Urteil des VG Minden vom 22.05.2007

VG Minden: innere medizin, ausweisung, kreis, erlass, stadt, recht auf freiheit, rehabilitation, anfang, stationäre behandlung, örtliche zuständigkeit

Verwaltungsgericht Minden, 6 K 2506/06
Datum:
22.05.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 K 2506/06
Tenor:
Der Bescheid der Beklagten vom 18.11.2005 (KH-Nr.: 754 1018) in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.6.2006 und der den
Ausgangsbescheid ersetzende Bescheid vom 1.3.2007 werden
aufgehoben, soweit 50 Planbetten für Frührehabilitation für die
"Betriebsstelle" Krankenhaus W. der Beigeladenen festgestellt werden.
Die Beklagte trägt die Gerichtskosten, die außergerichtlichen Kosten der
Klägerin und ihre eigenen außergerichtlichen Kosten. Außergerichtliche
Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die
Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin
vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin ist Trägerin des F. Krankenhauses C1. (vormals L2. H. ).
2
Im Jahre 2003 kam es zu Verhandlungen über ein regionales Planungskonzept gemäß
§ 16 des Krankenhausgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen - KHG NRW - für den
dem krankenhausrechtlichen Versorgungsgebiet 10 (vgl. S. 77 des Krankenhausplans
2001 des Landes Nordrhein-Westfalen - Krankenhausplan -) zugehörigen Kreis H1. im
Zusammenhang mit Überlegungen zu einer (letztlich gescheiterten) Gründung eines
Verbundkrankenhauses, das aus dem Städtischen Klinikum H1. , dem F. Krankenhaus
S. - das Mitte 2005 aus dem Krankenhausplan ausschied und faktisch inzwischen zu
einer zweiten Betriebsstätte des Städtischen Klinikums H1. geworden ist - sowie dem
Krankenhaus I1. und dem Städtischen Krankenhaus W. , einem Krankenhaus der ersten
Anforderungsstufe i.S.d. § 25 Abs. 2 und 3 KHG NRW, gebildet werden sollte. Die
Beigeladene ist mittlerweile gemeinsame Trägerin der beiden letztgenannten Kliniken.
3
Die Beklagte unterbreitete dem zuständigen Ministerium des Landes Nordrhein-
Westfalen (damals: Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie; später:
Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales - im Folgenden: Ministerium - ) Mitte
September 2004 einen Strukturvorschlag, der für den Krankenhausstandort W. - dort
wurden bis dahin 90 Planbetten vorgehalten - noch 65 Planbetten für Allgemeinchirurgie
und Allgemeine Innere Medizin vorsah. Anfang November 2004 leitete das Ministerium
der Beklagten einen abweichenden, an die vier für einen Verbund vorgesehen
gewesenen Krankenhäuser adressierten Strukturvorschlag ohne Begründungen zu, der
für das Krankenhaus W. lediglich 19 Planbetten für Frauenheilkunde/Geburtshilfe und
40 für Pneumologie auswies. Über diesen Vorschlag zeigte sich der Bürgermeister der
Stadt W. wenige Tage später in einem Gespräch mit der Beklagten laut deren Vermerk
"außerordentlich ungehalten"; im politischen Raum werde mit allen Mitteln versucht, den
Vorschlag abzuwehren. In einem gemeinsamen Schreiben von Mitte November 2004
bemängelten die vier Krankenhäuser die fehlende Begründung und damit die fehlende
Nachvollziehbarkeit des Vorschlags insgesamt.
4
In einem persönlichen Schreiben von Dezember 2004 an die Gesundheitsministerin des
Landes NRW stellte der Regierungspräsident des Regierungsbezirks E1. als von
keinem Beteiligten in Zweifel gezogenen Befund fest, dass die Krankenhausstrukturen
im Kreis H1. im Hinblick auf Leistungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und
Bedarfsgerechtigkeit erheblich defizitär seien und dringend grundlegend neu strukturiert
werden müssten. Die Vielzahl kleiner, autonom arbeitender Krankenhäuser habe bisher
die Etablierung einer abgestuften Krankenhausversorgung verhindert. Die kommunalen
Krankenhäuser einerseits und die Krankenkassen andererseits hätten sich jedoch in
den regionalen Planungsgesprächen nicht auf ein gemeinsames Konzept verständigen
können. Erschwerend komme hinzu, dass das Verhältnis der kommunalen und
kirchlichen Krankenhäuser untereinander durch erheblichen Wettbewerbsdruck und
Misstrauen gekennzeichnet sei. Der vor diesem Hintergrund von seiner Behörde
erarbeitete Strukturvorschlag habe versucht, einen entscheidenden Schritt in Richtung
einer abgestuften Krankenhausversorgung voranzukommen. Leider hätten sich die
kommunalen Entscheidungsträger im September 2004 angesichts des anlaufenden
Kommunalwahlkampfes nicht in der Lage gesehen, sich auf dieses Modell
zuzubewegen. Dies scheine sich aber auf Grund jüngster Gespräche geändert zu
haben.
5
Daraufhin fand gemäß entsprechenden Bitten der beteiligten Kommunen am 12.1.2005
beim Ministerium eine von der Ministerin geleitete Erörterung unter Beteiligung u.a. der
Spitzenbeamten des Ministeriums, der Bürgermeister der Krankenhausstandorte und
der Verwaltungsdirektoren der Krankenhäuser statt. Im Verlaufe dieser Erörterung bot
das Ministerium von sich aus für den Standort W. eine Abteilung Frührehabilitation mit
50 Betten an; laut Aktenvermerk der Beklagten bezeichnete das Ministerium zugleich
seinen "allgemein kritisierten" Strukturvorschlag von November 2004 als obsolet,
allerdings ohne ein neues Konzept zu unterbreiten. Für den 10.2.2005 wurde ein
weiteres Gespräch vereinbart.
6
Wiederum laut Vermerk der Beklagten "signalisierte" der Bürgermeister der Stadt W.
Anfang Februar 2005 dem Regierungspräsidenten, "er sei nun wohl doch einverstanden
mit einer Abteilung Frührehabilitation; allerdings sei es schwierig, dies gegenüber
Bevölkerung und Rat als positive Nachricht zu verkaufen." Der Regierungspräsident
habe daher mit dem Bürgermeister "eine Unterstützungsaktion in der Weise verabredet,
dass Gesundheitsministerium und Bezirksregierung gemeinsam am 10.2. im Anschluss
7
an das vorgesehene Treffen" bei der Ministerin "eine Erklärung herausgeben, aus der
ersichtlich sei, dass W. ‚wacker gekämpft habe' und es erreicht habe, dass dort eine
Frühreha-Abteilung eingerichtet werde."
Nach einer handschriftlichen Gesprächsnotiz der Beklagten vom 10.2.2005 war es in
jenem zweiten Erörterungstermin mit dem Ministerium u.a. Gesprächsinhalt, für W. /I1.
50 Betten Frührehabilitation als Davon-Betten der Allgemeinen Inneren Medizin
auszuweisen. Entsprechendes ergibt sich auch aus einem Telefax der Beklagten an das
Ministerium vom 14.2.2005.
8
Zu Beginn des anschließenden Anhörungsverfahrens äußerte das Ministerium in einem
an alle betroffenen Krankenhäuser und politischen Vertreter der Krankenhausstandorte
gerichteten Erlass von Ende Februar 2005 u.a., dass für das Krankenhaus W. bei der
derzeitigen Struktur 71 Betten bedarfsgerecht seien, dort künftig aber ausschließlich 50
Betten Frührehabilitation betrieben werden sollten. Um dem Krankenhaus die
Umstrukturierung zu erleichtern, solle es dort bis zur Inbetriebnahme der
Frührehabilitation vorübergehend Belegabteilungen für Chirurgie und Gynäkologie
geben; danach sollten in diesen Bereichen nur noch ambulante Leistungen erbracht
werden. Ferner sei der Aufbau eines medizinischen Versorgungszentrums im
Krankenhaus W. beabsichtigt. Für ein fusioniertes Krankenhaus I1. /W. seien 220 Betten
bedarfsgerecht, wovon 150 Betten auf die Innere Medizin einschließlich 50 Betten
Frührehabilitation entfielen. Da die Beigeladene ferner eine Teilgebietsabteilung
Lungenheilkunde in der Inneren Medizin beantrage, ein entsprechender fachärztlich
geleiteter Bereich bereits betrieben werde und das Krankenhaus I1. /W. mit dem
Krankenhaus H1. /S. künftig eng zusammenarbeiten werde, befürworte das Ministerium
den Ausweis von Frührehabilitation und Lungenheilkunde.
9
Im Verlaufe des Anhörungsverfahrens verwiesen verschiedene Beteiligte auf die
erheblichen Probleme eines isolierten Planungskonzepts allein für den Kreis H1. ohne
Berücksichtigung der benachbarten kreisfreien Stadt C1. . Die Arbeitsgemeinschaft der
Verbände der Krankenkassen in Westfalen-Lippe erklärte zudem Anfang April 2005
unter Hinweis auf die Rahmenvorgaben des Krankenhausplans zur Frührehabilitation
und die in Kempen, Eschweiler, Duisburg und Herdecke bereits ausgewiesenen
entsprechenden Fachabteilungen, sie sei mit der Einrichtung einer Abteilung
Frührehabilitation in W. mit 50 Betten nicht einverstanden, weil das Krankenhaus I1. /W.
die dafür geltenden Anforderungen des Krankenhausplans nicht erfülle, für einen
entsprechenden Bedarf keine nachvollziehbaren Unterlagen vorgelegt worden seien,
Bedarfsberechnungen nicht bekannt seien, eine Begründung fehle und selbst bei einer
Fusion der Krankenhäuser I1. und W. keine geeignete Fachabteilungsstruktur erreicht
werde. Die Ärztekammer Westfalen-Lippe und der Caritasverband für das Erzbistum Q.
äußerten Ende April 2005 jeweils ähnliche Bedenken. Der Verband F1. Krankenhäuser
S1. /X. /M1. gab Anfang Mai 2005 zu bedenken, dass in C1. im Zusammenhang mit der
Fusion der Krankenhäuser H. , K. -Krankenhaus und N. zum F. Krankenhaus C1.
strukturelle Entscheidungen zu treffen seien, die nicht durch die für den Kreis H1.
getroffenen Regelungen präjudiziert werden dürften.
10
Die Beigeladene meinte unter dem 11.4.2005 u.a., für die Bedarfsanalyse müsse
ergänzend "berücksichtigt werden, dass die Frührehabilitationspatienten aus dem
ganzen Kreisgebiet und aus den umliegenden Bereichen am Standort W. konzentriert
werden" sollten. Sie bat zudem darum, "zur Klarstellung ... das Wort Frührehabilitation
jeweils um das Wort fachübergreifend bzw. interdisziplinär zu ergänzen." Die
11
Einführung der Frührehabilitation sei nur in einem zeitlich gestreckten Prozess möglich,
in dem nach und nach die Ressourcen verfügbar gestellt und die Patienten nach und
nach am Standort in W. konzentriert würden.
Nach Abschluss des Anhörungsverfahrens blieb das Ministerium mit einem an die
Beklagte gerichteten Erlass vom 31.5.2005, mit dem es Teile der eingegangenen
Stellungnahmen - allerdings z.B. nicht diejenige des Verbandes der F. Krankenhäuser -
referierte, u.a. bezüglich der Frührehabilitation bei seinem Strukturvorschlag mit der
abschließenden alleinigen Begründung, es habe versucht, eine vertretbare Struktur für
die betroffenen Krankenhäuser zu erarbeiten. Bezüglich der Frührehabilitation bemerkte
das Ministerium lediglich ergänzend, das Krankenhaus W. solle den Kostenträgern noch
sein Konzept zur Verfügung stellen.
12
Durch Feststellungsbescheid der Beklagten vom 18.11.2005 (KH-Nr.: 754 1018), der
einen vorangegangenen Bescheid vom 20.4.2005 nur in einem hier nicht
interessierenden Umfang (Ausweisung eines "Kooperativen Brustzentrums H1. ")
ersetzte, wurde u.a. die "Betriebsstelle Krankenhaus W. " des "Krankenhauses I1. " mit
Wirkung zum 1.11.2005 in den Krankenhausplan mit 50 Betten für Frührehabilitation -
die nicht als Teil eines anderen Fachgebietes, sondern eigenständig ausgewiesen
wurden - in den Krankenhausplan aufgenommen, ohne dass diese und die anderen im
Bescheid getroffenen Regelungen in der Sache begründet wurden; die Beklagte
bezeichnete eine inhaltliche Begründung der getroffenen Regelungen als gemäß § 39
Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwVfG NRW entbehrlich. Mit dem genannten Bescheid wurden im
Übrigen für die "Betriebsstelle Krankenhaus I1. " 170 Planbetten ausgewiesen, davon
60 für Allgemeine Innere Medizin und 40 für Pneumologie. Die Beklagte wies darauf hin,
Voraussetzung für die Fusion der bisher selbstständigen Krankenhäuser I1. und W. sei
die Aufgabe der doppelt vorgehaltenen Disziplinen Chirurgie, Innere Medizin und
Frauenheilkunde/Geburtshilfe sowie der noch vom Ministerium zu genehmigende
Trägerwechsel.
13
Mit einem zweiten Bescheid vom 18.11.2005 (KH-Nr.: 754 1027) stellte die Beklagte für
das Krankenhaus W. lediglich den Bestand von 90 Ist-Betten zum Stichtag 1.11.2005
fest, verbunden mit dem Hinweis, dass die Abteilung Chirurgie vorübergehend bis zu
deren endgültiger Aufgabe - Voraussetzung für die Fusion - als Belegabteilung mit bis
zu 10 Betten betrieben werden könne.
14
Die Klägerin erhob Mitte Dezember 2005 Drittwiderspruch gegen den erstgenannten
Feststellungsbescheid, soweit dieser die Ausweisung von 50 Betten für
Frührehabilitation als alleinige Fachabteilung am Krankenhausstandort W. zum Inhalt
hat. Die Klägerin verwies zur Begründung auf die ihrer Ansicht nach fehlende
Vereinbarkeit jener Entscheidung mit Nr. 3.6.2.2 des Krankenhausplans und mit einem
Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung
(Bundesgesundheitsministerium) vom 27.10.2004 (mit Anlage). Die geplante
Krankenhausstruktur in I1. und W. widerspreche den in den Bezugsunterlagen
geforderten Prinzipien, weil eine wirtschaftliche Betreuung der Grund- und
Begleiterkrankungen der Patienten durch die entsprechenden Fachgebiete während
einer Frührehabilitation in W. nicht möglich sei. Sobald der Zustand eines Patienten
derart gebessert sei, dass er ohne fachärztlich- stationäre Behandlung auskomme und
damit nach W. verlegt werden könne, handele es sich definitionsgemäß nicht mehr um
eine Frührehabilitation. Sie selbst, die Klägerin, habe einen Alternativvorschlag zur
Planung des überregionalen Angebotes der Frührehabilitation an ihrem eigenen
15
Krankenhaus vorgelegt, der in die Planungsentscheidungen mit einzubeziehen sei.
Die Klägerin hatte für ihr Krankenhaus erstmals schon im November 2001 die
Neuaufnahme einer Abteilung für Frührehabilitation mit 32 stationären und 10
teilstationären Betten beantragt, verbunden mit einer begehrten Kapazitätserhöhung
damals zunächst nur für eine Schwerpunktabteilung Neurochirurgie und Ende 2004
auch für einen Schwerpunkt "Kapazitäten für Querschnittsgelähmte". Anfang Juni 2004
hatte ein leitender Beamter des Ministeriums in einem Gespräch mit der Klägerin (auch)
von deren Strukturplanung bezüglich Betten für Frührehabilitation erfahren. Die
Beklagte hatte sich in Sondierungsgesprächen mit der Klägerin im Juli und Oktober
2005 hinsichtlich deren Antrags auf Planaufnahme mit Betten für Frührehabilitation zwar
positiv zu dem Konzept, im Ergebnis aber ablehnend geäußert mit der Begründung,
dass "vom Land ... 50 Frühreha-Betten in W. gefördert werden" sollten. Auch in ihrem
anschließend dem Ministerium unterbreiteten Strukturvorschlag für die "Planungsregion
Stadt C1. " von Mitte Dezember 2005 hatte die Beklagte erklärt, sie könne der vom
Krankenhaus der Klägerin angestrebten Ausweisung von Betten für Frührehabilitation
im Hinblick auf die für das Krankenhaus W. zur Ausweisung gelangten 50 Betten für
Frührehabilitation nicht zustimmen.
16
Die Beigeladene nahm zu dem Drittwiderspruch der Klägerin nur mit der Bemerkung
Stellung, dass die Frührehabilitation im zukünftigen Gesamtkonzept mit dem
Städtischen Klinikum H1. enthalten sei und die Leistungszahlen des Teilgebietes
Pneumologie für sich sprächen.
17
Die Beklagte wies den Drittwiderspruch der Klägerin durch Bescheid vom 29.6.2006 als
unzulässig zurück und meinte zur Begründung, der Klägerin fehle es am
Rechtsschutzbedürfnis, weil ihr Krankenhaus durch die streitige Entscheidung keinen
Nachteil erleide und nicht beschwert werde. Dabei könne offen bleiben, ob der
Planungsbehörde bei ihrer Entscheidung der eigene Antrag der Klägerin auf
Ausweisung frührehabilitativer Betten bereits bekannt gewesen sei und sie gleichwohl
zu Gunsten der Beigeladenen entschieden habe.
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Am 28.7.2006 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung ihrer
Auffassung, vom streitigen Bescheid nachteilig (in Gestalt eines Konkurrenznachteils
mit wirtschaftlichen Auswirkungen) betroffen zu sein, verweist sie auf den Beschluss des
BVerfG vom 14.1.2004 - 1 BvR 506/03 - und die eigene Auffassung des Ministeriums,
das Mitte 2006 im Rahmen der Planungsüberlegungen für das Gebiet der Stadt C1. eine
Neuausweisung der Frührehabilitation zu ihren Gunsten unter Hinweis auf die
inzwischen erfolgte Ausweisung solcher Betten am Krankenhaus W. nicht für
bedarfsgerecht gehalten habe. Im Umkehrschluss sei die Beklagte somit davon
ausgegangen, dass die Neuausweisung der Frührehabilitation am Krankenhaus W.
bedarfsgerecht sei. Das verstoße jedoch gegen die Grundsätze des
Krankenhausplanungsrechts und sei im Übrigen ermessensfehlerhaft. Wenn gemäß §
13 Abs. 4 KHG NRW sogar die Versorgungsangebote benachbarter
Versorgungsgebiete auch außerhalb Nordrhein- Westfalens zu berücksichtigen seien,
gelte dies erst recht für benachbarte Planungsregionen innerhalb eines
Versorgungsgebietes wie im vorliegenden Fall. Sie, die Klägerin, bestreite zudem die
Erstellung einer Bedarfsanalyse für frührehabilitative Betten; sie sei den Akten nicht zu
entnehmen. Darüber hinaus setze die Beklagte sich über Nr. 3.6.2.2 des
Krankenhausplans hinweg, denn weder im Krankenhaus I1. noch im Krankenhaus W.
spiegele sich das geforderte breite Fächerspektrum eines Akutkrankenhauses wider.
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Zum maßgebenden Zeitpunkt der Planungsentscheidung hätten keinerlei
Kooperationsvereinbarungen des Krankenhauses W. mit anderen Kliniken bestanden;
abgesehen davon werde ein Krankenhaus, das nur in wenigen - im Krankenhausplan
nicht ausgewiesenen - Fachdisziplinen Behandlungen durchführe, allein durch
Kooperationen nicht zu einem Krankenhaus mit einem breiten Leistungsspektrum.
Dementsprechend seien auch die vom Bundesgesundheitsministerium im Schreiben
vom 27.10.2004 für den Bereich der Frührehabilitation vorgegebenen Kriterien,
namentlich die geforderte enge Verzahnung zwischen Akutmedizin und
Frührehabilitation, bei den Krankenhäusern I1. und W. nicht erfüllt. Die Ausweisung gar
einer 50 Betten umfassenden Großabteilung sei nicht mehr nachvollziehbar. Sie, die
Klägerin, könne den Akten nicht einmal entnehmen, ob überhaupt die Leistungsfähigkeit
und die Wirtschaftlichkeit des Krankenhauses W. für eine Ausweisung von 50 Betten für
Frührehabilitation geprüft worden seien. Nach dem Urteil des OVG NRW vom 3.9.1998 -
13 A 520/97 - seien überflüssige Bettenkapazitäten abzubauen und sei im Rahmen
einer notwendigen Auswahl gegebenenfalls die am geringsten ausgelastete Abteilung
eines von mehreren konkurrierenden Krankenhäusern zu schließen. Dabei seien unter
dem zu beachtenden Gesichtspunkt einer ortsnahen Versorgung Krankenhäuser in
einem Umkreis von mindestens 20 km in die planerischen Überlegungen
einzubeziehen. Alle diese Erwägungen seien ausweislich des Planungsvorschlags des
Ministeriums vom 31.5.2005, der eine inhaltliche Begründung völlig vermissen lasse,
unberücksichtigt geblieben. Durch die Akten werde der von § 8 (Abs. 2 Satz 2) des
Krankenhausfinanzierungsgesetzes - KHG - geforderte Abwägungsprozess, in den ihr,
der Klägerin, eigenes Leistungsangebot hätte einfließen müssen, nicht nachgewiesen.
Die Ausweisung einer Abteilung für Frührehabilitation bei ihr dränge sich wegen der
möglichen Anbindung an ihr umfangreiches Leistungsspektrum u.a. mit Abteilungen für
Neurologie (einschließlich Schlaganfallstation - stroke unit -), Neurochirurgie,
Unfallchirurgie (mit Endoprothetik) und Innere Medizin geradezu auf.
Mit Erlass vom 5.7.2006 hatte das Ministerium das Anhörungsverfahren gemäß § 16
Abs. 5 KHG NRW für die ebenfalls im Versorgungsgebiet 10 gelegene "Planungsregion
Stadt C1. " eingeleitet. In diesem Erlass hatte das Ministerium hinsichtlich des
Krankenhauses der Klägerin u.a. ausgeführt, es halte eine dortige Neuausweisung der
Frührehabilitation wegen der Ausweisung am Krankenhaus W. nicht für bedarfsgerecht;
in der anliegenden tabellarischen Übersicht hatte es das entsprechende
Feststellungsbegehren der Klägerin bei den Zahlen der beantragten Planbetten für
Neurochirurgie (stationär und Tagesklinik) berücksichtigt. Im Ergebnis gleichlautend
äußerte sich das Ministerium nach Abschluss des Anhörungsverfahrens für die
"Planungsregion Stadt C1. " in einem Erlass an die Beklagte vom 8.1.2007.
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Mit Bescheid vom 9.2.2007 stellte die Beklagte das ab dem 1.2.2007 gültige neue
Bettensoll für die Klinik der Klägerin fest. Planbetten für Frührehabilitation sind darin
nicht enthalten. Deswegen und aus zahlreichen weiteren Gründen erhob die Klägerin
Anfang März 2007 Widerspruch.
21
Am 1.3.2007 erließ die Beklagte für das "Krankenhaus I1. " (KH-Nr.: 754 1018) mit den
"Betriebsstellen" I1. und W. einen neuen Feststellungsbescheid, der wegen der
gesellschafts- und handelsrechtlich rückwirkend zum 1.1.2005 vollzogenen Fusion der
Beigeladenen mit dem früheren Träger des Krankenhauses I1. und der deshalb
beantragten Fortschreibung des Krankenhausplans den vorangegangenen Bescheid
vom 18.11.2005 ab dem 24.1.2007 ersetzen soll. Die dem neuen Bescheid beigefügte
Anlage, die die Planbettenzahlen der Abteilungen der Krankenhausstandorte I1. und W.
22
ausweist, ist identisch mit der dem vorherigen Bescheid vom 18.11.2005 zugehörigen
Anlage. Soweit der neue Feststellungsbescheid wiederum 50 frührehabilitative
Planbetten für das Krankenhaus W. ausweist, erhob die Klägerin Mitte März 2007
abermals Drittwiderspruch und verwies zur Begründung auf ihre Ausführungen zum
vorliegenden Klageverfahren.
Die Klägerin beantragt in diesem Verfahren inzwischen,
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den an den Beigeladenen gerichteten Feststellungsbescheid der Beklagten vom
18.11.2005 (KH-Nr.: 754 1018) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.6.2006
und den den Ausgangsbescheid ersetzenden Bescheid vom 1.3.2007 aufzuheben,
soweit sich diese Bescheide auf Planbetten für Frührehabilitation beziehen.
24
Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf ihre streitigen Bescheide,
25
die Klage abzuweisen.
26
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
27
Sie meint ebenso wie die Beklagte, die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses
der Klägerin unzulässig, weil deren Krankenhaus außerhalb des Planbereichs (Kreis
H1. ) liege. In der mündlichen Verhandlung hat sie die Auffassung vertreten, die
Klägerin habe mit dem Begehren, Betten der Frührehabilitation als "Davon-Betten"
auszuweisen, gar keinen Antrag gestellt, der mit ihrem eigenen, auf fachübergreifende
Betten gerichteten Planaufnahmebegehren konkurriere. Sie behauptet einen Bedarf an
50 fachübergreifenden frührehabilitativen Planbetten im Kreis H1. , wofür ihr
Krankenhaus in W. die erforderliche Struktur und "Prozessqualität" (ärztlicher Dienst,
Pflegedienst, Physiotherapie mit physikalischer Therapie, Ergotherapie, Logopädie,
Psychologie/Neuropsychologie, Sozialarbeit, Diätberatung sowie Musik- und
Kunsttherapie) vorhalte bzw. schaffen werde. Ihrer Ansicht nach ist ihr Krankenhaus für
die Ausweisung von Planbetten der Frührehabilitation geeignet, weil eine Verknüpfung
mit einem vorgehaltenen breiten medizinischen Versorgungsangebot nicht unabdingbar
sei und im Übrigen nicht nur ein Kooperationsverbund der Krankenhäuser W. und I1. mit
dem Städtischen Klinikum H1. und dem Krankenhaus S. , sondern auch eine
Kooperationsvereinbarung mit den Städtischen Kliniken C1. bestehe, mit der letztere
sich verpflichtet hätten, u.a. die fachübergreifende Frührehabilitation in W. mit zu
belegen.
28
In vier am 17.4.2007 vor der Kammer verhandelten Klageverfahren, u.a. zum
Aktenzeichen 6 K 2162/06, deren erstinstanzlicher Ausgang inzwischen allen
Beteiligten des vorliegenden Verfahrens bekannt ist bzw. im Verhandlungstermin
bekannt gegeben worden ist, hatten sich die Trägerinnen zweier anderer Kliniken im
Kreis H1. weitgehend erfolgreich gegen Feststellungsbescheide der Beklagten von
Mitte 2005 zur Ausweisung von Planbetten in der "Planungsregion Kreis H1. " gewandt.
29
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und der dazu sowie zum Verfahren 6 K
2162/06 jeweils beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
30
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
31
Die Klage hat Erfolg.
32
Die als solche statthafte Drittanfechtungsklage in Form der krankenhausrechtlichen
Konkurrentenklage wegen Aufnahme eines anderen Krankenhauses insgesamt oder -
wie hier - einer bestimmten Abteilung eines anderen Krankenhauses in den
Krankenhausplan eines Landes
33
vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.1.2004 - 1 BvR 506/03 -, DVBl. 2004, 431 = NVwZ 2004,
718 = GesR 2004, 85 = ZMGR 2004, 75; Lorenz/Leimbach, Feststellungsbescheide im
Krankenhausrecht als Verwaltungsakte mit Doppelwirkung/Drittwirkung, KH 2001, 236;
Thier, Konkurrentenschutz im Krankenhausplanungsrecht, KH 2002, 808 (810, 812);
ders., Krankenhausplanung und Konkurrentenschutz, KH 2004, 993; Seiler/Vollmöller,
Die Konkurrentenklage im Krankenhausrecht, DVBl. 2003, 235 (236); Stollmann,
Vorläufiger Rechtsschutz von Konkurrenten im Krankenhausrecht, NVwZ 2006, 425 f.
34
ist auch im Übrigen zulässig.
35
Die Klägerin durfte den das "Krankenhaus I1. " mit den "Betriebsstellen" I1. und W.
betreffenden neuen, den vorangegangenen Bescheid vom 18.11.2005 (KH-Nr.: 754
1018) formal ersetzenden, inhaltlich mit Ausnahme der Benennung des neuen
Krankenhausträgers aber gleich gebliebenen Feststellungsbescheid der Beklagten vom
1.3.2007, gegen den sie wiederum rechtzeitig Drittwiderspruch erhoben hat, auch ohne
zwischenzeitlichen Abschluss des neuen Widerspruchsverfahrens in das bereits
laufende Klageverfahren einbeziehen.
36
Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Komm., 14. Aufl. 2005, § 68 Rdnrn. 22, 23 und 24, m.w.N.
37
Die Klägerin besitzt die erforderliche Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO), denn sie kann
angesichts der Regelung des § 13 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 KHG NRW, wonach bei der
Feststellung und Fortschreibung eines Krankenhausplans gemäß § 13 Abs. 1 KHG
NRW (sogar) die krankenhausrechtlichen Angebote benachbarter Versorgungsgebiete
auch außerhalb des Landes Nordrhein-X. zu berücksichtigen sind, geltend machen,
durch die zu Gunsten der Beigeladenen ergangene Feststellungsentscheidung der
Beklagten bezüglich 50 Betten für Frührehabilitation am Krankenhaus W. in ihrem durch
Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Recht auf Freiheit der Berufsausübung verletzt zu
werden.
38
Vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 12.6.1990 - 1 BvR 355/86 -, BVerfGE 82, 209 = DVBl.
1990, 989 = NJW 1990, 2306.
39
Die Klägerin hat schließlich ein Rechtsschutzbedürfnis, weil sie ihr mit der Klage
verfolgtes Begehren (Verhinderung der bestandskräftigen Feststellung von 50
Planbetten für Frührehabilitation am Krankenhaus W. mit der vom Ministerium daraus
gezogenen Konsequenz, einen Bedarf an der Feststellung frührehabilitativer Betten bei
ihrem eigenen Krankenhaus zu verneinen) auf keinem einfacheren rechtlichen Wege
gleichermaßen wirksam erreichen kann.
40
Die Klage ist auch begründet. Der an die Beigeladene gerichtete neue
Feststellungsbescheid der Beklagten vom 1.3.2007 ist, soweit er sich auf Planbetten für
Frührehabilitation bezieht, ebenso wie der durch ihn ohne Änderungen der - hier allein
interessierenden - Planbettenzahlen ersetzte ursprüngliche Bescheid vom 18.11.2005 in
41
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.6.2006 rechtswidrig und verletzt die
Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KHG haben die Krankenhäuser nach Maßgabe dieses
Gesetzes Anspruch auf Förderung, soweit und solange sie in den Krankenhausplan
eines Landes aufgenommen sind. Der Krankenhausplan (§ 6 KHG) wird in Nordrhein-X.
vom zuständigen Landesministerium aufgestellt und fortgeschrieben (§ 13 Abs. 1 KHG
NRW). Auf der Grundlage der Rahmenvorgaben des Krankenhausplans (§§ 13 Abs. 2
Satz 2 Nr. 1, 14 Abs. 1 KHG NRW) legt das zuständige Ministerium gemäß § 16 Abs. 1
Satz 1 KHG NRW insbesondere Leistungsstrukturen, Planbettenzahlen (§ 13 Abs. 2
Satz 5 KHG NRW) und Behandlungsplätze (§ 13 Abs. 2 Satz 6 KHG NRW) fest. Hierzu
legen die Krankenhausträger und die Verbände der Krankenkassen ein von ihnen
gemeinsam und gleichberechtigt erarbeitetes regionales Planungskonzept zur
Fortschreibung des Krankenhausplans vor (§ 16 Abs. 1 Satz 2 KHG NRW). Soweit ein
regionales Planungskonzept nicht vorgelegt wird, entscheidet das zuständige
Ministerium gemäß § 16 Abs. 5 Satz 1 KHG NRW von Amts wegen über die
Fortschreibung des Krankenhausplans. Eine solche Ministeriumsentscheidung wird
ebenso wie ein regionales Planungskonzept durch Bescheid nach § 18 KHG NRW an
den Krankenhausträger Bestandteil des Krankenhausplans (§ 16 Abs. 6 Satz 1 KHG
NRW).
42
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 KHG i.V.m. § 18 Abs. 1 Satz 1 KHG NRW wird die Aufnahme
oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan durch Bescheid der zuständigen Behörde
festgestellt. Zuständig für den Erlass dieses Bescheides, der u.a. die Zahl und die Art
der Abteilungen mit ihrer Bettenzahl und ihren Plätzen enthält (§ 18 Abs. 1 Satz 2 KHG
NRW), ist in Nordrhein-X. die jeweilige Bezirksregierung (§ 40 Abs. 1 Satz 2 KHG NRW
i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des
Krankenhauswesens vom 22.2.2000, GV. NRW 2000, 222) - hier die Beklagte -. Nicht
bereits der Krankenhausplan selbst, sondern erst der genannte Feststellungsbescheid
entfaltet unmittelbare Rechtswirkung nach außen und kann vom betroffenen
Krankenhausträger einer verwaltungsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden (§ 8
Abs. 1 Satz 4 KHG).
43
Vgl. BVerwG, Urteile vom 26.3.1981 - 3 C 134.79 -, BVerwGE 62, 86 = DVBl. 1981, 975
= NJW 1982, 710, vom 25.7.1985 - 3 C 25.84 -, BVerwGE 72, 38 = DVBl. 1986, 55 =
NJW 1986, 796, und vom 18.12.1986 - 3 C 67.85 -, NJW 1987, 2318 = MedR 1988, 263
= Buchholz 451.74 § 8 Nr. 11; VG Aachen, Urteil vom 30.6.1997 - 4 K 4509/94 -, m.w.N.;
Pant/Prütting, KHG NRW, Komm., 2. Aufl. 2000, § 18 Rdnr. 1.
44
Entsprechendes gilt im Verhältnis zwischen regionalem Planungskonzept bzw.
Entscheidung des Ministeriums nach § 16 Abs. 5 Satz 1 KHG NRW einerseits und dem
nachfolgenden Bescheid an den Krankenhausträger andererseits. Wieder erst gegen
diesen Bescheid ist für den betroffenen Krankenhausträger der Rechtsweg zu den
Verwaltungsgerichten gegeben (§ 16 Abs. 6 Satz 2 KHG NRW).
45
Vgl. VG Minden, Urteil vom 31.1.2001 - 3 K 4579/98 -, a.a.O., sowie Urteile vom
17.4.2007 - 6 K 691/06, 6 K 782/06, 6 K 2162/06 und 6 K 2467/06 -, jew. NRWE-
Datenbank.
46
Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 KHG besteht kein Anspruch auf Feststellung der Aufnahme in
den Krankenhausplan. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren Krankenhäusern
47
entscheidet die zuständige Landesbehörde unter Berücksichtigung der öffentlichen
Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen,
welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausplanung des Landes am besten
gerecht wird (§ 8 Abs. 2 Satz 2 KHG). Bei der nach § 8 Abs. 1 Satz 3 KHG zu treffenden
Entscheidung ist zwischen zwei Entscheidungsstufen zu differenzieren: Auf der ersten
Stufe ist entsprechend § 1 Abs. 1 KHG zu prüfen, welche vorhandenen Krankenhäuser
für eine bedarfsgerechte Versorgung mit leistungsfähigen Krankenhäusern zu sozial
tragbaren Pflegesätzen geeignet sind. Übersteigt die Zahl der Betten, die in den dafür
geeigneten Krankenhäusern vorhanden sind, die Zahl der für die Versorgung der
Bevölkerung benötigten Betten, ist auf der zweiten Stufe gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m.
§ 1 KHG eine Auswahlentscheidung zwischen sämtlichen in Betracht kommenden
bedarfsgerechten, leistungsfähigen und kostengünstigen Krankenhäusern zu treffen.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.6.1990 - 1 BvR 355/86 -, a.a.O.; BVerwG, Urteile vom
25.7.1985 - 3 C 25.84 - und vom 18.12.1986 - 3 C 67.85 -, jew. a.a.O.; VGH Mannheim,
Urteil vom 20.12.2006 - 9 S 2182/06 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom
24.8.2005 - 7 L 210/05 -, ZMGR 2005, 274 = juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 18.7.2006 -
2 K 72/06 -, juris; Thier, Konkurrentenschutz im Krankenhausplanungsrecht, a.a.O., S.
810; Seiler/Vollmöller, a.a.O., S. 239.
48
Diese Grundsätze gelten entsprechend für die Feststellung der Aufnahme von Teilen
eines Krankenhauses, also etwa einer bestimmten Fachabteilung, in den
Krankenhausplan
49
vgl. BVerwG, Urteil vom 30.4.1981 - 3 C 115.79 -, KH 1981, 484 = Buchholz 451.74 § 8
Nr. 3 = juris (Rdnrn. 69 - 72); OVG NRW, Urteile vom 25.4.1996 - 13 A 6049/94 -,
NWVBl. 1997, 274 = juris, und vom 3.9.1998 - 13 A 520/97 -, NRWE- Datenbank (Rdnr.
29)
50
und sinngemäß auch für Entscheidungen im Zusammenhang mit der Fortschreibung
eines Krankenhausplans.
51
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3.9.1998 - 13 A 520/97 -, a.a.O.
52
Nach den vorgenannten Grundsätzen ist die Klage begründet.
53
Streitbefangen sind Planbetten für Frührehabilitation. Gemäß der dem Schreiben des
Bundesgesundheitsministeriums vom 27.10.2004 beigefügten Anlage 1, die die mit den
Ländern abgestimmte Auffassung des Bundesgesundheitsministeriums zur Abgrenzung
der Bereiche Frühmobilisation, Frührehabilitation und Rehabilitation darstellt, hat der
Gesetzgeber in § 39 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 107 Abs. 1 SGB V durch die ausdrückliche
Einbeziehung von Frührehabilitationsmaßnahmen in die akutstationäre Behandlung
klargestellt, dass im Einzelfall auch erforderliche und zum frühestmöglichen Zeitpunkt
einsetzende Leistungen zur Frührehabilitation Bestandteil der Krankenhausbehandlung
sind. Der Begriff der Frührehabilitation kennzeichnet die rehabilitativen Maßnahmen, die
während der stationär akutmedizinisch-kurativen Behandlung erbracht werden, um eine
Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern,
auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (§ 11
Abs. 2 SGB V). Demgegenüber ist rechtlich gesehen die Behandlung in
Rehabilitationseinrichtungen nicht als Frührehabilitation, sondern als Rehabilitation
anzusehen. Entscheidendes Abgrenzungskriterium der Frührehabilitation zur
54
Rehabilitation ist - laut Seite 2 Nr. 1 der genannten Anlage - die mit der primär
erforderlichen akutstationären Krankenhausbehandlung verzahnte
rehabilitationsmedizinische stationäre Versorgung, wobei neben der üblichen
diagnostischen und therapeutischen Infrastruktur der Krankenhausbehandlung
rehabilitationsspezifische pflegerische und therapeutische Leistungen anzubieten sind.
Frührehabilitation wird multiprofessionell im fachärztlich geleiteten Rehabilitationsteam
und interdisziplinär in Zusammenarbeit mit akutmedizinischen Fachgebieten erbracht.
Frührehabilitation wird nicht einheitlich untergliedert. Unterteilt wird oftmals nach der
geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung, der neurologischen-
neurochirurgischen Frührehabilitation, der fachübergreifenden Frührehabilitation und
anderen Zweigen der Frührehabilitation.
Die Frührehabilitation gehört zu den "sonstigen Angebotsstrukturen" im Sinne von Nr.
3.6.2 des Krankenhausplans (S. 53), die nicht der Schwerpunktplanung
(Schwerpunktfestlegungen nach § 15 KHG NRW) unterliegen, die aber wegen ihrer
Besonderheiten und der Nachfrage zum Teil an ausgewählten Krankenhäusern
vorgehalten werden und zu denen auch Modellprojekte gehören, für die die Zuordnung
nach § 15 oder § 16 KHG NRW erst nach Abschluss und Evaluation der Modelle
erfolgen soll. Laut Nr. 3.6.2.2 des Krankenhausplans (S. 54 f.) ist die Frührehabilitation
nach den Planungsgrundsätzen (Nr. 3.3 des Krankenhausplans, S. 29 ff.) als sonstiges
Versorgungsangebot bettenführenden Gebieten für einen überörtlichen
Versorgungsbereich zuzuordnen. Eine fachliche Anbindung mit "Davon-Betten" kommt
insbesondere an die Gebiete Neurologie und Orthopädie in Betracht, wobei auf ein
ausreichend großes Leistungsangebot des Hauptgebietes zu achten ist.
55
Nr. 3.6.2.2 des Krankenhausplans weist in Übereinstimmung mit der o.g. Auffassung
des Bundesgesundheitsministeriums darauf hin, dass unter dem Begriff der
Frührehabilitation auch die fachübergreifende (Früh-)Rehabilitation verstanden wird.
Das Konzept der fachübergreifenden Rehabilitation sei in einem Modellprojekt des
Bundes entwickelt worden, um die Rehabilitation im Akutkrankenhaus patientengerecht
auszubauen und zu fördern. Ihr Ziel sei es, die Genesung so früh wie möglich durch
Mobilisierung und Aktivierung zu unterstützen, um verbesserte Voraussetzungen für
ambulante oder stationäre Rehabilitationserfolge zu schaffen. Abgesehen von der
Psychiatrie würden Patienten aus allen Fachabteilungen des Krankenhauses so bald
wie möglich in Abteilungen für fachübergreifende Rehabilitation verlegt. Diese stünden
unter eigenständiger Leitung von in der Rehabilitation erfahrenem Personal. Das
ärztliche und therapeutische Team dieser Abteilung betreue je nach Bedarf auch
unmittelbar Patienten in den übrigen Fachabteilungen. In Nordrhein-X. seien bislang in
vier Krankenhäusern (in Kempen, Eschweiler, Duisburg und Herdecke) entsprechende
Fachabteilungen mit Bettenzahlen zwischen 20 und 32 eingerichtet worden, die
gesondert im Krankenhausplan ausgewiesen seien und anderen Fachbereichen nicht
zugeordnet würden. Für einen weiteren Ausbau kämen vorrangig Krankenhäuser mit
einem breiten Leistungsspektrum in Betracht.
56
Derartige Angebote für Frührehabilitation und fachübergreifende (Früh- )Rehabilita-tion
müssen nach Nr. 3.6.2.2 letzter Absatz des Krankenhausplans nicht flächendeckend
vorgehalten werden. Geeignete fachliche Konzepte sind im Rahmen regionaler
Planungskonzepte nach § 16 KHG NRW zu prüfen. Grundsätzlich können neue und
zusätzliche Kapazitäten damit nicht begründet werden, da die entsprechenden
Patienten bereits stationär versorgt werden.
57
Dass die verantwortliche Planungsbehörde - in Nordrhein-X. ist dies gemäß § 13 Abs. 1
KHG NRW das zuständige Ministerium
58
vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25.11.2005 - 13 B 1599/05 u.a. -, NVwZ 2006, 481 =
GesR 2006, 86 = ZMGR 2005, 358, sowie vom 6.4.2006 - 13 B 65/06 und 13 B 66/06 -,
jew. juris; Pant/Prütting, a.a.O., § 18 Rdnr. 10
59
(Ende 2005 das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales) - sich auf dieser
Grundlage im Rahmen ihrer Überlegungen zur "Planungsregion Kreis H1. " dafür
entschieden hat, dem Krankenhaus W. 50 Betten für Frührehabilitation zuzuweisen, ist
jedenfalls in Form der Umsetzung dieser Entscheidung durch die allein
rechtsbehelfsfähigen streitigen Feststellungsbescheide der Beklagten rechtswidrig.
60
Bei den streitbefangenen Planbetten handelt es sich unter Berücksichtigung der
eigenen Auffassung der Beigeladenen, die erstmals schon in deren Schreiben vom
11.4.2005 zum Ausdruck kommt, und vor allem angesichts der Tatsache, dass in den
streitigen Bescheiden die für das Krankenhaus W. festgestellten Betten keinem
medizinischen Hauptgebiet als "Davon-Betten" zugeordnet, sondern jeweils als Betten
eines eigenständigen Gebietes ausgewiesen werden, nach den Vorgaben der Nr.
3.6.2.2 des Krankenhausplans objektiv um Planbetten der "fachübergreifenden"
Frührehabilitation. Dies gilt ungeachtet einer etwaig abweichenden vorherigen Absicht
des Ministeriums, diese Frührehabilitationsbetten der Fachabteilung für Innere Medizin
am Krankenhaus I1. als bettenführender Abteilung, insbesondere der Teilabteilung für
Pneumologie, zuzuordnen.
61
Im Versorgungsgebiet 10, zu dem sowohl der Kreis H1. als auch die kreisfreie Stadt C1.
gehören, besteht hinsichtlich der krankenhausplanmäßigen Feststellung von Planbetten
für Frührehabilitation nach Ansicht des Ministeriums allein schon ausweislich seiner hier
streitigen Planungsentscheidung ein Bedarf. Da ein derartiger Bedarf als solcher auch
von keinem Beteiligten des vorliegenden Verfahrens in Abrede gestellt wird und die
Klägerin selbst einen entsprechenden Bedarf für ihr eigenes Krankenhaus - wenn auch
als Davon-Betten für einzelne Fachdisziplinen - geltend macht, geht die Kammer vom
Bestehen eines derartigen Bedarfs im Versorgungsgebiet 10 aus,
62
vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 25.7.1985 - 3 C 25.84 -, a.a.O., und Beschluss vom
31.5.2000 - 3 B 53.99 -, Buchholz 451.74 § 6 Nr. 5, m.w.N.; Pant/Prütting, a.a.O., § 13
Rdnr. 12
63
selbst wenn sich in allen ihr vorliegenden Unterlagen keine durchgeführte
Bedarfsanalyse findet.
64
Dieser Bedarf ist noch nicht durch eine bestandskräftige Entscheidung gedeckt. Denn
die Klägerin hat die Bescheide der Beklagten vom 18.11.2005 und 1.3.2007, die u.a.
eine solche Bettenausweisung zu Gunsten des Krankenhauses W. zum Inhalt haben,
zunächst jeweils rechtzeitig mit einem Widerspruch und später mit der vorliegenden
Klage angefochten. Weitere Planbettenzuweisungen für Frührehabilitation an ein
Krankenhaus im Versorgungsgebiet 10 sind nicht erfolgt.
65
Mit welcher genauen Bettenzahl ein Bedarf an der Feststellung frührehabilitativer
Planbetten im Versorgungsgebiet 10 zu bejahen ist, ist an dieser Stelle unerheblich.
66
Außerdem hat die Kammer - ebenso wie offenbar alle Beteiligten - keinen Zweifel daran,
dass das F2. Krankenhaus C1. den aus § 1 Abs. 1 KHG abgeleiteten, gerichtlich voll
überprüfbaren Anforderungen genügt, die im Rahmen des § 8 KHG an die
Bedarfsgerechtigkeit,
67
vgl. dazu BVerfG, Beschlüsse vom 12.6.1990 - 1 BvR 355/86 -, a.a.O., und vom 4.3.2004
- 1 BvR 88/00 -, NJW 2004, 1648 = KH 2004, 486 = GesR 2004, 296; BVerwG, Urteil
vom 18.12.1986 - 3 C 67.85 - und Beschluss vom 31.5.2000 - 3 B 53.99 -, jew. a.a.O.;
Pant/Prütting, a.a.O., § 13 Rdnr. 26,
68
die Leistungsfähigkeit
69
vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 12.6.1990 - 1 BvR 355/86 -, a.a.O.; BVerwG, Urteile
vom 16.1.1986 - 3 C 37.83 -, NJW 1986, 1561 = Buchholz 451.74 § 8 Nr. 9, vom
18.12.1986 - 3 C 67.85 -, a.a.O., und vom 25.3.1993 - 3 C 69.90 -, DVBl. 1993, 1218 =
NJW 1993, 3008 = Buchholz 451.74 § 1 Nr. 8; Pant/ Prütting, a.a.O., § 13 Rdnr. 27
70
und - wenn mehrere bedarfsgerechte und leistungsfähige Krankenhäuser in Betracht
kommen, die insgesamt ein Überangebot erzeugen würden - die Wirtschaftlichkeit bzw.
Kostengünstigkeit (mit Blick auf sozial tragbare Pflegesätze)
71
vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 12.6.1990 - 1 BvR 355/86 -, a.a.O.; BVerwG, Urteil
vom 26.3.1981 - 3 C 134.79 -, a.a.O.; Pant/Prütting, a.a.O., § 13 Rdnr. 28
72
eines die Aufnahme in den Krankenhausplan begehrenden Krankenhauses zu stellen
sind.
73
Das gilt namentlich für die Bedarfsgerechtigkeit und Leistungsfähigkeit des
Krankenhauses der Klägerin, zumal es - ohne dass die Ziele der Krankenhausplanung
bereits in diesem Zusammenhang maßgebend wären -
74
vgl. BVerwG, z.B. Urteil vom 18.12.1986 - 3 C 67.85 -, a.a.O.
75
entsprechend Nr. 3.6.2.2 des Krankenhausplans ein breites Leistungsspektrum mit
mehreren geeigneten, bettenstarken Hauptfachabteilungen vorhält (Chirurgie, Innere
Medizin, Neurochirurgie und Neurologie), die insgesamt eine fachübergreifende
Frührehabilitation sinnvoll machen würden (vgl. die tabellarische Übersicht S. 38 des
Krankenhausplans), an die aber auch jeweils einzeln eine Frührehabilitation
angebunden werden könnte (vgl. Anhang zum Planungsgrundsatz 3, S. 72 und 75 des
Krankenhausplans).
76
Für die etwaige Annahme, die Klinik in W. könnte Leistungen der Frührehabilitation zu
einem erkennbar günstigeren Pflegesatz als das Krankenhaus der Klägerin erbringen
und damit kostengünstiger sein, fehlt es an jedem Anhaltspunkt; bei den Merkmalen der
Leistungsfähigkeit und Kostengünstigkeit dürfte ohnehin einer Diskussion über die
betriebswirtschaftlichen Gründe (etwaiger) unterschiedlicher Kosten nicht mit dem
Hinweis auf die "Fallpauschalenregelung" ausgewichen werden.
77
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.3.2004 - 1 BvR 88/00 -, a.a.O.
78
Die Bedarfsgerechtigkeit und Leistungsfähigkeit auch des Krankenhauses W. kann zu
79
Gunsten der Beigeladenen unterstellt werden. Denn jedenfalls kam innerhalb des
Versorgungsgebietes 10 für eine Ausweisung von Planbetten für Frührehabilitation
neben dem Krankenhaus der Beigeladenen auch dasjenige der Klägerin in Betracht mit
der Folge, dass das Ministerium im Umfang des eigenen Planaufnahmeantrags der
Klägerin zumindest eine Auswahlentscheidung zwischen diesen beiden Kliniken zu
treffen hatte. Dabei lässt die Kammer bereits außer Betracht, dass in eine solche
Auswahlentscheidung generell nur Kliniken einzubeziehen sind, die - anders als das
Krankenhaus W. - selbst ein entsprechendes Aufnahmebegehren bei der Behörde oder
zumindest im Verfahren zur Erarbeitung eines regionalen Planungskonzepts geltend
gemacht haben. Ein Krankenhaus, das sich der Auswahl für eine
Planaufnahmeentscheidung unter mehreren Konkurrenten nicht stellt, ist von der
Planungsbehörde nicht in die Auswahlentscheidung einzustellen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.11.2005 - 13 B 1599/05 u.a. -, a.a.O.
80
Das Krankenhaus W. hat gar keinen eigenen Planaufnahmeantrag für frührehabilitative
Betten gestellt; diese Betten sind ihm vielmehr "von Amts wegen" zugedacht worden,
ursprünglich offenbar sogar gegen den Willen der Stadt W. .
81
Dass das Krankenhaus der Klägerin nicht in der "Planungsregion Kreis H1. " liegt - zu
der die streitbefangene Planungsentscheidung des Ministeriums ergangen ist -, sondern
in der benachbarten "Planungsregion Stadt C1. ", steht der Notwendigkeit einer
Auswahlentscheidung zwischen den beiden genannten Krankenhäusern nicht
entgegen. Denn Planbetten für Frührehabilitation sind nach Nr. 3.6.2.2 des
Krankenhausplans bettenführenden Gebieten für einen überörtlichen
Versorgungsbereich zuzuordnen, beide Planungsregionen sind Teil des
Versorgungsgebiets 10, und gemäß § 13 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 KHG NRW sind - wie
bereits im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung erwähnt - bei der Feststellung und
Fortschreibung eines Krankenhausplans gemäß § 13 Abs. 1 KHG NRW (sogar) die
krankenhausrechtlichen Angebote benachbarter Versorgungsgebiete auch außerhalb
des Landes Nordrhein-X. zu berücksichtigen; dann muss dies für konkurrierende
Versorgungsangebote mehrerer Kliniken innerhalb benachbarter Planregionen ein und
desselben Versorgungsgebietes - wie hier - erst recht gelten. Dass das Ministerium
selbst dieser Meinung ist, wird schon dadurch augenfällig, dass es das Begehren der
Klägerin auf Planaufnahme mit frührehabilitativen Betten sowohl im Anhörungserlass
zur "Planungsregion Stadt C1. " vom 5.7.2006 als auch im späteren Erlass an die
Beklagte vom 8.1.2007 jeweils allein mit der knappen Begründung abgelehnt hat, es
halte eine solche Neuausweisung wegen der entsprechenden Bettenausweisung am
Krankenhaus in W. nicht für bedarfsgerecht. Die Beklagte hat sich der Auffassung des
Ministeriums angeschlossen. Deutlicher konnten beide Behörden ihre eigene
Auffassung, dass zwischen den beiden Krankenhäusern eine Konkurrenzsituation
bestehe, kaum ausdrücken.
82
Die zwischen mehreren gleichermaßen bedarfsgerechten, leistungsfähigen und
kostengünstigen Krankenhäusern von der Planungsbehörde zu treffende
Auswahlentscheidung muss alle geeigneten Krankenhäuser mit bereits vorhandenen
und auch mit nur erst geplanten entsprechenden Betten - unbeschadet einer etwa
bereits erfolgten Aufnahme eines oder einiger von ihnen in den Krankenhausplan -
berücksichtigen, um nicht von vornherein jeden Neuzugang in der
Krankenhauslandschaft verfassungswidrig zu verhindern.
83
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.3.2004 - 1 BvR 88/00 -, a.a.O.; VGH Mannheim,
Beschluss vom 20.12.2006 - 9 S 2182/06 -, a.a.O., m.w.N.; VG Karlsruhe, Urteil vom
18.7.2006 - 2 K 72/06 -, juris; Seiler/Vollmöller, a.a.O., S. 239; Thier,
Krankenhausplanung und Konkurrentenschutz, a.a.O., S. 996 (IV.2); wohl a.A.:
Stollmann, a.a.O., S. 426 (III a.E.: "bestandskräftige Bescheide vermitteln dem
Krankenhausträger eine gesicherte Rechtsposition, die ihm nicht mehr entzogen werden
darf").
84
Die Ausübung des Auswahlermessens, deren Rechtmäßigkeit mit Rücksicht auf die
Wahrung der Chancengleichheit der Konkurrenten nicht erst bezogen auf den Zeitpunkt
der gerichtlichen Entscheidung, sondern bereits für den Zeitpunkt der
Behördenentscheidung zu beurteilen ist,
85
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.11.2005 - 13 B 1599/05 u.a. -, NVwZ 2006, 481 =
GesR 2006, 86 = ZMGR 2005, 358,
86
ist zwar gerichtlich nur eingeschränkt auf Ermessensfehler überprüfbar (§ 114 Satz 1
VwGO). In diesem Rahmen ist aber zumindest zu untersuchen, ob das zuständige
Ministerium als die in Nordrhein-X. verantwortliche Planungsbehörde von einem
zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, die rechtlich
einschlägigen Maßstäbe beachtet und keine sachfremden Erwägungen angestellt hat.
87
Vgl. BVerwG, z.B. Urteil vom 25.7.1985 - 3 C 25.84 -, a.a.O.; VG Gelsenkirchen,
Beschluss vom 24.8.2005 - 7 L 210/05 -, ZMGR 2005, 274 = juris, m.w.N.;
Seiler/Vollmöller, a.a.O., S. 236; vgl. zu einzelnen Ermessenskriterien: BVerfG,
Beschluss vom 4.3.2004 - 1 BvR 88/00 -, a.a.O., unter II 2 b dd; VG Gelsenkirchen,
Beschluss vom 24.8.2005 - 7 L 210/05 -, a.a.O.; VG Karlsruhe, Urteil vom 18.7.2006 - 2
K 72/06 -, juris (dort Rdnrn. 34 und 35); Keil-Löw, Die Kündigung des
Versorgungsvertrags eines Plankrankenhauses nach § 110 SGB V, Frankfurter
Abhandlungen zum Sozialrecht Bd. 2, 1994, S. 82.
88
Nach den der Kammer vorgelegten Unterlagen ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon
auszugehen, dass das Ministerium bei seiner für die "Planungsregion Kreis H1. "
getroffenen Entscheidung, (fachübergreifende) frührehabilitative Planbetten am
Krankenhaus W. auszuweisen, das teilweise konkurrierende Versorgungsangebot der
Klägerin gar nicht mit in den Blick genommen, also überhaupt kein Auswahlermessen
bezüglich dieser beiden Kliniken ausgeübt hat. Das folgt zum einen aus der
Begründung des Widerspruchsbescheides, mit der der Klägerin eine Befugnis zur Klage
gegen den die Beigeladene begünstigenden Bescheid angeblich mangels eigener
Rechtsbetroffenheit abgesprochen wird, und der diese Begründung in Bezug
nehmenden Klageerwiderung. Zum anderen geben die Umstände, unter denen es zur
Ausweisung von Betten für Frührehabilitation am Krankenhaus W. gekommen ist, nicht
den geringsten Hinweis auf eine zwischen den beiden betroffenen Krankenhäusern
getroffene Auswahlentscheidung. Denn nachdem in den ursprünglichen
Strukturüberlegungen aller am Planungsverfahren für die Region H1. Beteiligten von
einer Feststellung frührehabilitativer Betten überhaupt noch keine Rede gewesen war,
bot - ausweislich des im Verwaltungsvorgang zum Verfahren 6 K 2162/06 enthaltenen
Aktenvermerks der Beklagten zum ersten Gespräch der führenden Kommunalpolitiker
der betroffenen Kommunen und der Geschäftsführer der Krankenhäuser im Kreis H1. mit
der zuständigen Ministerin und den Spitzenbeamten ihres Ministeriums am 12.1.2005
sowie der entsprechenden, ebenfalls im Verwaltungsvorgang dokumentierten
89
hausinternen Kurzinformation der Beklagten vom 18.1.2005, bestätigt durch den
Vermerk zum zweiten Gesprächstermin am 10.2.2005 - das Ministerium am 12.1.2005
von sich aus erstmals an, dem Krankenhaus W. , das nie einen dahingehenden Antrag
gestellt hatte, solche Planbetten (offensichtlich als gewissen Ausgleich für künftig dort
wegfallende andere Planbetten) zuzuweisen. Nach einem weiteren Vermerk der
Beklagten war anschließend noch bis Anfang Februar 2005 die Stadt W. selbst gar nicht
einverstanden mit der Einrichtung einer Abteilung für Frührehabilitation an ihrem
Krankenhaus und akzeptierte erst dann (aus offenbar kommunalpolitischen Gründen)
den Vorschlag des Ministeriums. Bei alledem spielte das dem Ministerium zu diesem
Zeitpunkt längst vorliegende eigene ausdrückliche Versorgungsangebot des
Krankenhauses der Klägerin von November 2001, von dem der zuständige leitende
Ministerialbeamte spätestens seit seinem Gespräch mit dem Hauptgeschäftsführer der
Klägerin Anfang Juni 2004 wusste, - soweit ersichtlich - keine Rolle. Demgemäß findet
sich in den nachfolgenden Schriftsätzen des Ministeriums zum Planungsverfahren für
die Region H1. bis hin zum abschließenden Erlass an die Beklagte vom 31.5.2005 kein
Wort zum Versorgungsangebot der Klägerin und zu einer etwa vorgenommenen
Abwägung zwischen den konkurrierenden Krankenhäusern in W. und C1. im Rahmen
ausgeübten Auswahlermessens.
Doch selbst wenn das Ministerium Auswahlermessen hinsichtlich der Zuweisung
frührehabilitativer Planbetten im Umfang des eingeschränkten Planaufnahmeantrags
der Klägerin ausgeübt haben sollte, wäre seine Planungsentscheidung, deren
Umsetzung durch den nachfolgenden, an die Beigeladene gerichteten
Feststellungsbescheid diese begünstigt und damit gleichzeitig die Klägerin belastet,
90
vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 14.1.2004 - 1 BvR 506/03 -, a.a.O., unter II 3 b bb (2);
Lorenz/Leimbach, a.a.O.; Seiler/Voll-möller, a.a.O., S. 238 und FN 38,
91
im Ergebnis rechtswidrig. Denn die Klägerin wird zumindest dadurch in ihrem Recht auf
freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) verletzt, dass es an einer Darlegung der
etwaigen Auswahlerwägungen der Planungsbehörde fehlt.
92
Die rechtliche Überprüfung einer Ermessensentscheidung ist sowohl den von ihr
Betroffenen als auch gegebenenfalls später einem Gericht nur möglich, wenn die
maßgebenden Ermessenserwägungen der Behörde überhaupt dargelegt worden sind.
Schon der nach Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich garantierte gerichtliche
Rechtsschutz setzt voraus, dass die Behörde offenbart, von welchen Gesichtspunkten
sie sich bei der Ausübung des Ermessens hat leiten lassen.
93
Vgl. BVerwG, Urteil vom 5.9.2006 - 1 C 20.05 -, BayVBl. 2007, 218 = AuAS 2007, 3 =
ZAR 2007, 66 = juris (dort Rdnr. 18); Pant/Prütting, a.a.O., § 18 Rdnrn. 1, 6, 11 und 24.
94
Gemäß bzw. zumindest entsprechend oder analog Satz 3 des § 39 Abs. 1 VwVfG NRW,
der dem vorgenannten Zweck dient, hat im Falle krankenhausrechtlicher
Planungsentscheidungen, die zwischen konkurrierenden Krankenhäusern zu treffen
sind, auf diese Darlegung grundsätzlich - abgesehen lediglich von den
Ausnahmetatbeständen des § 39 Abs. 2 VwVfG NRW - jedenfalls derjenige
Krankenhausträger einen Anspruch, der durch den die Planungsentscheidung
umsetzenden Feststellungsbescheid nach § 18 Abs. 1 KHG NRW rechtlich belastet
wird. Das ist hier die Klägerin, der die Beklagte die Feststellungsbescheide vom
18.11.2005 und 1.3.2007 in Ansehung der Rechtsprechung des
95
Bundesverfassungsgerichts
vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.1.2004 - 1 BvR 506/03 -, a.a.O.
96
deshalb auch sachgerecht jeweils förmlich (mit Rechtsbehelfsbelehrung) zugestellt hat.
97
Dass § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG NRW möglicherweise nicht unmittelbar, sondern nur
entsprechend oder analog Anwendung findet, beruht darauf, dass die Beklagte als
diejenige Behörde, die den streitigen Feststellungsbescheid zu erlassen hat, keine
eigene Ermessensentscheidung trifft, sondern dem Adressaten des Bescheides
lediglich die Ermessensentscheidung einer anderen Behörde (des Ministeriums als
Planungsbehörde), deren Entscheidung selbst nicht rechtsbehelfsfähig ist, mitzuteilen
hat. Auch bei dieser atypischen Rechtskonstruktion muss aus verfassungsrechtlichen,
rechtsstaatlichen Gründen (Art. 1 Abs. 1, 19 Abs. 4 GG) eine behördliche
Ermessensentscheidung, zumal wenn sie Grundrechte des Adressaten berührt (hier: Art.
12 Abs. 1 GG), den üblichen an sie zu stellenden Begründungsanforderungen, wie sie
z.B. in § 39 VwVfG NRW näher bestimmt werden, genügen.
98
Vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 9.12.1992 - 6 C 3.92 -, BVerwGE 91, 262 = DVBl. 1993,
503 = DÖV 1993, 480 = NVwZ 1993, 677 = juris (dort insbes. Rdnr. 21), zu einer
Berufszugangsprüfung; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 9. Aufl. 2005, § 39 Rdnr. 4
(und 8), m.w.N.
99
Das Begründungserfordernis gilt nicht nur, wenn der Behörde ein Planungs- oder
Handlungsermessen auf der Rechtsfolgenseite, sondern ebenso, wenn ihr - wie im Falle
des § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG - ein Beurteilungsermessen auf der Tatbestandsseite
eingeräumt ist.
100
Vgl. Seiler/Vollmöller, a.a.O., S. 237.
101
Die aus § 39 Abs. 1 VwVfG NRW folgende Begründungspflicht wird bekräftigt durch §
18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 KHG NRW, wonach der Feststellungsbescheid (auch) die für
inhaltliche Beschränkungen maßgebenden Gründe zu enthalten hat.
102
Es genügt deshalb nicht, dass die für den Erlass des Feststellungsbescheides
zuständige Bezirksregierung sich (lediglich) auf die Planungsergebnisse des
Ministeriums als Planungsbehörde stützt und diese als Begründung für ihren Bescheid
benutzt.
103
So aber - zumindest missverständlich formulierend - Keil- Löw, a.a.O., S. 60.
104
Die Beklagte als diejenige Behörde, die im Außenverhältnis zur Klägerin die
Entscheidung der Planungsbehörde nach § 16 Abs. 5 Satz 1 KHG NRW einschließlich
deren (als getroffen unterstellter) Auswahlentscheidung zwischen den Krankenhäusern
der Beigeladenen und der Klägerin bezüglich der Ausweisung von Planbetten für
Frührehabilitation durch Erlass eines Feststellungsbescheides umzusetzen hatte, wäre
gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG NRW gehalten gewesen, im Rahmen der an die
Beigeladene gerichteten, auch der Klägerin notwendigerweise bekanntzugebenden
Bescheide vom 18.11.2005 und 1.3.2007 alle wesentlichen und tatsächlichen Gründe
mitzuteilen, die das Ministerium zu seiner Entscheidung bewogen hatten, und dabei
insbesondere gemäß bzw. entsprechend oder analog § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG NRW
105
die entscheidungstragenden Ermessensgesichtspunkte des Ministeriums - deren
Vorhandensein unterstellt wird - offenzulegen. Sollten der Beklagten jene Gründe nicht
im Einzelnen bekannt gewesen sein, hätte sie beim Ministerium entsprechend
nachfragen müssen, und das Ministerium wäre spätestens dann verpflichtet gewesen,
seine Ermessenserwägungen in für eine spätere Überprüfung geeigneter Form
darzulegen.
Vgl. schon die Urteile der Kammer vom 17.4.2007 - 6 K 691/06 und 6 K 782/06 -, jew.
a.a.O.
106
Im vorliegenden Fall ist es sowohl der Klägerin als auch der Kammer unmöglich zu
erkennen, von welchen Gesichtspunkten das Ministerium bei der (etwaigen) Ausübung
seines Auswahlermessens zu Lasten des Hospitals der Klägerin hinsichtlich der
Ausweisung frührehabilitativer Betten im Versorgungsgebiet 10 letztlich ausgegangen
ist. Die entsprechende Auffassung der Planungsbehörde ist für die Klägerin ohne
Mitteilung der Begründung keineswegs ohne weiteres erkennbar (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2
VwVfG NRW), zumal mehrere bis zum Ende des Anhörungsverfahrens für die
"Planungsregion Kreis H1. " eingegangene Stellungnahmen sich aus sehr stichhaltigen
Gründen nachhaltig gegen eine Bettenausweisung am Krankenhaus W. ausgesprochen
hatten. Die Voraussetzungen der weiteren Ausnahmetatbestände des § 39 Abs. 2
VwVfG NRW, unter denen die Darlegung der entscheidungserheblichen
Ermessenserwägungen entbehrlich gewesen wäre, liegen offenkundig nicht vor.
107
Das Ministerium hat schon seine eigene Anregung im Anhörungsverfahren, dem
Krankenhaus W. frührehabilitative Betten zuzuweisen, nicht mit schriftlich
festgehaltenen Argumenten begründet, schon gar nicht in erkennbarer
Auseinandersetzung mit dem Konkurrenzangebot der Klägerin. In seinem an alle vom
Planungsverfahren für die Region H1. betroffenen Krankenhäuser und politischen
Vertreter der Krankenhausstandorte gerichteten Erlass von Ende Februar 2005 hat das
Ministerium zwar erklärt, dass es bei einem fusionierten Krankenhaus I1. /W1. - wegen
der vorgesehenen Zuweisung von 150 Betten für die Innere Medizin einschließlich 40
Betten für eine Teilgebietsabteilung Lungenheilkunde auch 50 Betten für
Frührehabilitation befürworte. Bislang ist aber eine Krankenhausfusion I1. /W. noch nicht
vollzogen worden, und unabhängig davon sind, wie oben bereits erwähnt, die
planfestgestellten Betten für Frührehabilitation tatsächlich nicht als "Davon-Betten" der
Abteilung für Innere Medizin, namentlich nicht in Bezug zur - mit 40 Betten ohnehin
kleineren - Unterabteilung für Pneumologie, sondern ohne Anbindung an ein
bettenführendes Fachgebiet und damit fachübergreifend ausgewiesen worden; dafür
gab das Ministerium im genannten Erlass mit dem alleinigen weiteren kurzen Hinweis
auf eine beabsichtigte enge Zusammenarbeit eines fusionierten Krankenhauses I1. /W.
mit einem ebenfalls zur Fusion anstehenden Krankenhaus H1. /S. jedenfalls keine
ausreichende, das Konkurrenzangebot der Klägerin berücksichtigende Begründung.
Auch nach Durchführung des Anhörungsverfahrens zur "Planungsregion Kreis H1. " hat
das Ministerium in seinem an die Beklagte gerichteten Erlass vom 31.5.2005 zwar die
unterschiedlichen Äußerungen mehrerer Beteiligter referiert - bezeichnenderweise
allerdings u.a. nicht diejenige des Verbandes F1. Krankenhäuser S1. /X. /M1. von
Anfang Mai 2005, die ausdrücklich zu bedenken gab, dass in C1. im Zusammenhang
mit der Fusion der Krankenhäuser H. , K. -Krankenhaus und N. zum F. Krankenhaus C1.
strukturelle Entscheidungen zu treffen seien, die nicht durch Regelungen für den Kreis
H1. präjudiziert werden dürften -. Das Ministerium hat aber nicht einmal die von ihm
referierten Äußerungen, soweit sie die für das Krankenhaus in W. vorgesehene
108
Ausweisung von Planbetten für Frührehabilitation betrafen, zum Anlass für wertende
Darlegungen und inhaltliche Auseinandersetzungen genommen, sondern sie nur um die
beiden Sätze ergänzt: "Das Krankenhaus W. sollte daher sein Konzept für die
Frührehabilitation den Kostenträgern noch zur Verfügung stellen. Meines Erachtens
sollte es jedoch bei der vorgeschlagenen Struktur bleiben." Unter Hinweis auf die
gravierenden Meinungsunterschiede im Kreis H1. bat das Ministerium die Beklagte in
diesem Erlass abschließend, "auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen"
Feststellungsbescheide für die einzelnen Krankenhäuser zu erteilen; es sei ihm
bekannt, dass Einvernehmen nicht zu erzielen gewesen sei, und es "habe versucht,
eine vertretbare Struktur für die betroffenen Krankenhäuser zu erarbeiten"; es bleibe
"abzuwarten, ob und inwieweit auch aufgrund rechtlicher Schritte Änderungen
erforderlich sein werden."
Irgendwelche für die betroffenen Kliniken oder einen Außenstehenden
nachvollziehbaren, sachbezogenen Argumente für die konkrete Aufteilung von
Planbetten auf die einzelnen betroffenen Krankenhäuser, u.a. auf das Krankenhaus W. ,
sind weder den vorzitierten, der Klägerin ohnehin niemals direkt zur Kenntnis
gegebenen Ausführungen des Ministeriums noch sonstigen in den
Verwaltungsvorgängen des vorliegenden Verfahrens und des am 17.4.2007
verhandelten Verfahrens 6 K 2162/06 zur "Planungsregion Kreis H1. " zu entnehmen.
Insbesondere vermag die Kammer nicht zu erkennen, dass das Ministerium bei seiner -
unterstellten - Abwägung alle entscheidungserheblichen Umstände, also auch alle für
die Klägerin sprechenden Gesichtspunkte, angemessen berücksichtigt und vertretbar
gewichtet hat. Ein Vermerk der Beklagten vom 11.7.2005 im Verwaltungsvorgang zum
Verfahren 6 K 2162/06 über ein Telefonat mit dem Ministerium betreffend (Nicht-
)Angaben zum Krankenhausstandort S. spricht sogar dafür, dass das Ministerium eine
Darlegung seiner (unterstellten) Abwägungsgründe insgesamt bewusst vermieden hat.
Bei alledem muss das Ministerium selbst davon ausgegangen sein, dass eine
Entscheidung zu Gunsten des Krankenhauses W. zwangsläufig zu Lasten des
Krankenhauses der Klägerin gehen würde, denn im bereits damals laufenden
Planungsverfahren für die "Planungsregion Stadt C1. " hat es ebenso wie - ihm folgend -
die Beklagte einen Bedarf für das Planaufnahmebegehren der Klägerin mit
frührehabilitativen Betten wiederholt allein mit dem Hinweis auf die Bettenausweisung
für das Krankenhaus W. verneint.
109
An der gebotenen erkennbaren Darlegung aller Gründe, die hinsichtlich der Planbetten
für Frührehabilitation nach Ansicht der Planungsbehörde für eine Auswahlentscheidung
zu Gunsten des Krankenhauses W. und damit nach eigener Auffassung des
Ministeriums zwangsläufig zu Lasten des Krankenhauses der Klägerin tragend waren,
fehlt es auch in den Bescheiden der Beklagten vom 18.11.2005, 29.6.2006 und
1.3.2007. Auch die Begründung des Widerspruchsbescheides beschränkte sich auf die
Auffassung der Beklagten, der Widerspruch sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses
unzulässig. Neben dieser Begründung, von der die Klägerin mehr als überrascht sein
musste, weil zuvor sowohl das Ministerium als auch die Beklagte mehrfach mit der
beabsichtigten bzw. zwischenzeitlich erfolgten Bettenausweisung für das Krankenhaus
der Beigeladenen argumentiert hatten, sind Ausführungen zur materiellen Rechtslage
im Widerspruchsbescheid nicht vorhanden.
110
Da hier schon die streitigen Bescheide jedenfalls nicht dem Begründungserfordernis
genügen und die Begründung auch nicht bis zum Abschluss des erstinstanzlichen
Klageverfahrens nachgeholt wurde (§ 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG NRW) - ungeachtet
111
der Frage, ob eine solche Nachholung der Begründung in den Fällen des § 8 Abs. 2
Satz 2 KHG überhaupt mit heilender Wirkung möglich wäre (dazu sogleich) -, kann für
den hypothetischen Fall, dass die tragenden Ermessensgründe des Ministeriums im
Feststellungsbescheid aufgeführt worden wären, offen bleiben, auf welche Weise das
Ministerium selbst diese seine Gründe zuvor, überprüfbar für einen Dritten, hätte
dokumentieren müssen, um den Erfordernissen des § 39 Abs. 1 VwVfG NRW zu
genügen.
Auf § 114 Satz 2 VwGO, wonach die Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen
hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren
ergänzen kann, sowie auf § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG NRW könnte die Beklagte
sich im Übrigen schon deshalb nicht berufen, weil es nicht an der Darlegung ihrer
eigenen Ermessenserwägungen, sondern solcher des Ministeriums fehlt und weil, wie
bereits erwähnt, die Rechtmäßigkeit des Auswahlermessens nicht erst bezogen auf den
Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, sondern bereits für den Zeitpunkt der
Behördenentscheidung zu beurteilen ist.
112
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.11.2005 - 13 B 1599/05 u.a. -, a.a.O.
113
Sollte es an einer Ermessensausübung der Planungsbehörde vollkommen gefehlt
haben, wäre die Bettenzuweisung für das Krankenhaus W. (mit der daraus nach
Auffassung des Ministeriums automatisch folgenden Ablehnung des Antrags des
Krankenhauses der Klägerin auf Ausweisung frührehabilitativer Betten) ohnehin wegen
Ermessensnichtgebrauchs unheilbar rechtswidrig.
114
Der aus dem zumindest vorhandenen Begründungsmangel folgende
Aufhebungsanspruch der Klägerin wird nicht durch § 46 VwVfG NRW ausgeschlossen.
Nach jener Norm kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44
VwVfG NRW nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter
Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche
Zuständigkeit zu Stande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die
Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Zwar ist die aus § 39 Abs. 1 VwVfG
NRW bzw. unmittelbar aus Art. 19 Abs. 4 GG folgende Begründungspflicht ein
Verfahrenserfordernis im vorgenannten Sinne.
115
Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.9.1987 - 5 C 26.84 -, BVerwGE 78, 101 (113) = DÖV 1988,
389 = NVwZ 1988, 829, zum entsprechenden § 42 Satz 1 SGB X.
116
Jedoch ist es vorliegend alles andere als offensichtlich, dass der Begründungsmangel
die Auswahlentscheidung des Ministeriums in der Sache nicht beeinflusst hat. Das
Gegenteil ist vielmehr mindestens ebenso nahe liegend.
117
Wegen des Begründungsdefizits, an dem die (unterstellte) Auswahlentscheidung
zwischen den Krankenhäusern der Klägerin und der Beigeladenen hinsichtlich der
Ausweisung von Planbetten für Frührehabilitation jedenfalls leidet, und des schon
daraus folgenden Aufhebungsanspruchs der Klägerin bedarf es keiner Entscheidung,
ob bereits das der Auswahlentscheidung vorgeschaltete notwendige
Anhörungsverfahren (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KHG, § 28 Abs. 1 VwVfG NRW)
118
vgl. Vollmöller, Anm. zum Beschluss des BVerfG vom 14.1.2004, DVBl. 2004, 433 (434);
Thier, Konkurrentenschutz im Krankenhausplanungsrecht, a.a.O., S. 812
119
deshalb fehlerhaft war, weil das Ministerium jedenfalls der Klägerin zuvor nicht mitgeteilt
hatte, aus welchem Grunde es das Krankenhaus W. mit Planbetten für Frührehabilitation
in den Krankenhausplan aufzunehmen beabsichtigte,
120
vgl. Thier, a.a.O.,
121
und ob auch ein derartiger etwaiger Anhörungsmangel zur Klagestattgabe hätte führen
müssen.
122
Da die Beklagte infolge dieses Urteils einen neuen Feststellungsbescheid für das
Krankenhaus der Beigeladenen zu erlassen haben wird, der ein - bereits vor Erlass der
bislang streitbefangenen Bescheide ausgeübtes - Auswahlermessen der
Planungsbehörde erkennen lassen muss, und auch noch die
Widerspruchsentscheidung der Beklagten zu dem das Krankenhaus der Klägerin selbst
betreffenden Feststellungsbescheid vom 9.2.2007 aussteht, weist die Kammer
vorsorglich darauf hin, dass nach den ihr bislang vorliegenden Unterlagen fast alles für
die Auffassung spricht, hinsichtlich der Ausweisung von Planbetten für
Frührehabilitation im Versorgungsgebiet 10 sei bei Abwägung aller Sachargumente im
Ergebnis das Krankenhaus der Klägerin (sogar deutlich) besser geeignet als das
Krankenhaus der Beigeladenen. Zum einen ist am Krankenhaus W. , das gemäß § 33
Abs. 2 KHG NRW bis zur endgültigen Aufgabe der bislang noch parallel zum
Krankenhaus I1. vorgehaltenen Abteilungen für Chirurgie, Innere Medizin und
Frauenheilkunde/Geburtshilfe - Voraussetzung für eine rechtswirksame Fusion mit dem
Krankenhaus I1. - noch als selbstständiges Krankenhaus zu behandeln ist (vgl. die
eigene Auffassung des Ministeriums im Anhörungsschreiben vom 5.7.2006 für die
"Planungsregion Stadt C1. "), kein einziges weiteres Planbett außer den
frührehabilitativen Betten festgestellt worden; die Abteilung für Frührehabilitation soll
beim Krankenhaus W. also vollkommen isoliert von irgendeiner Fachabteilung
eingerichtet werden. Es ist schon deshalb äußerst fragwürdig, wenn im vorliegenden
Verfahren versucht wird, die Zuweisung frührehabilitativer Betten an das Krankenhaus
W. mit dem Hinweis auf Fachabteilungen zu rechtfertigen, für die dem Krankenhaus I1.
oder gar anderen Krankenhäusern im Kreis H1. Planbetten zugewiesen worden sind.
Zum anderen wäre es auch bei gemeinsamer Betrachtung der Planbettenzahlen für die
Krankenhäuser in W. und I1. und sogar noch bei zusätzlicher Einbeziehung der
Planbetten für das Städtische Klinikum H1. und das Krankenhaus S. alles andere als
zweifelsfrei, dass ein fusioniertes Krankenhaus I1. den aus Nr. 3.6.2.2 des
Krankenhausplans und der Anlage 1 zum Schreiben des
Bundesgesundheitsministeriums vom 27.10.2004 zu entnehmenden Anforderungen an
die Eignung für eine Aufnahme in den Krankenhausplan mit - zumal sogar 50 -
Planbetten für Frührehabilitation ("Rehabilitation im Akutkrankenhaus") genügt. Wenn in
der Praxis bundesweit häufiger eine - teilweise sogar viele Kilometer betragende -
räumliche Trennung zwischen einem Akutkrankenhaus und einer zugehörigen
Abteilung für Frührehabilitation zu beobachten sein sollte, wie die Beigeladene in der
mündlichen Verhandlung behauptet hat, entspräche diese Praxis nicht dem dargelegten
ursprünglichen Konzept der Frührehabilitation.
123
Es ist auch nicht zu erkennen, aus welchen sachlichen Gründen das Krankenhaus der
Klägerin - im Falle gleicher Eignung - nicht zumindest anteilmäßig ebenfalls mit
frührehabilitativen Planbetten in den Krankenhausplan aufgenommen wurde.
124
Vgl. Thier, Konkurrentenschutz im Krankenhausplanungsrecht, a.a.O., S. 813; ders.,
Krankenhausplanung und Konkurrentenschutz, a.a.O., S. 996 (IV.1 a.E.) und 1001 (IV.3
a.E.).
125
Die etwaige Erwägung, den Krankenhausstandort W. als solchen erhalten zu wollen,
wäre jedenfalls kein anzuerkennendes Sachargument.
126
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Anordnungen zu ihrer
vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. den §§ 708
Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Sätze 1 und 2 ZPO. Die Kammer hat die außergerichtlichen
Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig erklärt, weil sie keinen Sachantrag
gestellt und damit kein Kostenrisiko übernommen hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
127
Die Kammer hat die Berufung zugelassen, weil sie die Rechtssache für grundsätzlich
bedeutsam hält (§§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO). Eine obergerichtliche
Klärung der für die Beurteilung des Streitfalls maßgeblichen Rechtsfragen hat
wesentliche Bedeutung für eine einheitliche Rechtsauslegung und - anwendung im
Land Nordrhein-X. , denn der Kammer ist keine obergerichtliche
Hauptsacheentscheidung aus jüngerer Zeit zu den hier interessierenden
Rechtsproblemen bekannt.
128