Urteil des VG Minden vom 06.03.2008

VG Minden: wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, innere medizin, aufschiebende wirkung, vorläufiger rechtsschutz, klinik, versorgung, ausweisung, wahrscheinlichkeit, bevölkerung

Verwaltungsgericht Minden, 6 L 711/07
Datum:
06.03.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 L 711/07
Tenor:
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
3. Der Streitwert wird auf 12.250 EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
1
Der sinngemäße Antrag der Antragstellerin,
2
die aufschiebende Wirkung ihrer am 22.11.2007 erhobenen Klage (6 K 2389/07) gegen
den an die Beigeladene gerichteten Feststellungsbescheid der Antragsgegnerin vom
14.8.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2007 wiederherzustellen,
3
hat keinen Erfolg.
4
Die Kammer unterstellt die Zulässigkeit des Antrags.
5
Der Antrag ist statthaft. Gemäß § 80 a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 und § 80 Abs. 5 Satz 1
VwGO kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen ein Dritter einen
Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden
Verwaltungsakt eingelegt und die Behörde auf Antrag des Begünstigten daraufhin nach
§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts
angeordnet hat, auf Antrag des Dritten die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs
oder seiner Anfechtungsklage (§ 80 Abs. 1 VwGO) ganz oder teilweise
wiederherstellen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Feststellungsbescheid
der Antragsgegnerin vom 14.8.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
22.10.2007, mit dem das Krankenhaus der Beigeladenen mit dem Teilgebiet
Kardiologie im Umfang von 40 Davon-Betten Innere Medizin im Krankenhausplan des
Landes NRW ausgewiesen wird, ist ein die Beigeladene begünstigender
Verwaltungsakt. Die von der Antragstellerin dagegen erhobene Anfechtungsklage hatte
zunächst aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO), die aber durch die nachträgliche
Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des genannten Feststellungsbescheides
6
durch die Antragsgegnerin am 20.12.2007 wieder entfiel.
Fraglich ist aber, ob der Antragstellerin für den Antrag auf Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung ihrer Klage im Verfahren 6 K 2389/07 eine Antragsbefugnis
entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO zusteht. Es ist zweifelhaft, dass die Antragstellerin
geltend machen kann, durch den zu Gunsten der Beigeladenen ergangenen
Feststellungsbescheid möglicherweise in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten
verletzt zu sein.
7
Zwar unterscheidet sich der vorliegende Fall teilweise von demjenigen, der dem von der
Beigeladenen herangezogenen Beschluss des OVG NRW vom 25.11.2005
8
- 13 B 1599, 1625 und 1626/05 -, NVwZ 2006, 481 = GesR 2006, 86 = juris,
9
die dortige Antragstellerin zu 3. betreffend, zu Grunde lag und in dem nach Meinung des
OVG NRW (S. 13 des Beschlussabdrucks) kein aus den Krankenhausgesetzen des
Bundes und der Länder zu entnehmender Anspruch auf Konkurrentenschutz bestand.
Denn die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens wird zwar vom Ministerium für
Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit des Landes Niedersachsen bereits mit
Planbetten für Innere Medizin geführt, was ihre Befugnis einschließt, diese Betten auch
für kardiologische Leistungen zur Verfügung zu stellen; allerdings sind keine dieser
Betten, soweit der Kammer bekannt, ausdrücklich als Davon-Betten für das Teilgebiet
Kardiologie ausgewiesen (und ist eine solche Ausweisung in Niedersachsen wohl auch
gar nicht vorgesehen, weil laut dem Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und
Soziales des Landes Nordrhein- Westfalen - MAGS - vom 24.7.2007 in Niedersachsen
das in Rede stehende Versorgungsangebot nicht vom Land geplant wird und damit dort
alle Krankenhäuser die Möglichkeit haben, in Abstimmung mit den Krankenkassen ein
derartiges Angebot aufzubauen).
10
Gleichwohl ist es fragwürdig, der Antragstellerin die subjektiv-öffentliche Rechtsposition
eines schon in den Krankenhausplan aufgenommenen Krankenhausträgers im Falle
einer negativen (defensiven) Konkurrenten(abwehr)klage
11
vgl. Seiler/Vollmöller, Die Konkurrentenklage im Krankenhausrecht, DVBl. 2003, 235
(239); Thier, Krankenhausplanung und Konkurrentenschutz, KH 2004, 993 (996);
Stollmann, Vorläufiger Rechtsschutz von Konkurrenten im Krankenhausrecht, NVwZ
2006, 425 (427, mit FN 22)
12
zuzubilligen. Grundsätzlich allerdings hält die Kammer ein solches Recht für möglich.
Eine derartige Rechtsposition bereits aus § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG zu folgern
13
so Seiler/Vollmöller, a.a.O., S. 239 f.
14
oder gar aus § 13 Abs. 4 Satz 2 KHG NRW, dürfte zwar zumindest im Falle eines Streits
um eine zu deckende Bedarfslücke ausscheiden.
15
Vgl. Thier, a.a.O., S. 998.
16
Jedoch dürfte in einer solchen Fallkonstellation die Antragsbefugnis des von einer
krankenhausrechtlichen Planungsentscheidung betroffenen konkurrierenden
Plankrankenhauses grundsätzlich aus einer möglichen Verletzung seiner durch Art. 12
17
GG gewährleisteten Berufsfreiheit folgen. Denn die Aufnahme eines Krankenhauses
(bzw. einer Fachrichtung oder eines Schwerpunktes) in den Krankenhausplan über den
bestehenden Bedarf hinaus ist geeignet, die schon in den Plan aufgenommenen
Krankenhäuser in verschiedenen Rechtspositionen zu beeinträchtigen. Ein wesentlicher
Kern der Rechtsposition der bereits planaufgenommenen Krankenhäuser ist deren
wirtschaftliche Sicherung unter anderem dadurch, dass insgesamt nur so viele
Krankenhäuser in den Plan aufgenommen werden, wie Bedarf besteht, und ihnen
folglich das Erreichen der planerisch angesetzten durchschnittlichen Auslastung ihrer
Planbetten garantiert wird. Wird ein weiteres Krankenhaus über den Bedarf hinaus in
den Krankenhausplan aufgenommen, verlieren die im jeweiligen Einzugsgebiet
gelegenen konkurrierenden Plankrankenhäuser die Gewähr, normalerweise eine
Durchschnittsauslastung ihrer Planbetten erreichen zu können.
Vgl. Thier, a.a.O., S. 998 mit FN 16.
18
Die vorstehenden Überlegungen kommen der Antragstellerin aber nicht ohne weiteres
zugute. Denn hier liegt nicht der "Normalfall" einer Bedarfslücke vor, die durch die
streitbefangene krankenhausrechtliche Planungsentscheidung gedeckt werden soll.
Vielmehr waren die betroffenen 40 Planbetten bereits - neben weiteren 66 Betten - als
solche der Inneren Medizin für die Klinik der Beigeladenen im Krankenhausplan
ausgewiesen und werden nunmehr, entsprechend ihrer bisherigen tatsächlichen
durchschnittlichen Nutzung (zuzüglich eines Aufschlags um einige Betten wegen einer
erwarteten steigenden Belegungsentwicklung), lediglich als Davon-Betten für das
Teilfachgebiet Kardiologie festgestellt, während die übrigen 66 Betten jetzt als solche
der Allgemeinen Inneren Medizin ausgewiesen werden; zutreffend spricht die
Antragsgegnerin im Widerspruchsbescheid vom 22.10.2007 deshalb auch nur von einer
Differenzierung des Strukturangebots der Inneren Abteilung des Krankenhauses der
Beigeladenen durch eine bettenneutrale Ausweisung des Teilgebiets Kardiologie.
Daneben soll sich für die Bettenausweisung in der Klinik der Antragstellerin überhaupt
nichts ändern; es bleibt für sie bei 99 Planbetten der Inneren Medizin ohne Ausweisung
von Teilfachgebieten.
19
Vgl. insoweit auch OVG NRW, Beschluss vom 25.11.2005 - 13 B 1599, 1625 und
1626/05 -, a.a.O. (S. 4 unten des Beschlussabdrucks).
20
Dass unter diesen Umständen aus Art. 12 GG ein Klagerecht der Antragstellerin als
Konkurrentin der Beigeladenen und dementsprechend eine Antragsbefugnis folgen
könnte, unterliegt erheblichen rechtlichen Bedenken.
21
Die Kammer kann allerdings die Zulässigkeit des vorliegenden Antrags unterstellen,
weil der Antrag auf jeden Fall unbegründet ist.
22
Die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des
Feststellungsbescheides vom 14.8.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
22.10.2007 wird den aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO folgenden formellen Anforderungen
gerecht. Die zur Begründung angeführten Gesichtspunkte müssen nicht den
Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen oder wenigstens über die für den Erlass des zu
vollziehenden Verwaltungsakts maßgeblichen Erwägungen hinausgehen. Vielmehr
genügt jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde aus
Gründen des zu entscheidenden Einzelfalls eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise
für geboten hält.
23
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5.7.1994 - 18 B 1171/94 -, NWVBl. 1994, 424 = EStT
NRW 1995, 76 = AuAS 1994, 258, vom 9.6.2004 - 18 B 22/04 -, vom 29.7.2004 - 13 B
888/04 -, m.w.N., und vom 5.7.2006 - 8 B 212/06.AK -, alle (auch) bei juris.
24
Diesen Erfordernissen genügt die von der Antragsgegnerin gegebene Begründung für
die Anordnung der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides (ab S. 5 der Anordnung
vom 20.12.2007). Die Antragsgegnerin war sich des Ausnahmecharakters des
Sofortvollzuges ersichtlich bewusst und hat ihn aus einzelfallbezogenen Erwägungen
angeordnet, ohne dass erörtert werden müsste, ob die Ausführungen der
Antragsgegnerin inhaltlich tragfähig sind. Der Antrag ist auch materiell-rechtlich
unbegründet.
25
Die Entscheidung in einem Verfahren nach §§ 80 Abs. 5, 80 a VwGO ist im Wege einer
Abwägung zwischen dem Interesse des Dritten an der Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs bzw. seiner Klage und dem öffentlichen
Interesse sowie dem Interesse des Begünstigten an der sofortigen Vollziehbarkeit des
erteilten Feststellungsbescheides zu treffen.
26
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.11.2005 - 13 B 1599, 1625 und 1626/05 -, a.a.O.
27
Im vorliegenden Fall fällt diese Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus,
weil ihre Klage im Verfahren 6 K 2389/07 aller Wahrscheinlichkeit nach abzuweisen
sein wird und auch im Übrigen überwiegende Gründe für den Sofortvollzug der
angefochtenen Planungsentscheidung sprechen.
28
Ungeachtet der fraglichen Klagebefugnis der Antragstellerin (vgl. die entsprechenden
obigen Ausführungen zur Antragsbefugnis) steht ihr höchstwahrscheinlich kein
Anspruch auf Aufhebung des streitbefangenen Feststellungsbescheides zu. Die
zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob ein Bedarf für die Feststellung von 40
Planbetten im Teilfachgebiet Kardiologie als Davon-Betten der Abteilung für Innere
Medizin des Krankenhauses der Beigeladenen besteht, dürfte nämlich zu bejahen sein.
29
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KHG haben die Krankenhäuser nach Maßgabe dieses
Gesetzes Anspruch auf Förderung, soweit und solange sie in den Krankenhausplan
eines Landes aufgenommen sind. Nach § 8 Abs. 1 Satz 3 KHG i.V.m. § 18 Abs. 1 Satz 1
KHG NRW wird die Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan durch
Bescheid der zuständigen Behörde - hier die Antragsgegnerin (§ 40 Abs. 1 Satz 2 KHG
NRW i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem
Gebiet des Krankenhauswesens vom 22.2.2000, GV. NRW 2000, 222) - festgestellt.
Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 KHG besteht kein Anspruch auf Feststellung der Aufnahme in
den Krankenhausplan. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren Krankenhäusern
entscheidet die zuständige Landesbehörde unter Berücksichtigung der öffentlichen
Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen,
welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausplanung des Landes am besten
gerecht wird (§ 8 Abs. 2 Satz 2 KHG). Bei der nach § 8 Abs. 1 Satz 3 KHG zu treffenden
Entscheidung ist zwischen zwei Entscheidungsstufen zu differenzieren: Auf der ersten
Stufe ist entsprechend § 1 Abs. 1 KHG zu prüfen, welche vorhandenen Krankenhäuser
für eine bedarfsgerechte Versorgung mit leistungsfähigen Krankenhäusern zu sozial
tragbaren Pflegesätzen geeignet sind. Übersteigt die Zahl der Betten, die in den dafür
geeigneten Krankenhäusern vorhanden sind, die Zahl der für die Versorgung der
30
Bevölkerung benötigten Betten, ist auf der zweiten Stufe gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m.
§ 1 KHG eine Auswahlentscheidung zwischen sämtlichen in Betracht kommenden
bedarfsgerechten, leistungsfähigen und kostengünstigen Krankenhäusern zu treffen.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.6.1990 - 1 BvR 355/86 -, BVerfGE 82, 209 = DVBl.
1990, 989 = NJW 1990, 2306; BVerwG, Urteile vom 25.7.1985 - 3 C 25.84 -, BVerwGE
72, 38 = DVBl. 1986, 55 = NJW 1986, 796, und vom 18.12.1986 - 3 C 67.85 -, NJW
1987, 2318 = MedR 1988, 263 = Buchholz 451.74 § 8 Nr. 11; VGH Mannheim, Urteil
vom 20.12.2006 - 9 S 2182/06 -, juris; Thier, Konkurrentenschutz im
Krankenhausplanungsrecht, KH 2002, 808 (810); Seiler/Vollmöller, a.a.O., S. 239.
31
Nach den vorgenannten Grundsätzen hat die Antragsgegnerin mit rechtlicher Billigung
(§ 16 Abs. 3 Satz 3 KHG NRW) durch die Planungsbehörde - hier das zuständige
Fachministerium (MAGS) des Landes Nordrhein-Westfalen (§ 13 Abs. 1 KHG NRW) -
den streitigen Feststellungsbescheid bezüglich der Ausweisung von 40 Planbetten für
Kardiologie beim Krankenhauses der Beigeladenen auf der Grundlage eines
konsentierten regionalen Planungskonzepts (§ 16 Abs. 1 Satz 2 KHG NRW) auch unter
ausdrücklicher Berücksichtigung des Versorgungsangebots im Krankenhaus der
Antragstellerin aller Wahrscheinlichkeit nach rechtmäßig erlassen. Eine gesonderte
Feststellung eines Linksherzkathetermessplatzes (LHKM), wie ihn (auch) die
Antragstellerin seit dem Jahre 2005 vorhält und auf den sie wiederholt verweist, ist
daneben nicht Gegenstand des streitigen Bescheides.
32
Im Gebiet des Kreises I. , der zusammen mit dem Kreis Q. das Versorgungsgebiet 11
bildet, besteht hinsichtlich der krankenhausplanmäßigen Feststellung von Planbetten für
Kardiologie aller Wahrscheinlichkeit nach ein Bedarf, der noch nicht gedeckt ist. Das
ergibt sich für die Kammer auch ohne eine nähere Bedarfsanalyse
33
vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 25.7.1985 - 3 C 25.84 -, a.a.O., und Beschluss vom
31.5.2000 - 3 B 53.99 -, Buchholz 451.74 § 6 Nr. 5, m.w.N.; Pant/Prütting, KHG NRW,
Komm., 2. Aufl. 2000, § 13 Rdnr. 12
34
schon auf Grund der ihr bislang vorliegenden Unterlagen.
35
Zwar kann einerseits nicht jedem Patienten eine optimale medizinische Versorgung
praktisch "vor der Haustür" geboten werden; der damit verbundene immense
Kostenaufwand würde dem durch § 1 Abs. 1 KHG formulierten Ziel, zu sozial tragbaren
Pflegesätzen beizutragen, eklatant widersprechen. Andererseits aber verlangen § 1
Abs. 1 KHG und § 13 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 KHG NRW auch eine
bedarfsgerechte und § 13 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 KHG NRW außerdem eine
ortsnahe krankenhausmäßige Versorgung der Bevölkerung. Unter medizinischen
Gesichtspunkten erscheint das ortsnahe kardiologische Versorgungsangebot im
Einzugsbereich der Klinik der Beigeladenen bis zum Sommer 2007 nicht als
ausreichend. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben in mehreren
Schriftsätzen, mit Zahlenmaterial belegt, schlüssig darauf hingewiesen, dass
Kardiologiepatienten aus dem Einzugsbereich des Krankenhauses der Beigeladenen in
der Vergangenheit in Fällen schwer wiegender Krankheitsbilder oft zeitaufwändig und
schon damit unter für ihre Gesundheit oder gar ihr Leben gefährlichen Umständen in
weit entfernte Kliniken bis hin nach Marburg, Kassel und Bad Oeynhausen verbracht
werden mussten, weil näher gelegene Kliniken, insbesondere die der Antragstellerin
und der Beigeladenen - letztere bis zur Feststellung der Planbetten für Kardiologie im
36
Sommer 2007 und der dadurch bedingten seither besseren Ausstattung -, kein
adäquates Versorgungsangebot bereithielten. Dem steht nicht entgegen, dass die in
mehr oder weniger großer Nähe von I. gelegenen Kliniken - insbesondere diejenigen in
I1. , Q. und E1. - einen Teil der Kardiologiepatienten aus dem Einzugsbereich der Klinik
der Beigeladenen bislang mitversorgen konnten. Denn insoweit handelte es sich
offensichtlich nicht um die Behandlung von Patienten mit derart gravierenden
Krankheitsbildern, dass deren Transport in wesentlich entferntere Kliniken mit einem
speziellen kardiologischen Behandlungsangebot entbehrlich gewesen wäre. In wohl
nicht zu beanstandender Weise haben die Antragsgegnerin und das MAGS einerseits
entsprechend § 13 Abs. 4 Satz 2 KHG NRW auch die vom Krankenhaus der
Antragstellerin vorgehaltenen 99 Planbetten für Innere Medizin sowie dessen
besonderes Angebot eines LHKM mit in ihre Überlegungen einbezogen,
vgl. zur Berücksichtigung des Versorgungsangebots in benachbarten Bundesländern
bei der Bedarfsprüfung: BVerwG, Urteil vom 25.7.1985 - 3 C 25.84 - und Beschluss vom
31.5.2000 - 3 B 53.99 -, jew. a.a.O.,
37
andererseits aber dessen kardiologisches Versorgungsangebot auch zusammen mit
dem Angebot weiterer umliegender Krankenhäuser als für den kardiologischen
Behandlungsbedarf im Einzugsbereich der Klinik der Beigeladenen nicht ausreichend
angesehen.
38
Bezeichnend und aussagekräftig ist außerdem, dass es mit den Krankenkassen als
Kostenträgern zu einem konsentierten regionalen Planungskonzept (§ 16 Abs. 1 Satz 2
KHG NRW) für die krankenhausplanmäßige Feststellung der 40 Kardiologie- Betten am
Krankenhaus der Beigeladenen gekommen ist; auch die Kostenträger haben also den
Bedarf hierfür gesehen.
39
Unter weiterer Berücksichtigung eines gewissen Gestaltungs- bzw.
Beurteilungsspielraums, der der Planungsbehörde auf der Stufe der Planaufstellung bei
der Bedarfsermittlung insoweit zusteht, als sie bei ihrer Prognoseentscheidung
(lediglich) von zutreffenden Werten, Daten und Zahlen ausgegangen sein und sich einer
wissenschaftlich anerkannten Berechnungsmethode bedient haben muss,
40
vgl. BVerwG, Urteile vom 26.3.1981 - 3 C 134.79 -, BVerwGE 62, 86 (93 ff., 107 f.) =
DVBl. 1981, 975 = NJW 1982, 710, und vom 25.7.1985 - 3 C 25.84 -, a.a.O.;
Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnung und
Folgerecht, Komm. (Stand: Juli 2007), § 6 KHG Erl. II.6 (S. 50 f.), § 8 KHG Erl. V (S. 68 a
f.),
41
ist die Bejahung des streitigen Bedarfs an der krankenhausplanmäßigen Feststellung
40 kardiologischer Betten für das Krankenhaus der Beigeladenen aller Voraussicht
nach rechtlich nicht zu beanstanden.
42
Dass die streitige Feststellungsentscheidung ansonsten an rechtlich relevanten, zur
Aufhebung des Bescheides nötigenden Fehlern leiden könnte, wird von der
Antragstellerin selbst nicht geltend gemacht und ist von der Kammer im vorliegenden,
auf eine summarische rechtliche Prüfung beschränkten Verfahren auch nicht zu
erkennen.
43
Auch die von den Erfolgsaussichten der Klage im Verfahren 6 K 2389/07 unabhängige
44
weitere Interessenabwägung im Rahmen der §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO
lässt keine überwiegenden schützenswerten Interessen der Antragstellerin daran
erkennen, die Umsetzung des angefochtenen Feststellungsbescheides vom 14.8.2007
bis zu einer Entscheidung im Klageverfahren abzuwenden. Zwar dürfte sich die
angefochtene Planbettenausweisung nicht unerheblich negativ auf die wirtschaftliche
Situation der Antragstellerin auswirken, wie auch das MAGS in seinem Erlass an die
Antragsgegnerin vom 23.5.2007 (S. 4) sieht. Dass diese wirtschaftlichen Auswirkungen
aber derart gravierend wären, dass sie einer Berufszulassungsbeschränkung nahe
kommen könnten,
vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.1.2004 - 1 BvR 506/03 -, DVBl. 2004, 431 = NVwZ 2004,
53,
45
ist nicht erkennbar. Da ohne die Ausnutzung des angefochtenen
Feststellungsbescheides die Versorgung der Bevölkerung im Kreis I. mit
kardiologischen Krankenhausleistungen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht
ausreichend sicher gewährleistet wäre, so dass eine ernsthafte Gefahr für Leib oder
Leben schwer herzkranker Patienten aus dem Einzugsbereich des Krankenhauses der
Beigeladenen bestehen könnte, ist es eher der Antragstellerin zumutbar, die Folgen
einer zeitnahen Umsetzung des Feststellungsbescheides bis zum Abschluss des
Klageverfahrens hinzunehmen, als dass es der Bevölkerung im Kreis I. zugemutet
werden könnte, eine medizinisch höchst bedenkliche und wohl unzureichende
Versorgungssituation bis hin zur ernsthaften Gefahr lebensbedrohlicher Situationen bis
zur rechtskräftigen Entscheidung über die Anfechtungsklage der Antragstellerin weiter in
Kauf zu nehmen.
46
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Kammer
hat die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus Billigkeit für erstattungsfähig
erklärt, weil die Beigeladene einen Sachantrag gestellt und damit auch ein Kostenrisiko
auf sich genommen hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
47
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Unter
Berücksichtigung der Nr. 23.2 des "Streitwertkatalogs für die
Verwaltungsgerichtsbarkeit" vom 7./8.7.2004 (DVBl. 2004, 1525 = NVwZ 2004, 1327)
und ergänzend der den Streitwertkatalog modifizierenden Rechtsprechung des OVG
NRW
48
vgl. z.B. Beschluss vom 6.4.2006 - 13 B 65/06 -, juris = NRWE-Datenbank
49
errechnet sich der Streitwert aus einem Betrag von 5.000 EUR für das erste vorhandene
streitbefangene Bett und 19.500 EUR für weitere 39 vorhandene Betten zu je 500 EUR;
die daraus ermittelte Summe (24.500 EUR) wird wegen der Vorläufigkeit des
vorliegenden Verfahrens um die Hälfte reduziert (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).
50