Urteil des VG Minden vom 16.02.2000

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Verwaltungsgericht Minden, 4 K 124/99
Datum:
16.02.2000
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 124/99
Tenor:
Das beklagte Land wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom
6.10.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.12.1998
verpflichtet, dem Kläger zu Aufwendungen in Höhe von 765,82 DM
weitere Beihilfe zu zahlen.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte
darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in
Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor
der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
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Der Kläger ist beihilfeberechtigt. Mit Antrag vom 1.10.1998 beantragte er Beihilfe u.a. für
Aufwendungen zu zahnärztlichen Leistungen bei seinen Kindern. Die in den
vorgelegten Rechnungen vom 14.11.1997 und 21.7.1998 in Ansatz gebrachten Ziffern
216 und 217 GOZ wurden nicht als beihilfefähig angesehen. Im Festsetzungsbescheid
vom 6.10.1998 führte der Beklagte hierzu aus, daß das Legen von Komposit-Füllungen
vom Leistungsinhalt der Ziffern 205, 207, 209 und 211 GOZ erfaßt werde. Eine
Analogbewertung, wie sie der behandelnde Zahnarzt vorgenommen habe, sei nicht
möglich. Für die Leistungen sei eine Beihilfe nach den Ziffern 207 und 209 GOZ mit
dem 2,3fachen Satz anerkannt worden. Mit Schreiben vom 30.10.1998 verwies der
Beklagte insoweit auf die Nr. 6 und 7.2 des Runderlasses des Finanzministers vom
19.8.1998.
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Am 24.11.1998 legte der Kläger Widerspruch ein: Nach § 6 Abs. 2 GOZ könnten
selbständige zahnärztliche Leistungen, die erst nach Inkrafttreten der GOZ auf Grund
wissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt worden seien, entsprechend einer nach Art,
Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses für
zahnärztliche Leistungen berechnet werden. Eine derartige Berechnung sei durch den
behandelnden Zahnarzt erfolgt; diese Art der Berechnung sei durch das Merkblatt der
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Zahnärztekammer Westfalen-Lippe (ohne Datum) gedeckt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.1998 wies der Beklagte den Widerspruch des
Klägers zurück und führte aus: Komposit-Füllungen, auch wenn sie nach der Schmelz-
Dentin-Adhäsivtechnik erbracht würden, seien keine Leistungen, die nach Inkrafttreten
der GOZ aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt worden seien. Komposit-
Füllungen seien lediglich eine besondere Ausführung der im Gebührenverzeichnis
aufgeführten Füllungspositionen der Nrn. 205, 207, 209 und 211 GOZ.
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Am 14.1.1999 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.
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Er beantragt,
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das beklagte Land unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 6.10.1998 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.12.1998 zu verpflichten, ihm zu
Aufwendungen in Höhe von 765,82 DM weitere Beihilfe zu gewähren.
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Das beklagte Land beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des
Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist zulässig und begründet.
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Der Bescheid des Beklagten vom 6.10.1998 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 18.12.1998 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den
Kläger in seinen Rechten (§ 114 Abs. 5 VwGO), da der Kläger einen Anspruch darauf
hat, daß ihm zu Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen in Höhe von 765,82 DM
eine weitere Beihilfe gezahlt wird.
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Gem. § 3 der Beihilfenverordnung (BVO) sind lediglich die notwendigen Aufwendungen
im angemessenen Umfang beihilfefähig. Dabei beurteilt sich die Frage der
Angemessenheit in bezug auf Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen
grundsätzlich abschließend nach Maßgabe der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ).
Die Beihilfefähigkeit setzt demgemäß zumindest im Grundsatz voraus, daß der Zahnarzt
die Rechnungsbeträge bei zutreffender Auslegung der Gebührenordnung zu Recht in
Rechnung gestellt hat, was gerichtlich voll überprüfbar ist.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 30.5.1996 -2 C 10.95-, ZBR 1996,314.
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Der behandelnde Zahnarzt hat für die Behandlung mittels Schmelz-Dentin-
Adhäsivtechnik zu Recht Analogbewertungen nach den Ziffern 216 und 217 GOZ
vorgenommen. Der Beklagte hat insoweit zu Unrecht die Beihilfefähigkeit für diese
Aufwendungen verneint.
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Gem. § 6 Abs. 2 GOZ können selbständige zahnärztliche Leistungen, die erst nach
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Inkrafttreten der Gebührenordnung (1988) auf Grund wissenschaftlicher Erkenntnisse
entwickelt werden, entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand
gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses für zahnärztliche Leistungen
berechnet werden.
Die Bundeszahnärztekammer führt in ihrer Stellungnahme vom 15.6.1996 zur
Privatliquidation vom Komposit-Füllungen entsprechend der Schmelz-Dentin-
Adhäsivtechnik aus, daß es diese Leistung im Zeitpunkt des Inkrafttretens der GOZ
1988 noch nicht gab und dementsprechend eine Analogbewertung nach den
Gebührenpositionen 215 bis 217 GOZ in Betracht komme. Diese Einschätzung findet
sich auch in dem Merkblatt der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe (ohne Datum) und in
dem für das Amtsgericht Fürth im Verfahren 330 C 473/98 erstellten und den Beteiligten
des vorliegenden Rechtsstreites bekannten Gutachten des Dr. M. Z. vom 7.1.1999. Eine
Analogbewertung kommt somit prinzipiell in Betracht.
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So auch Amtsgericht Fürth, Urteil vom 17.2.1999 - 330 C 473/98 - und Amtsgericht
Wittlich, Urteil vom 26.8.1999 - 4 C 508/97 -.
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Es ist auch nicht zu beanstanden, daß der behandelnde Zahnarzt zur Bewertung seiner
Leistungen die Ziffern 216 und 217 GOZ herangezogen hat. Nach Auffassung der
Kammer ist die Behandlung mittels Schmelz-Dentin-Adhäsivtechnik eher mit den
Leistungen, die nach den Ziffern 216 und 217 GOZ abgerechnet werden können,
vergleichbar als mit den nach den Ziffern 205, 207, 209 und 211 GOZ abrechenbaren
Leistungen. Die Kammer schließt sich dabei der Arbeitsbeschreibung und den weiteren
Ausführungen des Gutachters Dr. Z. an (S. 8 ff des Gutachtens). Sie hält das Gutachten
für ausführlich, sorgfältig recherchiert und nachvollziehbar.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711
ZPO.
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