Urteil des VG Köln vom 29.08.2002
VG Köln: fälligkeit, amt, ermächtigung, bankkonto, einzug, willenserklärung, vollstreckbarkeit, entstehung, kontrolle, zugang
Verwaltungsgericht Köln, 26 K 4572/99
Datum:
29.08.2002
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
26. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
26 K 4572/99
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten
nicht erhoben werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin
darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in
Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte
zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
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Mit Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid vom 25. August 1997 setzte das
Bundesverwaltungsamt die Darlehensschuld für das der Klägerin für die Jahre 1987 bis
1993 gewährte zinslose Ausbildungsförderungsdarlehen auf den Gesamtbetrag von
51.959,50 DM fest und forderte sie zur Rückzahlung in vierteljährlichen Raten in Höhe
von 651,00 DM auf, wobei die erste Vierteljahresrate spätestens bis zum 30. Juni 1998
zahlbar war.
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Mit Schreiben vom 26. Januar 1999 teilte die Klägerin dem Bundesverwaltungs- amt mit,
sie habe bei der Überprüfung ihrer Jahresfinanzen festgestellt, dass bisher noch keine
Abbuchung ihrer vierteljährlichen Tilgungsraten von 651,00 DM von ihrem Konto Nr.
7470015769 bei der Landesgirokasse Ravensburg erfolgt sei. Sie habe den
ausstehenden Betrag von drei Raten (= 1953,00 DM) bereits an die Bundeskas- se
Düsseldorf überwiesen und bitte wie vereinbart die weiteren Raten termingerecht von
ihrem Konto abzubuchen. Das Bundesverwaltungsamt teilte der Klägerin darauf- hin mit
Schreiben vom 19. Februar 1999 mit, dass aufgrund eines technischen Feh- lers nicht
gemeldet worden sei, dass keine Einzahlungen auf das Darlehenskonto der Klägerin
eingehen. Allerdings liege ihm eine Bankverbindung der Klägerin nicht vor. Weiterhin
bat es die Klägerin das beigefügte Formular einer Einzugsermächtigung ausgefüllt
wieder vorzulegen bzw. ihre Bankverbindung telefonisch mitzuteilen. Eine
Lastschriftermächtigung der Klägerin ist am 05. März 1999 bei der Bundeskasse ein-
gegangen.
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Bereits durch Bescheid vom 04. März 1999 verlangte das Bundesverwaltungs- amt von
der Klägerin Zinsen in Höhe von 1.809,92 DM, berechnet als 6 % von 51.959,50 DM für
einen Zahlungsrückstand vom 30. Juni 1998 bis 29. Januar 1999 (209 Zinstage). Den
hiergegen unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesverwal- tungsamtes vom 19.
Februar 1999 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies das Bundesverwaltungsamt
mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 1999 mit der Be- gründung zurück, die Klägerin
sei bei der Zahlung am 29. Januar 1999 bezüglich der am 30. Juni und 30. September
1998 fälligen Vierteljahresraten mehr als 45 Tage in Rückstand gewesen. Eine
Lastschriftermächtigung habe weder der Bundeskasse Düsseldorf noch dem
Bundesverwaltungsamt vorgelegen. Die Zinsen seien von der Darlehens(rest)schuld zu
erheben. Die Verzinsungspflicht sei unabhängig davon, ob die Klägerin vor Eintritt der
Fälligkeit eine Mahnung erhalten habe.
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Mit ihrer am 09. Juni 1999 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, sie habe den
dem Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid vom 25. August 1997 beigefüg- ten
Vordruck für eine Lastschriftermächtigung noch vor der Fälligkeit der ersten Vier-
teljahresrate am 30. Juni 1998 ausgefüllt an die Bundeskasse in Düsseldorf über- sandt.
Die Beklagte habe es zu vertreten, wenn die Bundeskasse von der erteilten
Lastschriftermächtigung keinen Gebrauch mache und die fälligen Raten nicht recht-
zeitig vom Konto der Klägerin abbuche. Hilfsweise bringt sie vor, die Beklagte habe
auch zu vertreten, dass aufgrund eines technischen Fehlers nicht festgestellt worden
sei, dass keine Zahlungen auf das Darlehenskonto der Klägerin erfolgten. Wäre die
Klägerin früher gemahnt worden, hätte sie früher gezahlt und Verzugszinsen wären nicht
oder nur in geringerer Höhe angefallen.
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Die Beklagte hat mit Rücksicht darauf, dass die Klägerin ihre Überweisung der fälligen
Raten bereits am 26. Januar 1999 veranlasst hatte, den Zinsbetrag mit Schriftsatz vom
22. August 2002 unter entsprechender Abänderung des streitigen Zinsbescheides um
25,98 DM (3 Zinstage) ermäßigt und die Klägerin insoweit klag- los gestellt.
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Die Klägerin beantragt,
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den Zinsbescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 04. März 1999 und den
Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 1999 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbe- scheid.
Ergänzend führt sie aus: Nach den im Klageverfahren vorgelegten Unterla- gen der
Bundeskasse Düsseldorf vom 20. Juni 1999 (gemeint ist 2000) sei eine
Lastschriftermächtigung der Klägerin erstmals am 05. März 1999 bei der Bundeskas- se
eingegangen. Vor diesem Termin sei der Bundeskasse keine Bankverbindung mitgeteilt
worden. Das Postbeförderungsrisiko für den rechtzeitigen Eingang der
Lastschriftermächtigung liege bei der Klägerin. Die Klägerin hätte auch kontrollieren
müssen und können, ob die Abbuchungen von ihrem Konto zu den jeweiligen Fällig-
keitszeitpunkten vorgenommen wurden. Die unterbliebene Meldung der Bundeskas- se
an das Bundesverwaltungsamt, dass keine Zahlungen auf das Darlehenskonto der
Klägerin eingehen, sei für das Entstehen der Verzinsungspflicht ohne Belang.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten er- gänzend
Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Soweit die Beklagte den angefochtenen Zinsbescheid mit Schriftsatz vom 22. August
2002 in Höhe von 25,98 DM aufgehoben hat, fehlt der Klage (nunmehr) das
Rechtsschutzbedürfnis, weil dem Klagebegehren insoweit entsprochen wurde.
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Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der in Höhe von 1.783,94 DM aufrechterhaltene
Zinsbescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 04. März 1999 ist rechtmäßig und
verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Verzinsungspflicht ergibt sich aus § 18 Abs. 2 Satz 2 BAföG in Verbindung mit § 8
DarlehensV. Danach ist das Darlehen mit 6 v. H. für das Jahr zu verzinsen, wenn der
Darlehensnehmer den Zahlungstermin um mehr als 45 Tage überschritten hat. Die
Voraussetzungen dieser Gesetzesbestimmung liegen vor, denn die am 30. Juni 1998
und 30. September 1998 fälligen Raten hat die Klägerin ausweislich ihres Schreibens
vom 26. Januar 1999 erst am gleichen Tag an die Bundeskasse Düsseldorf überwiesen.
Damit ist die einzige Tatbestandsvoraussetzung der Vorschrift erfüllt. Auf
Verschuldensgesichtspunkte kommt es bei der Erhebung der Rückstandszinsen nicht
an. Die im Mittelpunkt ihres Vorbringens stehende Behauptung, die Klägerin habe noch
vor dem 30. Juni 1998 mit dem ausgefüllten Vordruck eine Einzugsermächtigung für ihr
Bankkonto an die Bundeskasse Düsseldorf abgesandt, ist rechtlich unerheblich. Die
Ermächtigung zu einem Einzug von einem laufenden Konto der Klägerin konnte als
Willenserklärung unter Abwesenden erst in dem Zeitpunkt wirksam werden, in dem sie
dem anderen, also der gemäß §§ 18 Abs. 6, 39 Abs. 2 Satz 2 BAföG, § 11 Abs. 2
DarlehensV zuständigen Bundeskasse, zugeht, § 130 BGB. Das Absenden der
Lastschrift- ermächtigung reichte also nicht aus. Anhaltspunkte dafür, dass der
Bundeskasse vor dem 30. Juni 1998 eine Lastschriftermächtigung der Klägerin
tatsächlich zugegangen ist, liegen nicht vor. Vielmehr ist ausweislich der im
Klageverfahren vorgelegten Stel- lungnahme der Bundeskasse Düsseldorf dort erstmals
am 05. März 1999 eine Last- schriftermächtigung der Klägerin eingegangen. Dass der
Zugang einer früheren Last- schriftermächtigung der Klägerin bei der Bundeskasse nicht
nachgewiesen werden kann, geht zu Lasten der Klägerin, da sie das Beförderungsrisiko
der von ihr gewählten Postversendungsart trägt. Ebenso ist unerheblich, dass die
Bundeskasse dem Bundesverwaltungsamt nicht gemeldet hat, dass keine Zahlungen
auf das Darlehenskonto der Klägerin eingehen. Denn nach den gesetzlichen
Regelungen obliegt es allein der Klägerin als Darlehensschuldnerin die für sie
maßgeblichen Zahlungstermine einzuhalten. Wenn sie eine Lastschriftermächtigung
erteilt, kann und muss sie selbst unter Kontrolle halten, ob die entsprechenden
Abbuchungen zu den ihr bekannten Fälligkeitsterminen auch von ihrem Konto
vorgenommen werden. Für die Entstehung der Rückstandszinsen ist es hingegen
unerheblich, ob sie vorher vom Bundesverwaltungsamt bzw. der Bundeskasse gemahnt
wurde.
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Auch die Berechnung des nunmehr noch geltend gemachten (reduzierten) Zinsbetrages
in Höhe von 1.783,94 DM (= 912,11 Euro) ist nicht zu beanstanden. Insbesondere ist die
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Erhebung der Zinsen von der jeweiligen Darlehens(rest)schuld (und nicht nur nach der
jeweils fälligen Rückzahlungsrate) nach der ständigen obergerichtlichen
Rechtsprechung rechtmäßig und auch verfassungsgemäß,
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.10.1991 - 5 C 18.88 -, FamRZ 1992, 483.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708
Nr. 11, 711 ZPO.
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