Urteil des VG Köln vom 17.11.2003

VG Köln: ablauf der frist, erlass, beurlaubung, erfüllung, dienstzeit, schule, behörde, unterzeichnung, absichtserklärung, beamtenverhältnis

Verwaltungsgericht Köln, 3 K 5039/03
Datum:
17.11.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 K 5039/03
Tenor:
Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger in die Bewerbungsdatei
aufzunehmen und nachfolgend die Bewerbung des Klägers einem
Schulträger im Ausland bzw. einer ausländischen Regierungsstelle mit
der Zustimmung des Klägers vorzuschlagen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
T a t b e s t a n d
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Der am 04.08.1953 geborene Kläger ist seit 1997 als Lehrer im Angestelltenverhältnis
bei dem Land Nordrhein-Westfalen beschäftigt.
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Auf Formblatt der Beklagten vom 18.03.1998 bewarb der Kläger sich für den
Auslandsschuldienst.
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Mit Urteil des Landesarbeitsgerichtes Hamm vom 06.07.2001 - 5 Sa 681/00 - wurde das
Land Nordrhein-Westfalen verpflichtet, die Bewerbung des Klägers zu berück-sichtigen,
ihn nach Durchführung des Auswahlverfahrens freizustellen und seine
Bewerbungsunterlagen an die Beklagte zum Zwecke der Vermittlung weiterzuleiten.
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Mit Anschreiben vom 13.02.2002 leitete das MfSWF des Landes NRW die Bewerbung
des Klägers befürwortend weiter und wies gleichzeitig darauf hin, dass keine Veran-
lassung zur Übernahme von Sozialversicherungsbeiträgen und Zahlungen zur VBL
bestehe.
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Mit Schreiben vom 08.05.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er sei von seinem
Dienstherrn für die Zeit vom 01.08.2002 bis zum 31.07.2004 zur Vermittlung freigestellt
worden. Vor Ablauf der Frist bestehe die Möglichkeit, die weitere Freistellung für
maximal 2 Jahre formlos auf dem Dienstwege zu beantragen. Unter dem 10.09.2002 er-
klärte der Kläger der Beklagten gegenüber schriftlich, dass er gezwungen sei, mit
Rücksicht auf seine weitere Lebensplanung auf die Übernahme der Versorgungs-
leistungen durch das Land NRW zu verzichten.
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Mit Schreiben vom 16.10.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Bund-
Länder-Ausschuss für schulische Arbeit im Ausland Ende September 2002 entschieden
habe, dass im Hinblick auf den Status von Bewerbern, die im Schuldienst der Länder
angestellt seien, die Frage nach der Übernahme von Ver- sorgungs-/Sozialver-
sicherungsleistungen das am 21.12.1996 in Kraft getretene Rahmenstatut (Ver-
waltungsvereinbarung zwischen dem Bundesminister des Auswärtigen Amtes und den
Kultusministern der Länder in der Bundesrepublik Deutschland über den Einsatz
deutscher Lehrkräfte im Ausland) dringend überarbeitet werden müsse.
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Damit kein Präzedenzfall geschaffen werde, müssten entsprechende Bewerbungen bis
zur endgültigen Entscheidung unberücksichtigt bleiben. Dies habe zur Folge, dass die
Bewerbung des Klägers derzeit ruhen müsse.
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Nachdem der Kläger die Beklagte aufgefordert hatte, zu entscheiden, erwiderte diese,
dass eine Vermittlung einer Lehrkraft ins Ausland nur in Betracht komme, wenn der
Dienstherr im Falle der Beurlaubung der Lehrkraft die Zahlung der
Sozialversicherungsbeiträge fortführe. Eine freiwillige Übernahme dieser Zahlungen
durch den Bewerber oder ein Verzicht eröffne schon aus Fürsorgegründen nicht den
Weg in das Vermittlungsverfahren.
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Der Kläger hat am 06.08.2003 Klage erhoben, in der er sein bisheriges Vorbringen
vertieft. Er verweist ferner darauf, dass das Höchstalter für die Erstvermittlung das 45.
Lebensjahr sei. Er habe seinen Antrag, der vom Land NRW zunächst nicht weiterge-
leitet worden sei, bereits 1998 kurz vor Erreichen dieser Antragsgrenze gestellt. Wenn
die Bewerbung nicht in die Kartei aufgenommen würde, sei es faktisch unmöglich, eine
Stelle im Auslandsschuldienst anzutreten. Im Übrigen erwarte er eine Gleichbehandlung
mit den angestellten Lehrern aus den "neuen Ländern", bei denen die Übernahme der
Sozialversicherungs- bzw. Versorgungsleistungen nicht erforderlich sei.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verpflichten, den Kläger in die Bewerbungsdatei aufzunehmen und
nachfolgend die Bewerbung des Klägers einem Schulträger im Ausland bzw. einer
ausländischen Regierungsstelle mit der Zustimmung des Klägers vorzuschlagen,
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Die Beklagte bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen und beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung
entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz i. V. m. dem
Rahmenstatut für die Tätigkeit deutscher Lehrkräfte im Ausland und den dazu
ergangenen weiteren Richtlinien.
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In den genannten Bestimmungen ist geregelt, welche vorbereitenden Verfahrensstufen
eine Bewerberin oder ein Bewerber für den Auslandsschuldienst zu nehmen und
welche Behörde jeweils Verfahrenshandlungen vorzunehmen hat:
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Danach hat die sich jeweils bewerbende Person im ersten Verfahrensschritt zunächst
im jeweils eigenen Bundesland einige Voraussetzungen zu erfüllen, wonach die
Unterlagen im zweiten Verfahrensschritt an die Beklagte weiterzuleiten sind, die die
Bewerber in eine Bewerberdatei aufnimmt und diese Schulträgern im Ausland
zugänglich macht.
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Im dritten Verfahrensschritt entscheidet der Schulträger im Ausland über die Besetzung
an einer Schule.
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Nach Erfüllung weiterer Voraussetzungen (u.a. Gesundheitszeugnis) im vierten Ver-
fahrensschritt muss das Bundesland, aus dem die Lehrkraft kommt, diesen im fünften
Verfahrensschritt auch tatsächlich beurlauben und hierin auch zum dienstlichen
Interesse an der Beurlaubung und - bei Beamten - zur Anrechnung der Zeit als
ruhegehaltfähige Dienstzeit Stellung nehmen. .
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Zwischen dem Kläger und der Beklagten entstehen rechtliche Beziehungen mit
finanziellen Folgen für die Lehrkraft erst im sechsten Verfahrensschritt mit der
Unterzeichnung des Dienstvertrages mit dem ausländischen Schulträger und für die
Beklagte erst mit Erlass des Verpflichtungs- Zuwendungsbescheides, in dem u.a. die
Zuwendungen des Bundes näher geregelt sind.
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Nach dem Inhalt der vorgelegten Unterlagen hat der Kläger die vom Land Nord- rhein-
Westfalen im ersten Schritt zu prüfenden Anforderungen erfüllt. Entsprechend der
Richtlinie für Bewerbungen für den Auslandsschuldienst ist der Antrag an das
Bundesverwaltungsamt - Zentralstelle für Auslandsschulwesen (ZfA) - weitergeleitet
worden.
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Der nächste Verfahrensschritt, der Gegenstand des hiesigen gerichtlichen Verfahrens
ist, besteht darin, dass das BVA - ZfA - die Bewerbung in die Bewerbungskartei
aufnimmt. Hierauf besteht ein Anspruch des Klägers aus Art. 3 Abs. 3 GG, denn die
Beklagte hat sich durch den Erlass der Richtlinien und der darin enthaltenen Automatik
des Einstellens der Bewerberdaten in die Bewerberdatei ohne eigene weitere Prüfung
selbst gebunden.
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Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, man werde bei dem Kläger
ohnehin keinen Verpflichtungs- und Zuwendungsbescheid erlassen, da er aus den
"alten" Bundesländern stamme, nicht in einem Beamtenverhältnis stehe und das
Landesministerium mit Erlass vom 13.02.2002 angekündigt hatte, es bestehe keine
Veranlassung zur Übernahme von Sozialversicherungsbeiträgen.
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Die mangelnde Relevanz der fehlenden Beamteneigenschaft des Klägers wurde vom
Landesarbeitsgericht Hamm bereits mit Urteil vom 06.07.2001 - 5 Sa 681/00 - zutreffend
festgestellt; auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen.
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Die bloße Ankündigung, Sozialversicherungsbeiträge nicht zu übernehmen, ist recht-
lich nicht verbindlich und damit gerichtlich noch nicht überprüfbar. Erst wenn diese
Ankündigung angesichts eines konkreten Beurlaubungsbegehrens des Klägers in dem
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sich dann erst anschließenden weiteren Verfahrensschritt auch tatsächlich aus-
gesprochen werden sollte, kann sich ein diesen Streitgegenstand betreffender
Rechtsstreit anschließen. Die Absichtserklärung eines Bundeslandes kann für die
Beklagte im jetzigen Verfahrensschritt noch nicht zur Ablehnung des Klägers auf
Aufnahme in die Bewerberdatei in Anspruch genommen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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