Urteil des VG Minden vom 19.01.2006

VG Minden: grundstück, satzung, abwasseranlage, stadt, sonderopfer, unterdeckung, missverhältnis, vollstreckung, selbstveranlagung, benutzungsgebühr

Verwaltungsgericht Minden, 9 K 3679/04
Datum:
19.01.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 K 3679/04
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens als
Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen
dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
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Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin der Grundstücke X.---------straße 14, X1.-------- straße
27 bis 33 und X1.--------straße 35, die Klägerin zu 2. ist Eigentümerin des Grundstücks
D. -M. -Ring 7 in E. . Alle Grundstücke sind an die öffentliche Abwasseranlage der Stadt
angeschlossen.
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Mit Bescheiden vom 15. Januar 2004 zog der Beklagte die Klägerin zu 1. zu
Niederschlagswassergebühren heran, und zwar
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für das Grundstück X.---------straße 14 in Höhe von 4.668,75 EUR (gebührenrelevante
Fläche von 6.224 m² = 415 Einheiten à 15 m²) für das Grundstück X1.--------straße 35 in
Höhe von 1.080,00 EUR (gebührenrelevante Fläche von 1.433 m² = 96 Einheiten à 15
m²) für das Grundstück X1.--------straße 27 - 33 in Höhe von 3.802,50 EUR
(gebührenrelevante Fläche von 5.064 m² = 338 Einheiten à 15 m²).
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Mit Bescheid vom 10. März 2004 wurde die Festsetzung für das Grundstück X.---------
straße 14 geändert und auf 4.432,50 EUR reduziert (gebührenrelevante Fläche von
5.910 m² = 394 Einheiten à 15 m²).
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Die Klägerin zu 2. zog der Beklagte mit Bescheid vom 16. Juni 2004 zu
Niederschlagsgebühren für das Grundstück D. -M. -Ring 7 in Höhe von 16.740,00 EUR
heran (gebührenrelevante Fläche von 22.320 m² = 1.488 Einheiten à 15 m²). In dem
selben Bescheid war fälschlich auch die Gebühr für das Grundstück D. -M. - Ring 12
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und 12 a in Höhe von 4.950,00 EUR festgesetzt worden. Diese Gebühr wurde mit
Änderungsbescheid vom 13. Oktober 2004 abgesetzt.
Gegen sämtliche Bescheide erhoben die Klägerinnen fristgerecht Widerspruch mit der
Begründung, die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr zum 1. Januar 2004 habe
bei ihnen zu einer enormen Kostensteigerung von rund 194 % geführt. Diese
zusätzliche Kostenbelastung sei völlig überzogen und nicht verursachungsgerecht. Die
Festsetzungen verstießen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es handele
sich um ein enteignungsgleiches Sonderopfer. Schließlich lasse der angelegte
Wahrscheinlichkeitsmaßstab die wirtschaftliche Vertretbarkeit bei den gewerblichen
Beitragspflichtigen außer Acht. Sie seien "bauauflagenrechtlich" verpflichtet, die
Verkehrsflächen auf den Gewerbegrundstücken zum Zwecke der schadensfreien
Nutzung zu versiegeln. Es sei nicht möglich, das Oberflächenwasser in ein natürliches
Gewässer einzuleiten; eine Versickerung des Wassers sei wirtschaftlich unvertretbar.
Dadurch dass der Satzungsgeber allein auf das Verhältnis der versiegelten zu den
unversiegelten und damit versickerungsfähigen Flächen abstelle, würden die
Gewerbegrundstücke, die aufgrund behördlicher Bestimmungen versiegelte Flächen
vorhalten müssten, im Vergleich zu Wohneigentumsgrundstücken unverhältnismäßig
mehr belastet. Von den Gewerbetreibenden werde damit ein Sonderopfer verlangt.
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Mit Widerspruchsbescheiden vom 6. - Klägerin zu 1. - und 11. Oktober 2004 - Klägerin
zu 2. - wies der Beklagte die Widersprüche der Klägerinnen zurück. Zur Begründung
wurde im Wesentlichen ausgeführt, ein Verstoß gegen den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit sei nicht erkennbar. Grundlage der Gebührenberechnung sei allein
die Quadratmeterzahl der abflussrelevanten Grundstücksfläche. Es würden nicht
versiegelte und unversiegelte Flächen in eine Verhältnis zueinander gesetzt. Ein
enteignungsgleiches Sonderopfer liege deshalb nicht vor. Schließlich habe die Stadt
zur Erhebung der Niederschlagswassergebühr den Maßstab der bebauten und
befestigten (abflussrelevanten) Flächen gewählt. Dieser Maßstab sei ein nach ständiger
Rechtsprechung anerkannter Wahrscheinlichkeitsmaßstab im Sinne von § 6 Abs. 3
KAG NRW. Die Satzung sehe keine Ausnahme zur Anwendung des
Verteilungsmaßstabes vor.
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Am 8. November 2004 haben die Klägerinnen Klage erhoben. Zur Begründung tragen
sie unter anderem vor: Die Gebührensatzung verstoße gegen das Kostendeckungs- und
gegen das Äquivalenzprinzip. Das Gebührenaufkommen sei in der Ratssitzung, in der
die Satzung verabschiedet worden sei, kurzfristig um 1,0 Millionen Euro erhöht worden.
Die dafür maßgeblichen Gründe blieben im Dunkeln. Im Übrigen dürften in die
Gebührenfestsetzung keine politisch motivierten Vorgaben einfließen. Das
Äquivalenzprinzip sei verletzt, weil im vorliegenden Fall offensichtlich ein Missverhältnis
zwischen der Gebührenhöhe und dem Umfang der Inanspruchnahme bestehe. Die
ausschließliche Berücksichtigung der Flächengröße ohne differenzierende Faktoren
führe insbesondere bei Gewerbebetrieben mit großflächigen Dachlandschaften oder
befestigten Verkehrsflächen zu einem linearen Anstieg der Gebühren, dem keine
entsprechende Mehrbenutzung der städtischen Abwasseranlage korrespondiere. Eine
stärkere Differenzierung bei der gebührenmäßigen Erfassung der Flächen mit dem
Ergebnis einer Gebührendegression bei Großflächen sei ohne nennenswerten
Verwaltungsaufwand möglich. Wegen des Fehlens eines Differenzierungs-Parameters,
der bei Großflächen Gebührensprünge (hier: um das 4,2fache) wie bei den Klägern zu
vermeiden geeignet sei, und damit wegen Verletzung des Äquivalenzprinzipes sei die
Gebührensatzung rechtswidrig. Ferner sei erwiesen, dass das Oberflächenwasser von
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öffentlichen Straßen durch Reifenabrieb, Öl- und Treibstoffrückstände sowie Feinstaub
aus Dieselfahrzeugen erheblich kontaminiert sei. Der erhöhte Reinigungsaufwand für
das Regenwasser von öffentlichen Straßen müsse, etwa durch Einführung eines
"Kontaminationsfaktors", mit dem die Straßenfläche zu multiplizieren wäre,
berücksichtigt werden.
Die Klägerin zu 1. beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 15. Januar 2004 (Kassenzeichen: 001.05582.8-0100)
betreffend das Grundstück X.---------straße 14 in der Fassung des Änderungsbescheides
vom 10. März 2004,
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den Bescheid des Beklagten vom 15. Januar 2004 (Kassenzeichen: 001.12522.2-0100)
betreffend das Grundstück X1.--------straße 27 und 33 und
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den Bescheid des Beklagten vom 15. Januar 2004 (Kassenzeichen: 001.12054.9-0100)
betreffend das Grundstück X1.--------straße 35
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jeweils in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Oktober 2004 aufzuheben.
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Die Klägerin zu 2. beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 16. Juni 2004 (Kassenzeichen: 001.19935.8-0100)
betreffend das Grundstück D. -M. -Ring 7 in der Fassung des Änderungsbescheides
vom 13. Oktober 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2004
aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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und führt aus, die Satzung sei rechtmäßig. Es sei richtig, dass die Billigkeits- oder
Härtefallregelung des § 19 nicht angewandt worden sei. Die Tatsache allein, dass eine
relativ hohe Gebühr für die Regenwasserbeseitigung festgesetzt worden sei, stelle noch
keinen Grund dar, der eine Billigkeits- oder Härtefallregelung rechtfertigen würde.
Soweit die Klägerinnen davon ausgingen, dass bereits Gebührenüberschüsse in der
Kalkulation enthalten seien, sei dies nicht richtig. Das Protokoll sei insoweit vielleicht
etwas missverständlich. Im Rat habe eine Diskussion darüber stattgefunden, ob das
Nettogebührenaufkommen erhöht werden solle oder nicht. Dazu habe es
unterschiedliche Ansichten gegeben. Ein Verzicht auf eine Erhöhung des
Nettogebührenaufkommens hätte zu einer Unterdeckung von rund 1,5 Millionen Euro
geführt. Vor diesem Hintergrund sei beschlossen worden, dass zumindest eine
Steigerung des Netto-Gebührenaufkommens von einer Million Euro erfolgen solle.
Damit liege eine geringfügig Unterdeckung vor, die aber nicht zur Unwirksamkeit der
Satzung führe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der dazu vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Die Bescheide des Beklagten vom 15.
Januar 2004 und 16. Juni 2004 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 10. März
und 13. Oktober 2004 und die Widerspruchsbescheide vom 06. und 11. Oktober 2004
sind rechtmäßig und verletzen die Klägerinnen nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1
Satz 1 VwGO).
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Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide sind §§ 2, 3 und 5 bis 9 der Beitrags-
und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt E. vom 28. November 2003
- BGS -. Danach erhebt die Gemeinde für die Inanspruchnahme der städtischen
Abwasseranlage Benutzungsgebühren zur Deckung der Kosten i.S.d. § 6 Abs. 2 KAG
NRW (§ 2 Abs. 1 BGS). Die Abwassergebühren für die Beseitigung von Schmutz- und
Niederschlagswasser werden getrennt erhoben (§ 3 Abs. 1 BGS). Grundlage für die
Gebührenberechnung für das Niederschlagswasser ist die Quadratmeterzahl der
bebauten und/oder befestigten, abflussrelevanten Grundstücksfläche, von der
Niederschlagswasser leitungsgebunden oder nicht leitungsgebunden in die
gemeindliche Abwasseranlage gelangen kann (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BGS). Die bebauten
und/oder befestigten Flächen werden im Wege der Selbstveranlagung von den
Eigentümern der angeschlossenen Grundstücke ermittelt (§ 5 Abs. 2 Satz 1 BGS). Für
die entsprechenden Flächen wird eine Benutzungsgebühr von 11,25 EUR pro
angefangene 15 m² gebührenrelevanter Fläche und Jahr erhoben (§ 5 Abs. 6 BGS).
Gebührenpflichtig ist unter anderem der Grundstückseigentümer (§ 7 Abs. 1 BGS).
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Bei diesen Normen handelt es sich, soweit das vorliegende Verfahren Anlass zur
Überprüfung bietet, um formell und materiell wirksames Ortsrecht. Insbesondere genügt
der Gebührensatz von 11,25 EUR pro angefangene 15 m² gebührenrelevanter Fläche
und Jahr den rechtlichen Vorgaben. Er verstößt im Ergebnis nicht gegen das
Kostenüberschreitungsverbot aus § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-
Westfalen
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vgl. u.a. Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, NWVBl. 1994, 428, 434, m.w.N.,
Beschluss vom 3. Februar 1997 - 9 A 3016/94 -, NVwZ-RR 1998, 390, Urteil vom 5. April
2001 - 9 A 1795/99 -, NWVBl. 2002, 37 = NVwZ-RR 2002, 223
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muss der vom Rat beschlossene Gebührensatz lediglich im Ergebnis den
Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen und demzufolge
nicht notwendig auf einer stimmigen Gebührenkalkulation beruhen. So kann etwa ein
ordnungemäß ermitteltes (negatives) Betriebsergebnis eine fehlerhaft aufgestellte
Kalkulation im Nachhinein rechtfertigen.
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Nach dem vom Beklagten mit Schreiben vom 17. Januar 2006 im Verfahren 9 K 3679/04
vorgelegten berichtigten Abschluss 2004 ist der Gebührensatz von 11,25 EUR pro
angefangene 15 m² gebührenrelevanter Fläche und Jahr gerechtfertigt. Die
Nachzahlungen für die Jahre 1999 bis 2002 in Höhe von 62.823,23 EUR, die im
Rahmen der Kosten für die Mitbenutzung des Klärwerks M1. ursprünglich mit angesetzt
waren, sind im berichtigten Abschluss als periodenfremd ausgesondert worden. Auch
der Ansatz für die Abschreibung ist berichtigt worden. Von den Abschreibungen auf das
sog. "sonstige Vermögen" sind nicht mehr 51,17 % den Kosten für die
Regenwasserbeseitigung zugeteilt worden, sondern, wie im Gutachten N. errechnet, nur
noch 25,56 %.
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Insgesamt ergeben sich so unter Berücksichtigung weiterer Abschläge bei
verschiedenen Kostenpositionen und der anzurechnenden Einnahmen Kosten in Höhe
von 4.995.914,16 EUR, von denen 3.692.480,10 EUR (= 73,91 % von 4.995.914,16
EUR) über Niederschlagswassergebühren für private Flächen zu finanzieren waren.
Tatsächlich betrugen die Einnahmen aus den Niederschlagswassergebühren im Jahr
2004 aber nur 3.553.957,50 EUR. Zu diesen Einnahmen sind die Einnahmen aus
weiteren Veranlagungen zu Niederschlagswassergebühren für das Jahr 2004, die
allerdings erst im Jahr 2005 verbucht wurden, in Höhe von 158.758,25 EUR
hinzuzurechnen, so dass die Gebühreneinnahmen bei 3.712.715,70 EUR liegen.
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Es kann offen bleiben, welche Kosten unter der Überschrift "neue HAR
Abwasserabgabe" erfasst werden, und ob es sich dabei um ansatzfähige Kosten für das
Jahr 2004 handelt. Falls diese Kosten (in Höhe von 54.690,00 EUR) zu berücksichtigen
sind, hat es im Jahr 2004 bei den Niederschlagswassergebühren eine leichte
Unterdeckung gegeben. Sollten diese Kosten nicht ansatzfähig sein, ist es zu einer
geringfügigen Überdeckung von 20.235,60 EUR (= 0,55 %) gekommen, die der
Rechtmäßigkeit des nachträglich gerechtfertigen Gebührensatzes nicht entgegensteht.
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Es ist auch nicht zu beanstanden, dass Grundlage der Gebührenberechnung für das
Niederschlagswasser allein die Quadratmeterzahl der bebauten und/oder befestigten
abflussrelevanten Grundstücksfläche ist, und die Satzung weder eine
Gebührendegression bei Großflächen noch einen sog. Kontaminationsfaktor für
Straßenflächen vorsieht. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG NRW ist die (Benutzungs)Gebühr
nach der Inanspruchnahme der Einrichtung oder Anlage zu bemessen.
Ausschlaggebend ist also die Menge des abgeleiteten und gegebenenfalls gereinigten
Niederschlagswassers. Da diese in aller Regel nicht gemessen wird und deshalb kein
Wirklichkeitsmaßstab angelegt werden kann, darf der Satzungsgeber auf einen
Wahrscheinlichkeitsmaßstab zurückgreifen, der nicht in einem offensichtlichen
Missverhältnis zu der Inanspruchnahme steht (§ 6 Abs. 3 Satz 2 KAG NRW). Ein solcher
zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist bei der Bemessung der Regenwassergebühr
die Größe der versiegelten, also bebauten oder befestigten Grundstücksfläche.
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Vgl. die Nachweise bei Queitsch in Hamacher/Lenz, Kommunalabgabenrecht für das
Land Nordrhein-Westfalen, Kommentar, Stand November 2005, § 6 Rdn. 205.
32
Die damit einhergehende Vernachlässigung aller übrigen Parameter, wie etwa der
Verschmutzung des Niederschlagswassers, begegnet unter Berücksichtigung des dem
Satzungsgeber insofern zukommenden weiten Ermessens keinen Bedenken.
33
Gießau, Benutzungsgebühren - Darstellung zur Spruchpraxis des 9. Senats des OVG
NRW, NWVBl. 2004, 41.
34
Weitere Mängel der Kalkulation und der Satzung im Übrigen sind nicht ersichtlich. Auch
unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes ist eine weitere, ins Einzelne
gehende Überprüfung der verschiedenen Positionen der Gebührenbedarfsberechnung
nicht angezeigt. Im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes sind die
Verwaltungsgerichte zwar verpflichtet, jede mögliche Aufklärung des Sachverhalts bis
an die Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern die Aufklärung nach ihrer
Auffassung für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Bei der Überprüfung
einer Kalkulation geht das Gericht aufgrund der Bindung des Beklagten an Gesetz und
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Recht gemäß Art. 20 Abs. 3 GG aber grundsätzlich davon aus, dass dessen Auskünfte
über die zu den einzelnen Kostenpositionen angefallenen Kosten der Wahrheit
entsprechen. Aufklärungsmaßnahmen sind daher nur insoweit angezeigt, als sich nach
dem Sachvortrag der klagenden Partei oder aus den beigezogenen Unterlagen
Widersprüche, methodische Fehler, Rechenfehler, mit höherrangigem Recht
unvereinbare Kostenansätze oder Ähnliches aufdrängen. Lässt es die klagende Partei,
insbesondere die anwaltlich vertretene Partei, insoweit an substantiiertem Sachvortrag
fehlen, hat es hiermit sein Bewenden. Die Untersuchungsmaxime ist keine prozessuale
Hoffnung, das Gericht werde mit ihrer Hilfe schon die klagebegründenden Tatsachen
finden.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. April 2005 - 9 A 3120/03 -, KStZ 2005, 138; Urteil vom
19. September 1997 - 9 A 3373/96 -, Urteilsabdruck S. 20 f.; Urteil vom 1. Juli 1997 - 9 A
6103/95 -, Urteilsabdruck S. 12.
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Auf der Grundlage der danach wirksamen Satzungsregelungen ist die Klägerin zu 1. für
das Jahr 2004 zu Recht zu Niederschlagswassergebühren in Höhe von insgesamt
9.315,00 EUR herangezogen worden. Für die unstreitig 5.910 m² große
gebührenrelevante Fläche des Grundstücks X.---------straße 14 waren (394 x 11,25 EUR
=) 4.432,50 EUR festzusetzen, für das Grundstück X1.--------straße 27 bis 33 3.802,50
EUR (= 5.064 m² ./. 15 m² x 11,25 EUR) und für das Grundstück X1.--------straße 35
1.080,00 EUR (= 1.433 m² ./. 15 m² x 11,25 EUR).
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Für die Klägerin zu 2. als Eigentümerin des Grundstücks D. -M. -Ring 7 waren 16.740,00
EUR festzusetzen (= 22.320 m² ./. 15 m² x 11,25 EUR).
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO, die Entscheidung über
deren vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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