Urteil des VG Mainz vom 30.08.2006

VG Mainz: gutachter, mitbestimmungsrecht, evaluation, jugend, verwaltung, unterliegen, bestandteil, bildungswesen, erfüllung, beratung

Personalvertretungsrecht
Sonstiges
VG
Mainz
30.08.2006
5 K 217/06.MZ
Mitarbeiter der AQS sind keine Gutachter im Sinne der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung
nach § 80 Abs. 2 Nr. 15 LPersVG.
Verwaltungsgericht Mainz
5 K 217/06.MZ
Urteil
wegen Mitbestimmung bei Gutachterauswahl
hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz (Fachkammer für Personalvertretungssachen - Land -)
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. August 2006, an der teilgenommen haben Vorsitzende
Richterin am Verwaltungsgericht Faber-Kleinknecht
ehrenamtlicher Richter
ehrenamtliche Richterin für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Auswahl und Beauftragung von Personen, die für die AQS
(Agentur für Qualitätssicherung Evaluation und Selbständigkeit von Schulen) die Evaluation von
Förderschulen durchführen sollen, der Mitbestimmung unterliegen.
Auf der Grundlage einer Ministerratsvorlage des Ministeriums für Bildung, Frauen und Jugend Rheinland-
Pfalz vom 24. Juni 2005, die vom Ministerrat zur Kenntnis genommen wurde, ist zur Unterstützung der
Schulen die AQS eingerichtet worden. Mit Schreiben vom 01. August 2005 wies die Ministerin des
Ministeriums für Bildung, Frauen und Jugend den Beklagten an, die AQS nach den dort aufgeführten
detaillierten Vorgaben einzurichten, um eine regelmäßige externe Evaluation aller Schulen des Landes
durchzuführen. Dabei wurde bestimmt, dass die AQS organisatorisch unabhängig von der Schulaufsicht
der ADD zu führen sei und im Rahmen der Vorgaben des für Bildung zuständigen Ministeriums fachlich
mit der Schulaufsicht zusammen zu arbeiten habe. Im Rahmen der personellen Ausstattung mit 26 Stellen
wurde festgelegt, dass 12 Stellen für Referentinnen und Referenten als externe Evaluatorinnen und
Evaluatoren bei befristeter Besetzung einzurichten seien. Dabei wurde die Anzahl der externen
Evaluatorinnen und Evaluatoren für die Qualitätssicherung an der Zahl der zu betreuenden Schulen der
jeweiligen Schulart und den damit verbundenen Aufgabestellungen ausgerichtet. Für Förderschulen
jeweiligen Schulart und den damit verbundenen Aufgabestellungen ausgerichtet. Für Förderschulen
wurde eine Stelle ausgewiesen. Ferner wurde bestimmt, dass die dienst- und arbeitsrechtliche
Zuständigkeit unter Berücksichtigung des Ernennungsrechts des Ministerpräsidenten von einem
einvernehmlich zwischen dem Beklagten und dem für Bildung zuständigen Ministerium beauftragten
Projektleiter wahrgenommen werden solle. Ausdrücklich wurde festgelegt, dass die Beteiligungsrechte
der Personalvertretung der ADD unberührt bleiben. Die AQS wurde bereits weitgehend eingerichtet und
es wurden die Referenten ausgewählt und benannt. Der Beklagte erkannte ein Mitbestimmungsrecht
gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 14 Landespersonalvertretungsgesetz – LPersVG – für die die Lehrkräfte
betreffenden „Gegebenheiten“ an, jedoch nicht für Erhebungen, die sich auf Erziehungsberechtigte oder
Schüler beziehen. Hingegen lehnte er ein Mitbestimmungsrecht nach § 80 Abs. 2 Nr. 15 LPersVG ab, da
Gutachter nur externe Personen sein könnten.
Der Kläger hat am 13. März 2006 Klage erhoben. Sein gleichzeitig gestellter Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung blieb in 2. Instanz erfolglos, nachdem das Oberverwaltungsgericht Rheinland-
Pfalz mit Beschluss (5 B 10454/06.OVG) vom 29. Mai 2006 den stattgebenden Beschluss des
erkennenden Gerichts abgeändert hatte.
Der Kläger trägt vor: Es mache keinen Unterschied, ob ein externer oder ein interner Gutachter beauftragt
werde, zumal auch der Wortlaut des Gesetzes hierfür keinen Anhaltspunkt biete. Zudem handele es sich
bei den Bediensteten der AQS wegen deren Unabhängigkeit und Selbstständigkeit um externe Personen
in Bezug auf die zu prüfenden Schulen. Das Mitbestimmungsrecht stehe nicht dem Personalrat der
Hauptdienststelle (ADD) zu, sondern werde gemäß § 97 LPersVG von den Stufenvertretungen ausgeübt.
Gemäß dem Zeitplan des Ministeriums für Bildung, Frauen und Jugend würden seit Anfang Februar 2006
an 47 Pilotschulen einzelne Evaluationsinstrumente in Zusammenarbeit mit der AQS erprobt. Im März
habe eine systematische Schulung von 12 AQS Evaluationsteams begonnen. Die AQS Referenten seien
bereits benannt. Insbesondere sei auch ein Herr D. als Referent für die Förderschulen in der Listung der
AQS-Pilotschulen aufgeführt worden. Erstmals im Beschwerdeverfahren habe der Beklagte unzutreffend
in Abrede gestellt, dass durch die AQS auch Wirtschaftlichkeits- und Organisationsprüfungen durchgeführt
würden. Die im Rahmen der vorgenannten Prüfungen auszuübende gutachterliche Tätigkeit werde auch
durch Gutachter iSd § 80 Abs. 2 Nr. 15 LPersVG ausgeübt, die nicht in die Schulaufsicht eingegliedert
seien. Jedenfalls handele es sich um mitbestimmungspflichtige Maßnahmen im Sinn der sonstigen von §
80 Abs. 2 LPersVG erfassten Mitbestimmungstatbestände.
Der Kläger beantragt,
es wird festgestellt, dass die Auswahl und Beauftragung von Personen, die für die AQS die Evaluation von
Förderschulen durchführen sollen, der Mitbestimmung des Klägers gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 15 LPersVG
unterliegen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich auf sein bisheriges Vorbringen und macht sich die Rechtsauffassung des
Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (a.a.O.) zu eigen. Er trägt ergänzend vor: Die AQS solle eine
Aufgabe der Schulaufsicht, nämlich die Beratung der Schulen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie die
Unterstützung der Entwicklung und Evaluation der Schulen (§ 96 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Schulgesetz
– SchulG –), erfüllen. Die Personen, die diese Aufgabe erfüllen sollten, würden von der ADD ausgewählt,
was nicht zu einem Mitbestimmungsverfahren der Bezirkspersonalräte der staatlichen Lehrkräfte an
öffentlichen Schulen führe. Welche Personen als Mitarbeiter der ADD aufgenommen würden, obliege
allein der Mitbestimmung der bei der ADD gebildeten Personalräte. In der Sache seien die Mitarbeiter der
AQS nämlich nicht anders als Schulaufsichtsbeamte zu behandeln. Zum Teil erfolge auch lediglich eine
Umsetzung von Schulaufsichtsbeamten zur AQS. Es bestehe kein Mitbestimmungsrecht des Klägers für
Organisationsentscheidungen der ADD, z.B. wie die AQS in die ADD einzugliedern sei. Aufgabe der AQS
sei keine Wirtschaftlichkeits- und Organisationsprüfung, sondern allein die Qulitätssteigerung und -
sicherung an den Schulen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der
Beteiligten sowie einen Band Verwaltungsakten, der Gegen-stand der mündlichen Verhandlung war,
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Zulässigkeit der Klage steht nicht § 75 Abs. 5 Nr. 3 Landespersonalvertretungsgesetz – LPersVG –
i.d.F. vom 24. November 2000 (GVBl. Seite 529, zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Oktober 2004 -
GVBl. Seite 457 -) entgegen, da hier um die Mitbestimmungspflichtigkeit einer Maßnahme gestritten wird.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Nach § 80 Abs. 2 Nr. 15 LPersVG bestimmt der Personalrat
insbesondere bei der Auswahl und der Beauftragung von Gutachtern für Prüfungen nach Nr. 14 mit. Ob es
sich hier, wie nunmehr im Klageverfahren bestritten, bei den von der AQS durchzuführenden Aufgaben
unter anderem auch um Wirtschaftlichkeits- und Organisationsprüfungen handelt und deshalb für die
Festlegung von Verfahren und Methoden dieser Prüfungen ein Mitbestimmungsrecht des Personalrates
besteht, bedarf im zu entscheidenden Fall keiner Prüfung. Das erkennende Gericht hat zwar im Rahmen
des Eilverfahrens aufgrund des auch vom Beklagten damals vorgetragenen Sachverhaltes angenommen,
dass auch Wirtschaftlichkeits- und Organisationsprüfungen zur Qualitätssteigerung an den Schulen und
im Bildungswesen beitragen können und u.a. Bestandteil der Überprüfungen durch die AQS sind. Dabei
wurde nicht verkannt, dass das Prüfungs- und Evaluationsziel über solche Prüfungen hinausgeht. Aber
gleichwohl bedarf es keiner dahingehenden Ermittlungen und Aufklärungen auch wenn Nr. 15 auf den in
Nr. 14 des § 80 Abs. 2 LPersVG genannten Tatbestand Bezug nimmt. Ein Anspruch des Klägers auf
Mitbestimmung bei der Auswahl und Beauftragung derjenigen Personen, die mit einer möglichen
Wirtschaftlichkeits- und Organisationsprüfung bei der AQS betraut werden könnten, scheitert hier bereits
daran, dass es sich nicht um Gutachter im Sinne der Nr. 15 des § 80 Abs. 2 LPersVG handelt. Hierzu hat
das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 29. Mai 2006 – 5 B 10454/06.OVG
- ausgeführt:
Der Gutachterbegriff bezieht sich auf Personen, denen die Ermittlung und Bewertung von Tatsachen
übertragen wird, weil dafür eine Sachkunde erforderlich ist, die der Dienststelle bzw. ihren Beschäftigten
fehlt. Typisches Merkmal für die Heranziehung von Gutachtern ist dementsprechend das Bedürfnis nach
der Einholung „externen“ Sachverstandes. Die Dienststelle will sich in der Person des Gutachters
Fachwissen zunutze machen, dass außerhalb des in der Angelegenheit in amtlicher Eigenschaft tätigen
Personenkreises angesiedelt ist. Es können daher nur solche Personen Gutachter sein, die nach der
Geschäftverteilung nicht in dem Aufgabenbereich eingesetzt sind, indem ein Gutachten eingeholt werden
soll. Dazu zählen außerhalb der Verwaltung stehende Personen, wie z. B. freie Mitarbeiter oder
Angestellte von Wirtschafts- und Beratungsinstitutionen. Auch Beschäftigte der öffentlichen Verwaltung
können als Gutachter in Betracht kommen, vorausgesetzt, die zu begutachtende Fragestellung betrifft nicht
die ihnen nach der Geschäftverteilung obliegenden eigenen dienstlichen Aufgaben.
Das erkennende Gericht schließt sich diesem Rechtsverständnis an. Danach sind die Beschäftigten der
AQS keine Gutachter im Sinne des mitbestimmungsrechtlichen Tatbestandes, da ihnen nach der
Geschäftsverteilung die Begutachtung als eigene dienstliche Aufgabe obliegt. Ein
mitbestimmungsrechtlicher Tatbestand wird auch nicht dadurch begründet, dass durch die Einrichtung der
AQS erstmals dieser Tätigkeitsbereich geschaffen wurde.
Diese Definition des Gutachterbegriffs schließt auch einen Mitbestimmungstatbestandes nach § 80 Abs. 2,
1. HS LPersVG aus. § 80 Abs. 2 Nr. 15 LPersVG ist Lex-Speziales, so dass das Mitbestimmungsrecht bei
der Auswahl des Gutachters nur entsprechend der dort vorgegebenen Tatbestandsmerkmale besteht.
Deshalb braucht hier nicht im Einzelnen erörtert zu werden, wie bei einer Mischtätigkeit des Gutachters
und Evaluationsbeauftragten, der sowohl pädagogische, didaktische und erzieherische als auch
wirtschaftlichkeits- und organisationsrechtliche Fragestellungen zu prüfen hat, die Mitbestimmung bei der
Auswahl dieser Person für Teilbereiche abzugrenzen ist.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §
708 Nr. 11 ZPO.
Beschluss
der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz (Fachkammer für Personalvertretungssachen - Land -) vom
30.08.2006
Der Streitwert wird auf 5.000,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).