Urteil des VG Köln vom 25.08.2009

VG Köln (kläger, fläche, wesentliche veränderung, befreiung, antrag, grundstück, biotop, härte, wiederherstellung, gerät)

Verwaltungsgericht Köln, 14 K 5285/07
Datum:
25.08.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 K 5285/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
T a t b e s t a n d Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung N. , Flur 0, Nr.
00. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich der Ordnungsbehördlichen Verordnung
der Bezirksregierung Köln vom 31.08.2006 (LVO), die das Grundstück als
Landschaftsschutzgebiet ausweist. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 LVO ist es in
Landschaftsschutzgebieten u.a. verboten, Aufschüttungen, Verfüllungen,
Geländeeinplanierungen oder sonstige Veränderungen der Bodengestalt oder
Geländeform vorzunehmen. Nach § 6 Nr. 1 LVO bleiben von den Verbotsvorschriften
des § 4 unberührt die im Sinne des Landschaftsgesetzes ordnungsgemäße
Landwirtschaft entsprechend den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis gem. § 2 c
Abs. 4 LG NRW u.a. mit Ausnahme des Verbotes Nr. 4. Gem. § 6 Nr. 6 LVO bleiben von
den Verboten des § 4 LVO unberührt die Unterhaltung, Instandhaltung und
Wiederherstellung bestehender rechtmäßiger Anlagen und Verkehrswege
einschließlich bestehender Forstwege sowie das Freischneiden des Lichtraumprofils an
Verkehrswegen.
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Unter dem 22.09.2007 beantragte der Kläger beim Beklagten, ihm eine
Ausnahmegenehmigung oder Befreiung zur Auffüllung einer Teilfläche seines
Grundstücks mit einer Größe von etwa 2.500 m² mit Erde zu erteilen. Zur Begründung
seines Antrages gab er an, dass die in Rede stehende Teilfläche seines Grundstücks im
Rahmen der Flurbereinigung Mitte der 1960-iger Jahre planiert und drainiert worden sei.
Ursprünglich sei die Teilfläche mit Schutt verunreinigtes nur schlecht zu
bewirtschaftendes Land gewesen. Auf einer Fläche von ca. 65 m² versickere das
Oberflächenwasser aufgrund einer Absackung und Verdichtung des Geländes nicht
mehr. Hierdurch werde die landwirtschaftliche Nutzung des Geländes erheblich
beeinträchtigt. Es sei beabsichtigt, das Gelände so aufzufüllen, dass eine ordentliche
Bewirtschaftung mit modernem landwirtschaftlichem Gerät weiter ermöglicht werde.
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Für die begehrte Auffüllung der Teilfläche ist nach den Berechnungen des Beklagten
eine Erdmasse von ca. 1.150 m³ erforderlich, die auf einer Fläche von rund 1.800 m² (90
m x 20 m) angefüllt wird.
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Anlässlich eines am 29.10.2007 durchgeführten Ortstermins gelangte die Mitarbeiterin
des Beklagten Säglitz zu der Einschätzung, dass es sich bei dem überwiegenden Teil
der zu verfüllenden Fläche um eine seggen- und binsenreiche Nasswiese handele, die
als Biotop gem. § 62 LG NRW gesetzlich geschützt sei. Auf einer Teilfläche, die im zum
Ortstermin gefertigten Lageplan mit Ziff. 1 bezeichnet ist, dominierten verschiedene
Binsen- und Seggenarten. Auf dem im Jahre 2007 gemähten Bereich 2 kämen Binsen in
großer Zahl vor. Auf der ebenfalls 2007 gemähten Teilfläche 3 handele es sich um
mageres Grünland, auf dem Magerkeitszeiger wie „Echtes Johanniskraut" in größerer
Menge vorkämen. Über die Teilfläche 4 könne jahreszeitlich bedingt keine Aussage
getroffen werden. Eine Erdverkippung auf dem Teilbereich 4 würde erheblich
nachteilige Auswirkungen auf den geschützten Bereich 1 haben.
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Der Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 26.11.2007 ab. Zur
Begründung führte er aus, dass die Voraussetzungen für eine Ausnahme und für eine
Befreiung von den Verboten der LVO und vom gesetzlichen Biotopschutz gem. § 62 LG
NRW nicht vorlägen. Die begehrte Anfüllung widerspreche dem Schutzzweck der LVO,
die gem. § 3 Abs. 2 a) LVO auch den Erhalt und die Entwicklung von Feuchtgebieten
bezwecke. Die wirtschaftlichen Interessen des Klägers könnten die Annahme einer nicht
beabsichtigten Härte i.S.v. § 69 LG NRW nicht rechtfertigen. Selbst wenn sich das
Grünland (rd. 2.500 m²) ohne Anschüttung nicht mehr verpachten ließe, wäre der
Pachtzinsverlust (ca. 25,00 EUR pro Jahr für Grünland) so gering, dass keine Härte
vorliegen würde. Feuchtlebensräume seien unter Naturschutzgesichtspunkten
besonders wertvoll. Die landwirtschaftliche Nutzung dieser Flächen müsse
standortangepasst erfolgen. Die geplante Aufschüttung würde zudem zu einer
Zerstörung eines gesetzlich geschützten Biotops führen, das nach den von der
Mitarbeiterin Säglitz anlässlich eines Ortstermins vom 29.10.2007 getroffenen
Feststellungen zumindest auf einer Teilfläche von 1.000 m² vorhanden sei. Es seien
weder die Voraussetzungen einer Ausnahme gem. § 62 Abs. 2 LG NRW noch die einer
Befreiung gem. § 69 LG NRW gegeben. Ein auf Wiederherstellung der in den 1960-iger
Jahren errichteten Drainage gerichteter Antrag hätte ebenso wenig Erfolg. Selbst wenn
diese Maßnahme unter die Unberührtheitsklausel des § 6 Nr. 6 LVO fiele, würde sie
eine Zerstörung eines gesetzlich geschützten Biotops bedeuten. Eine Befreiung von
den mit dem Biotopschutz verbundenen Verboten komme nicht in Betracht. Es sei davon
auszugehen, dass die Grünlanddrainage bereits im Jahre 1995 nicht mehr
funktionstüchtig gewesen sei. Ein Wegfall des Bestandsschutzes 12 Jahre später könne
nicht mehr als Härte gewertet werden.
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Der Kläger hat am 07.12.2007 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass der in
Rede stehende Teil seines Grundstücks im Flurbereinigungsverfahren in den 1960-iger
Jahren verfüllt und drainiert worden sei. Vor etwa 1 ½ Jahren seien die Drainagen in
einem Teilbereich von etwa 65 m² eingebrochen. Aufgrund der Staunässe, die sich
durch die fehlerhafte Drainage gebildet habe, hätten sich Binsen und Seggen gebildet.
In einem Zeitraum von 1 ½ Jahren werde aus einer landwirtschaftlichen Nutzfläche noch
kein gesetzliches Biotop. Die landwirtschaftliche Nutzung der streitgegenständlichen
Fläche sei für den Kläger nicht unbedeutend. Er habe das Flurstück 00 mit weiteren
Flächen verpachtet. Die Grundstücke würden als Gründland zur Milcherzeugung
genutzt. Für die streitgegenständliche Fläche erhalte er den ortsüblichen Pachtzins von
125,00 EUR/Jahr. Die aufgrund der fehlerhaften Drainage entstandene Nassstelle liege
inmitten der Fläche. Der Bewirtschafter habe nicht die Möglichkeit, diese Teilfläche bei
der maschinellen Bearbeitung zu umfahren und auszunehmen.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten zu verpflichten, seinen Antrag vom 22.09.2007 zur Auffüllung einer
Teilfläche auf seinem Grundstück Gemarkung N. , Flur 0, Nr. 00 mit unbelasteter Erde
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Seiner Auffassung nach hängt der Biotopschutz nach § 62 LG NRW nicht davon ab, wie
alt ein schützenswertes Biotop sei. Die unbestrittene Tatsache, dass sich auf dem
Grundstück eine seggen- und binsenreiche Nasswiese befindet, sei ausreichend, um
die ablehnende Entscheidung zu rechtfertigen. Im Übrigen belege eine neuerliche
Kartierung der Fläche vom 03.08.2009, dass die dort mit „A" bezeichnete Fläche, die
rund ein Drittel der ca. 2.500 m² großen Grünlandfläche ausmache, als gesetzlich nach
§ 62 LG NRW geschütztes Biotop einzustufen sei.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit. Wegen des
Ergebnisses wird verwiesen auf die Niederschrift über die Ortsbesichtigung am
21.08.2009. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug
genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen
Verwaltungsvorganges des Beklagten.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten
ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der
Beklagte seinen Antrag vom 22.09.2007 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts bescheidet. Der den Antrag des Klägers ablehnende Bescheid des
Beklagten vom 26.11.2007 ist rechtmäßig.
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Der Kläger bedarf für die von ihm beabsichtigte Anfüllung einer Teilfläche seines
Grundstücks der von ihm beantragten Ausnahme oder Befreiung von den Verboten der
LVO. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 LVO ist es verboten, Aufschüttungen, Verfüllungen oder
sonstige Veränderungen der Bodengestalt oder Geländeform vorzunehmen. Die in
Rede stehende Verfüllung unterliegt diesem durch die LVO grundsätzlich vorgegebenen
Verbot. Sie ist keine Maßnahme i.S.v. § 6 LVO, die von den Verboten des § 4 LVO
unberührt bleibt. Selbst wenn die geplante Erdauffüllung den Grundsätzen einer
ordnungsgemäßen Landwirtschaft gem. § 2 c Abs. 4 LG NRW entspräche, unterfiele sie
dem Verbot des § 4 Abs. 2 Nr. 4 LVO. Die Unberührtheitsklausel für die Landwirtschaft
nach § 6 Nr. 1 LVO erfasst nach ihrem eindeutigen Wortlaut nicht das Verbot zur
Vornahme von Aufschüttungen nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 LVO. Der Kläger kann sich auch
nicht mit Erfolg auf die Unberührtheitsklausel des § 6 Nr. 6 LVO berufen, wonach die
Instandhaltung und Wiederherstellung bestehender rechtmäßiger Anlagen von der
Verbotsvorschrift des § 4 LVO unberührt bleiben. Ausweislich seines Antrages vom
22.09.2007 besteht das Vorhaben des Klägers in der Vornahme einer Erdanschüttung
auf seinem Grundstück. Dass die nicht mehr funktionstüchtige Drainageanlage im Zuge
der Erdanfüllung erneuert werden soll, lässt sich den Angaben des Klägers im Antrag
vom 22.09.2007 nicht entnehmen. Soweit der Kläger im Ortstermin vom 21.08.2009
darauf hingewiesen hat, dass ein Teilbereich seines Grundstücks unter das
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Geländeniveau des Vorfluters abgesunken sei und dass es deshalb für die Anlage einer
funktionstüchtigen Drainageanlage erforderlich sei, das Niveau der Gründlandfläche
insgesamt durch die geplante Erdanschüttung über das Niveau des Vorfluters
anzuheben, verkennt er, dass diese Maßnahmen über die Instandhaltung und die
Wiederherstellung einer bestehenden Drainageanlage hinausgehen. Das Vorhaben des
Klägers bedeutet vielmehr die Herstellung einer neuen Drainageanlage, weil mit ihm
eine wesentliche Veränderung der Geländestruktur auf einer Fläche von rund 1.800 m²
verbunden ist. Nach den unwidersprochen gebliebenen Berechnungen des Beklagten
soll eine Erdmasse von rund 1.150 m³ auf einem Geländebereich von 1.800 m²
angeschüttet werden. Eine solche Veränderung der Geländeform wird von der dem
Vertrauensschutz Rechnung tragenden Unberührtheitsklausel des § 6 Nr. 6 LVO nicht
erfasst.
Ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 7 LVO steht dem
Kläger nicht zu. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung
gem. § 7 Abs. 1 LVO liegen nicht vor. Der Kläger kann sich insbesondere auf die
Ausnahmevorschrift des § 7 Nr. 6 LVO (Verlegen von Drainageleitungen) nicht mit
Erfolg berufen. Sein Vorhaben ist nicht auf die Verlegung einer neuen Drainageleitung
beschränkt, sondern umfasst darüber hinaus eine Erdanschüttung mit einem Volumen
von rund 1.150 m³. Diese Erdanschüttung ist auch nicht als sonstige Maßnahme gem. §
7 Abs. 2 LVO genehmigungsfähig, weil sie dem besonderen Schutzzweck des § 3 LVO
zuwiderläuft und den Charakter des Landschaftsschutzgebietes verändert. Der
Charakter des Landschaftsschutzgebiets im Bereich der Gemeinde Much wird durch
den geomorphologischen Formenreichtum geprägt. Kennzeichnend für die
Kulturlandschaft in diesem Bereich ist der stete Wechsel von Tälern und Hochflächen
mit einem kleinteiligen Wechsel von landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzten
Bereichen (§ 3 Abs. 1 LVO). Zum Schutzzweck der LVO gehört nach § 3 Abs. 2 a) u.a.
die Erhaltung und Entwicklung von Feuchtbereichen. Nach § 3 Abs. 2 b) LVO erfolgt die
landschaftsrechtliche Unterschutzstellung auch wegen der Vielfalt, Eigenart und
Schönheit des Landschaftsbildes und der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der
Landschaft, die im Besonderen auch durch die charakteristische Geländemorphologie
geprägt ist. Die vom Kläger geplante Erdanschüttung von rund 1.150 m³ auf einer
Fläche ca. 1.800 m² bedeutet eine wesentliche Veränderung der naturnahen
Geländeform. Sie läuft dem auf Erhalt der topographischen Vielfalt gerichteten
Schutzzweck der LVO zuwider. Ungeachtet dessen läuft die geplante Anschüttung auch
deshalb dem Schutzzweck der LVO zuwider, weil mit ihr die Zerstörung eines
naturnahen Feuchtgebietes verbunden wäre. Nach den vom Gericht anlässlich des
Ortstermins getroffenen Feststellungen hat sich auf rund einem Drittel der
Grundstücksfläche von insgesamt 2.500 m² - 2.800 m² eine Feuchtwiese gebildet, von
der eine Teilfläche von ca. 65 m² versumpft ist. Nach den fachkundigen Feststellungen
der Mitarbeiterin des Beklagten Frau Säglitz haben sich auf der Feuchtwiese (auf der
Kartierung vom 03.08.2009 als Fläche „A" bezeichnet - im folgenden „Feuchtwiese A")
für eine Nasswiese typische Seggen- und Binsenarten sowie weitere
Feuchtigkeitszeiger angesiedelt. Unabhängig davon, ob der Anteil der Seggen- und
Binsenarten hoch genug ist, um die Feuchtwiese A insgesamt zu Recht als gesetzlich
geschütztes Biotop gem. § 62 LG NRW ansehen zu können, läuft die geplante
Erdanschüttung dem Schutzzweck der LVO jedenfalls deshalb zuwider, weil sie zu
einer Zerstörung des Teilgebietes „Aa" führen würde. Jedenfalls dieser Bereich wird
vom Feuchtgebietsschutz nach der LVO umfasst, weil sich auf dieser Teilfläche von
etwa 250 m² - 300 m² zu einem besonders hohen Anteil Seggen- und Binsenarten
gebildet haben. Ob die Teilfläche „Aa" - wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers
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meint - für eine Qualifizierung als gesetzliches Biotop zu klein ist, muss in diesem
Zusammenhang nicht entschieden werden. Der Feuchtgebietsschutz nach der LVO
setzt nicht erst dann ein, wenn ein Feuchtgebiet als gesetzliches Biotop gem. § 62 LG
NRW zu qualifizieren ist.
Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von dem
Verbot nach § 4 Nr. 4 LVO gem. § 69 Abs. 1 LG NRW und § 8 LVO. Nach der allein in
Betracht kommenden Tatbestandsvoraussetzung des ersten Halbsatzes dieser
Vorschriften kann der Beklagte als zuständige Untere Landschaftsbehörde auf Antrag
Befreiung von den Verboten einer aufgrund des LG NRW erlassenen
Landschaftschutzgebietsverordnung erlassen, wenn die Durchführung der Vorschrift im
Einzelfall zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den
Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu vereinbaren ist - Buchst. a)
aa) des ersten Halbsatzes -. Im Falle des Klägers fehlt es bereits an der Voraussetzung
der nicht beabsichtigten Härte. Im Rahmen dieses Merkmals finden die dem Natur- und
Landschaftsschutz widerstreitenden Nutzungsinteressen des Grundstückseigentümers
Berücksichtigung. Hierbei rechtfertigt allerdings nicht bereits jede Beschränkung der
wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit die Annahme einer Härte, vielmehr muss der
Grundstückseigentümer in besonders qualifizierter Weise von dem
landschaftsrechtlichen Verbot betroffen sein. Die Gewichtung der widerstreitenden
Nutzungsinteressen des Eigentümers hängt im Übrigen von der Situationsgebundenheit
des jeweiligen Grundstücks ab. Der naturschutzrechtliche Ausschluss von solchen
Nutzungen, die sich nach der natürlich vorgegebenen Grundstückssituation nicht
aufdrängen, gebieten in der Regel keine Ausgleichsregelung in Form eines Dispenses.
Bei einem Wegfall von Nut- zungsmöglichkeiten, die sich nach der Grundstückssituation
objektiv anbieten, kann der Grundstückseigentümer demgegenüber in der Regel einen
Ausgleich im Wege des Dispenses verlangen,
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vgl. OVG NRW, Urteil vom 03.03.1999 - 7 A 28883/92 -, NWVBl. 2000, 15-19.
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Hiervon ausgehend führt das Verbot des § 4 Nr. 4 LVO für den Kläger nicht zu einer
nicht beabsichtigten Härte. Bei einer standortangepassten Bewirtschaftung des
klägerischen Grundstücks drängt sich seine Nutzung als Grünlandfläche mit schwerem
landwirtschaftlichem Gerät nicht auf. Bei dem in Rede stehenden Grundstück handelt es
sich ausweislich des vom Kläger überreichten Protokolls vom 22.06.1966 über die
Verhandlung im Flurbereinigungsverfahren ursprünglich um eine natürliche
Geländesenke („Loch"), in der sich eine Quelle befand. Die Fläche wurde vom
zuständigen Flurbereinigungsamt planiert und drainiert. Erst diese künstliche
Planierung und Drainierung des Geländes ermöglichte es dem Kläger, die Fläche als
Grünlandfläche zu nutzen. Vor diesem Hintergrund war bei objektiver Betrachtung
erkennbar, dass sich die Nutzung des Grundstücks als Grünlandfläche nur solange
anbot, wie die durch die natürlichen Gegebenheiten bedingte ungünstige
Bewirtschaftungssituation des Grundstücks durch die künstlichen
Kultivierungsmaßnahmen ausgeglichen werden konnten. Die Grundstückssituation war
von Beginn an davon geprägt, dass die Eignung des Grundstücks als
landwirtschaftliche Nutzfläche von der Wirksamkeit der künstlichen
Kultivierungsmaßnahmen abhing und die Bewirtschaftungsmöglichkeiten abnehmen je
mehr die Kultivierungsmaßnahmen bei fortschreitendem Zeitablauf ihre Wirksamkeit
verlieren. Eine Zusage dergestalt, dass der Kläger auch zukünftig berechtigt sein sollte,
die durch die natürlichen Gegebenheiten vorgegebene ungünstige Grundstückssituation
durch weitere Kultivierungsmaßnahmen auszugleichen, war mit der Zuteilung der
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Fläche an den Kläger im Flurbereinigungsverfahren nicht verbunden. Im Übrigen ist der
Kläger von dem landschaftsrechtlichen Verbot zur Vornahme einer Erdanfüllung auch
nicht unzumutbar hart betroffen. Nach seinen eigenen Angaben kann die Gesamtfläche
seines Grundstücks von 2.500 m² bis 2.800 m² auch im jetzigen Zustand maschinell
gemäht werden. Nur die verhältnismäßig kleine versumpfte Teilfläche (rd. 65 m²) muss
per Hand gemäht werden. Dass die Fläche nicht mit schwerem landwirtschaftlichem
Gerät (Lade- und/oder Güllewagen) befahren werden kann, fällt angesichts der durch
die natürlichen Gegebenheit geprägten Grundstückssituation nicht entscheidend ins
Gewicht. Selbst wenn sich das Grundstück wegen des nur beschränkt möglichen
Einsatzes von technischem landwirtschaftlichen Gerät nicht mehr als Gründlandfläche
verpachten ließe, wäre der Pachtzinsverlust von ca. 70 EUR/Jahr für den Kläger
zumutbar. Die streitige Fläche ist Bestandteil einer vom Kläger insgesamt verpachteten
Grünlandfläche von etwa 4 ha, für die er nach eigenen Angaben rund 1.000,00 EUR
Pachtzins im Jahr erzielt.
Hat der Kläger somit für sein Vorhaben keinen Anspruch auf Erteilung einer
Ausnahmegenehmigung oder Befreiung von den Verboten der LVO, muss nicht
entschieden werden, ob die in Rede stehende Fläche unter dem gesetzlichen
Biotopschutz gem. § 62 LG NRW steht und ob der Kläger einen Anspruch auf Befreiung
von dem gesetzlichen Biotopschutz hat. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers vom
22.09.2007 bereits deshalb zu Recht abgelehnt, weil der Kläger keinen Anspruch auf
Erteilung einer Ausnahmegenehmigung oder Befreiung von den Verboten der LVO hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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