Urteil des VG Minden vom 23.01.2003

VG Minden: bedingung, öffentlich, gebühr, ausführung, amtshandlung, form, anfang, vollstreckung, vergütung, meinung

Verwaltungsgericht Minden, 9 K 1916/02
Datum:
23.01.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 K 1916/02
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger
kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor einer
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
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Die Beigeladenen sind Eigentümer des Grundstücks Gemarkung K. , Flur 1, Flurstück
655. Bereits im Jahre 1998 hatten sie den Kläger mit der Teilungsvermessung des
Grundstücks beauftragt.
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Im Zusammenhang mit der Teilungsvermessung übersandte der Kläger den
Beigeladenen unter dem 09.03.1999 einen Vermessungsantrag, in dem von ihm als
Antragsteller die Beigeladenen eingetragen sind und als Gegenstand der Beantragung
Gebäudeeinmessung sowie Gebäudeabsteckung grob - fein ausgeführt war.
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Unter dem 21.02.2001 sandte der Beigeladene zu 1. das nur von ihm unterschriebene
Antragsformular an den Kläger zurück. Mit Tipp-Ex hatte er das Kreuz in der Rubrik
"Gebäudeabsteckung grob - fein" entfernt und vor seiner Unterschrift eingefügt: "Diese
Auftragserteilung erfolgt unter der Bedingung, dass die Gebühr - wie mit Herrn N.
telefonisch besprochen - um 20 % ermäßigt wird.
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Nach Durchführung der Gebäudeeinmessung übersandte der Kläger dem Beigeladenen
den Kostenbescheid Nr. 220019 vom 22.01.02 über 557,04 EUR, der eine Ermäßigung
nicht vorsah.
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Unter dem 10.02.2002 erhob der Beigeladene zu 1. gegen den Kostenbescheid
Widerspruch mit der Begründung, die Bedingung, unter der der Auftrag erteilt worden
sei, sei nicht berücksichtigt worden, sodass der Kostenbescheid fehlerhaft sei. Er
überwies sodann einen Betrag von 447,01 EUR.
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Der Kläger erklärte sich hiermit nicht einverstanden, da nach seinen Angaben sein
damaliger Angestellter N. dem Beigeladenen die Auskunft erteilt habe, dass sich die
Einmessungsgebühr nur nach Gebäudeabsteckung um 20 % ermäßige. Da auf dem
Antragsformular der Punkt Gebäudeabsteckung mit Tipp-Ex unkenntlich gemacht
worden sei, sei diese auch nicht durchgeführt worden, sodass für die Einmessung 100
% in Rechnung zu stellen seien.
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Die Beklagte gab dem Widerspruch des Beigeladenen vom 10.02.2002 gegen den
Kostenbescheid vom 22.01.2002 statt und hob den Kostenbescheid auf. Zur
Begründung trug sie vor, ein mit einer Bedingung versehener Auftrag gelte nur dann als
erteilt, wenn er vom Auftragnehmer in dieser Form angenommen werde. Dies sei aber
nicht geschehen, da nach der Meinung des Klägers wegen der Herausnahme der
Gebäudeabsteckung für diesen Auftrag eine Ermäßigung nicht in Betracht gekommen
sei. Für eine Auslegung der Bedingung, dass der Antragsteller in diesem Falle von der
Bedingung habe absehen wollen, fehle im Auftragsformular jeder Anhaltspunkt.
Deshalb sei ein gebührenbegründendes Auftragsverhältnis nicht entstanden.
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Gegen den mit Einschreiben am 13. Mai 2002 übersandten Widerspruchsbescheid hat
der Kläger am 14.06.2002 Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen
Folgendes vorträgt: In formeller Hinsicht sei darauf hinzuweisen, dass sich der
Kostenbescheid vom 22.01.2001 an beide Beigeladene gerichtet habe. Widerspruch
habe ausschließlich der Beigeladene zu 1. eingelegt. Auch der Widerspruchsbescheid
sei ausschließlich an den Beigeladenen zu 1. gerichtet. Der Beigeladenen zu 2.
gegenüber sei somit der Bescheid bestandskräftig geworden. Darüber hinaus habe der
Beigeladene zu 1. mit Schreiben vom 10.02.2002 zwar dem Einleitungssatz
entsprechend unbeschränkt Widerspruch gegen den Kostenbescheid erhoben. Aus dem
weiteren Inhalt des Schreibens und vor allem der Erklärung über einen "Zahlbetrag" in
Höhe von 447,01 EUR sowie der anschließenden Zahlung dieses Betrages ergebe sich
aber, dass der Beigeladene zu 1. nicht gegen den Kostenbescheid insgesamt, sondern
lediglich insoweit Widerspruch habe einlegen wollen und eingelegt habe, als er eine
Kostenforderung von mehr als 447,01 EUR geltend gemacht habe. Die im
Widerspruchsbescheid vertretene Ansicht der Beklagten beruhe darauf, dass nur dann
ein Auftragsverhältnis zu Stande gekommen wäre, wenn er die Bedingung des
Beigeladenen zu 1. "in dieser Form" angenommen hätte. Hierbei lasse die Beklagte die
ihr bekannte ständige Rechtssprechung unberücksichtigt, dass er eine
Gebührenermäßigung nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen hätte
gewähren dürfen und Vereinbarungen mit Auftraggebern über gesetzlich nicht
vorgesehene Gebührenermäßigungen unwirksam und nichtig seien. Demnach sei hier
auch das Verlangen des Beigeladenen zu 1. nach einer Ermäßigung der Gebühr um 20
% unbeachtlich. Selbst wenn man die Meinung vertrete, der mit dem Formular unter dem
21.02.2001 gestellte Antrag sei insgesamt unwirksam, ändere dies nichts daran, dass
die Beigeladenen die Vermessungstätigkeit veranlasst hätten und hiermit auch
einverstanden gewesen seien. Sie hätten seine Tätigkeit im Zusammenhang mit der
Gebäudeeinmessung auch widerspruchslos entgegengenommen und zwar in Kenntnis
des Umstandes, dass die mit dem Zeugen N. Anfang Februar des Jahres 2001
besprochenen Voraussetzungen einer Gebührenermäßigung um 20 % nicht gegeben
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gewesen seien. Auch mit seinem Widerspruch vom 10.02.2002 habe sich der
Beigeladene nicht gegen die Beauftragung überhaupt gewandt, sondern lediglich die
Höhe der erhobenen Kosten beanstandet.
Darüber hinaus hafteten die Beigeladenen auch als Begünstigte einer Amtshandlung,
da sie auf Grund seiner Tätigkeit einen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil in der
Weise erlangt hätten, dass sie von ihrer gesetzlichen Gebäudeeinmessungspflicht
gemäß § 14 VermKatG befreit worden seien. Ein konkreter Vorteil entstehe dann, wenn
das Arbeitsergebnis des ÖbVI einem für den Grundstückseigentümer unvermeidlichen
gesetzlichen Gebot entspreche. Eine Begünstigung setze keinen rechtswirksamen
Antrag voraus. Die "zurechenbare Verursachung" im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 1 GebG
NW liege immer dann vor, wenn der Beteiligte durch sein Verhalten die Tätigkeit der
Behörde auslöse, also den Arbeitsvorgang, der mit der Amtshandlung abgeschlossen
werden solle, in Gang gesetzt habe. Typischer Fall sei die Stellung eines Antrages. Es
bedürfe jedoch keines ausdrücklich gestellten Antrages, vielmehr genüge jedes
Verhalten, das objektiv auf ein bestimmtes Tätigwerden der Verwaltung gerichtet
erscheine. Das sei hier durch den mit einer unwirksamen Bedingung versehenen Antrag
des Beigeladenen vom 21.02.2001 geschehen.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 08.05.2002 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung trägt sie vor: Der Kläger gehe zutreffend davon aus, dass nur dann ein
Auftragsverhältnis zu Stande gekommen wäre, wenn er die Preisbindung des
Auftraggebers angenommen hätte. Dagegen sei seine Schlussfolgerung, dass er einen
Anspruch auf die Gesamtgebühr habe, weil er die Bindung des öffentlich bestellten
Vermessungsingenieurs an die Kostenordnung zu beachten habe, falsch. Der Kläger
verkenne, dass hier eine Wertung der rechtlichen Zulässigkeit einer
Gebührenermäßigung gar nicht mehr zum Tragen komme, weil bereits das
Auftragsverhältnis zwischen Kläger und Beigeladenem habe verneint werden müssen.
Der Gebührenanspruch des Klägers sei demnach bereits dem Grunde nach
abzulehnen, auf die Prüfung der Gebührenhöhe sei es nicht mehr angekommen. Zu den
Bedenken des Klägers am formellen Ablauf bleibe zu ergänzen, dass das
Antragsformular lediglich von dem Beigeladenen zu 1. unterzeichnet worden sei.
Insofern sei zweifelhaft, ob die Beigeladene zu 2. überhaupt zu den Beteiligten zähle. Im
Übrigen übersehe der Kläger, dass ihn § 10 Abs. 3 der Berufsordnung für die öffentlich
bestellten Vermessungsingenieure in Nordrhein-Westfalen verpflichte, Aufträge
abzulehnen, wenn er durch ein ihm zugemutetes Verhalten seine Berufspflichten
verletzen würde. Vor diesem Hintergrund könne sich der Kläger nicht einfach über die
vom Beigeladenen im Vermessungsantrag formulierte Gebührenminderung, über deren
Rechtswidrigkeit er sich bewusst gewesen sei, hinwegsetzen und den Auftraggeber in
dem Glauben lassen, dass der Auftrag zu den gestellten Bedingungen erfüllt würde.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte sowie der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Klägers und des Beklagten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid des
Beklagten vom 08.05.2002, durch den er im Rahmen des Widerspruchsverfahrens der
Beigeladenen den Kostenbescheid des Klägers vom 22.01.2002 aufgehoben hat, ist
rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO).
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Der Beklagte war nicht befugt, für die von ihm vorgenommene Gebäudeeinmessung von
den Beigeladenen eine Vermessungsgebühr zu fordern. Voraussetzung für die
Erhebung der hier streitigen Gebühr ist nämlich das Bestehen eines wirksamen
Auftragsverhältnisses zwischen den Beigeladenen und dem Kläger. Hieran fehlt es
jedoch im vorliegenden Fall.
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Dass Voraussetzung für die Erhebung von Kosten durch den öffentlich bestellten
Vermessungsingenieur das Bestehen eines Auftragsverhältnisses zwischen ihm und
einem Auftraggeber ist, ergibt sich aus der Berufsordnung für die öffentlich bestellten
Vermessungsingenieure/öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen in Nordrhein-
Westfalen (ÖbVermIngBO NW) vom 15.12.1992, GVBl. 1992, 524). Nach § 1 Abs. 1
ÖbVermIngBO NW sind öffentlich bestellte Vermessungsingenieure als Organe des
öffentlichen Vermessungswesens berufen, an den Aufgaben der Landesvermessung
i.S.v. § 5 des Vermessungs- und Katastergesetzes (VermKatG) mitzuwirken. Nach § 1
Abs. 1 ÖbVermIngBO NW können öffentlich bestellte Vermessungsingenieure im
Rahmen dieser Berufsordnung auf allen Gebieten des Vermessungswesens tätig
werden. Sie sind u.a. neben den Behörden der öffentlichen Vermessungsverwaltung
berechtigt, Katastervermessungen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 VermKatG) auszuführen, zu denen
auch die vorliegende Gebäudeeinmessung gehört. Die Vergütung der öffentlich
bestellten Vermessungsingenieure für Tätigkeiten nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2
Satz 2 ÖbVermIngBO NW richtet sich dabei gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 ÖbVermIngBO
NW nach der Kostenordnung für die öffentlich bestellten Vermessungsingenieure, hier
die Kostenordnung für die öffentlich bestellten Vermessungsingenieure/öffentlich
bestellten Vermessungsingenieurinnen in Nordrhein-Westfalen (ÖbVermIngKO NW)
vom 26.05.1993, GV NW S. 289, anzuwenden in der Fassung der
Änderungsverordnung vom 07.09.1996, GV NW S. 378. Nach Satz 2 sind die
Vorschriften der §§ 10 bis 14 und 16 bis 22 des Gebührengesetzes für das Land
Nordrhein-Westfalen (GebG NW) entsprechend anzuwenden.
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Voraussetzung für einen Vergütungsanspruch ist aber - soweit der öffentlich bestellte
Vermessungsingenieur nicht eventuell von Amts wegen tätig werden darf - ein
Auftragsverhältnis zwischen ihm und einem Auftraggeber. Das ergibt sich aus § 10
ÖbVermIngBO NW, der u.a. regelt, wann der Vermessungsingenieur die Ausführung
eines Auftrags ablehnen muss und welche Pflichten ihm obliegen, wenn er einen
Auftrag nicht annehmen will oder nicht in einer angemessenen Zeit ausführen kann.
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Auch im vorliegenden Fall der Gebäudeeinmessung ist ein Auftragsverhältnis für das
Entstehen des Vergütungsanspruches unerlässlich.
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Nach § 14 Abs. 2 VermKatG ist ein Grundstückseigentümer zwar verpflichtet, bei der
Neuerrichtung eines Gebäudes dieses einmessen zu lassen. Eine Einmessung von
Amts wegen auf Kosten des Verpflichteten darf jedoch nicht durch den öffentlich
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bestellten Vermessungsingenieur erfolgen, sondern kann gemäß § 14 Abs. 3 VermKatG
nur durch die Katasterbehörde und nach Setzen einer angemessenen Frist veranlasst
werden.
Ein Auftragsverhältnis zwischen den Beigeladenen und dem Kläger ist hier nicht zu
Stande gekommen, weil die Beigeladenen ihren Auftrag nur unter der ausdrücklichen
Bedingung erteilt haben, dass die Gebühr um 20 % ermäßigt wird. Ob der Kläger diesen
konkreten Antrag von Anfang an nicht annehmen wollte und nicht angenommen hat, wie
der Beklagte meint, oder ob er nach außen durch die Ausführung des Auftrages
konkludent erklärt hat, sich auf die Bedingung einzulassen, mag dahinstehen. Auf
keinen Fall ist ein Auftragsverhältnis zu Stande gekommen. Entweder liegen keine
übereinstimmenden Willenserklärungen vor oder aber - bei Annahme der Vereinbarung
einer ermäßigten Gebühr - ist der Auftrag nichtig, da - wie zwischen den Beteiligten
inzwischen unstreitig ist - der Kläger an die Kostenordnung gebunden ist, die für den
vorliegenden Fall eine Ermäßigung um 20 % nicht vorsieht. Bei der Vergütung des
öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs handelt es sich aber um eine hoheitliche
Abgabe, eine Gebühr, die nur in gesetzlicher Höhe erhoben werden darf. Soweit - wie
hier - in den entsprechenden Gebührenordnungen keine Vereinbarungen zugelassen
sind, verstoßen auch übereinstimmende Abweichungen von einer festgesetzten Gebühr
gegen ein gesetzliches Verbot und sind nichtig.
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Vgl. OVG NRW, Urteil vom 06.12.1991 - 2 A 2641/88 -.
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Das zwischen Kläger und Beigeladenen erforderliche Auftragsverhältnis kann auch
nicht reduziert werden auf die Ausführung der Vermessungsleistung, der
Gebäudeeinmessung, und die ausdrücklich erklärte Bedingung der Beigeladenen als
unbeachtlich angesehen werden. Grundsätzlich steht es im freien Belieben eines
Auftraggebers, ob und durch wen er eine Katastervermessung durchführen lassen will.
Wenn er einen Vermessungsauftrag nur unter der ausdrücklichen Bedingung erteilt,
dass die Gebühren eine bestimmte Summe nicht überschreiten (weil sich etwa für ihn
eine Teilungsvermessung sonst wirtschaftlich nicht rechnet), kann der öffentlich bestellte
Vermessungsingenieur das nicht als unbeachtlich beiseite schieben und mit der
Durchführung des Auftrags sich gleichsam die volle Gebühr "erschleichen". Wenn er
aus gebührenrechtlichen Gründen den Auftrag nicht annehmen darf, muss er ihn
vielmehr entsprechend § 10 Abs. 3 a ÖbVermIngBO NW zurückweisen.
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Aber auch wenn - wie sonst im Gebührenrecht üblich - als Voraussetzung für die
Entstehung der Gebühr nicht ein zweiseitiges Auftragsverhältnis erforderlich sein sollte,
sind die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erhebung der hier streitigen Gebühr nicht
gegeben.
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Rechtsgrundlage der Gebühr kann nur § 2 Abs. 1 ÖbVermIngKO NW i.V.m. Nr. 14 des
Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für die Vermessungs- und
Katasterbehörden in Nordrhein-Westfalen (VermGebO NW) vom 26.04.1993, GV NW S.
308, anzuwenden in der Fassung der 9. Änderungsverordnung vom 07.09.1996, GV NW
S. 372, sein.
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Das Gebührenverzeichnis sieht in Ziffern 14.1 und 14.1.1 vor, dass für die Einmessung
von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen, sofern die für die Einmessung
benötigten Grenzen des Baugrundstücks in Übereinstimmung mit dem
Katasternachweis vorgefunden oder nach ihm abgesteckt werden können und eine
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Grenzfeststellung nicht erforderlich ist, eine Gebühr nach Gebührentafel D erhoben wird.
Letztere Voraussetzungen sind jedoch im Zusammenhang mit Vorbemerkung Nr. 1 zu
Ziffer 14 des Gebührentarifs zu sehen. Dort heißt es: "Unter die Vorschrift fallen auf
Antrag oder nach § 14 Abs. 3 VermKatG NW vorgenommene Gebäudeeinmessungen."
Durch die zitierte Vorbemerkung wird klargestellt, daß nicht jegliche Einmessung von
Gebäuden oder Gebäudeteilen, sondern nur eine solche, die entweder auf Antrag oder
aber nach § 14 Abs. 3 VermKatG NW vorgenommen wird, zu einer Kostenerhebung
berechtigen soll.
Vgl. OVG NW, Urteil vom 07.04.1994 - 9 A 917/92 -.
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An diesen Voraussetzungen fehlt es aber.
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Der Tatbestand des § 14 Abs. 3 VermKatG liegt offensichtlich nicht vor, da die
Gebäudeeinmessung nicht auf Veranlassung des Katasteramtes nach erfolgloser
Fristsetzung erfolgte.
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Aber auch der von den Beigeladenen nur unter der ausdrücklichen Bedingung einer
bestimmten Kostenhöhe gestellte Vermessungsauftrag kann nach Auffassung der
Kammer nicht als wirksamer Antrag angesehen werden.
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Grundsätzlich reicht zwar für die Annahme eines die Gebührenpflicht auslösenden
Antrags jedes - ausdrückliche oder konkludente - Verhalten des Antragstellers aus, das
auf ein Tätigwerden der Behörde gerichtet ist. Unerheblich ist, ob er weiß, dass er einen
gebührenpflichtigen Tatbestand setzt, oder ob er den Willen hat, eine Gebührenpflicht
auszulösen.
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Vgl. Driehaus, KAG, Kommentar, § 5 Anm. 15
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Macht ein Antragsteller allerdings das Tätigwerden der Behörde ausdrücklich von einer
bestimmten Bedingung abhängig, so muss die Behörde das beachten und die
Amtshandlung ablehnen, wenn sie die Bedingung nicht erfüllen will oder darf. Tut sie
das nicht, kann sie sich nicht auf einen "Antrag" als Grundlage einer Gebührenpflicht
berufen.
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Liegt aber ein wirksamer Vermessungsantrag nicht vor, kommt es auf die Frage, wer
gemäß § 13 GebG NW Kostenschuldner ist, nicht mehr an, da bereits der Tatbestand
der Gebührenerhebung nicht gegeben ist.
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Vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.04.1994 - 9 A 917/92 - sowie Urteil der Kammer vom
12.06.1997 - 9 K 3257/95 -.
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Darüber hinaus bestehen erhebliche Zweifel, ob die Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 1 2.
Alternative GebG NW, auf die sich der Kläger beruft, im vorliegenden Fall überhaupt
anzuwenden ist oder ob nicht die speziellere Vorschrift des § 14 Abs. 3 Satz 2
VermKatG NW, die eine eigenständige, an bestimmte Voraussetzungen geknüpfte
Kostentragungspflicht normiert, den allgemeinen Bestimmungen des Gebührengesetzes
NW gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 GebG NW vorgeht. Würde man nämlich § 13 Abs. 1 Nr. 1 2.
Alternative GebG NW uneingeschränkt anwenden, so könnte von den
Grundstückseigentümern als den Begünstigten für jede ohne Antrag vorgenommene
Gebäudeeinmessung Gebühren verlangt werden, ohne dass zuvor das Verfahren nach
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§ 14 Abs. 3 VermKatG NW eingehalten wäre.
Der Bescheid ist auch insoweit rechtmäßig, als die Beklagte den angefochtenen
Gebührenbescheid auch hinsichtlich der Beigeladenen zu 2. aufgehoben hat.
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Dies dürfte sich bereits daraus ergeben, dass der Beigeladene zu 1. gegen den
einheitlichen Kostenbescheid auch im Namen seiner Ehefrau, der Beigeladenen zu 2.,
Widerspruch erhoben hat. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger den
Vermessungsauftrag, der ebenfalls nur von dem Beigeladenen zu 1. unterschrieben ist,
als konkludent auch für die Beigeladene zu 2. gestellt angesehen hat, musste sich ihm
aufdrängen, dass der Beigeladene zu 1. nunmehr auch gegen den einheitlichen
Kostenbescheid im Namen seiner Ehefrau Widerspruch eingelegt hat.
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Darüber hinaus ergibt sich die Befugnis, den gesamten Bescheid aufzuheben, auch aus
der Stellung der Beklagten als Aufsichtsbehörde über den Kläger. Als solche ist sie
gehalten, darauf hinzuwirken, dass der Kläger nur die ihm gesetzlich zustehenden
Gebühren erhebt, und kann die insoweit erforderlichen Maßnahmen treffen. Unerheblich
ist deshalb auch, ob die Beigeladenen ihren Widerspruch betragsmäßig beschränkt
hatten.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es entsprach nicht der
Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen
aufzuerlegen, da diese keinen Antrag gestellt und sich somit selbst keinem Kostenrisiko
ausgesetzt haben (vgl. §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. mit den §§
708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Berufung war zuzulassen zur Klärung der Frage, ob ein unter der ausdrücklichen
Bedingung einer gesetzlich nicht zulässigen Gebühr gestellter Vermessungsauftrag
bzw. Vermessungsantrag bei Ausführung der Arbeiten die gesetzlich vorgesehene
Gebühr auslöst oder nicht.
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