Urteil des VG Köln vom 15.04.1999
VG Köln (medien, antragsteller, bewertung, eignung, arbeit, video, anordnung, konzept, prüfer, wahrscheinlichkeit)
Verwaltungsgericht Köln, 6 L 2303/98
Datum:
15.04.1999
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 L 2303/98
Tenor:
1. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
2. Der Streitwert wird auf 4.000 DM festgesetzt.
G r ü n d e:
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Der (sinngemäße) Antrag,
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die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, die
studiengangbezogene künstlerische Eignung des Antragstellers für den Diplom-
Studiengang Audiovisuelle Medien vorläufig festzustellen,
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hat keinen Erfolg.
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Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines
vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen werden,
wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt
oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung
(Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind
glaubhaft zu machen (§ 123 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO). Führt der Erlaß der
begehrten einstweiligen Anordnung - wie es vorliegend der Fall sein würde - zu einer
Vorwegnahme der Hauptsache, sind an das Vorliegen von Anordnungsgrund und
Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen und zwar derart, daß eine
Verweisung auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren für den Antragsteller zu
schlechthin unzumutbaren Nachteilen führen und er aller Voraussicht nach im
Hauptsacheverfahren obsiegen würde. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Dabei kann dahinstehen, ob ein Anordnungsgrund vorliegt; denn jedenfalls hat der
Antragsteller den erforderlichen Anordnungsanspruch nicht dargetan und glaubhaft
gemacht.
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Im Rahmen der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen
Überprüfung kann nicht festgestellt werden, daß dem Antragsteller ein Anspruch auf
Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Feststellung der studiengangbezogenen
künstlerischen Eignung des Antragstellers für den Studiengang Audiovisuelle Medien
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mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit zusteht. Nur für diese
Eignungsfeststellung ist die Antragsgegnerin zuständig, nicht hingegen für die vom
Antragsteller - vom Wortlaut seines Antrages her - begehrte Zulassung zum Studium
Audiovisuelle Medien, die in die Zuständigkeit des Rektors der Kunsthochschule für
Medien Köln fällt, die festgestellte Eignung aber voraussetzt.
Gemäß § 2 Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 1 des Gesetzes über die Kunsthochschulen im
Lande Nordrhein-Westfalen (Kunsthochschulgesetz - KunstHG) sowie § 2 Abs. 1 der
Ordnung zur Feststellung der Eignung für den Diplom-Studiengang Audiovisuelle
Medien an der Kunsthochschule für Medien Köln vom 24.05.1996 (GABl. NW II Nr. 7/96)
- Feststellungsordnung - setzt die Zulassung für den Diplom-Studiengang Audiovisuelle
Medien neben den weiteren Voraussetzungen der Einschreibung den Nachweis der
künstlerischen Eignung für den Studiengang Audiovisuelle Medien als
studiengangbezogene Eignung voraus. Das Feststellungsverfahren gliedert sich gemäß
§ 4 der Feststellungsordnung u.a. in die Vorlage künstlerischer Arbeitsproben des
Studienbewerbers in Medien eigener Wahl (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 der Feststellungsordnung),
gegebenenfalls eine künstlerisch-gestalterische Arbeit des Studienbewerbers zu einer
von der Feststellungskommission gestellten thematischen Aufgabe mit statischen oder
bewegten Bildern und zusätzlich einem erläuternden Text (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 der
Feststellungsordnung) sowie ein gegebenenfalls notwendiges Fachgespräch. Nach § 4
Abs. 2 i.V.m. § 7 der Feststellungsordnung liegt eine studiengangbezogene Eignung
bereits dann nicht vor, wenn der Studienbewerber aufgrund seiner Arbeitsproben unter
Berücksichtigung der Bewertungskriterien nach § 6 der Feststellungsordnung für den
Studiengang nach einstimmigem Beschluß der Feststellungskommission nicht geeignet
erscheint, wobei "nicht geeignet" der Bewertung "ein Punkt" entspricht.
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So liegen die Dinge hier. Die Arbeitsproben des Antragstellers sind von den fünf
Kommissionsmitgliedern übereinstimmend mit der Note "ein Punkt" bewertet worden.
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Dies läßt sich nach den Feststellungen der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren
nicht beanstanden. Der Antragsteller kann sich zunächst nicht mit Erfolg darauf berufen,
daß das Feststellungsverfahren verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden sei, da die
Feststellungskommission nicht - wie § 5 Abs. 2 Satz 1 der Feststellungsordnung
vorsehe - aus sechs, sondern lediglich aus fünf stimmberechtigten Mitgliedern
bestanden habe. Denn ausweislich der Ausführungen im Rahmen des
Widerspruchsbescheides vom 15.10.1998 nahm vorliegend Prof. Graham-Smith gemäß
§ 5 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe a) der Feststellungsordnung im Rahmen der Kommission
ebenfalls die Vertretung des Rektors wahr, wobei gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 der
Feststellungsordnung der Vertreter des Rektors mit einem der Mitglieder aus einer der
vier Fächergruppen identisch sein kann.
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Die Kammer vermag ebenfalls nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit
festzustellen, daß der Bewertung durch die Antragsgegnerin - wie der Antragsteller
behauptet - ein unangemessener Bewertungsmaßstab zugrunde gelegt wurde. Gemäß
§ 6 der Feststellungsordnung sind der Bewertung der Arbeitsproben zur Feststellung der
künstlerischen Eignung die Kriterien Motivation zur künstlerischen und gestalterischen
Tätigkeit im Bereich der audiovisuellen Medien, künstlerische, gestalterische und
technische Fähigkeiten im Umgang mit audiovisuellen Medien, konzeptionelle
Fähigkeiten im Bereich audiovisuelle Medien sowie die sprachliche Kompetenz des
Studienbewerbers zugrunde zu legen. Nach den Ausführungen der Antragsgegnerin im
Widerspruchsbescheid vom 24.06.1998/15.10.1998 wurden die vorgelegten
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Arbeitsproben des Antragstellers nach den o.g. Kriterien des § 6 der
Feststellungsordnung bewertet und die Bewertung anhand der Kriterien im einzelnen
näher begründet. Die im Rahmen des Widerspruchsbescheides angeführten
Gesichtspunkte tragen die Bewertung der Arbeitsproben mit "nicht geeignet = 1 Punkt".
Insoweit ist für die Kammer die Zugrundelegung eines fehlerhaften
Bewertungsmaßstabes nicht erkennbar. Dies muß umso mehr gelten, als der
Antragsteller seine diesbezügliche Rüge auch nicht näher substantiiert hat. Entgegen
der Auffassung des Antragstellers ist der Bewertungsmaßstab auch nicht etwa durch
einen unabhän-gigen Sachverständigen zu ermitteln. Denn insoweit ist nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
Beschluß vom 17.04.1991 - 1 BvR 419/81, 213/83 -, NJW 1991, 2005 ff.,
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der zugrunde zu legende Bewertungsmaßstab und der den Prüfern zustehende
begrenzte Bewertungsspielraum nicht isoliert zu sehen, sondern in einem
Bezugssystem zu finden, das durch persönliche Erfahrungen und Vorstellungen der
Prüfer beeinflußt wird. Die Prüfer müssen bei ihrem wertenden Urteil von
Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Prüfungspraxis bei
vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und allgemein anwenden. In dem
Verwaltungsgerichtsprozeß eines einzelnen Kandidaten könnte das Gericht - auch mit
Hilfe eines Sachverständi-gen - die Bewertungskriterien, die für die Gesamtheit
vergleichbarer Prüflinge maßgebend gewesen sind, nicht aufdecken, um sie auf eine
nur in Umrissen rekonstruierbare Prüfungssituation anzuwenden. Es müßte eigene
Bewertungskriterien entwickeln und an die Stelle derjenigen der Prüfer setzen. Mit dem
Grundsatz der Chancengleichheit wäre es jedoch unvereinbar, wenn einzelne
Kandidaten, indem sie einen Verwaltungsprozeß anstrengten, die Chance einer vom
Vergleichsrahmen unabhängigen Bewertung erhielten.
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Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist auch die Bewertung der Arbeitsproben
im wesentlichen erkennbar und nachvollziehbar und im Rahmen der im vorläufigen
Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung nicht zu
beanstanden. So wurde die Motivation des Antragstellers zur künstlerischen und
gestalterischen Tätigkeit im Bereich der audiovisuellen Medien mit "nicht geeignet = 1
Punkt" bewertet und im Widerspruchsbescheid vom 24.06.1998/15.10.1998 ausgeführt
sowie im Rahmen des Erörterungstermins vom 13.04.1999 anhand der vom
Antragsteller vorgelegten Arbeit zu der von der Feststellungkommission gestellten
Aufgabe zum Thema "Fetisch" sowie der Arbeitsproben vertieft, daß eine eigene
Motivation des Antragstellers zur künstlerischen und gestalterischen Tätigkeit im
Bereich der audiovisuellen Medien den eingereichten Arbeitsproben sowie der
thematischen Arbeit nicht zu entnehmen sei. Vielmehr beweise der Antragsteller durch
die Auswahl seiner Arbeitsproben - von denen allein sechs Zeichnungen die
Darstellungen von Zwiebeln beträfen -, daß er vielleicht mit Fleiß Aufgaben löse, sich
jedoch nicht mit eigenen originellen Ideen auseinandersetze. Dabei ließen die
vorgelegten Ausarbeitungen u.a. auch vermissen, daß hierin die Sicht der Medienkunst,
wie sie an der Kunsthochschule für Medien Köln gelehrt werde, ihren Ausdruck finde.
Der Antragsteller ist dem nicht substantiiert entgegen getreten. Ebenfalls wurden die
künstlerischen, gestalterischen und technischen Fähigkeiten des Antragstellers im
Umgang mit audiovisuellen Medien mit "nicht geeignet = 1 Punkt" bewertet. Im
Widerspruchsbescheid vom 24.06.1998/15.10.1998 wurde zur Begründung der
Bewertung dargelegt sowie im Rahmen des Erörterungstermins am 13.04.1999 anhand
der Arbeiten des Antragstellers weiter erläutert, daß die vorgelegten Arbeitsproben und
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auch die Arbeit zum Thema "Fetisch" sowohl zeichnerisch als auch handwerklich bei
weitem nicht den Anforderungen genügten. Darüber hinaus seien die Zeichnungen zum
Teil lediglich - noch dazu schlecht - aufgeklebt. Gleiches gelte für die Beschriftung der
Bestandteile der Arbeit zum Thema "Fetisch", die darüber hinaus lediglich mit Hilfe
eines Computers ausgedruckt und aufgeklebt worden sei, und in ihrer Einheitlichkeit
wesentliche gestalterische Elemente vermissen lasse. Mit den zum Thema "Fetisch"
vorgelegten, teilweise aus der Werbung (u.a. Levis) entnommenen Bildern, zeige der
Antragsteller zwar, daß er mit gefundenem Material umgehen könne. Es werde jedoch
den an die Phantasie des Studienbewerbers sowie seine künstlerischen und
gestalterischen Fähigkeiten zu stellenden Anforderungen nicht gerecht, das gefundene
Material lediglich mit einem - aufgeklebten - Slogan zu versehen. Das Video genüge
sowohl dramaturgisch als auch handwerklich bei weitem nicht den Anforderungen. Die
dem Video beigefügten Zeichnungen hätten ebenfalls handwerkliche wie technische
Mängel und erfüllten die Funktion eines, von einem Studienbewerber des Studiengangs
Audiovisuelle Medien zu erwartenden Storyboards nicht. Ein Storyboard gebe
üblicherweise einen umfassenden Überblick über das, was von dem Videofilm zu
erwarten sei und enthalte insbesondere Erläuterungen zu Ton, Kameraführung,
Beleuchtung etc.. Dieser Funktion würden die als `erste Visualisierung der Szenerie´
beigefügten Zeichnungen des Antragstellers in keiner Weise gerecht. Wenn der
Antragsteller gegen die Bewertung seiner künstlerischen, gestalterischen und
technischen Fähigkeiten einwendet, die Entwicklung, die sich in den einzelnen
Bestandteilen seiner Arbeitsproben widerspiegele, sei bei der Bewertung nicht
hinreichend berücksichtigt worden, so ist dem im Rahmen des Erörterungstermins
zurecht entgegen gehalten worden, daß für das Vorliegen der künstlerischen Eignung
der Zeitpunkt der Bewerbung maßgeblich sei und zum Zwecke der Teilnahme am
Feststellungsverfahren eine gezielte Auswahl aus den Arbeitsproben erfolge, die auch
im Bewerbungszeitpunkt noch die künstlerischen, gestalterischen und technischen
Fähigkeiten des Antragstellers wiedergäben. Dem ist der Antragsteller ebenfalls nicht
substantiiert entgegen getreten. Auch die konzeptionellen Fähigkeiten des
Antragstellers im Bereich der audiovisuellen Medien wurden mit "nicht geeignet = 1
Punkt" bewertet. Zur Begründung wurde in dem Widerspruchsbescheid vom
24.06.1998/15.10.1998 ausgeführt, das Video lasse ein Konzept weitgehend vermissen
und habe keine für die Kommission erkennbare Dramaturgie. Auch bei der
Zusammenstellung der restlichen Arbeiten fünde sich kein besonderes Konzept. Die
Zeichnungen seien zum Beispiel zu wild gemischt und entbehrten einer für die
Feststellungskommission erkennenbaren Konzeption, die jedoch erwartet werden
müsse. Soweit der Antragsteller hiergegen einwendet, gemäß der Ansicht einiger - nicht
näher bezeichneter - Fachkundiger basiere das Video sehr wohl auf einem erkennbaren
Konzept, das Paradigma, bestehend aus Exposition, Konfrontation und Auflösung, sei
vorhanden und für den Zuschauer nachvollziehbar, ist ein Bewertungsfehler nicht
feststellbar. Insoweit ist die Rüge des Antragstellers bereits unsubstantiiert, da seine
Ausführungen im wesentlichen lediglich seiner eigenen Wertung oder der anderer, nicht
der Feststellungkommission angehörender Personen, das Video beruhe sehr wohl auf
einem erkennbaren Konzept, entsprechen, eine Darlegung, in welcher Hinsicht im
einzelnen der Antwortspielraum des Prüflings verkannt worden sei oder objektiv
willkürliche prüfungsspezifische Wertungen getroffen worden seien, jedoch unterbleibt.
Ebenfalls wurde die sprachliche Kompetenz des Antragstellers mit "nicht geeignet = 1
Punkt) bewertet. Zur Begründung wurde im Widerspruchsbescheid vom
24.06.1998/15.10.1998 ausgeführt sowie im Rahmen des Erörterungstermins erläutert,
das Drehbuch erfülle die sprachlichen Anforderungen nicht. Darüber hinaus beständen
auch die Texte im Rahmen der von der Feststellungskommission gestellten
thematischen Arbeit im wesentlichen aus banalen Wortspielen, teilweise mit `kölschem
Einschlag´. Dem ist der Antragsteller ebenfalls nicht substantiiert entgegen getreten, so
daß auch insoweit eine fehlerhafte Bewertung im Hinblick auf die künstlerische Eignung
durch den Antragsteller nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit dargelegt
ist.
Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die
Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG, wobei die Kammer die
Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzusetzenden gesetzlichen
Auffangstreitwertes von 8.000 DM in Ansatz gebracht hat.
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