Urteil des VG Minden vom 29.06.2004
VG Minden: öffentliches recht, aufschiebende wirkung, gewässer, see, gemeingebrauch, genehmigung, segeln, subjektiv, pachtvertrag, lwg
Verwaltungsgericht Minden, 8 L 442/04
Datum:
29.06.2004
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
8. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
8 L 442/04
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich etwaiger außergerichtlicher
Kosten des Beigeladenen trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird auf 2.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe:
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Der Antrag,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 07.04.2004
gegen die dem Beigeladenen am 29.03.2004 erteilte und am 06.05.2004 für sofort
vollziehbar erklärte Genehmigung zum Betrieb eines Motorbootes auf dem N. See
wiederherzustellen,
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hat keinen Erfolg. Denn der Antrag ist bereits unzulässig.
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Gemäß § 80 a Abs. 3 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht auf Antrag eines
Dritten, der einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen
begünstigenden Verwaltungsakt einlegt, der von der Behörde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4
VwGO für sofort vollziehbar erklärt worden ist, die aufschiebende Wirkung eines
Widerspruches ganz oder teilweise wieder herstellen. Voraussetzung hierfür ist jedoch,
dass der Dritte insoweit antragsbefugt ist. Im Hinblick auf die Akzessorietät des
vorläufigen Rechtsschutzes ist antragsbefugt nur derjenige, der hinsichtlich des
Verwaltungsaktes im Hauptsacheverfahren gemäß § 42 Abs. 2 VwGO wegen der
Möglichkeit einer Rechtsverletzung klagebefugt ist.
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Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, denn der Antragsteller kann nicht geltend machen,
durch die dem Beigeladenen erteilte Genehmigung zum Befahren des N. Sees mit
Motorbooten in eigenen, im Verwaltungsprozess zu berücksichtigenden subjektiv
öffentlichen Rechten verletzt zu sein.
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Ein derartiges Recht folgt für ihn zunächst nicht aus dem wasserrechtlichen
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Gemeingebrauch, zu dem vom sachlichen Umfang her auch das Windsurfen und
Segeln gehört.
Vgl. Breuer, Öffentliches und Privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rz. 267.
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Dabei kann dahinstehen, ob eine Beeinträchtigung oder Einschränkung des
wasserrechtlichen Gemeingebrauchs im Einzelfall die Antrags- bzw. Klagebefugnis zu
begründen vermag.
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Vgl. Breuer, a.a.O., Rz. 265.
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Denn an dem N. See besteht kein Gemeingebrauch. Dieser betrifft nämlich gemäß § 33
Abs. 1 LWG NW nur natürliche oberirdische Gewässer mit Ausnahme von Talsperren.
Nach Absatz 3 dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde im Einvernehmen mit den
Gewässereigentümern und den zur Benutzung des Gewässers Berechtigten für
künstliche Gewässer und Talsperren bestimmen, ob und in welchem Umfang der
Gemeingebrauch an ihnen zulässig ist. Da der N. See durch Ausgrabungen entstanden
ist, handelt es sich um ein künstliches Gewässer, auf das die Vorschrift des § 33 Abs. 1
LWG NW keine Anwendung findet. Eine behördliche Verordnung, mit der der
Gemeingebrauch für das Windsurfen an dem Gewässer zugelassen ist, existiert - soweit
ersichtlich - nicht. Vielmehr hat der Eigentümer des N. Sees, Herr X. C1. , auf
privatrechtlicher Grundlage Benutzungen für Freizeit- und Sportzwecke zugelassen. So
hat er den See zum Einen an den Antragsteller zum Surfen und Segeln verpachtet.
Einen weiteren Pachtvertrag hat er mit dem Angelverein N1. geschlossen. Zudem hat er
das Gewässer zur Ausübung des Wasserskisports an den Beigeladenen verpachtet.
Hierzu war Herr C1. auf Grund seiner Eigentümerstellung an dem Gewässer befugt. Ihm
steht es frei, ob und wie er das Gewässer durch andere nutzen lässt. Gegen
Unzuträglichkeiten kann dann nur auf Grund der allgemeinen Vorschriften, vor allem des
Ordnungsrechtes, vorgegangen werden. So Czychowski/Reinhardt, Kommentar zum
Wasserhaushaltsgesetz, 8. Aufl. 2003, Rz. 2 a zu § 24 WHG.
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Mithin kann der Antragsteller seine Befugnis zum Surfen und Segeln auf dem N. See
nur aus dem mit Herrn C1. geschlossenen Pachtvertrag herleiten, nicht dagegen aus
einem wasserrechtlichen Gemeingebrauch. Wenn er die gepachtete Seefläche nicht
mehr vollständig nutzen kann, weil die für den Wasserskisport benötigte Fläche
abgesperrt werden muss, so kann er dies folglich nur dem Verpächter gegenüber
geltend machen. Ein subjektiv öffentliches Recht, das durch die angefochtene
Genehmigung beeinträchtigt werden könnte, steht ihm insoweit nicht zur Seite.
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Eine mögliche Rechtsverletzung des Antragstellers lässt sich auch nicht aus seinem
Vortrag entnehmen, die angefochtene Genehmigung zum Befahren des N. Sees mit
Motorbooten sei mit den Belangen des Immissionsschutzes nicht vereinbar; die
lautstarke Nachbarschaft der Motorboote, das Aufheulen und Abschalten der Motoren,
der Wellenschlag und die visuelle Attraktivität des Wasserskisports berge erhebliche
Gefahren und Nachteile für die Surfer in sich; auch kollidiere das Interesse des
Beigeladenen an der Ausübung des Wasserskisports mit den öffentlichen Interessen
des Landschaftsschutzes und der Fischerei. Denn zur Wahrung der öffentlichen
Interessen ist die zuständige Verwaltungsbehörde berufen, nicht dagegen der private
Antragsteller. Auch bietet die einem Verein privatrechtlich eingeräumte
Nutzungsmöglichkeit des N. Sees zum Surfen und Segeln keine dem Eigentumsrecht
der Anwohner des Sees, zu deren Schutz in der Genehmigung Immissionsrichtwerte
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festgelegt worden sind, vergleichbare Rechtspositionen.
Von daher geht die Kammer bei der im vorliegenden Eilverfahren grundsätzlich nur
möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass der
Antragsteller kein subjektiv-öffentliches Recht innehat, dessen Verletzung er mit dem
vorliegenden Antrag geltend machen könnte. Es kann deshalb dahinstehen, ob dem
Antrag auch deshalb der Erfolg versagt bleiben muss, weil sich der Antragsteller in
einem Schreiben vom 04.02.2003 bereit erklärt hat, den N. See des Herrn C1.
"gemeinschaftlich mit dem Beigeladenen zu nutzen und zu pachten."
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Der Antrag war deshalb abzulehnen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 162 Abs. 3 VwGO. Die
Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG und § 20 Abs. 3 GKG.
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