selbst nach den dem Vorsorgeprinzip folgenden und
entsprechend strengeren Kriterien verpflichteten Bauleitplanung unter städtebaulichen
Aspekten grundsätzlich nicht ungeeignet ist. Wenn jedoch bereits bei der abwägenden
Planentscheidung durchgreifende landschaftsschützende Bedenken in unmittelbarer
Nähe nicht erhoben werden, kann dies bei dem wesentlichen weiteren Maßstab der
Verunstaltung des Landschaftsbildes erst recht nicht angenommen werden.
70
Darüber hinaus liegt auch kein Anhaltspunkt für die Annahme vor, der Errichtung der
Anlage stünden Belange des Naturschutzes entgegen. Der Beklagte macht hier zwar
nachteilige Folgen für die Erhaltung der Tier- und Pflanzenwelt geltend. Daraus wird
jedoch nicht ersichtlich, welches Ausmaß diese Folgen haben sollen. Im Rahmen des §
35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB sind jedoch nur gravierende Auswirkungen
71
berücksichtigungsfähig.
Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 30.11.2001 - 7 A 4857/00 -, BRS 64 Nr. 101.
72
Daneben lassen die Stellungnahmen nicht erkennen, auf welcher Grundlage diese
Befürchtungen geäußert werden. Rein spekulative Auswirkungen können jedoch der
Zulässigkeit eines Vorhabens nicht entgegen gehalten werden.
73
Ebenso wenig ist schließlich ersichtlich, dass die Erholungsfunktion des betroffenen
Raumes von diesem außenbereichstypischen Vorhaben derart empfindlich gestört
würde, dass dieser Belang der privilegierten Nutzung entgegen stünde. Bei dem
betroffenen Bereich handelt es sich nicht um ein Gelände, in dem gerade die ruhige
Erholung absoluten Vorrang hätte. Das Areal ist vielmehr lediglich eingebunden in ein
allgemeines Wegenetz, das zum Wandern sowie für Ausflüge und Spaziergänge
eingerichtet ist. Diese Erholungsaktivitäten sind durch den optischen Eindruck von
Windenergieanlagen ersichtlich nicht gravierend beeinträchtigt.
74
Allgemein dazu OVG NRW, Urteil vom 30.11.2001 - 7 A 4857/00 - BRS 64 Nr. 101.
75
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.
Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen waren nicht erstattungsfähig, weil diese
sich nicht durch Stellung eigener Anträge einem Kostenrisiko ausgesetzt haben.
76
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO
i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
77
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