Urteil des VG Minden vom 11.06.2003

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Verwaltungsgericht Minden, 4 K 2353/01
Datum:
11.06.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 2353/01
Tenor:
Der Bescheid des Beklagten vom 18.5.2001 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 15.8.2001 wird aufgehoben. Es wird
festgestellt, dass die Zeiten des so genannten Bereitschaftsdienstes des
Klägers in vollem Umfang als Arbeitszeiten zu bewerten sind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens
tragen der Kläger zu 9/13 und der Beklagte zu 4/13. Das Urteil ist wegen
der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweiligen
Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige
Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Der Kläger steht als Justizvollzugsbeamter im Dienst des beklagten Landes. Er ist der
Justizvollzugsanstalt (JVA) C. zugeordnet und gehört dem mittleren allgemeinen
Vollzugsdienst an.
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Im Rahmen seiner Tätigkeit als Justizvollzugsbeamter ist der Kläger regelmäßig u.a. in
Spät- und Bereitschaftsdienste an Werktagen sowie in Dienst an Wochenenden und
Feiertagen einbezogen. Diese Dienste umfassen auch Bereitschaftszeiten. Während
der Bereitschaftszeiten muss der Kläger in der Dienststelle anwesend sein; er darf sich
jedoch der Dienstkleidung entledigen und zur Ruhe legen.
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Im Februar 2001 beantragte der Kläger beim Beklagten unter Hinweis auf ein Urteil des
Europäischen Gerichtshofes vom 3.10.2000 (C-303/98) festzustellen, dass die von ihm
geleisteten Bereitschaftszeiten in vollem Umfang als Dienstzeiten anzuerkennen seien.
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Diesen Antrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 18.5.2001 ab. Zur Begründung
führte er aus, gemäß einer Rundverfügung des Justizministeriums vom 8.2.1978 sei bei
Justizvollzugsanstalten geleisteter Bereitschaftsdienst der o.g. Art nur mit 15 v.H. als
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Arbeitszeit zu bewerten.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte durch
Widerspruchsbescheid vom 15.8.2001 - zugestellt am 27.9.2001 - zurück.
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Am 1.10.2001 hat der Kläger Klage erhoben. Er macht geltend, Bereitschaftszeiten, wie
sie in der JVA C. abzuleisten seien, müssten in vollem Umfang als Dienstzeiten
eingestuft werden. Denn die Beamten seien verpflichtet, sich während ihrer
Bereitschaftszeiten in den Diensträumen aufzuhalten und jederzeit dienstbereit zu sein.
Diese Beurteilung entspreche auch den hier anwendbaren europarechtlichen
Vorschriften. Soweit hiernach Mehrarbeit angefallen sei, müsse sie vergütet werden.
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Der Kläger beantragt,
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1.den Bescheid des Beklagten vom 18.5.2001 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 15.8.2001 aufzuheben und festzustellen, dass die Zeiten
des so genannten Bereitschaftsdienstes des Klägers in vollem Umfang als Arbeitszeiten
zu bewerten sind,
9
2.
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3.das beklagte Land zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 18.5.2001 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.8.2001 dem Kläger für die seit dem
1.1.1997 geleisteten Mehrarbeitsstunden Mehrarbeitsvergütung gemäß der jeweils
geltenden Mehrarbeitsvergütungsverordnung nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem
Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes ab Rechtshängigkeit zu
zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt ergänzend vor, das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 3.10.2000 habe
auf den vorliegenden Fall keine unmittelbare Auswirkung. Im Übrigen sei der Einsatz
des Klägers während der Bereitschaftszeiten durch Dienstpläne geregelt; eine
Anordnung von Mehrarbeit sei nicht erfolgt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der vom Beklagten beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die
Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist nur teilweise erfolgreich.
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I.
18
Hinsichtlich des Klageantrages zu 1. ist die Klage zulässig und begründet
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Der Bescheid des Beklagten vom 18.5.2001 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 15.8.2001 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in
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seinen Rechten. Der Beklagte hat in den genannten Bescheiden die vom Kläger im
Justizvollzugsdienst geleisteten Bereitschaftsdienste zu Unrecht nicht in vollem Umfang
als anrechenbare Dienstzeit eingestuft.
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten im Lande
NW (ArbZV) beträgt die regelmäßige Arbeitszeit der Beamten, sofern in dieser
Verordnung nichts anderes bestimmt oder zugelassen ist, wöchentlich im Durchschnitt
38 ½ Stunden. Muss der Beamte über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus mehr als fünf
Stunden im Monat an der Dienststelle oder Arbeitsstätte anwesend sein, um im
Bedarfsfall tätig zu werden, ohne dass die Zeit der dienstlichen Tätigkeit regelmäßig
überwiegt (Mehrarbeit in Bereitschaft), so ist nach § 3 Abs. 3 ArbZV die Zeit der
Bereitschaft nach dem Maß der während des Bereitschaftsdienstes erfahrungsgemäß
durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistung mindestens zu 15%, höchstens zu 50%
durch Dienstbefreiung zu anderer Zeit auszugleichen. Soweit der Dienst in Bereitschaft
besteht, kann der Dienstvorgesetzte gemäß § 4 Satz 1 ArbZV die regelmäßige
Arbeitszeit entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen bis zu 51 Stunden in der
Woche verlängern. Beträgt die Bereitschaft durchschnittlich mehr als 30 Stunden oder
muss der Beamte lediglich an der Dienststelle oder Arbeitsstätte anwesend sein, um im
Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten, so kann nach § 4 Satz 2 ArbZV die
regelmäßige Arbeitszeit bis zu 124 Stunden in zwei Wochen verlängert werden. Gemäß
§ 12 Sätze 1 und 2 ArbZV kann das Justizministerium Abweichungen u.a. von § 4 Satz
2 ArbZV anordnen. Durch Rundverfügung vom 8.2.1978 (- 4400 - IV A.75.1) hat das
Justizministerium bestimmt, dass der von Beamten des allgemeinen Vollzugsdienstes
bei Justizvollzugs- und Jugendarrestanstalten geleistete Bereitschaftsdienst, wenn der
Beamte zwar in der Dienststelle anwesend sein muss, um im Bedarfsfalle jederzeit tätig
werden zu können, sich jedoch der Dienstkleidung entledigen und zur Ruhe legen darf,
mit 15 v.H. als Arbeitszeit zu bewerten ist.
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Die genannten Regelungen basieren auf der Vorstellung, dass diejenige Zeit, in der ein
Beamter des allgemeinen Justizvollzugsdienstes in der Dienststelle (lediglich)
Bereitschaft leistet, nicht in gleicher Weise wie die übrige Zeit des Dienstes als
Arbeitszeit zu qualifizieren ist. Diese Vorstellung ist jedoch rechtsfehlerhaft.
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Für die Beurteilung der Frage, ob Arbeitszeit zu bejahen ist, sind Inhalt, Umfang und
Intensität der dienstlichen Inanspruchnahme maßgeblich.
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Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27.2.1996 - 12 K 3866/93 - Blatt 7 der Urteilsabschrift
m.w.N.
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Weiterhin sind insoweit die Regelungen der Europäischen Gemeinschaften zur
Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer zu
berücksichtigen. Gem. Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23.11.1993
(RL 93/104/EG) ist Arbeitszeit im Sinne der Richtlinie jede Zeitspanne, während der ein
Arbeitnehmer gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder
Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit
ausübt oder Aufgaben wahrnimmt. Diese Vorschrift ist dahin zu verstehen, dass Zeiten,
in denen ein Arbeitnehmer Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit im
Bereich des Arbeitgebers leistet, Arbeitszeiten darstellen; bei Bereitschaftsdienst in
Form ständiger Erreichbarkeit (Rufbereitschaft) ist hingegen nur diejenige Zeit, die für
die tatsächliche Erbringung von Dienstleistungen aufgewandt wird, als Arbeitszeit
anzusehen.
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Vgl. EuGH, Urteil vom 3.10.2000 - C-303/98 - Bl. I-17 ff. des Urteilsabdrucks.
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Art. 2 RL 93/104/EG ist gem. Art. 1 Abs. 3 RL 93/104/EG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 der
(Grund)Richtlinie 89/391/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom
12.6.1989 (RL 89/391/EWG) grundsätzlich auf alle privaten oder öffentlichen
Tätigkeitsbereiche anwendbar. Abweichend hiervon finden die genannten Richtlinien
gem. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 RL 89/391/EWG keine Anwendung, soweit dem
Besonderheiten bestimmter Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, z.B. bei den Streitkräften
oder der Polizei, oder bestimmter spezifischer Tätigkeiten bei den
Katastrophenschutzdiensten zwingend entgegenstehen. Es ist bereits nicht
anzunehmen, dass die Tätigkeit als Justizvollzugsbeamter zu denjenigen Tätigkeiten zu
rechnen ist, die in der zitierten Ausnahmevorschrift aufgeführt sind. Selbst wenn dies
jedoch anders zu beurteilen wäre, wäre Art. 2 Nr. 1 RL 93/104/EG vorliegend
anwendbar.
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Sowohl aus dem Ziel der Grundrichtlinie 89/391/EWG, der Verbesserung der Sicherheit
und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit, als auch aus dem
Wortlaut ihres Art. 2 Abs. 1 ergibt sich, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie weit
zu verstehen ist. Folglich sind die Ausnahmen vom Anwendungsbereich der
Grundrichtlinie einschließlich der in ihrem Art. 2 Abs. 2 vorgesehenen Ausnahmen eng
auszulegen.
28
EuGH, Urteil vom 3.10.2000, a.a.O., Bl. I-16 der Urteilsabschrift.
29
Es mag bei den in Art. 2 Abs. 2 RL 89/391/EWG bezeichneten Tätigkeiten zwar geboten
sein, die in den Richtlinien 89/391/EWG und 93/104/EG festgelegten
verschiedenartigen Schutzrechte teilweise einzuschränken oder sogar insgesamt
vorzuenthalten, weil ansonsten die ordnungsgemäße Ausübung der Arbeitstätigkeit
ausgeschlossen wäre.
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Vgl. den Schlussantrag des Generalanwalts Saggio vom 16.12.1999 im Verfahren C-
303/98 des EuGH.
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Ein solches Bedürfnis besteht vorliegend aber jedenfalls nicht bezüglich der in Art. 2 Nr.
1 RL 93/104/EG enthaltenen Begriffsbestimmung zur Arbeitszeit. Es ist nämlich nicht
ersichtlich, dass die Verwendung dieser Begriffsbestimmung in dem hier gegebenen
Tätigkeitsbereich der ordnungsgemäßen Berufsausübung entgegenstehen könnte: Die
letztgenannte Vorschrift definiert lediglich einen arbeitsrechtlichen Begriff, beinhaltet
hingegen selbst keine konkreten Arbeitnehmerrechte wie beispielsweise Ansprüche auf
Ruhezeiten, Pausen, Arbeitszeiten oder Ähnliches, die mit der Tätigkeit des Klägers im
Justizvollzugsdienst möglicherweise unvereinbar sein könnten.
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Unter Beachtung der somit im vorliegenden Fall verbindlichen Vorschrift des Art. 2 Nr. 1
RL 93/104/EG sind die gesamten Zeiten einschließlich der Bereitschaftszeiten, die der
Kläger im Verlaufe seiner Dienstschichten in der JVA C. verbracht hat, als Arbeitszeiten
zu bewerten.
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II.
34
Hingegen ist die Klage bezüglich des Klageantrages zu 2. abzuweisen.
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Insoweit ist die Klage bereits unzulässig.
36
Vor Erhebung der vorliegenden Klage hat der Kläger beim Beklagten zu keinem
Zeitpunkt die Gewährung der hier streitgegenständlichen Mehrarbeitsvergütung
beantragt. Diesbezüglich ist ferner weder ein Bescheid noch ein Widerspruchsbescheid
ergangen. Somit fehlt es an der Durchführung des gemäß §§ 126 BRRG, 68 ff. VwGO
zwingend vorgeschriebenen Vorverfahrens.
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Im Übrigen ist die Klage hinsichtlich des Klageantrages zu 2. auch unbegründet. Denn
der Kläger hat keinen Anspruch auf die geltend gemachte Mehrarbeitsvergütung für
seine Tätigkeit im Justizvollzugsdienst des beklagten Landes.
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Als Rechtsgrundlage für die Gewährung der begehrten Mehrarbeitsvergütung kommt
ausschließlich § 78 a Abs. 2 LBG i.V.m. § 48 Abs. 1 BBesG und den Regelungen der
Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte (MVergV) in
Betracht.
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Die genannte Verordnung ist im vorliegenden Fall grundsätzlich anwendbar. Der Kläger
erhält Dienstbezüge aus einer Besoldungsgruppe mit aufsteigendem Gehalt (§ 2 Abs. 1
MVergV) und übt seine Tätigkeit als Justizvollzugsbeamter im Rahmen eines
Schichtdienstes im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 MVergV aus.
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Vgl. dazu OVG Münster, Urteil vom 5.8.1998 - 12 A 3011/95 - RiA 2000, 147.
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Weiterhin steht nach den obigen Ausführungen unter I. fest, dass der Kläger auf Grund
seiner Tätigkeit in der JVA C. bereits seit mehreren Jahren tatsächlich Mehrarbeit
geleistet hat. Die Arbeitszeiten des Klägers haben nämlich den in § 2 Abs. 1 ArbZV
vorgegebenen Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit überschritten, weil die genannten
Zeiten einschließlich der Bereitschaftszeiten, die der Kläger im Verlaufe seiner
Dienstschichten in der JVA C. verbracht hat, als Arbeitszeiten zu qualifizieren sind.
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Die Mehrarbeit, die sich auf Grund der Bewertung von Bereitschaftszeiten als Arbeitszeit
ergibt, ist vom Beklagten jedoch nicht vorher angeordnet worden. Schicht- oder
Dienstpläne u.s.w., durch welche die Einteilung des Klägers in Schichten und die
Abgrenzung von Arbeits- und Bereitschaftszeiten vorgenommen worden ist, stellen
keine Anordnungen von Mehrarbeit dar, sondern lediglich innerdienstliche Weisungen,
mit denen Arbeit angeordnet worden ist. Demgegenüber kann Mehrarbeit allein mittels
eines Verwaltungsakts angeordnet werden; dabei hat der Dienstherr zu prüfen, ob nach
der dienstlichen Notwendigkeit Mehrarbeit überhaupt zwingend erforderlich ist (vgl. § 78
a Abs. 1 LBG), welchem Beamten sie übertragen werden soll und ob sie durch
Dienstbefreiung ausgeglichen werden kann (vgl. § 78 a Abs. 1 und 2 LBG). Derartige
Entscheidungen hat der Beklagte in Bezug auf die hier maßgebliche Mehrarbeit, die
sich aus der fehlerhaften Einstufung von Bereitschaftszeiten ergibt, zu keinem Zeitpunkt
getroffen. Es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte sich bewusst
gewesen ist, dass er vom Kläger insoweit ein Überschreiten der regelmäßigen
Arbeitszeit verlangt oder dies zumindest billigend in Kauf genommen hat.
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Vgl. OVG NW, Urteil vom 5.8.1998, a.a.O., S. 148.
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Vielmehr war er bisher der Auffassung, der Kläger habe als Justizvollzugsbeamter im
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Rahmen seiner regulären Schichten, sofern sie im Einklang mit den Vorschriften der
Dienstanweisung Nr. 203 des Leiters der JVA C. stehen, keine Mehrarbeit erbracht.
Eine nachträgliche Genehmigung der bei ihm angefallenen Mehrarbeit kann der Kläger
vom Beklagten ebenfalls nicht beanspruchen. Denn eine ständige, regelmäßig sich
ergebende Mehrarbeit in dem oben dargelegten Umfang ist gar nicht
genehmigungsfähig: Mehrarbeit darf nur angeordnet oder genehmigt werden, wenn die
Umstände, auf denen sie beruht, lediglich vorübergehender Natur sind und eine
Ausnahme gegenüber den sonst üblichen Verhältnissen darstellen. Mehrarbeit darf
hingegen nicht zur Regel werden, weil es sich sonst um eine unzulässige Verlängerung
der regulären Wochenarbeitszeit unter Umgehung der diesbezüglichen
arbeitsrechtlichen Bestimmungen handeln würde.
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Vgl. OVG NW, Urteil vom 5.8.1998, a.a.O., S. 150.
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Ist somit die hier betroffene Mehrarbeit des Klägers weder vorab angeordnet worden
noch im Nachhinein zu genehmigen, ist ein Anspruch auf Vergütung der Mehrarbeit
nicht gegeben, wie sich aus § 78 a Abs. 1 LBG, § 3 Abs. 1 MVergV zwingend ergibt.
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Dem Ergebnis, dass der Kläger für die von ihm geleistete Mehrarbeit keine Vergütung
beanspruchen kann, stehen die Vorschriften der o.g. beiden Richtlinien der
Europäischen Gemeinschaften nicht entgegen. Jene Richtlinien haben ausschließlich
die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer im Auge und die Zielrichtung, die
Arbeitszeit zu begrenzen; sie sind jedoch nicht dazu bestimmt, den finanziellen
Interessen der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Berechnung des Entgelts für
ihre Arbeit zu dienen.
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Vgl. den Schlussantrag des Generalanwalts Saggio vom 16.12.1999 im Verfahren C-
303/98 des EuGH.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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