Urteil des VG Köln vom 12.01.2007
VG Köln: mitbestimmungsrecht, beförderung, anforderung, ausschluss, referat, bewirtschaftung, bewährung, amt, abrede, verfügung
Verwaltungsgericht Köln, 33 K 4162/06.PVB
Datum:
12.01.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
33. Bundespersonalvertretungskammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
33 K 4162/06.PVB
Tenor:
Es wird festgestellt, dass dem Antragsteller bei der Übertragung von
gemäß Besoldungsgruppe A 16 BBesO (th 16") oder höher bewerteten
Dienstposten bzw. bei der Übertragung von funktionsgleichwertigen
Stellen mit entsprechender Eingruppierung, die nicht fest mit einer
Planstelle dieser Wertigkeit verbunden sind, ein Mitbestimmungsrecht
gemäß § 76 Abs. 1 Ziffer 3 bzw. § 75 Abs. 1 Ziffer 2 BPersVG zusteht,
sofern von der Übertragung Beamte oder Angestellte betroffen sind, die
sich auf einem niedriger bewerteten Dienstposten oder einer niedriger
bewerteten funktionsgleichen Stelle befinden, und sofern diese
Übertragung nicht Beamte gemäß § 36 Abs. 1 BBG betrifft.
G r ü n d e
1
I.
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Das Eisenbahnbundesamt (EBA) ist eine einstufige Behörde mit der Zentrale in Bonn
und 12 Außenstellen an 15 Standorten. Diese Außenstellen werden von sogenannten
„Außenstellenleitern" geführt.
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Im Rahmen einer beim EBA vor einiger Zeit durchgeführten neuen
Dienstpostenbewertung wurden die Dienstposten von neun Außenstellenleitern statt
bisher entsprechend der Besoldungsgruppe A 15 BBesO nach „th 15" nunmehr
entsprechend der Besoldungsgruppe A 16 BBesO nach „th 16" bewertet.
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Nach vorheriger Ausschreibung wurden vier mit „th 16" bewertete Dienstposten den
jeweiligen Dienstposteninhabern förmlich übertragen. Dem Antragsteller wurde diese
Dienstpostenübertragung im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit mitgeteilt.
Der Antragsteller reklamierte mit Schreiben vom 08. Juni und 14. Juli 2006 sein
Mitbestimmungsrecht zu diesen Maßnahmen und bat - erfolglos - um Einleitung der
Mitbestimmungsverfahren.
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Am 16. September 2003 hat der Antragsteller das Beschlussverfahren eingeleitet und
macht im Wesentlichen geltend: Es sei zu erwarten, dass der Beteiligte auch zukünftig
die weiteren mit „th 16" bewerteten Dienstposten von Außenstellenleitern ohne
Durchführung eines Mitbestimmungsverfahrens förmlich übertragen würden. Diese
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Maßnahmen bedürften jedoch gemäß § 76 Abs. 1 Nr. 3 bzw. § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG
seiner - des Antragstellers - Mitbestimmung, wenn der Dienstposten - wie bei der in der
Dienststelle praktizierten Topfwirtschaft üblich - nicht dauerhaft mit der dieser Wertigkeit
entsprechenden Planstelle verbunden und der betroffene Beschäf- tigte dieses
Statusamt bzw. die vergleichbare Rechtstellung als Angestellter noch nicht erreicht hat.
Nach der Rechtsprechung des OVG NRW sei in vergleichbaren Fällen das
Mitbestimmungsrecht für Maßnahmen dieser Art anerkannt worden (z. B. durch
Beschluss vom 03. Mai 2004 - 1 B 333/04 -).
Der Antragsteller beantragt,
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festzustellen, dass ihm bei der Übertragung von gemäß Besoldungsgruppe A 16 BBesO
(„th 16") oder höher bewerteten Dienstposten bzw. bei der Übertragung von
funktionsgleichwertigen Stellen mit entsprechender Eingruppierung, die nicht fest mit
einer Planstelle dieser Wertigkeit verbunden sind, ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 76
Abs. 1 Ziffer 3 bzw. § 75 Abs. 1 Ziffer 2 BPersVG zusteht, sofern von der Übertragung
Beamte oder Angestellte betroffen sind, die sich auf einem niedriger bewerteten
Dienstposten oder einer niedriger bewerteten funktionsgleichen Stelle befinden, und
sofern diese Übertragung nicht Beamte gemäß § 36 Abs. 1 BBG betrifft.
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Der Beteiligte beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Der Antrag sei unbegründet, weil das vom
Antragsteller reklamierte Mitbestimmungsrecht nach § 77 Abs. 1 Satz 2 BPersVG
ausgeschlossen sei. Es treffe zwar zu, dass für nach Besoldungsgruppe A 16 BBesO
bewertete Außenstellenleiterdienstposten beim Beteiligten haushaltsrechtlich nur drei
Planstellen zur Verfügung stünden. Die Anwendbarkeit des § 77 Abs. 1 Satz 2 BPersVG
sei auch ohne dauerhafte organisatorische Verbindung von Dienstposten und Planstelle
nicht ausgeschlossen. Im Übrigen unterliege die lediglich interne Umbewertung von
Dienstposten - wie im vorliegenden Fall - gerade nicht der Mitbestimmung nach § 76
Abs. 1 Nr. 3 BPersVG.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die
Gerichtsakten Bezug genommen.
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II.
13
Der Antrag ist zulässig. Angesichts des vom Beteiligten eingenommenen
Rechtsstandpunkts zur Übertragung von mit „th 16" bewerteten
Außenstellenleiterdienstposten ist ein Streit zwischen den Beteiligten über die
aufgeworfene Rechtsfrage für die Zukunft mit mehr als nur geringfügiger
Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Dies hat der Beteiligte auch nicht in Abrede gestellt.
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Der Antrag ist auch begründet. Der Antragsteller hat bei der Übertragung von mit „th 16"
bewerteten Außenstellenleiterdienstposten an Beamtinnen und Beamte, die das
statusrechtliche Amt nach Besoldungsgruppe A 16 BBesO / th 16 noch nicht erreicht
haben, oder vergleichbare Angestellte mitzubestimmen.
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Das Mitbestimmungsrecht ergibt sich für diesen Personenkreis aus § 76 Abs. 1 Nr. 3
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bzw. § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG. Denn die Übertragung eines ausdrücklich nach
entsprechender Dienstpostenbewertung mit „th 16" eingestuften Dienstpostens an
Beamtinnen oder Beamte, die das statusrechtliche Amt nach Besoldungsgruppe A 16
BBesO/ „th 16" noch nicht erreicht haben, oder vergleichbare Angestellte erfüllt den
Mitbestimmungstatbestand „Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit". Der
Beteiligte stellt auch nicht in Abrede, dass eine solche Personalmaßnahme an sich die
Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit beinhaltet; er verneint das
Mitbestimmungsrecht lediglich deshalb, weil es nach § 77 Abs. 1 Satz 2 BPersVG
ausgeschlossen sei. Dieser Rechtsauffassung ist jedoch nicht zu folgen.
Die Fachkammer hat in ihrem Beschluss vom 20. Januar 2006 - 33 K 5574/05.PVB - zu
einem vergleichbaren Fall zur Anwendbarkeit des § 77 Abs. 1 Satz 2 BPersVG u.a.
ausgeführt: „Nach der Rechtsprechung des Fachsenats, der die Fachkammer folgt, führt
§ 77 Abs. 1 Satz 2 BPersVG nur dann zum Ausschluss der Mitbestimmung in den
vorgenannten Fällen, „wenn Funktion und Stelle auch tatsächlich organisatorisch
miteinander verbunden sind, für die Funktion also tatsächlich eine Planstelle nach A 16
oder höher bzw. eine Planstelle nach einer entsprechenden Vergütungsgruppe für
Angestellte ausgewiesen ist." (Beschluss vom 5. Juli 2001, a.a.O. S. 209, Beschluss
vom 4. Mai 2005, S. 8 der Beschlussausfertigung). Nach dieser Rechtsprechung
rechtfertigt sich diese Anforderung aus dem Ausnahmecharakter der Vorschrift, der ihre
eng am Wortlaut ausgerichtete Anwendung nahe legt. Ferner ist diese Anforderung
auch gerade in Fällen wie hier geboten, in denen anderenfalls die nicht nur
haushaltsrechtlich problematische Handhabung der sogenannten Topfwirtschaft zu
beliebig handhabbaren Stellenverschiebungen zum Zwecke der Anwendung von § 77
Abs. 1 Satz 2 BPersVG führen könnte. Diese Grundsätze gelten auch hier. Die vom
Beteiligten praktizierte Topfwirtschaft rechtfertigt keine andere Beurteilung, denn sie
weist in Bezug auf die erforderliche organisatorische Verbindung von Funktion und
Planstelle keine wesentlichen Unterschiede zu den vom Fachsenat entschiedenen
Fällen auf. Nach der im Anhörungstermin erfolgten eingehenden Erläuterung der
Topfwirtschaft, wie sie für die Planstellen der Bes.Gr. A 16/B 3 BBesO im Ministerium
des Beteiligten (Kapitel 1401) praktiziert wird, werden diese Planstellen komplett dem
Referat PSZ II 1 zur Bewirtschaftung mit der Maßgabe bereitgestellt, diese
ausschließlich für die dieser Wertigkeit entsprechenden Dienstposten zu verwenden.
Seit Mitte der 1980er Jahre sind die einzelnen Dienstposten nicht mehr mit individuell
bezeichneten Planstellen der entsprechenden Wertigkeit unterlegt, sondern erfolgt die
Zuordnung über die globale Bewirtschaftung dieser in einem „Pool" der Bes.Gr. A 16
und B 3BBesO erfassten Planstellen. Bei der Übertragung eines
Referatsleiterdienstpostens wird das Referat PSZ II 1 in der Weise beteiligt, dass es das
Vorhandensein einer Planstelle der Besoldungsgruppe A 16 BBesO bestätigt und ferner
bestätigt, dass diese für eine spätere (bei Bewährung erfolgende) Beförderung zur
Verfügung stehen werde. Aus den weiteren Erläuterungen wurde für die Fachkammer
deutlich, dass in der Zeit zwischen Besetzung des Dienstpostens und Beförderung die
(volle) Planstelle vorübergehend dazu genutzt wird, die Beförderung eines
Referatsleiters, der sich bewährt hat, zu einem früheren Zeitpunkt (als ansonsten
planstellenmäßig möglich) vorzunehmen und auch die - nach Angaben des Beteiligten
bisher ganz selten vorgekommenen - erwähnten Ausnahmefälle zu ermöglichen. Auch
wenn - jedenfalls derzeit - für die Referatsleiterdienstposten im Ministerium des
Beteiligten genügend Planstellen der Bes.Gr. A 16/B 3 BBesO im „Pool" bereitstehen
mögen, ändert dies nichts daran, dass die geforderte organisatorische Verknüpfung von
Dienstposten und Planstelle nicht vorliegt. Denn - unbeschadet der Frage, wie diese im
einzelnen auszugestalten sein mag - kann von einer organisatorischen Verbindung
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nicht die Rede sein, wenn diese nicht dauerhaft ist. Indem der Beteiligte dem
Referatsleiterdienstposten im Zeitpunkt der Besetzung mit einem Beschäftigten, der
noch nicht das Statusamt nach Bes.Gr. A 16 BBesO innehat oder in die vergleichbare
Vergütungsgruppe eingruppiert ist, eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 16 BBesO
zuordnet, sich jedoch gleichzeitig organisatorisch die Möglichkeit offen hält, diese
während der Bewährungszeit des Dienstposteninhabers anderweitig, insbesondere für
die frühere Beförderung eines anderen, bereits (gut) bewährten Referatsleiters zu
nutzen, fehlt es sowohl vom Wortlaut als auch vom Wortsinn her gesehen an einer
tatsächlich organisatorischen Verbindung von Dienstposten und Planstelle. Die
lediglich kurzfristige Zuordnung einer Planstelle nach Besoldungsgruppe A 16 BBesO
dient dann, weil sie zu einer entsprechenden Besoldung noch nicht benötigt wird, allein
dem Ziel, das an sich bestehende Mitbestimmungsrecht nach § 77 Abs. 1 Satz 2
BPersVG auszuschließen.
Entgegen der Auffassung des Beteiligten ist auch keine zweckentsprechende
Auslegung des § 77 Abs. 1 Satz 2 BPersVG dahin geboten, dass sich der Ausschluss
des Mitbestimmungsrechts „für Beamtenstellen von der Besoldungsgruppe A 16 an
aufwärts" auf die Übertragung von Referatsleiterdienstposten vorverlagernd erstreckt,
weil hierin die Vorbereitung einer späteren Beförderungsentscheidung liege. Dieser -
auch vom Verwaltungsgericht Berlin in dessen Beschluss vom 15. November 2005 - VG
72 A 4.05 - vertretenen Rechtsauffassung vermag die Fachkammer nicht zu folgen. In
Konsequenz dieser Rechtsprechung könnte der Referatsleiterdienstposten nicht nur
(unterwertig) einem Regierungsdirektor, sondern auch einem Beschäftigten, der ein
noch niedrigeres Statusamt inne hat bzw. in einer entsprechend niedrigeren
Vergütungsgruppe eingruppiert ist, mitbestimmungsfrei übertragen werden. Die
Personalvertretung wäre dann lediglich bei der Beförderung dieser Dienstposteninhaber
bis zur Besoldungsgruppe A 15 BBesO (bzw. bei der entsprechenden
Höhergruppierung des Angestellten) zu beteiligen, wobei diese Mitbestimmung bei
entsprechender (allein vom Dienstherrn festzustellender) Bewährung des
Dienstposteninhabers allerdings zur reinen Formsache würde. Dass die Besetzung von
Referatsleiterdienstposten mit Oberregierungsräten bzw. gleichrangigen Angestellten
keineswegs selten sind, zeigen die beiden zitierten Beschlüsse des Fachsenats vom
05. Juli 2001 und 04. Mai 2005, denen jeweils solche Fallkonstellationen zugrunde
lagen. Die Fachkammer hält es für fern liegend, dass der Gesetzgeber
Dienstpostenübertragungen dieser Art nicht der Mitbestimmung unterwerfen wollte."
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An dieser Rechtsauffassung hält die Fachkammer auch im vorliegenden Verfahren fest,
das zum entschiedenen Fall keine entscheidungsrelevanten Unterschiede aufweist. In
der Dienststelle des Beteiligten wird jedenfalls auch nach dessen Angaben im Ergebnis
die Topfwirtschaft so praktiziert, dass die zu übertragenden mit „th 16" bewerteten
Außenstellenleiterdienstposten ab Übertragung nicht jeweils dauerhaft mit einer
Planstelle dieser Wertigkeit organisatorisch verbunden sind.
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Der Einwand, die interne Höherbewertung der Außenstellenleiterdienstposten könne
unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im Beschluss
vom 30. Oktober 1979 - 6 P 61.76 - , ZBR 1980, 158 nicht mitbestimmungspflichtig sein,
geht fehl. Denn die im Geschäftsbereich des Beteiligten praktizierten höher (mit „th 16")
bewerteten Dienstpostenübertragungen sind gerade keine bloßen internen
Umbewertungen von Dienstposten, sondern haben als förmliche
Dienstpostenübertragungen (nach erfolgter Ausschreibung und Auswahlentscheidung)
Außenwirkung erhalten und sollen eine künftige Beförderung des Inhabers dieses höher
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bewerteten Dienstpostens vorbereiten.
Für eine Kostenentscheidung ist im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren
kein Raum.
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