Urteil des VG Minden vom 28.06.2006

VG Minden: beihilfe, pauschalbetrag, datum, form, bvo, zahnbehandlung, kostenvoranschlag, rechtshängigkeit, vollstreckung, fürsorgepflicht

Verwaltungsgericht Minden, 4 K 554/05
Datum:
28.06.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 554/05
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
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Der am .............. geborene Kläger steht als Q. im Dienst des beklagten Landes.
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Mit Schreiben vom 18.10.2004 beantragte er beim Beklagten die Gewährung von
Beihilfe u.a. für Aufwendungen, die ihm auf Grund einer implantologischen Behandlung
seines Zahnes Nr. 22 entstanden waren.
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Durch Bescheid vom 27.10.2004 gewährte der Beklagte dem Kläger insoweit eine
Beihilfe in Höhe von 125,00 EUR (50 v.H. von 250,00 EUR) und lehnte mit Bescheid
vom 08.11.2004 die Gewährung einer weiteren Beihilfe abschließend ab.
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Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 11.11.2004 Widerspruch ein, den der
Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.03.2005 zurückwies.
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Am 14.03.2005 hat der Kläger Klage erhoben.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
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den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 08.11.2004 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 07.03.2005 zu verpflichten, dem Kläger zu den
Aufwendungen für die Implantatversorgung weitere Beihilfe in Höhe von 981,56 EUR
nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu gewähren,
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hilfsweise,
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den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 08.11.2004 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 07.03.2005 zu verpflichten, die Aufwendungen einer
herkömmlichen Zahnersatzversorgung gemäß dem alternativen Kostenvoranschlag des
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behandelnden Zahnarztes des Klägers als beihilfefähig anzuerkennen und hierzu
Beihilfe in Höhe von 672,50 EUR nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab
Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen
Verhandlung verzichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes
wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beklagten beigezogenen
Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Nach dem Verzicht der Beteiligten konnte die Entscheidung ohne mündliche
Verhandlung getroffen werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Die Klage ist zulässig, jedoch - auch in der Form des Hilfsantrages - unbegründet.
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Dem Kläger steht die mit seinem Hauptantrag begehrte Gewährung einer weiteren
Beihilfe zu den Kosten für eine Implantatversorgung nicht zu.
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In welchen Fällen eine implantologische Zahnbehandlung beihilfefähig ist, ist seit dem
01.01.2004 in § 4 Abs. 2 Buchstabe b Satz 1 BVO festgelegt. Diese Regelung ist hier
anwendbar, weil mit der implantologischen Zahnbehandlung des Klägers gemäß der
Zahnarztrechnung vom 11.02.2004 erst nach dem 01.01.2004 begonnen wurde. Der
Umstand, dass für die hier betroffene Behandlung von dem Zahnarzt Dr. B. -C. unter
dem 04.11.2003 ein Heil- und Kostenplan erstellt worden war, reicht für die Anwendung
des vorher geltenden Rechts nicht aus. Die bloße Untersuchung wie auch das Erstellen
von Heil- und Kostenplänen stellen keinen Beginn der konkret ins Auge gefassten
zahnärztlichen Behandlung dar und begründen demnach kein schutzwürdiges
Vertrauen des Beihilfeberechtigten vor nachteiligen Änderungen der bisherigen
Rechtslage, weil dieser zu diesem Zeitpunkt noch jederzeit frei darüber entscheiden
kann, ob er die Heilbehandlung vornehmen lässt oder nicht.
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vgl. dazu auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 12.07.1991 - 3 K 4619/90 -, und VG
Münster, Urteil vom 06.10.1992 - 4 K 972/91 -.
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Auch das Entfernen des Restzahnes im Jahr 2003 stellt nach Ansicht der Kammer
keinen Beginn der hier im Streit stehenden konkreten Implantatversorgung dar, da diese
Maßnahme unabhängig von der Art der sich anschließenden Versorgung durchgeführt
worden ist.
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Gemäß der somit maßgeblichen Regelung des § 4 Abs. 2 Buchstab b Satz 1 BVO sind
Aufwendungen nach Abschnitt K des Gebührenverzeichnisses für Zahnärzte
(implantologische Leistungen) einschließlich aller damit verbundenen weiteren
zahnärztlichen Leistungen nur bei Vorliegen bestimmter - im Einzelnen aufgeführter -
Indikationen beihilfefähig. Dafür, dass eine dieser Indikationen hier gegeben ist, ist
nichts vorgetragen worden oder ersichtlich.
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Der Beklagte hat daher zu Recht mit Bescheid vom 27.10.2004 pauschal 250,00 EUR
als beihilfefähige Aufwendungen anerkannt. Zwar ist der genannte Pauschalbetrag
durch Runderlass vom 06.07.2005 für die ersten drei durch eine Implantatversorgung
ersetzten Zähne auf jeweils 450,00 EUR erhöht worden; das gilt allerdings nur für
solche Aufwendungen, die nach dem 01.08.2005 entstanden sind, so dass im Falle des
Klägers nach wie vor der ursprünglich festgesetzte Pauschalbetrag von 250,00 EUR
verbindlich ist.
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Auch die mit dem Hilfsantrag erstrebte Gewährung einer Beihilfe zu den fiktiven Kosten
einer herkömmlichen Zahnversorgung gemäß dem alternativen Kostenvoranschlag des
Zahnarztes Dr. B. -C1. (ohne Datum) kann der Kläger nicht beanspruchen. Beihilfe kann
grundsätzlich nur zu solchen Aufwendungen bewilligt werden, die wirklich entstanden
sind. Die fiktiven Kosten einer Behandlungsart, die alternativ möglich gewesen wäre,
aber tatsächlich nicht gewählt wurde, sind nicht beihilfefähig.
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Vgl. OVG NW, Beschluss vom 06.05.2004 - 1 A 1160/03 -.
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Das hieraus folgende Ergebnis, dass dem Kläger für die Aufwendungen seiner
implantologischen Behandlung des Zahnes Nr. 22 weder unter dem Gesichtspunkt der
tatsächlich entstandenen Kosten noch im Hinblick auf die fiktiven Kosten einer
herkömmlichen Zahnversorgung weitere Beihilfe zusteht, ist rechtlich nicht zu
beanstanden. Insbesondere ist eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht
des Dienstherrn nicht feststellbar. Die Fürsorgepflicht verlangt nicht, dass der
Beihilfeberechtigte seine krankheitsbedingten Aufwendungen lückenlos erstattet
bekommt. Es erscheint in Fällen der vorliegenden Art nicht schlechthin unzumutbar, die
Beihilfeberechtigten auf die bestehende Möglichkeit der Alternativversorgung von
Zahnlücken in der herkömmlichen Form, also vornehmlich mit einer Brücke, zu
verweisen; bei einer solchen Behandlungsart würden grundsätzlich keine
beihilferechtlichen Nachteile entstehen. Entscheidet sich der Beihilfeberechtigte für eine
implantologische Zahnversorgung, obwohl die Voraussetzungen, unter denen die
dadurch entstandenen Aufwendungen beihilfefähig sind, nicht vorliegen, so ist es ihm
grundsätzlich zuzumuten, die Kosten der Zahnversorgung selbst zu tragen.
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Vgl. OVG NW, Beschluss vom 06.05.2004 - 1 A 1160/03 -.
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Der geltend gemachte Zinsanspruch besteht hiernach ebenfalls nicht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO
i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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