Urteil des VG Köln vom 10.10.2005
VG Köln: gebühr, amtshandlung, stadt, behörde, kontrolle, markt, genehmigung, vollstreckung, ermessensausübung, vollstreckbarkeit
Verwaltungsgericht Köln, 25 K 32/05
Datum:
10.10.2005
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
25. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
25 K 32/05
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin
kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils
beizutreibenden Betra- ges abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung in gleicher Höhe Si- cherheit leistet.
Tatbestand: Die Klägerin wendet sich gegen eine Gebühr für die Erteilung einer
Abbruch- genehmigung in Höhe von 800,-- EUR.
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Die Klägerin reichte durch ihren beauftragten Architekten N. unter dem 26. Januar 2004
beim Beklagten einen Antrag auf Genehmigung des Abbruches ei- nes
Produktionsgebäudes (X. -S. -Straße in Köln-Wahn) ein. Die beauftrag- ten Architekten
gaben in dem Antrag an, dass der Rauminhalt des abzubrechenden Gebäudes 5000 m3
betrage und die Firma C. aus Troisdorf den Abbruch zu ei- nem Pauschalpreis in Höhe
von 15.000,-- EUR ausführen werde.
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Die Beklagte erteilte dem Kläger am 10. März 2004 die beantragte - und inzwi- schen
bestandskräftige - Abbruchgenehmigung.
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Ebenfalls unter dem 10. März 2004 erließ der Beklagte den streitgegenständli- chen
Gebührenbescheid über 800,-- EUR unter Zugrundelegung einer Kubatur von 5000 m3
nach der Tarifstelle 2.4.4 der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung Nordrhein-
Westfalen (AVerwGebO NRW).
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Am 29. März 2004 legte der insoweit beauftragte Architekt für die Klägerin gegen den
Gebührenbescheid mit der Begründung Widerspruch ein, dass die Gebühr rech- nerisch
nicht nachgewiesen worden sei. Die Gebühr scheine überhöht zu sein. Die Klägerin bat
darum, als Grundlage für die Gebührenberechnung die tatsächliche Auf- tragssumme in
Höhe von 15.000,-- EUR heranzuziehen.
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Mit Schreiben vom 6. Mai 2004 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die Grundlage
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für die Gebührenerhebung die Tarifstelle 2.4.4 AVerwGebO NRW sei, derzufolge für die
Erteilung einer Abbruchgenehmigung eine Gebühr von 50,-- EUR bis 1.500,-- EUR zu
erheben sei. Die Anwendung dieser Rahmengebühr erfolge durch eine
Gebührenrichtlinie, derzufolge sich die Höhe der Genehmigungsgebühr nach der
Kubatur des abzubrechenden Gebäudes richte, so dass hier ausgehend von einer im
Antrag angegebenen Kubatur von 5000 m3 eine Gebühr in Höhe von 800,-- EUR
festzusetzen sei. Eine auf dem freien Markt ausgehandelte Auftrags- summe könne nach
dieser Gebührenrichtlinie nicht Grundlage der Gebührenermitt- lung sein. Der Beklagte
fragte demzufolge, ob die Klägerin ihren Widerspruch auf- rechterhalten wolle.
Dies bejahte die Klägerin unter anderem mit Schreiben vom 4. August 2004, in dem sie
nochmals auf andere Fälle verwies, in denen zunächst eine höhere Gebühr gefordert
worden sei, die dann im Widerspruchsverfahren reduziert worden sei.
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Die Bezirksregierung Köln wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7.
Dezember 2004, zugestellt am 13. Dezember 2004, zurück. Sie verwies zur Be-
gründung im wesentlichen auf die Ausführungen des Beklagten in seinem Schreiben
vom 6. Mai 2004 und führte weiter aus, dass die Gebührenermittlung ermessensfeh-
lerfrei sei und insbesondere § 9 Abs. 1 Gebührengesetz (GebG NRW) berücksichtigt
worden sei, demzufolge bei der Festsetzung der Gebühr der mit der Amtshandlung
verbundene Verwaltungsaufwand einerseits und die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert
und der sonstige Nutzen andererseits zu berücksichtigen seien.
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Die Klägerin hat am 4. Januar 2005 Klage erhoben.
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Zur Begründung wiederholt sie ihre Ausführungen aus dem Verwaltungsverfah- ren und
führt darüber hinaus aus, dass die Gebührenrechnung nicht nachzuvollzie- hen sei.
Außerdem seien ihr Fälle bekannt, in denen für einen Abbruch eines Objek- tes von
2.745 m3 lediglich 500,-- DM (Stadt Köln) und für einen Abbruch eines Ob- jektes von
ca. 7.600 m3 lediglich 1.000,-- DM (Stadt Wesseling) zu zahlen gewesen seien.
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Die Klägerin beantragt,
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den Gebührenbescheid des Oberbürgermeisters der Stadt Köln vom 10. März 2004 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 7. Dezember
2004 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er wiederholt und vertieft seine Begründung aus dem Widerspruchsbescheid. Er trägt
ergänzend vor, dass der Beklagte zur Sicherung der ordnungsgemäßen Ermes-
sensausübung die Gebührenrichtlinie angewandt habe, die unter Berücksichtigung des
Äquivalenzprinzips und der dabei zu berücksichtigenden Faktoren aufgestellt worden
sei. Diese Gebührenrichtlinie entspreche auch den Empfehlungen des Städ- tetages
NRW.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
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Der angefochtene Gebührenbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist
rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Rechtsgrundlage für den angefochtenen Leistungsbescheid ist § 2 Abs. 1
Gebührengesetz (GebG) NRW i.V.m. der Tarifstelle 2.4.4 des Allgemeinen
Gebührentarifs (AGT) zur Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung (AVerwGebO)
NRW in der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung.
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Nach der Tarifstelle 2.4.4 des AGT zur AVerwGebO NRW sind Gebühren für die
Entscheidung über die Erteilung einer Abbruchgenehmigung einschließlich
Bauüberwachung und Bauzustandsbesichtigung sowie Bescheinigung nach § 82 Abs.
5 Satz 2 BauO NRW je nach Schwierigkeit und Umfang der baurechtlichen Prüfung zu
erheben. Dabei beträgt die Gebühr je abzubrechende bauliche Anlage 50 EUR bis
1.500 EUR (Rahmengebühr).
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Bei diesem Gebührenrahmen begegnet die Festsetzung der Gebühr in Höhe von 800,--
EUR im vorliegenden Fall keinen rechtlichen Bedenken. Denn § 9 GebG NRW räumt
der Behörde bei der Festsetzung der Gebühr innerhalb des Rahmens im Einzelfall
Ermessen ein, das hier nicht fehlerhaft ausgeübt wurde.
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Zunächst hat die Beklagte in formaler Hinsicht im angefochtenen Kostenbescheid die
Mindestanforderungen eingehalten, die § 14 Abs. 1 GebG NRW an den Inhalt einer
Kostenentscheidung stellt. Denn nach § 14 Abs. 1 GebG NRW brauchen bei
Kostenbescheiden die wesentlichen rechtlichen und tatsächlichen Gründe für die
Entscheidung nicht mitgeteilt zu werden und bedarf es jedenfalls bei der Festsetzung
einer Rahmengebühr durch Ausfüllung eines vorgegebenen Gebührenrahmens keiner
Darlegung der Gesichtspunkte, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres
Ermessens ausgegangen ist,
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vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil von
28. September 1988 - 9 A 2308/87 -.
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In inhaltlicher Hinsicht hat sich die gerichtliche Überprüfung der Gebührenentscheidung
auf die sich aus § 114 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ergebenden Grenzen zu
beschränken. Eine Ermessensüberschreitung liegt nicht vor, da der Beklagte sich bei
der Festsetzung der Gebühr in dem vom Verordnungsgeber gesetzten Rahmen
gehalten hat. Auch ein Fehlgebrauch ist nicht erkennbar, da der Beklagte die vom
Städtetag den nordrhein-westfälischen Kommunen empfohlene Gebührenrichtlinie
angewandt hat und auf diese Weise die nach § 9 Abs. 1 GebG NRW maßgeblichen
Gesichtspunkte hat einfließen lassen: Bei der Festsetzung der Gebühr muss zum einen
der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand und zum anderen die
Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen der Amtshandlung für den
Gebührenschuldner berücksichtigt werden (Äquivalenzprinzip).
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Es entspricht dabei dem Zweck von § 9 Abs. 1 GebG NRW, einen
Wahrscheinlichkeitsmaßstab anzulegen und pauschalierend von typischen Fällen
auszugehen, die einen bestimmten Verwaltungsaufwand auslösen und für den
Gebührenschuldner einen bestimmten wirtschaftlichen Wert verkörpern. Dabei muss
gewährleistet sein, dass bei nicht unerheblichen Besonderheiten im Einzelfall von der
pauschalierenden Betrachtungsweise abgewichen werden kann,
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vgl. VG Köln, Urteil vom 21. März 1996 - 11 K 4894/94 -.
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Der Beklagte hat mit der internen Anwendung der Gebührenrichtlinie zur Ausfüllung des
ihm eröffneten Gebührenrahmens sechs typische Fallgruppen festgelegt, nämlich eine
Differenzierung nach der Kubatur des abzubrechenden Raumes. Damit hat der Beklagte
eine differenzierte Typisierung für die Gebührenbemessung innerhalb des
Gebührenrahmens vorgenommen, die den Anforderungen des § 9 Abs. 1 GebG NRW
entspricht.
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Diese Differenzierung ist auch im Hinblick auf den wirtschaftlichen Wert der
Amtshandlung und den Verwaltungsaufwand sachgerecht und jedenfalls im Ergebnis
vertretbar, was in erster Linie Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle der
Ermessensausübung ist,
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vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. September 1992 - 9 A 1932/90 -.
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Entgegen der Ansicht der Klägerin erscheint es dem Gericht nicht sachgerecht zu sein,
eine auf dem freien Markt ausgehandelte Auftragssumme allein der
Gebührenbemessung zugrundezulegen, da dies aufgrund der mangelnden Transparenz
des Zustandekommens der Auftragssumme kein geeignetes Differenzierungskriterium
ist. Letztlich ist die Auswahl der Differenzierungskriterien jedoch nach den oben
stehenden Grundsätzen der Kontrolle des Gerichts entzogen, solange das Ergebnis der
Bewertung der Behörde vertretbar ist. Dies ist - wie oben dargelegt - hier der Fall.
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Auch die durch die Klägerin vorgetragenen Besonderheiten des abzubrechenden
Gebäudes (Hohlkörper ohne Zwischenwände) hätten den Beklagten nicht dazu
veranlassen müssen, von seiner pauschalierenden Handhabung der
Gebührenfestsetzung abzuweichen. Wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung
nachvollziehbar ausgeführt hat, ist der Verwaltungsaufwand für die Prüfung einer
Abbruchgenehmigung allein abhängig von der Kubatur des abzubrechenden Gebäudes
und unabhängig von der Anzahl der eingezogenen Zwischenwände.
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Schließlich führen auch die von der Klägerin genannten anderen Fälle nicht zu einer
anderen rechtlichen Bewertung des vorliegenden Falles, da die Klägerin nicht
nachvollziehbar dargestellt hat, dass die Beklagte selbst die für diesen Fall geltende
Gebührenrichtlinie in einem anderen Fall anders angewandt hat. Auch in dem Fall, den
die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 12. Oktober 2005 erwähnt, ist die
Gebührenrichtlinie des Beklagten angewandt worden.
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Die Berechnung der Gebühren ist auch auf der Grundlage der Gebührenrichtlinie
richtigerweise vorgenommen worden, so dass die Klage nach alledem unbegründet ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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