Urteil des VG Köln vom 03.07.2009

VG Köln: verwaltungskosten, amtshandlung, venire contra factum proprium, grundsatz der nichtdiskriminierung, echte rückwirkung, rechtsverordnung, ermächtigung, eugh, referat, rückzahlung

Verwaltungsgericht Köln, 27 K 3726/07
Datum:
03.07.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
27. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
27 K 3726/07
Tenor:
Die Gebührenbescheide der Beklagten vom 19. Januar 2007 und 05.
Februar 2007 in der Gestalt der jeweiligen Widerspruchs-bescheide vom
09. August 2007 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die
Klägerin 000.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz ab dem 25. Februar 2008 (Rechtshängigkeit
des Leistungsantrags auf Rückzahlung) zu zahlen. Die Beklagte trägt
die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Berufung wird
zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin, ein bundesweit tätiges Telekommunikationsunternehmen, wendet sich
gegen die Erhebung von Gebühren für die Zuteilung von 10-stelligen
Rufnummernblöcken nach § 142 Abs. 2 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) in
Verbindung mit der Telekommunikations-Nummerngebührenverordnung (TNGebV).
2
In der Zeit von August 2003 bis November 2004 beantragte die Klägerin bei der
Bundesnetzagentur mit insgesamt 30 Anträgen die Zuteilung von insgesamt 0000
Rufnummernblöcken von jeweils 1.000 zehnstelligen Rufnummern im Ortsnetzbereich.
Die Bundesnetzagentur teilte der Klägerin die Rufnummernblöcke entsprechend den
Anträgen zu und zog die Klägerin mit Bescheid vom 19. Januar 2007 für das Jahr 2003
und mit Bescheid vom 05. Februar 2007 für das Jahr 2004 für die Entscheidung über die
Zuteilungsanträge zu Gebühren in Höhe von insgesamt 000.000,00 EUR (2003: 000,00
EUR; 2004: 000.000,00 EUR) heran. Dabei legte die Bundesnetzagentur unter Bezug
auf die durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Telekommunikationsnummern-
gebührenverordnung vom 19. Dezember 2006 rückwirkend geänderte Anlage zur
TNGebV (Gebührenverzeichnis) gemäß Ziffer B.1.1 der Anlage für jeden Antrag eine
Bearbeitungsgebühr von 152,00 EUR und gemäß Ziffer B.1.2 der Anlage pro
zugeteiltem zehnstelligen Rufnummernblock für ab dem 01. Januar 2003 eingegangene
Anträge eine Gebühr von 108,00 EUR und für ab dem 01. Januar 2004 eingegangene
Anträge eine Gebühr von 85,00 EUR zugrunde.
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Mit ihrem Widerspruch vom 13. Februar 2007 gegen beide Gebührenbescheide machte
die Klägerin im Wesentlichen geltend: Die Gebührenerhebung auf der Grundlage von
§§ 1, 3 und 3a TNGebV in der Fassung der 2. Änderungsverordnung i.V.m. B.1.1 und
B.1.2. der Anlage zu § 1 sei rechtswidrig. Die Gebührenverordnung sei nicht mit
höherrangigem Recht vereinbar, weil sie gegen das gebührenrechtliche
Äquivalenzprinzip sowie gegen das in § 3 Satz 2 des Verwaltungskostengesetzes
(VwKostG) und Art. 12 Abs. 1 lit a) der Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 07. März 2002 (Genehmigungsrichtlinie) enthaltene
Kostendeckungsprinzip verstoße, wonach die Höhe der Gebühr die Kosten des
Verwaltungsaufwandes nicht übersteigen dürfe. Nach den Feststellungen des
Bundesverwaltungsgerichts in dem Beschluss vom 30. April 2003 (6 C 6.02 - BVerwGE
118,128) betrügen die Kosten des Verwaltungsaufwandes für die Zuteilung eines
Rufnummernblocks von jeweils 1.000 zehnstelligen Rufnummern im Ortsnetzbereich
etwa 32,00 EUR. Daran gemessen übersteige die nach den Ziffern B.1.1 und B.1.2 der
Anlage zu § 1 TNGebV vorgesehene Gebühr für die Zuteilung eines Rufnummernblocks
für das Jahr 2003 die Kosten des Verwaltungsaufwandes um etwa das 8fache und für
das Jahr 2004 um etwa das 7,4fache. Unter Berückssichtigung der höchstrichterlichen
Rechtsprechung, die bereits eine Überschreitung der Verwaltungskosten um das
dreifache als rechtlich unzulässig ansehe, sowie der Vorgaben von Art. 12 Abs. 1 lit. a)
der Richtlinie 220/20/EG verstoße die Gebührenregelung somit sowohl gegen das
Äquivalenzprinzip als auch gegen das Kostendeckungsprinzip. Rechtfertigende Gründe
für diese unangemessene Überschreitung der Verwaltungskosten seien nicht
ersichtlich. Zudem sei es sachwidrig, dass neben der Gebühr für die Zuteilung des
Rufnummernblocks eine weitere Gebühr für die Bearbeitung des Zuteilungsantrags
erhoben werde. Bei den Amtshandlungen im Zusammenhang mit der Entscheidung
über die Zuteilungsanträge handele es sich um einen einheitlichen Vorgang, der unter
gebührenrechtlichen Gesichtspunkten nicht getrennt betrachtet werden könnte. Im
Übrigen widerspreche die Aufteilung der vormals einheitlichen Gebühr für die
Rufnummernzuteilung in zwei selbständige Gebührentatbestände der sonstigen Praxis
der Beklagten für die Erhebung von Gebühren im Telekommunikationsbereich. Der
bisher geltenden TNGebV sowie den sonstigen telekommunikationsrechtlichen
Gebührenordnungen sei ein Gebührentatbestand, der an die bloße Prüfung eines
Antrags anknüpfe, fremd. Die sachwidrige Aufteilung einer einheitlichen Amtshandlung
in eine gesonderte Bearbeitungs- und eine Zuteilungsgebühr führe zu einer nicht
gerechtfertigten Erhöhung der Gebühren für die Zuteilung und somit zu einem dem
Äquivalenzprinzip zuwiderlaufenden Missverhältnis zwischen der Gebühr und den
Kosten des Verwaltungsaufwandes. Auch die Staffelung der Höhe der Zuteilungsgebühr
nach dem Jahr des Antragseingangs orientiere sich nicht an den tatsächlichen Kosten
des Verwaltungsaufwands für diese Amtshandlung. Der deutliche Unterschied in der
Gebührenhöhe für die einzelnen Jahre sei sachlich nicht nachvollziehbar und werde
auch durch die Kalkulation im Begründungsentwurf der Zweiten Änderungsverordnung
nicht aussagefähig belegt. Für die Berechnung der Verwaltungskosten der Jahre 2002
bis 2005 werde ausschließlich auf die Zahlen aus dem Jahre 2005 zurückgegriffen,
obwohl der Beklagten gesicherte Erkenntnisse über die tatsächlichen
Verwaltungskosten für die Vorjahre vorgelegen hätten. Außerdem sei aus der
Kalkulation nicht ersichtlich, woraus sich die großen Kostenschwankungen (47 %
Absenkung bzw. 40 % Erhöhung im Vergleich zum Jahr 2002 bzw. im Vergleich zum
Jahr 2006) ergeben hätten. Eine sachliche Rechtfertigung für die Gebührenstaffelung
fehle um so mehr, als Ziffer B.2.2 der Anlage zu § 1 TNGebV eine vergleichbare
jährliche Staffelung der Zuteilungsgebühren für die elfstelligen Rufnummernblöcke in
den Ortsnetzbereichen nicht vornehme. Die hierfür angeführte Begründung des
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Verordnungsgebers, dass bezüglich der Antragsteller für die Zuteilung derartiger
Rufnummernblöcke für die Vergangenheit ein erhöhter Vertrauensschutz bestehe, sei
gebührenrechtlich nicht nachvollziehbar. Eine Gebührendifferenzierung in der Ver-
gangenheit am Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes sei weder mit § 142 Abs. 2 TKG
noch mit den einschlägigen verfassungsrechtlichen oder gemeinschaftsrechtlichen
Vorgaben für die Gebührenbemessung in Einklang zu bringen. Darüber hinaus sei der
Begründung des Entwurfs zur Zweiten Änderungsverordnung zu entnehmen, dass auch
aus der Sicht des Verordnungsgebers ein Unterschied hinsichtlich des Umfangs des
Verwaltungsaufwandes für die Zuteilung eines zehnstelligen Rufnummernblocks und
eines elfstelligen Rufnummernblocks nicht bestehe. Schließlich widerspreche die
Gebührenregelung auch deshalb dem Äquivalenzprinzip, weil sie im Rahmen der
Gebührentatbestände B.1.1 und B.1.2 der Anlage zu § 1 TNGebV keine Differenzierung
nach der Anzahl der zuzuteilenden Rufnummernblöcke vorsehe. Damit werde der
deutlich geringere Verwaltungsaufwand, der bei der Bearbeitung eines Antrags für
mehrere Rufnummernblöcke eine Ortsnetzes entstehe, gebührenrechtlich nicht
angemessen berücksichtigt. Im Übrigen sei auch bei isolierter Betrachtung die Höhe der
in Ziffer B.1.1 der Anlage zur TNGebV normierten Bearbeitungsgebühr nicht
kostengerecht. Nach der Kalkulation der Verwaltungskosten im Entwurf zur Zweiten
Änderungsverordnung dürfte die Gebühr lediglich 120,00 EUR betragen. Für die
Festsetzung der um 32,00 EUR höheren Bearbeitungsgebühr in der endgültigen
Verordnung ergäben sich in der Kalkulation keine Anhaltspunkte.
Mit gleichlautenden Widerspruchsbescheiden vom 09. August 2007, der Klägerin
zugestellt am 10. August 2007, wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin zurück.
Hierzu führte sie im Wesentlichen aus: Die von der Klägerin geltend gemachten
Bedenken gegen die Gebührenerhebung bestünden nicht. Insbesondere verstoße die
der Gebührenerhebung zugrunde liegende TNGebV in der maßgeblichen Fassung der
2. Änderungsverordnung weder gegen höherrangiges nationales Recht noch gegen
Gemeinschaftrecht der EU. Es könne offen bleiben, ob Art. 12 Abs. 1 lit. a) der
Genehmigungsrichtlinie überhaupt als Maßstab für die Gebührenerhebung hinsichtlich
der Zuteilung von Rufnummernblöcken im Ortsnetzbereich anwendbar sei, weil es sich
bei den Rufnummern im Ortsnetzbereich um eine knappe Ressource i.S.d. Art. 13 Satz 1
der Genehmigungsrichtlinie handele, für die grundsätzlich höhere Gebühren als die
Verwaltungskosten erhoben werden dürften. Denn selbst wenn der Verordnungsgeber
durch Art. 12 Abs. 1 lit. a) der Genehmigungsichtlinie bei der Festlegung der
Gebührenhöhe auf die Deckung der Verwaltungskosten beschränkt sein sollte, sei die
angefochtene Gebührenerhebung rechtmäßig. Die Gebühren seien kostendeckend
kalkuliert worden und verstießen auch nicht gegen das Äquivalenzprinzip. Soweit das
Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen von 2003 und 2005 die Höhe des
Verwaltungsaufwandes für die Zuteilung eines Rufnummernblocks mit etwa 32 EUR
festgestellt habe, betreffe dies Rufnummernzuteilungen für den Zeitraum vom August
1997 bis zum Februar 2000 und sei daher für die hier in Rede stehenden
Gebührenfestsetzungszeiträume nicht beachtlich. Abgesehen davon habe dieser
Kostenbetrag auf einer bloßen Abschätzung des Personalbedarfs basiert, die sich
nachträglich als falsch erwiesen habe. Der später ermittelte tatsächliche
Verwaltungsaufwand und die sich daraus ergebenden Kostensätze seien deutlich höher
gewesen. Diese tatsächlichen Verwaltungskosten seien damals aber nicht mehr in die
Gerichtsverfahren eingeführt worden, da dieser Gesichtspunkt für den
Verfahrensausgang keine Bedeutung gehabt habe. Die gerügte Aufspaltung der
Gebührentatbestände für die Zuteilung eines Rufnummernblocks in eine
Bearbeitungsgebühr je Antrag und eine Gebühr für die Zuteilung eines
5
Rufnummernblocks sei weder sachwidrig noch führe sie zu einer Kostenüberdeckung.
Dadurch werde vielmehr eine verursachungsgerechtere Zuordnung und Abgeltung der
Verwaltungskosten erreicht, als wenn der Verwaltungsaufwand durch einen
einheitlichen Gebührentatbestand abgegolten würde. Bei letzterem würden die
Antragsteller stärker belastet, die in einem Antrag die Zuteilungen von mehreren
Rufnummernblöcken beantragt hätten. Bei der Festsetzung der Gebührenhöhe sei der
Verordnungsgeber allein vom tatsächlichen Verwaltungsaufwand für die Entscheidung
über die Zuteilung eines Rufnummernblocks ausgegangen. Die Kalkulation der
Gebührentatbestände B.1.1 und B.1.2 der Anlage zur TNGebV sei für die Jahre 2002 bis
2004 auf der Grundlage der durch die Kosten- und Leistungsrechnung ermittelten Ist-
Kosten erfolgt. Die im Verhältnis zum Jahr 2002 niedrigeren Gebührensätze für die
Jahre 2003 und 2004 beruhten nicht auf sinkenden Verwaltungskosten, sondern darauf,
dass in den betreffenden Kalkulationsperioden eine unterschiedliche Anzahl von
Rufnummernblöcken zugeteilt worden sei. Die gesamten Verwaltungskosten seien
dagegen in den Jahren 2002 bis 2004 kontinuierlich gestiegen. Eine Differenzierung der
Gebührenhöhe nach der Anzahl der beantragten Rufnummernblöcke je Antrag sei nicht
geboten gewesen. Aufgrund der ermittelten Ist-Zahlen sei davon auszugehen, dass der
bei der Entscheidung über die Zuteilung eines Rufnummernblocks anfallende
Verwaltungsaufwand weitestgehend immer gleich sei. Zudem seien keine konkreten
Anhaltspunkte dafür dargelegt worden, dass die Gebühr ohne die von der Klägerin
geforderte Degression nicht mehr kostendeckend sei oder gegen das Äquivalenzprinzip
verstoße. Letztlich sei auch der Hinweis auf die Ungleichbehandlung der
Gebührenfestsetzung für die Zuteilung eines zehnstelligen Rufnummernblocks im
Verhältnis zu der Gebühr für die Zuteilung eines elfstelligen Rufnummernblocks nicht
begründet, da die Gebührentatbestände für die Zuteilung eines elfstelligen
Rufnummernblocks nicht Gegenstand der Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts gewesen seien. Die Klägerin hat am 10. September 2007
Klage erhoben und zur Begründung ergänzend vorgetragen: Die den
Gebührenbescheiden zugrunde liegende TNGebV in der Fassung der 2.
Änderungsverordnung sei auch deshalb nichtig, weil eine Ermächtigung zur
Abänderung der TNGebV gefehlt habe. Die insoweit in Betracht kommende
Ermächtigungsgrundlage des § 142 Abs. 2 TKG, wonach der Verordnungsgeber die
gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührenhöhe einschließlich der
Zahlungsweise näher bestimmen dürfe, greife nicht ein. Diese Bestimmung beziehe
sich auf die in § 142 Abs. 1 TKG abschließend aufgezählten gebührenpflichtigen
Tatbestände. Nach § 142 Abs. 1 Nr. 2 TKG erhebe die Regulierungsbehörde nur
Gebühren und Auslagen für Entscheidungen über die Zuteilung eines Nutzungsrechts
an Rufnummern auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 66 Abs. 4 TKG. Da eine
solche, für die Gebührenerhebung konstitutive, Verordnung bisher aber nicht erlassen
worden sei, handele es sich bei den Zuteilungen der Rufnummernblöcke, für die in den
angefochtenen Bescheiden Gebühren erhoben werden, auch nicht um
gebührenpflichtige Amtshandlungen i. S. d. § 142 Abs. 1 Nr. 2 TKG. Abgesehen davon
enthalte § 142 Abs. 2 TKG keine wirksame Ermächtigung zu einer rückwirkenden
Änderung der Gebührentatbestände der TNGebV für Zuteilungsanträge, die vor dem
Inkrafttreten des TKG n. F. am 22. Juni 2004 gestellt worden seien. Da § 142 Abs. 1
TKG anders als § 43 Abs. 3 TKG 1996 für das Entstehen einer Gebürenpflicht den
Erlass einer Zuteilungsverordnung konstitutiv voraussetze, könne § 142 Abs. 2 TKG
wegen Fehlens dieser Zuteilungsverordnung auch keine Gebührentatbestände für die
Vergangenheit - vor Inkrafttreten des TKG n. F. - regeln. Die Rückwirkung verstoße
gegen ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin für die Vergangenheit. Da sich die
rechtlichen Voraussetzungen für gebührenpflichtige Amtshandlungen im
Zusammenhang mit der Zuteilung von Rufnummernblöcken durch das TKG n. F.
wesentlich gegenüber der vorgehenden Verordnungsermächtigung in § 43 Abs. 3 TKG
1996 geändert hätten, habe § 142 Abs. 2 TKG n. F. den Verordnungsgeber lediglich zu
einer Änderung der TNGebV ab dem Inkrafttreten des TKG n. F. ermächtigt. Die auf der
Grundlage von §§ 1, 3a TNGebV i.V.m. Ziffer B.1.1 und B.1.2 der Anlage 1 zu § 1
TNGebV erfolgte Gebührenerhebung sei zudem nicht mit der Verordnungsermächtigung
in § 142 Abs. 2 Satz 4 TKG zu vereinbaren. Diese Vorschrift sei ebenso wie die
vorangegange Ermächtigungsnorm des § 43 Abs. 3 Satz 4 TKG 1996
europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass nur eine auf die Kosten des
Verwaltungsaufwands beschränkte Gebühr für die Zuteilung von Rufnummern im
Ortsnetzbereich eroben werden dürfe. Eine die Kosten des Verwaltungsaufwandes
überschreitende Gebühr laufe dem in Art. 13 Satz 2 der Genehmigungsrichtlinie
2002/20/EG enthaltenen Diskriminierungverbot und dem Wettbewerbsförderungsgebot
zuwider, weil die Deutsche Telekom als marktbeherrschendes Unternehmen einen nicht
gerechtfertigten Wettbewerbsvorteil dadurch erlangt habe, dass sie von ihrer
Rechtsvorgängerin kostenlos eine große Anzahl von Rufnummern übernommen habe,
für die sie nachträglich nicht zu Gebühren herangezogen worden sei. Der
Regelungsinhalt des Art. 13 Satz 2 der Genehmigungsrichtlinie entspreche insoweit
dem des Art. 11 Abs. 2 Satz 2 der Vorgängerrichtlinie 97/13/EG - Lizenzierungsrichtlinie
-, so dass die hierzu ergangenen Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften (EuGH, Urteil vom 20. Oktober 2005 C-327/03 und C 328/03) sowie die
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 2005 (BVerwG - 6 C
15.05 -) in gleicher Weise zu berücksichtigen seien. Hieran gemessen seien die Ziffern
B.1.1 und B.1.2 der Anlage zu § 1 TNGebV unwirksam, weil der Verordnungsgeber die
Verwaltungskosten für die Rufnummernzuteilung fehlerhaft ermittelt habe. Dies führe zu
einer unzulässigen Kostenüberdeckung. Die Ermittlung der Verwaltungskosten sei
teilweise in sich widersprüchlich. Die Beklagte habe für die Festsetzung der
Gebührentatbestände für die Jahre 2002 bis 2006 zum einen die kalkulatorischen
Verwaltungskosten anhand des Verwaltungsaufwands ermittelt und diese bezüglich der
Gebührenbemessung durch die tatsächlichen Verwaltungskosten begrenzt.
Abweichend hiervon seien für das Gebührenjahr 2005 nicht die tatsächlichen
Verwaltungskosten, sondern die fortgeschriebenen tatsächlichen Verwaltungskosten
des Jahres 2004 zugrunde gelegt worden. Weiterhin sei nicht plausibel, warum die
vorliegend von der Beklagten veranschlagten Verwaltungskosten um das 5fache höher
seien, als die vom Bundesverwaltungsgericht im Verfahren betreffend den Zeitraum
1997 bis 2000 festgestellten Verwaltungskosten. Obwohl sich der Anteil der zugeteilten
Rufnummernblöcke im Jahr 2004 im Verhältnis zum Vorjahr ungefähr verdoppelt habe,
sei der Verwaltungsaufwand nur um ca. ein Viertel gestiegen. Diese geringe
Kostensteigerung könne nicht allein durch Synergieeffekte aufgrund hoher
Zuteilungszahlen je Antrag erklärt werden. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die
Verwaltungskosten für das Jahr 2003 zu hoch angesetzt worden seien. Die von der
Beklagten vorgenommene Berechnung der kalkulatorischen Kosten für die Jahre 2002
bis 2004 sei in mehreren Punkten nicht nachvollziehbar. Bei der zugrunde gelegten
Anzahl der Anträge auf Zuteilung ("durchschnittlich 480 Anträge") dränge sich auf, dass
nur die durchschnittliche Anzahl der Anträge und nicht die tatsächliche Anzahl
berücksichtigt werde. Ausweislich der Kalkulationsunterlagen seien bei der
Aufwandsermittlung einzelne Arbeitsschritte teilweise mehrfach in Ansatz gebracht
worden und andere Arbeitsschritte in nicht nachvollziehbarer Weise aufgeteilt worden.
Beispielsweise würden die Arbeitsschritte "Eingangsbestätigung" und "Prüfung der
Einhaltung der Zuteilungsregeln" sowohl im Rahmen der Antragsbearbeitung als auch
bei der Rufnummernblockzuteilung veranschlagt. Weiterhin würden die Arbeitsschritte
"Erfassen der Kundendaten und die Prüfung vorhandener Datensätze" getrennt von den
Arbeitsschritten "Prüfung der Anzahl bereits zugeteilter Rufnummernblöcke oder der
Vorgruppierung von Rufnummernblöcken" in Ansatz gebracht, obwohl es nahe liege,
diese Prüfungen in einem Arbeitsschritt vorzunehmen. Aus der getrennten Berechnung
resultiere der Ansatz eines erhöhten Zeitbedarfs. Der kalkulierte Zeitaufwand für die
Zuteilung der Rufnummerblöcke sei überhöht. Daraus ergebe sich für das Jahr 2004 im
Verhältnis zu den tatsächlichen Verwaltungskosten eine Kostenüberdeckung um ca.
23,5 %. Die von der Beklagten angeführten Synergieeffekte aufgrund der hohen
Fallzahlen im Bereich der Zuteilung könnten diese Überdeckung nicht erklären. Zudem
habe die Beklagte die Synergieeffekte ausschließlich bei der Ermittlung des Aufwands
für die Zuteilung und nicht bei der Antragsbearbeitung berücksichtigt. Die angesetzten
durchschnittlichen Stundensätze für die Personalkosten seien nicht plausibel. Ein
Vergleich mit den von der Beklagten im Entwurf zur Änderung der TNGebV vom 29.
November 2005 angenommen Stundensätze zeige, dass für die Jahre 2002 bis 2004
auch niedrigere Stundensätze hätten zugrunde gelegt werden können. Darüber hinaus
wiederholt und vertieft die Klägerin ihre im Widerspruchsverfahren vorgebrachten
Bedenken gegen die Gebührenerhebung. Sie hat mit Schriftsatz vom 25. Februar 2008
die Klage erweitert und hat sinngemäß die Rückzahlung der geleisteten Gebühr nebst
Zinsen begehrt.
Die Klägerin beantragt,
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1. die Gebührenbescheide der Beklagten vom 19. Januar 2007 und 05. Februar 2007 in
der Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 09. August 2007 aufzuheben, 2.
die Beklagte zu verurteilen, an sie 000.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 25. Februar 2008 (Rechtshängigkeit
des Leistungsantrags auf Rückzahlung) zu zahlen.
7
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
9
Sie bezieht sich zur Begründung auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und
führt ergänzend und vertiefend aus: Der Gebührenregelung liege mit § 142 Abs. 2 TKG
eine wirksame Verordungsermächtigung zugrunde. Diese Vorschrift genüge den
Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG und sei auch eine hinreichende gesetzliche
Ermächtigung für den rückwirkenden Erlass der 2. Verordnung zur Änderung der
TNGebV. § 142 TKG sehe wie die vorhergehende Ermächtigung des § 43 Abs. 3 Satz 3
und 4 TKG 1996 vor, dass für die Entscheidung über die Zuteilung von Rufnummern
Gebühren erhoben werden. Dass bislang eine Rechtsverordnung nach § 66 Abs. 4 TKG
nicht ergangen sei, sei für die Gebührenpflichtigkeit der Amtshandlung unbeachtlich.
Aus § 66 Abs. 4 S. 1 bis 4 TKG ergebe sich, dass durch eine solche Rechtsverordnung
keine gesonderten Wirksamkeitsvoraussetzungen an die Zuteilung eines
Nutzungsrechts an einer Nummer oder einem Nummernblock geknüpft würden.
Vielmehr werde lediglich der bisherige Regelungsbereich des § 43 Abs. 4 TKG 1996
durch eine solche Verordnung geregelt. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts erlaube eine zeitlich jüngere Ermächtigungsgrundlage die
Änderung einer auf abgelaufenem Recht beruhenden Rechtsverordnung, wenn - wie
hier - auf der Grundlage der jüngeren Ermächtigungsgrundlage eine Rechtsverordnung
ergehen könne, die im Verhältnis zur vorhergehenden Rechtslage den Erlass
gleichartiger Verwaltungsakte bzw. inhaltsgleicher Regelungen ermögliche. Entgegen
10
der Auffassung der Klägerin verstoße die 2. Änderungsverordnung nicht gegen den
verfassungsrechtlich gesicherten Grundsatz des Vertrauensschutzes. Zwar entfalte die
TNGebV in der geänderten Fassung in den Fällen, in denen der Zuteilungsantrag vor
Verkündung der Änderungsverordnung gestellt worden sei, echte Rückwirkung. Wegen
der in § 142 Abs. 2 TKG und der inhaltsgleichen Vorgängerregelung des § 43 Abs. 3
Satz 3 TKG 1996 dem Grunde nach vorgesehenen Gebührenpflicht habe die Klägerin
grundsätzlich damit rechnen müssen, dass für Entscheidungen über die Zuteilung von
Rufnummern eine Gebühr erhoben werde. Mit Blick auf die nachträglich festgestellte
Nichtigkeit der bisherigen Gebührenregelung für die Rufnummernblockzuteilung habe
die Klägerin objektiv auch mit der Möglichkeit rechnen müssen, dass der
Verordnungsgeber die Gebührenansprüche dann über eine rückwirkende Änderung der
TNGebV sichern werde. Die Klägerin habe auch kein schutzwürdiges Vertrauen darauf,
dass die bisher gewählten Gebührentatbestände unverändert blieben. Dies gelte hier
um so mehr, weil die neu festgesetzten Gebühren weniger als 1 % des für nichtig
erklärten Gebührentatbestands der TNGebV a.F. ausmachten. Die Gebührenregelung in
den Ziffern B1.1 und B.1.2 der Anlage zu § 1 TNGebV n. F. stehe mit dem
maßgeblichen höherrangigen Recht im Einklang. Die Gebühren seien ausschließlich
nach dem für die Zuteilung von Rufnummernblöcken erforderlichen
Verwaltungsaufwand festgesetzt worden. Für die Ermittlung des Verwaltungsaufwands
seien mit Hilfe der Kosten-Leistungs-Rechung aus den Gesamtkosten für eine
Verwaltungsaufgabe (hier: Nummernverwaltung) die abgeltungsfähigen Kosten für die
Zuteilung von Nutzungsrechten an Rufnummernblöcken im Ortsnetzbereich
herausgetrennt worden. Die Gegenüberstellung der Gesamtkosten mit den
prognostizierten Einnahmen je Gebührenjahr habe für das Jahr 2003 einen
Kostendeckungsgrad von etwa 80 % und für das Jahr 2004 einen
Kostendeckungsdeckungsgrad von etwa 123 % erbracht. Für das Jahr 2004 sei deshalb
die Höhe der Gebühr auf die Deckung der tatsächlichen Gesamtkosten beschränkt
worden. Die Ermittlung des Verwaltungsaufwands auf der Grundlage der Vollkosten sei
rechtlich nicht zu beanstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug
genommen.
11
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
12
Die zulässige Klage auf Aufhebung der angefochtenen Gebührenbescheide und die
daran anknüpfende Leistungsklage auf Rückzahlung der bereits entrichteten Gebühr
sind einschließlich des geltend gemachten Zinsanspruchs begründet. Die mit den
streitigen Bescheiden vom 19. Januar 2007 und 05. Februar 2007 erfolgte Erhebung
von Gebühren für die Zuteilung von zehnstelligen Rufnummernblöcken im
Ortsnetzbereich für die Jahre 2003 und 2004 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in
ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es fehlt an einer wirksamen
Rechtsgrundlage. Die Gebührenerhebung beruht auf § 1 TNGebV in der hier
maßgeblichen Fassung der 2. Änderungsverordnung vom 19. Dezember 2006 (BGBl. I
S. 3378) in Verbindung mit B.1.1 und B.1.2 der Anlage (Gebührenverzeichnis) zu § 1
TNGebV. Danach wird gemäß B.1.1 für die Bearbeitung eines Antrags auf Zuteilung
eines oder mehrerer Blöcke von 1000 zehnstelligen Rufnummern in den
Ortsnetzbereichen eine Gebühr in Höhe von 152 EUR und gemäß B.1.2 je Zuteilung
eines Blocks von 1000 zehnstelligen Rufnummern in den Ortsnetzbereichen eine
Gebühr erhoben, deren Höhe je nach dem Jahr des Antragseingangs zwischen 109
13
EUR und 69 EUR liegt. Für die streitbefangenen Jahre 2003 und 2004 beträgt die
Gebühr gemäß B.1.2 108 EUR bzw. 85 EUR. Die TNGebV beruht auf der Ermächtigung
des im Juni 2004 außer Kraft getretenen § 43 Abs. 3 Satz 4 TKG 1996 bzw. für die
Folgezeit auf dem im Wesentlichen inhaltsgleichen § 142 Abs. 2 Satz 1 TKG i.d.F. vom
24. Juni 2004 (TKG 2004), wonach das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
ermächtigt wird, die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührenhöhe
einschließlich der Zahlungsweise durch Rechtsverordnung näher zu bestimmen. Diese
Bestimmungen knüpfen an § 43 Abs. 3 Satz 3 TKG bzw. § 142 Abs. 1 Nr. 2 TKG 2004
an, nach denen Gebühren für die Entscheidungen über die Zuteilung eines
Nutzungsrechts an Rufnummern erhoben werden.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die TNGebV und die darin enthaltene
Gebührenregelung von der verfassungsrechtlich unbedenklichen, vgl. BVerwG,
Beschluss vom 30. April 2003 - 6 C 6.02 -, BVerwGE 118, 128 zu § 43 Abs. 3 TKG 1996,
14
Verordnungsermächtigung des § 142 TKG 2004 gedeckt. Nach § 142 Abs. 1 Nr. 2 TKG
2004 werden unter anderem Gebühren für die Entscheidungen über die Zuteilung eines
Nutzungsrechts an Rufnummern auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 66 Abs. 4
TKG 2004 erhoben. Nach § 142 Abs. 2 Satz 2 bis 4 TKG 2004 sind die Gebührensätze
so zu bemessen, dass die mit den Amtshandlungen verbundenen Kosten gedeckt sind.
Die Vorschriften des Verwaltungskostengesetzes gelten entsprechend. Abweichend von
Satz 2 sind Gebühren für Entscheidungen über Zuteilungen nach Abs. 1 Nr. 1 und 2 so
festzusetzen, dass sie als Lenkungszweck die optimale Nutzung und eine den Zielen
dieses Gesetzes verpflichtete effiziente Verwendung dieser Güter sicherstellen.
15
Der Einwand der Klägerin, dass die Gebührenregelung durch die 2. Änderungs-
Verordnung zur TNGebV nichtig sei, weil bei ihrem Erlass noch keine
Rechtsverordnung nach § 66 Abs. 4 TKG 2004 vorgelegen habe, greift nicht durch.
Diese Bestimmung ist zwar die Ermächtigung für den Erlass des ordnungsrechtlichen
Rahmens für die Durchführung des Verfahrens der Beantragung und Zuteilung von
Rufnummern im Rahmen der Nummernverwaltung. Hiervon wird jedoch die
Gebührenpflicht für die in diesem Zusammenhang stehenden Amtshandlungen weder
betroffen noch im Sinne einer konstitutiven Voraussetzung abhängig gemacht. Vielmehr
sollte die Gebührenpflicht nach dem Willen des Gesetzgebers allein mit § 142 und der
darauf beruhenden TNGebV geschaffen werden.
16
Vgl. BR-Drs. 255/03 S. 139.
17
Aus der Ermächtigung des § 142 Abs. 1 Nr. 2 TKG 2004 ist daher für den Betroffenen
erkennbar und vorhersehbar, dass für das Entstehen der Gebührenpflicht allein die
Entscheidung über die Zuteilung einer Rufnummer erheblich und konstitutiv ist,
hingegen nicht der Umstand, ob eine Nummerierungsverordnung besteht. Bei einem
anderen Verständnis hätten im Übrigen nach dem Inkrafttreten des § 142 TKG 2004 bis
zum Erlass der Verordnung nach § 66 Abs. 4 TKG 2004 (Telekommunikations-
Nummerierungs-Verordnung - TNV - vom 15. Februar 2008) überhaupt keine
Zuteilungen erfolgen dürfen. Es wäre ein venire contra factum proprium der Klägerin,
sich einerseits Rufnummernblöcke ohne gültige Verordnung zuteilen zu lassen, sich
andererseits bei den Gebühren für diese Nummernzuteilungen auf das Fehlen der
Nummerierungsverordnung zu berufen. Abgesehen davon werden Teile der vorliegend
streitigen Zuteilungen, soweit sie bis zum Inkrafttreten des TKG 2004 erfolgt sind, von
den Voraussetzungen des § 43 Abs. 4 TKG 1996 und den dazu ergangenen
18
"Vorläufigen Regeln für die Zuteilung von Rufnummern in den Ortsnetzbereichen"
erfasst, sind also aufgrund einer wirksamen Zuteilungsregelung ergangen.
Die Ermächtigung in § 142 Abs. 2 Satz 1 TKG 2004 deckt auch, dass die Beklagte in
B.1.1 und B.1.2 der Anlage zu § 1 TNGebV die nach § 142 Abs. 1 Nr. 2 TKG 2004
gebührenpflichtige Amtshandlung ("Entscheidung über die Zuteilung eines
Nutzungsrechts an Rufnummern") in zwei Gebührentatbestände (Bearbeitung des
Antrags als solchen und Zuteilung des Rufnummernblocks) aufspaltet. Dem Merkmal
"Entscheidung" ist nach dem Wortlaut sowie nach dem Sinn und Zweck der Regelung
zu entnehmen, dass der Gesetzgeber den gesamten Prozess der
Entscheidungsfindung, also das Verwaltungsverfahren als solches, gebührenpflichtig
machen wollte. Bei einem solchen Verständnis wird die Antragsbearbeitung als erster
Schritt zu einer Entscheidungsfindung von dem Begriff der "Entscheidung" mitumfasst.
Die Gebührenregelung in der 2. Änderungsverordnung zur TNGebV verstößt entgegen
der Auffassung der Klägerin auch insoweit nicht gegen Verfassungsrecht, als sie die
rückwirkende Erhebung von Gebühren in den Fällen regelt, in denen Anträge auf
Zuteilung von Rufnummernblöcken bereits vor dem Inkrafttreten des TKG 2004 am 26.
Juni 2004 bzw. vor der Verkündung der Änderungsverordnung gestellt worden und die
Zuteilungen erfolgt sind. Selbst wenn man hier unterstellt, dass es sich um einen Fall
einer nur in engen Grenzen zulässigen "echten" Rückwirkung handelt, weil rückwirkend
in Gebührentatbestände eingegriffen wird, die bereits vor Inkrafttreten der 2.
Änderungsverordnung vollständig abgeschlossen und vergebührt waren, erweist sich
die Rückwirkung vorliegend nicht als verfassungswidrig. Das rechtsstaatliche Verbot
"echter" Rückwirkung darf nur aus zwingenden Gründen des gemeinen Wohls oder
wegen eines nicht - oder nicht mehr - vorhandenen schutzwürdigen Vertrauens
durchbrochen werden.
19
Vgl. z. B. BVerfG, Beschluss vom 03. Dezember 1997 - 2 BvR 882/97 -, BVerfGE 97, 67
<79 f.>; BVerwG, Beschluss vom 30. April 2003 - 6 C.02 -, a.a.O. m.w.N. aus der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
20
Letzteres ist hier der Fall. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin in die
Gebührenfreiheit von Zuteilungsentscheidungen bestand nicht. Ebenso wie nach der
inhaltsgleichen Regelung des § 43 Abs. 3 Satz 3 TKG 1996 musste die Klägerin
aufgrund des unmissverständlichen Wortlauts des § 142 Abs. 1 Nr. 2 TKG 2004 damit
rechnen, dass für Entscheidungen über die Zuteilung eines Nutzungsrechts an
Rufnummern eine Gebühr erhoben wird. Entgegen der Ansicht der Klägerin wurde mit
dem TKG 2004 im Verhältnis zur Vorgängerregelung kein neuer Rechtsrahmen für die
Nummernzuteilung bzw. die Gebührenerhebung geschaffen, aus dem sich ein
Vertrauen der Klägerin auf Gebührenfreiheit von Zuteilungsentscheidungen bilden
konnte, die vor dem Inkrafttreten des TKG 2004 liegen. Insbesondere konnte mit Blick
auf die dem Grunde nach bestehende Gebührenpflicht kein schutzwürdiges Vertrauen
der Klägerin begründet werden, dass Zuteilungsentscheidungen bis zum Erlass einer
Verordnung nach § 66 Abs. 4 TKG 2004 gebührenfrei ergehen. Vielmehr musste die
Klägerin objektiv damit rechnen, dass auch bei Zuteilungen von Rufnummernblöcken,
die vor und nach dem Inkrafttreten des § 142 TKG 2004 nach Maßgabe der Vorläufigen
Regeln für die Zuteilung von Rufnummern in den Ortsnetzbereichen erfolgt sind,
Gebühren erhoben werden. Da die Unwirksamkeit der bislang geltenden TNGebV erst
etwa 15 Monate nach dem Inkrafttreten des TKG 2004 festgestellt wurde, musste die
Klägerin auch davon ausgehen, dass die Beklagte den Gebührenanspruch für in der
Vergangenheit liegende Gebührentatbestände durch eine rückwirkend geänderte
21
TNGebV sichert. Es kann dahinstehen, ob die streitige Gebührenregelung in B.1.1 und
B.1.2 der Anlage zu § 1 TNGebV 2006, wie die Klägerin meint, den allgemeinen
Gleichheitssatz verletzt (Art. 3 Abs. 1 GG), weil der Verordnungsgeber unterschiedlich
hohe Gebühren für die Zuteilung von zehnstelligen und elfstelligen Rufnummernblöcken
festgesetzt hat, obwohl in beiden Fällen der gleiche Verwaltungsaufwand entsteht.
Ebenso konnte die Kammer offen lassen, ob die Gebührenregelung wegen des
gebührenfreien Altbestandes der DTAG an Rufnummern auch dann gegen das
gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot und Wettbewerbsförderungsgebot
verstößt, wenn sie nur die Kosten der Amtshandlung und nicht den wirtschaftlichen Wert
oder den sonstigen Nutzen berücksichtigt. Denn jedenfalls verstößt die
Gebührenregelung schon gegen das Kostendeckungsprinzip des § 3 Satz 2 VwKostG,
wonach das geschätzte Gebührenaufkommen den auf die gebührenpflichtigen
Amtshandlungen entfallenden durchschnittlichen Personal- und Sachaufwand für den
betreffenden Verwaltungszweig nicht übersteigen darf.
Der Verordnungsgeber ist vorliegend bei der Festsetzung der Gebührenhöhe an den
Kostendeckungsgrundsatz gebunden. Zwar ist die nach § 3 Satz 2 erster Halbsatz
VwKostG erforderliche ausdrückliche Regelung für die Geltung des
Kostendeckungsprinzips weder der Ermächtigungsgrundlage des § 142 Abs. 2 TKG
2004 noch Art. 13 der Richtlinie 2002/20/EG (Genehmigungsrichtlinie) zu entnehmen.
Da es sich nach gefestigter Rechtsprechung bei Rufnummern im Ortsnetzbereich um
eine knappe Ressource handelt,
22
vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 2005 (Rs. C-327 und 328/03) nachgewiesen bei juris;
BVerwG, Beschluss vom 30. April 2003, a.a.O.,
23
ist es nach beiden Vorschriften grundsätzlich im Interesse einer optimalen Nutzung des
begrenzt zur Verfügung stehenden Nummernbestandes zulässig, nicht nur eine auf die
anfallenden Verwaltungskosten beschränkte, sondern eine an dem wirtschaftlichen Wert
der zugeteilten Nummern ausgerichtete Gebühr zu erheben. Die gemeinschaftskonform
ausgelegte Verordnungsermächtigung lässt aber nur solche auch den Wert der
Nummern berücksichtigende Gebühren für die Nummernzuteilung zu, die den
Anforderungen des Art. 13 Satz 2 der Genehmigungsrichtlinie entsprechen. Danach
muss sichergestellt sein, dass die Entgelte objektiv gerechtfertigt, transparent,
nichtdiskriminierend und ihrem Zweck angemessen sind und den in Art. 8 der Richtlinie
2002/21/EG (Rahmenrichtlinie) genannten Zielen Rechnung tragen. Nach der
Rechtsprechung des EuGH,
24
Urteil vom 20. Oktober 2005, Rs.C-327 und C-328/03 a.a.O.,
25
verstießen die nach § 1 TNGebV a. F. für Zuteilungen in den Jahren 1997 bis 1999
erhobenen Gebühren gegen das Wettbewerbsförderungsgebot und den Grundsatz der
Nichtdiskriminierung nach der damals geltenden Lizenzierungsrichtlinie, weil die
marktbeherrschende DTAG von ihrem Rechtsvorgänger kostenlos Rufnummern in sehr
großem Umfang übernommen hatte und eine nachträgliche Heranziehung zu Gebühren
für diesen Altbestand nach nationalem Recht nicht möglich war. Ausgehend hiervon ist
auch bezüglich des in den Blick zu nehmenden Gebührenzeitraums für die Jahre 2003
und 2004 mangels hinreichender gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass
eine über die Deckung des mit der Amtshandlung verbundenen Personal- und
Sachaufwands hinausgehende Gebühr mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben
nicht in Einklang steht. Jedenfalls der vom EuGH in seiner Entscheidung vom 20.
26
Oktober 2005 angenommene Verstoß gegen das Wettbewerbsförderungsgebot und die
Ungleichbehandlung hinsichtlich des Marktzugangs wegen der kostenfreien
Übernahme des Altbestandes an Nummern im Ortsnetzbereich durch die DTAG dürfte
auch im Zeitraum 2003 und 2004 noch bei neu in den Markt eintretenden Mitbewerbern
gegeben sein. Aber auch bei Mitbewerbern, die - wie die Klägerin - schon länger am
Markt sind, besteht ein wettbewerbliches Ungleichgewicht, weil diese 2003/2004
gegenüber dem Unternehmen mit beherrschender Stellung hinsichtlich der Zuteilung
von Rufnummern immer noch einen erheblich höheren Bedarf an gebührenpflichtigen
Neuzuteilungen von Rufnummern hatten. Abgesehen davon kann der in § 142 Abs. 2
Satz 4 TKG 2004 und Art. 13 Satz 2 der Genehmigungsrichtlinie verfolgte
Lenkungszweck, zur Steuerung der Nachfrage nach einer knappen Ressource und
deshalb im Interesse ihrer optimalen Nutzung eine an dem wirtschaftlichen Wert der
erteilten Einzelgenehmigung ausgerichtete Gebühr zu erheben, bei der rückwirkenden
Neufestsetzung der Gebühren in der 2. Änderungsverordnung zur TNGebV vom
Dezember 2006 für bereits abgeschlossene Amtshandlungen nicht mehr umgesetzt
werden. Dementsprechend sollte nach der Begründung zur 2. Änderungsverordnung mit
den für diese Jahre festgesetzten Gebühren unter Beachtung der Entscheidung des
EuGH (nur) das Ziel erreicht werden, den gesamten Verwaltungsaufwand für die
Bearbeitung und Entscheidung der Anträge auf Zuteilung von Rufnummern zu decken
(vgl. Bl. 175 f. der Verordnungsakte ).
Die hiernach bei europarechtskonformer Auslegung anzunehmende Bindung des
Verordnungsgebers an den Kostendeckungsgrundsatz bei der Bemessung der Gebühr
für die Entscheidung über die Zuteilung eines Rufnummernblocks hat dieser bei der
streitigen Gebührenregelung nicht beachtet. Aus der Bindung an den
Kostendeckungsgrundsatz folgt, dass sich die Bemessung der Gebührenhöhe strikt an
der Deckung der für die Vornahme der konkreten Amtshandlung zu erwartenden Kosten
auszurichten hat.
27
Vgl. so BVerwG, Urteil vom 18. März 2004 - 3 C 24.03 -, NVwZ 2003, 991 zu
Luftsicherheitsgebühren; ähnlich für Gebühren für die Rufnummernzuteilung: BVerwG,
Urteil vom 30. April 2003 - 6 C 5.02 -, NVwZ 2003, 1385; sowie VG Berlin, Urteil vom 01.
Februar 2008 - 10 A 37.06 - nachgewiesen bei juris zu Emissionshandelsgebühren.
28
Bei der Gebührenbemessung dürfen also nur die dieser Amtshandlung zurechenbaren
Kosten berücksichtigt werden. Dies setzt eine möglichst genaue Kostenermittlung
voraus. Dabei ist die Behörde zwar auf Schätzungen angewiesen und hierzu berechtigt,
wo die präzise Ermittlung der Einsatzwerte mit einem unvertretbaren Aufwand
verbunden wäre. Sie muss ferner Prognosen hinsichtlich der Kostenpositionen
anstellen, die im Zeitpunkt der Kostenermittlung noch nicht feststehen. Hinsichtlich der
Schätzungen beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle auf eine Vertretbarkeitskontrolle.
Hinsichtlich der Prognosen ist die Überprüfung durch das Gericht darauf begrenzt, ob
zutreffende Ausgangswerte zugrunde gelegt und der zu ihrer Fortschreibung
verwendete Prognosefaktor methodisch zutreffend ermittelt wurde.
29
Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. März 2004 a.a.O. und vom 17. April 2002 - 9 CN 1.01-,
BVerwGE 116, 188,<189 ff.> m.w.N.
30
Das bedeutet nicht, dass das Gericht entgegen Art. 19 Abs. 4 GG auf eine Kontrolle der
Kostenermittlung verzichtet. Die Rücknahme der Kontrolldichte bezieht sich nur auf
einzelne Kostenpositionen, soweit sie wegen der genannten besonderen Umstände in
31
zulässiger Weise geschätzt oder prognostiziert werden.
Auch nach Europäischem Gemeinschaftsrecht können die Kosten einer Amtshandlung
pauschal beurteilt werden und müssen in vernünftiger Weise und unter
Berücksichtigung insbesondere der Zahl und Qualifikation der Beamten, der von diesen
Beamten aufgewandten Zeit und der verschiedenen Sachkosten, die für die
Durchführung dieses Vorgangs erforderlich sind, festgesetzt werden. Ein Mitgliedstaat
kann für eine Amtshandlung auf der Grundlage der vorhersehbaren durchschnittlichen
Kosten im Voraus Standardgebühren für unbestimmte Zeit festlegen, sofern sich der
Mitgliedstaat in regelmäßigen Abständen davon überzeugt, dass die Gebühr - bei
Geltung des Kostendeckungsgrundsatzes - die Kosten der Amtshandlung weiterhin
nicht übersteigt.
32
Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - Rs. C 45/00 -, nachgewiesen bei juris.
33
Hieran gemessen erweist sich die Festsetzung der Gebühren in B.1.1 und B.1.2 der
Anlage zu § 1 TNGebV 2006 als rechtswidrig. Es kann nicht festgestellt werden, dass
die in der 2. Änderungsverordnung zur TNGebV festgesetzten Gebührensätze so
bemessen sind, dass nur der mit der Entscheidung über die Nummernzuteilungen
verbundene Sach- und Personalaufwand erfasst und gedeckt wird.
34
Nach den Erläuterungen auf Blatt 138 der Stellungnahme der Beklagten (Beiakte 4)
werden bei der Berechnung der Gebühren ("Ermittlung der Selbstkosten der
Verwaltung") die Kosten des durchschnittlichen Verwaltungsaufwandes durch die
Multiplikation des im Wege der Selbstaufschreibung im Jahr 2002 ermittelten
Zeitaufwandes (in Stunden) für die Bearbeitung der Anträge und der Nummernzuteilung
mit einem durchschnittlichen Personalstundensatz, den so genannten
Vollkostenverrechnungssätzen, ermittelt. Gegen diesen Kalkulationsansatz ist zwar
grundsätzlich nichts einzuwenden. Es bestehen aber durchgreifende Bedenken sowohl
gegen den konkret zugrunde gelegten Stundensatz als auch gegen den angesetzten
Zeitaufwand.
35
Nach den Erläuterungen in der Kalkulation und der ergänzenden Stellungnahme wird
für die Bemessung der Personalkosten zwar von den jährlich mitgeteilten
durchschnittlichen Stundensätzen des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) für die
jeweilige Laufbahn ausgegangen. Diese Stundensätze werden aber mit einem
(Gemein- kosten-)Zuschlag (Zuschlagsfaktor und Erhöhungsfaktor Personal)
multipliziert, um den Personalstundensatz der Bundesnetzagentur zu berechnen. Dieser
Zuschlagsfaktor betrug 2003 5,84 und 2004 5,71. Mit diesem Zuschlags- und
Erhöhungsfaktor sollen die gesamten Personal- und Sachkosten der
Bundesnetzagentur refinanziert werden, die nach der Kosten-Leistungs-Rechnung nicht
gesonderten Kostenstellen zugerechnet werden können und dort verbucht worden sind.
Die Beklagte hat keine befriedigende Erklärung dafür gegeben, warum der
Personalstundensatz der Bundesnetzagentur um fast das sechsfache höher ist als der
des BMF, obwohl auch im durchschnittlichen Stundensatz des BMF neben den
durchschnittlichen Dienstbezügen ein Versorgungszuschlag sowie pauschalierte
Zuschlagssätze für Personalnebenkosten und sonstige Personalgemeinkosten
enthalten sind. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum diese Erhöhung auch für
den Bereich der Nummernverwaltung zutreffen soll, obwohl diese Abteilung von der
personellen Zusammensetzung und der Aufgabenwahrnehmung durchaus strukturell
einer Abteilung in anderen Bundesbehörden vergleichbar ist. Indem ohne jede
36
Differenzierung die (Gesamt-)Personalkosten der Bundesnetzagentur in die Berechnung
des Stundensatzes eingegangen sind, muss davon ausgegangen werden, dass in
unzulässiger Weise Kosten mit in Ansatz gebracht worden sind, die in keinem
Zusammenhang mit der gebührenpflichtigen Amtshandlung Rufnummernzuteilung
stehen und somit nicht gebührenfähig sind. Ein starkes Indiz hierfür ist die gravierende
Erhöhung der Stundensätze der Bundesnetzagentur gegenüber den Stundensätzen des
BMF. Außerdem zeigt die ständige Absenkung des Personalkostenzuschlagsfaktors in
den folgenden Jahren bei einem im Wesentlichen gleichbleibenden Personalbestand im
Referat, dass der Stundensatz nicht zwingend etwas mit dem auf die Zuteilung von
Rufnummernblöcken entfallenden Verwaltungsaufwand zu tun hat. Soweit die Beklagte
vorgetragen hat, dass in den Stundensätzen des BMF nicht die bei der
Bundesnetzagentur erforderlichen Rückstellungen für die Altersversorgung der von ihr
übernommenen Beamten enthalten seien, vermag dies die nahezu Versechsfachung
des Stundensatzes nicht befriedigend zu erklären. Im Übrigen ist zweifelhaft, ob
Rückstellungen für Versorgungsansprüche übernommener Beamter noch der
Nummernverwaltung zugeordnet werden können. Des Weiteren ist nicht
nachvollziehbar, welche Personalkosten den sog. verrechneten Kosten zugeordnet sind
und welche nicht. Ohne diese Kenntnis kann nicht festgestellt werde, ob eine
verursachungsgerechte Zuordnung solcher Kosten vorliegt. Die nähere Kenntnis ist
aber von wesentlicher Bedeutung, da die Höhe der verrechneten Kosten erheblichen
Einfluss auf die Berechnung des Zuschlagsfaktor Personal hat, da dort die
Gesamtpersonalkosten der Bundesnetzagentur zu den Personalkosten ins Verhältnis
gesetzt werden, die an Kostenträger verrechnet worden sind. Dieses Verhältnis betrug
bei der Ermittlung im Jahr 2003 insgesamt 106.987.976 EUR zu 23.397.509 EUR und
im Jahr 2004 insgesamt 106.313.872 EUR zu 23.306.370 EUR. Wäre der Betrag der
sog. verrechneten Kosten bei gleich bleibenden Gesamtkosten höher, würde sich
zugleich der Personalzuschlagsfaktor verringern. Letztlich lässt sich aus der Art und
Weise der aus der Kostenrechnung ermittelten Stundensätze nur der Schluss ziehen,
dass hier allgemeine Verwaltungskosten auf den Gebührenpflichtigen umgelegt werden,
ohne dass diese Kosten im hinreichenden Zusammenhang mit der Vornahme der
Amtshandlung der Rufnummernzuteilung stehen. Eine derartige pauschale Umlage der
Kosten der sonstigen Verwaltungstätigkeit der Behörde auf den Gebührenpflichtigen
verstößt gegen den Kostendeckungsgrundsatz und ist mit dem Wesen der
Verwaltungsgebühr nicht vereinbar.
Auch die Ermittlung des der Gebührenkalkulation zugrunde gelegten Zeitaufwands
begegnet rechtlichen Bedenken. Nach den Angaben der Beklagten haben die
Beschäftigten des Referates, das mit der Rufnummernzuteilung befasst ist, zuletzt im
Jahr 2002 den durchschnittlichen Arbeitsaufwand für die Bearbeitung und Zuteilung
eines Rufnummernblocks entsprechend den Vorgaben des TKG und den vorläufigen
Zuteilungsregelungen für Rufnummern durch Zeitaufschreibungen erfasst. Ende 2005
wurde lediglich eine Plausibilitätsüberprüfung der damals gefundenen Zeitansätze
vorgenommen, ohne dass eine erneute konkrete Ermittlung des Zeitaufwands
durchgeführt wurde. Angesichts der deutlichen Synergieeffekte, die sich bei den
Zuteilungen in den folgenden Jahren gezeigt haben und die beispielsweise im Jahr
2004 zu einer Verringerung der tatsächlichen Kosten der Beklagten in diesem Bereich
um ca. 1/6 geführt haben, ist es jedoch nicht mehr vertretbar, im Rahmen einer
Kalkulation für zurückliegende Gebührenzeiträume auf die damaligen Zeiterfassungen
zurückzugreifen. Vielmehr hätte aus diesen Gründen eine tatsächliche Überprüfung des
Zeitaufwandes durchgeführt werden müssen, um von der Behörde als zutreffender
Ausgangspunkt der Kalkulation zugrunde gelegt werden zu können. Bei einer solchen
37
tatsächlichen Ermittlung des Zeitaufwands hätten auch die möglichen Ursachen für die
Synergieeffekte (wie beispielsweise Anträge mit einer großen Anzahl von zehnstelligen
Rufnummern für dasselbe Ortsnetz) in den Blick genommen werden müssen. Außerdem
ist es aus methodischen Gründen problematisch, dass bei der Kalkulation der Gebühr
für zurückliegende Gebührenzeiträume bei der Bestimmung des maßgeblichen
Zeitaufwandes in einem solchen Umfang auf prognostische Fortschreibungen einer
überholten Zeitermittlung abgestellt wird, ohne die tatsächliche Fortentwicklung der
Bearbeitungszeiten für Anträge mit einer hohen Zahl von Zuteilungen zu
berücksichtigen. Die Festsetzung der Gebührenhöhe in B.1.1 und B.1.2 der Anlage zu §
1 TNGebV 2006 ist auch im Ergebnis nicht gerechtfertigt. Zwar sind Fehler in der
Kostenschätzung unschädlich, wenn sich die zutreffende Gebühr anhand einer
nachträglichen Berechnung der tatsächlich angefallenen (also von prognostischen
Elementen befreiten) Kosten berechnen lässt. Die gerichtliche Kontrolle eines
Gebührensatzes beschränkt sich auf die Prüfung, ob dieser im Ergebnis den
Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften genügt. Ist in diesen
Vorschriften - wie vorliegend - ein bestimmtes Verfahren zur Ermittlung der
Gebührenhöhe nicht vorgesehen, sind auch andere Berechnungsgrundlagen als
Vorauskalkulationen geeignet, die Höhe einer Gebühr und das Fehlen einer
Kostenüberdeckung zu dokumentieren.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. April 2002 - 9 CN 1/01 -, a.a.O. und vom 26. April 2006 - 6
C 19.05 -, BVerwGE 125, 384; OVG NRW, Urteile vom 05. August 1994 - 9 A 1248/94 -
und vom 02. Juni 1995 - 15 A 3123/93 - NVwZ-RR 1996, 697; OVG Rheinland-Pfalz,
Urteil vom 30. Oktober 1997 - 12 A 111984/96 -, KStZ 1998, 71; Sächs. OVG, Urteil vom
10. April 2008 - 1 B 388/06 -, NVwZ-RR 2008, 669; VG Köln, Urteil vom 01. September
2006 - 25 K 6296/ 01 - m.w.N..
38
Die von der Beklagten durchgeführte "Plausibilitätsberechnung" der Gebührenhöhe
anhand der angefallenen tatsächlichen Kosten in den Gebührenerhebungszeiträumen
ist jedoch nicht geeignet, die Festsetzung der Gebührenhöhe zu rechtfertigen. Nach den
Erläuterungen der Beklagten zur Berechnung und Festlegung der Gebühren im
Ortsnetzbereich sind, um den Kostendeckungsgrad aufgrund der errechneten Gebühren
zu prüfen und eine Kostenüberdeckung zu vermeiden, die aufgrund der kalkulierten
Gebühren erwarteten Gebühreneinnahmen den feststehenden oder geschätzten Kosten
gegenübergestellt worden, die aufgrund der Kosten-Leistungs-Rechnung der
Bundesnetzagentur für die "Nummernzuteilung ONB" ermittelt worden waren. Lagen
danach die prognostizierten Gebühreneinnahmen über diesen Kosten wurden die
Gebühren für die Zuteilung des zehnstelligen Rufnummernblocks entsprechend dem
Kostenüberdeckungsgrad herabgesetzt. So wurde die anhand des durchschnittlichen
Verwaltungsaufwands kalkulierte Gebühr für die Zuteilung von Rufnummernblöcken für
das Jahr 2004 von 106 EUR auf 85 EUR reduziert, während für das Jahr 2003 eine
Kostenunterdeckung errechnet wurde. Vom Ansatz her wäre eine solche
Nachberechnung durchaus geeignet, den festgesetzten Gebührensatz zu rechtfertigen.
Für die Kammer sind jedoch weder die angesetzten Gesamtkosten des Referates noch
ihre Verteilung auf die gebührenpflichtige Amtshandlung plausibel bzw. mit den
Grundsätzen der Erhebung von Verwaltungsgebühren zu vereinbaren.
39
Der Gebührenberechnung wurden Kosten für die Nummernverwaltung für das Jahr 2003
in Höhe von 798.756 EUR und für das Jahr 2004 in Höhe von 1.042.821 EUR zugrunde
gelegt. Diese Kosten setzen sich zusammen aus den unmittelbar bei dem für die
Rufnummernverwaltung zuständigen Referat 118 angefallenen Kosten und den Kosten,
40
die in anderen Organisationseinheiten der Bundesnetzagentur angefallen sind.
Während die Kosten des Referates selbst als sog. Einzelkosten auf einer
"Hauptkostenstelle" erfasst werden, werden Letztere (sog. Gemeinkosten, Umlagen)
über sog. "Hilfskostenstellen" erfasst und auf die Hauptkostenstellen in mehreren
Schritten nach bestimmten Umlageschlüsseln verteilt. Für das Referat 118 sind direkt
Einzelkosten in Höhe von 1.883.878 EUR (2003) bzw. 1.776.721 EUR (2004)
angefallen, die zum größten Teil aus den Personalkosten der in diesem Referat
beschäftigten Bediensteten bestehen (1.167.524 EUR 2003 bzw. 1.101.721 EUR 2004).
Daneben sind Gemeinkosten in Höhe von 583.537 EUR (2003) bzw. 629.881 EUR
(2004) verrechnet worden. Allerdings dürfen entgegen der Auffassung der Klägerin nach
betriebswirtschaftlichen Grundsätzen bei der Kostenermittlung für die
Gebührenberechnung auch die sog. Gemeinkosten der Behörde berücksichtigt werden.
Diese Gemeinkosten sind jedoch nur dann und nur insoweit umlagefähig, als sie
betriebsbedingt und der Durchführung der Amtshandlung zuzurechnen sind, weil
ansonsten der von der Verfassung vorgegebene Unterschied zwischen steuer- und
gebührenfinanzierter Verwaltungstätigkeit nicht gewahrt ist. Hinsichtlich der
Ansatzfähigkeit der Gemeinkosten ist es demnach erforderlich, dass eine spezifische
Beziehung zwischen der kostenverursachenden Leistung der Verwaltung und dem
Gebührenschuldner gegeben sein muss, um dem Gebührenschuldner diese Leistung
individuell zurechnen zu können. Mit anderen Worten dürfen die Verwaltungsgebühren
nur die unmittelbaren Kosten und Gemeinkosten der Behörde widerspiegeln, die den
betreffenden Diensten zugerechnet werden können.
Vgl. Schulte/Wiesemann in: Driehaus KAG, § 6 Rdnr. 170 m.w.N.; OVG Schleswig,
Urteil vom 24. Oktober 2007 - 2 LB 36/06 -, KStZ 2009, 93.
41
Die Berücksichtigung von Gemeinkosten ist auch mit europäischem Recht vereinbar.
42
Vgl. EuGH, Urteil vom 26. Juni 1997 - Rs. C-188/95 - nachgewiesen bei juris.
43
Hiervon ausgehend ist für das Gericht auch unter Berücksichtigung der Erläuterungen
der Beklagten nicht nachvollziehbar, ob und ggf. in welcher Höhe die in der
Kostenermittlung angesetzten Kostenanteile anderer Organisationseinheiten der
Bundesnetzagentur im notwendigen Zusammenhang mit der gebührenpflichtigen
Amtshandlung stehen und diese Gemeinkosten offensichtlich keine durch Steuern zu
finanzierenden Anteile enthalten. Dies betrifft zunächst die Kostenanteile für die
Leitungsorgane der Bundesnetzagentur (Präsident und Präsidiumsbüro). Zwar ist
rechtlich davon auszugehen, dass auch die anteiligen Personalkosten im Bereich der
Führungsämter dem Grunde nach ansatzfähig sind, soweit sie konkret den Aufgaben
der gebührenrechnenden Stelle zuzuordnen sind.
44
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. April 2005 - 9 A 3120/03 -, nach juris; OVG Schleswig,
Urteil vom 24. Oktober 2007 - 2 LB 36/06 -, KStZ 2009, 93.
45
Im vorliegenden Fall ist jedoch mangels näherer Aufschlüsselung nicht erkennbar, ob
und ggf. in welcher Höhe die in Rede stehenden Aufwendungen für die Leitungsebene
der Aufgabenerfüllung der Rufnummernverwaltung dienen. Gleiches gilt für die
angesetzten Kosten für die Pressestelle, Aufbaustab, internationale Koordinierung,
Geschäftsstelle Beirat. Mangels näherer Erläuterung ist auch nicht nachvollziehbar, ob
und in welchem Umfang das Referat IS 13 Geschäftsprozesse im Zusammenhang mit
den Aufgaben der Nummernverwaltung steht.
46
Abgesehen davon ist die von der Beklagten in der Kostenrechnung vorgenommene
prozentuale Verteilung der von der Beklagten errechneten Gesamtkosten für das mit der
Nummernverwaltung befasste Referat 118 mit einem Anteil von 32 % (2003) bzw. 42 %
(2004) nicht plausibel. Die Beklagte orientiert sich insoweit zur Bemessung des
Verteilungsschlüssels an dem Anteil der Arbeitszeit, die die Mitarbeiter des Referats 118
auf die Aufgabe der Nummernzuteilung im Ortsnetzbereich verwenden (vgl. Anlage 4
der Kostenrechnung). Ob dieser Verteilungsschlüssel für alle umgelegten Kostenarten
methodisch sachgerecht ist, ist bereits zweifelhaft. Denn je nach dem konkreten
Aufgabenbereich der Abteilung ist es denkbar, dass bestimmte Sach- und
Personalkosten den einzelnen Bereichen im unterschiedlichen Umfang zuzuordnen
sind. So erscheinen für Leistungen aus dem Bereich der IT allein diese Zeitanteile bei
der gesamten Aufgabenverwaltung nur dann sachgerecht, wenn jedenfalls in allen
Bereichen der Nummernverwaltung in ungefähr vergleichbarem Umfang bei der
Aufgabenerfüllung IT eingesetzt und genutzt wird. Ist dies nicht der Fall, müsste
möglicherweise im Sinne einer verursacherschärferen Verteilung auf die beanspruchten
Rechnerzeiten für die Amtshandlung abgestellt werden.
47
Auch ist die Höhe des Verteilungssatzes von 32 % für 2003 bzw. 42 % für 2004 für das
Gericht nicht plausibel. Selbst wenn man die aus Sicht der Kammer fehlerhaft ermittelten
Zeiten für die Bearbeitung eines Antrags und die Nummernzuteilung zugrundelegt,
passen diese nicht mit der von der Beklagten ermittelten anteiligen Arbeitszeit des
Personals des ONB (vgl. Anlage 4 der Kostenrechnung) zusammen. Errechnet man
nämlich ausgehend von den Antrags- und Zuteilungszahlen sowie den von der
Beklagten in der Kalkulation zugrundegelegten Bearbeitungszeiten den zeitlichen
Gesamtaufwand, bleibt dieser für beide Jahre um ca. 50 % hinter den in der Anlage 4
der Kostenrechnung auf die Nummernzuteilung im Ortsnetzbereich entfallenden
Personal- bzw. Zeitanteilen des Referats 118 zurück. Der Verteilungssatz liegt also für
2003 bei etwa 15 % statt der angesetzten 32 % und für 2004 etwa bei 21 % statt der
angesetzten 42 %. Allein durch den Hinweis, dass auch persönliche Zeiten oder die zur
Diskussion für Problemfälle erforderlichen Zeiten der Nummernverwaltung im
Ortsnetzbereich zugute kommen und damit zu berücksichtigen seien, lässt sich diese
erhebliche Diskrepanz bezüglich der Höhe des Verteilungssatzes nicht erklären.
Vielmehr deutet dies darauf hin, dass das Personal mit anderen Tätigkeiten als die
Rufnummernblockzuteilung beschäftigt war, der Prozentsatz für die Verteilung der
Kosten also deutlich niedriger hätte ausfallen müssen.
48
Schließlich hat es der Verordnungsgeber unterlassen, den hier gebotenen
angemessenen Abzug für das Allgemeininteresse der Nummernverwaltung
vorzunehmen. Dies liegt an der Vorstellung des Verordnungsgebers, sämtliche Kosten
der Bundesnetzagentur für die Nummernverwaltung abzudecken. Diese Vorgabe
begegnet durchgreifenden Bedenken, da auch ein nennenswertes Allgemeininteresse
an der effizienten Bewirtschaftung des knappen Gutes "Rufnummern" besteht. Aus den
Zwecken, die mit der Einführung der Nummernverwaltung verfolgt werden, wird deutlich,
dass die Tätigkeit der Behörde nicht nur den Anbietern der Rufnummern, sondern auch
in einem nennenswerten Anteil der Allgemeinheit zugute kommen.
49
Vgl. so zum EMVG-Beitrag: BVerwG, Urteil vom 22. November 2000 - 6 C 8.99 -,
BVerwGE 112, 194; zu Emissionshandelsgebühren: VG Berlin Urteil vom 01. Februar
2008 - 10 A 37.06 -, nachgewiesen bei juris.
50
Wegen des fehlenden gebotenen Abzugs für das Allgemeininteresse ist die streitige
Gebührenregelung auch aus diesem Grund nichtig. Der mit Ziffer 2 des Klageantrags
geltend gemachte Zahlungsanspruch ist einschließlich des Zinsanspruchs begründet.
Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann gleichzeitig mit der Aufhebung des
rechtswidrigen Verwaltungsakts ausgesprochen werden, dass und wie dessen
Vollziehung rückgängig gemacht wird. Die Klägerin hat unstreitig die durch die
angefochtenen Bescheide festgesetzten Gebühren gezahlt. Damit ist der
Verwaltungsakt im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO "vollzogen". Der Anspruch auf
Rückzahlung dieses Betrages ergibt sich aus § 21 VwKostG. Danach sind überzahlte
oder zu Unrecht erhobene Kosten unverzüglich zu erstatten. Mit der Aufhebung der
angefochtenen Bescheide ist der Rechtsgrund für den weiteren Verbleib des
Gebührenbetrages bei der Beklagten entfallen. Der Zinsanspruch ergibt sich aus
entsprechender Anwendung von § 291 Satz 2 i. V. m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB ab
Geltendmachung eines bezifferten Leistungsanspruchs auf Rückzahlung,
51
vgl. BVerwG, Urteile vom 24. März 1999 - 8 C 27.97-, BVerwGE 108, 364 <369> und
vom 15. Dezember 2005 - 6 C 16.05 -, nachgewiesen bei juris,
52
also mit dem Eingang des Schriftsatzes vom 25. Februar 2008.
53
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. § 709 Satz
1 ZPO. Die Berufung ist gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher
Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
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