Urteil des VG Köln vom 05.11.2009
VG Köln (antragsteller, unbewegliches vermögen, vorläufige einstellung, vwvg, höhe, antrag, zwangsversteigerung, verwaltungsakt, verwaltungsgericht, zwangsvollstreckung)
Verwaltungsgericht Köln, 23 L 1660/09
Datum:
05.11.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
23. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
23 L 1660/09
Tenor:
1. Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des
Verfahrens.
2.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf bis zu 300,00 Euro
festgesetzt.
Der Beschlusstenor soll den Beteiligten wegen der Eilbedürftigkeit des
Verfahrens vorab bekannt gegeben werden.
G r ü n d e
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Der sinngemäße Antrag des Antragstellers,
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dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die
Zwangsvollstreckung gegen ihn wegen rückständiger Grundbesitzabgaben in Höhe von
107,97 Euro nebst Vollstreckungskosten in Höhe von 69,00 Euro vorläufig einzustellen
und dem Antragsgegner weiterhin aufzugeben, den gestellten
Zwangsversteigerungsantrag für das Anwesen D. -T. -Straße 00 zurückzunehmen,
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hat keinen Erfolg.
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I.
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Das vorläufige Rechtsschutzgesuch ist mit dem vom Gericht in entsprechender
Anwendung von § 88 VwGO so gefassten Begehren allerdings zulässig. Ein nach § 123
Abs. 5 VwGO vorrangiger Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gem. § 80 Abs. 5 Satz
1 VwGO ist nach der im vorliegenden Eilverfahren nur möglichen sumarischen Prüfung
der Sach- und Rechtslage nicht statthaft. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass der von
einer Kommune gestellte Antrag auf Zwangsversteigerung eines Grundstücks jedenfalls
dann ein aussetzungsfähiger Verwaltungsakt ist, wenn er - wie hier - die Feststellung
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enthält, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verwaltungsvollstreckung
vorliegen, Dies ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs,
vgl. nur Beschluss vom 25. Januar 1988 - VII B 85/87 -, BStBl. II 1988, 566; Urteil vom
17. Oktober 1989 - VII R 77/88 -, BStBl. II 1990, 44,
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der sich die Kammer in ihrer Entscheidung vom 23. April 2008 (Az: 23 L 370/08 - juris)
angeschlossen hat. Im vorliegenden Eilverfahren mit seinen nur begrenzten
Erkenntnismöglichkeiten kann nämlich nicht festgestellt werden, dass der Antrag auf
Zwangsversteigerung dem Antragsteller gegenüber nach § 124 Abs. 1 AO als
Verwaltungsakt wirksam geworden ist. Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 AO ist ein
Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder
der von ihm betroffen wird. Ein derartiger Bekanntgabeakt ist hier nach Durchsicht des
vom Gericht beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners nicht
festzustellen. Ebenso wenig lässt sich hier bei summarischer Prüfung feststellen, dass
der Bekanntgabemangel in entsprechender Anwendung von § 8 des
Verwaltungszustellungsgesetzes NRW geheilt worden ist,
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vgl. dazu nur Beschluss des Gerichts vom 23. April 2008, a.a.O.
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II.
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Das danach auf der Grundlage von § 123 Abs. 1 VwGO zulässige, insbesondere
statthafte, vorläufige Rechtschutzbegehren des Antragstellers ist allerdings nicht
begründet. Denn der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihm ein Anspruch
gegen den Antragsgegner auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung zusteht.
Nach Durchsicht des vom Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsvorgangs bestehen
am Vorliegen der allgemeinen Vollsteckungsvoraussetzungen des § 6 VwVG NRW
keine Bedenken. Gegen den Antragsteller sind durch Abgabenbescheid für das Jahr
2007 vom 22. Januar 2007 eine Grundsteuer B in Höhe von 114,55 Euro und durch
Abgabenbescheid für das Jahr 2008 vom 21. Januar 2008 eine Grundsteuer B in Höhe
von ebenfalls 114,55 Euro unanfechtbar festgesetzt worden. Diese hat er nur teilweise
erfüllt, offengeblieben ist ein Betrag in Höhe von insgesamt 107,97 Euro. Durch
vergebliche Vollstreckungsversuche sind weiterhin Kosten in Höhe von insgesamt
69,00 Euro entstanden. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 6 VwVG NRW liegen
vor, vor allem sind die zu vollstreckenden Forderungen fällig geworden.
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Dem Antragsteller steht mit hoher Wahrscheinlichkeit auch kein Anspruch auf
Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung auf der Grundlage von § 6 a VwVG
NRW zu. Weder wurde die Vollziehbarkeit der Abgabenbescheide gehemmt, noch
wurden diese bestands- oder rechtskräftig aufgehoben, noch ist der Anspruch des
Antragsgegners auf die Leistung vom Schuldner (Antragsteller) durch die Vorlage von
Urkunden nachweisbar erloschen (vgl. dazu § 6 a Abs. 1 Buchstabe a bis c VwVG
NRW). Die übrigen Fallkonstellationen von § 6 a Abs. 1 VwVG NRW greifen im
vorliegenden Fall offensichtlich ebenfalls nicht ein. Einwendungen gegen die
Rechtmäßigkeit der den Anspruch vollziehenden Abgabenbescheide macht der
Antragsteller ebenfalls nicht substantiiert geltend; im Übrigen wären derartige
Einwendungen außerhalb des gegen den Antragsteller durchgeführten
Verwaltungszwangsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsbehelfen zu
verfolgen (vgl. § 7 Abs. 1 VwVG NRW).
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Der Antragsgegner hat auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen des § 51
VwVG NRW beachtet. Insbesondere hat er die Regelung des § 51 Abs. 2 VwVG NRW
beachtet, wonach Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von der
Vollstreckungsbehörde nur beantragt werden sollen, wenn - wie dies im vorliegenden
Fall geschehen ist - festgestellt ist, dass der Geldbetrag durch Vollstreckung in das
bewegliche Vermögen nicht beigetrieben werden kann.
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Das Gericht kann nach Maßgabe der Besonderheiten des vorliegenden Falles auch
nicht feststellen, dass der Antrag des Antragsgegners auf Zwangsversteigerung des
Objekts D. -T. -Straße 00 unverhältnismäßig in die Rechte des Antragstellers eingreift.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt im gesamten
Verwaltungsvollstreckungsverfahren. Danach muss jeder Vollstreckungseingriff
geeignet, erforderlich und angemessen sein, um seinen Zweck zu erreichen,
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vgl. nur Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, § 249 AO
Randziffer 14 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung.
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Unter Würdigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles lässt sich ein Verstoß
gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hier mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit nicht feststellen. Die Maßnahme des Antragsgegners ist geeignet,
den beabsichtigten Vollstreckungserfolg zu erreichen. Sie ist auch erforderlich, da kein
milderes Mittel ersichtlich ist, um die offenstehenden Forderungen zugunsten des
Antragsgegners zu realisieren. Die Maßnahme führt schließlich auch nicht zu einem
Nachteil für den Antragsteller, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis
steht. Der Antragsgegner hat auch bei der Vollstreckung den Grundsatz der
Steuergerechtigkeit zu beachten. Ausprägung dieses Grundsatzes ist die Wahrung der
Belastungsgleichheit aller Abgabenschuldner. Mit Blick darauf ist es grundsätzlich
angemessen, auch relativ geringfügige Forderungen gegen einen Schuldner notfalls im
Wege der Zwangsvollstreckung in dessen unbewegliches Vermögen durchzusetzen.
Ausnahmen von diesem Grundsatz können dann gegeben sein, wenn der Schuldner
Gründe für einen Billigkeitserlass (§ 227 AO) oder für eine Stundung von
Abgabenforderungen wegen einer erheblichen Härte (§ 222 AO) substantiiert geltend
macht und diese auch glaubhaft sind,
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vgl. dazu Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. März 1973 - III ZR 43/71 -, NJW 1973, 894,
895.
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Solche Ausnahmetatbestände macht der Antragsteller hier allerdings nicht im Einzelnen
geltend. Er wendet insoweit gegen den Vollstreckungsantrag lediglich ein, es könne
nicht sein, dass die Stadt Bonn "wegen ein paar Mark angeblich nicht gezahlter
Grundsteuern" und geringfügiger "Kosten" zum Mittel der Zwangsversteigerung greife.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.
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