Urteil des VG Köln vom 02.06.2006
VG Köln: prüfer, betriebswirtschaftslehre, wiederholung, klausur, privatdozent, glaubhaftmachung, form, anerkennung, erlass, wahrscheinlichkeit
Verwaltungsgericht Köln, 6 L 571/06
Datum:
02.06.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 L 571/06
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
2. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der (sinngemäße) Antrag des Antragstellers,
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den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller
vorläufig zu einer erneuten Fachprüfung im Fach Betriebswirt- schaftslehre B im
Studiengang Betriebswirtschaftslehre zuzulassen und „auf Basis des
Prüfungsergebnisses ein vorläufiges Prüfungszeugnis auszustel- len",
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hat keinen Erfolg.
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Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 Abs. 1
Satz 2 VwGO sind nicht erfüllt. Denn der Antragsteller hat nicht den erforderli- chen
Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) glaubhaft gemacht.
Es kann im Rahmen dieses Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechts- schutzes
nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon aus- gegangen
werden, dass der Antragsteller ein weiteres Mal die Fachprüfung im Fach
Betriebswirtschaftslehre B wiederholen kann. Dies setzte voraus, dass jedenfalls ei- ner
der drei von ihm absolvierten Prüfungsversuche, über die sämtlichst noch nicht
bestandskräftig entschieden worden sind, rechtsfehlerhaft durchgeführt worden wäre.
Dies kann - beim gegenwärtigen Verfahrensstand - nicht festgestellt werden.
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Die Einwendungen des Antragstellers gegen die drei durchgeführten Prüfungs-
versuche greifen nicht durch. Soweit der Antragsteller im Einzelnen rügt, dass das
durchgeführte Bewertungsverfahren rechtsfehlerhaft sei, ist dieser Einwand bereits nicht
geeignet, die erstrebte Rechtsfolge herbeizuführen. Denn Bewertungsmängel führen
lediglich zu einer erneuten Bewertung der Prüfungsleistung, nicht aber zu ei- ner
Wiederholung einer Prüfungsleistung. Die Wiederholung einer Prüfungsleistung kann
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dann beansprucht werden, wenn das Verfahren bei der Leistungserbringung fehlerhaft
gewesen ist.
Die Aufgabenstellung und das Verfahren bei der Leistungserbringung in den drei
fraglichen Prüfungsversuchen sind, soweit es im vorläufigen Rechtsschutzverfahren
übersehen werden kann, nicht zu beanstanden. Im Einzelnen ist zu den Einwendun-
gen des Antragstellers Folgendes festzustellen: Die teilweise Anerkennung des
Antwortwahlverfahrens in den Klausuren ist nicht ver- fahrensfehlerhaft, da nach § 3
Abs. 4 Satz 3 der DPO in der Fassung der 3. Ände- rungsverordnung vom 18.8.2004
(Amtl. Mitteilung der Universität zu Köln 40/2004) im Grundstudium Fachprüfungen zur
Gänze oder in Teilen in Form von Multiple- Choice-Aufgaben gestellt werden können.
Einer ausdrücklichen gesetzlichen Er- mächtigung im Hochschulgesetz (HG) NRW
bedurfte es hierzu nicht. Für das Ärztli- che Prüfungsrecht hat das
Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 14.3.1989
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1 BvR 1033/82, 174/84 - BVerfGE 80,1 = NVwZ 1989, 850 entschieden, dass der
Bundesgesetzgeber verfassungsrechtlich nicht gehalten ist, ausdrückliche Regelungen
über den Prüfungsstoff und die Bestehensvoraussetzun- gen sowie über die
Anwendung des Multiple-Choice-Verfahrens zu treffen. Vielmehr könne diese Fragen
der Verordnungsgeber, somit das untergesetzliche Rechtsset- zungsorgan, regeln.
Ebenfalls ist es dann dem untergesetzlichen Rechtssetzungsor- gan anheim gestellt zu
entscheiden, ob ein Antwort-Wahl-Verfahren genauso aus- gestaltet wird wie in der
Ärztlichen Approbationsordnung oder ob abweichende Re- gelungen getroffen werden.
Das gilt jedenfalls so weit, als nicht das Leistungsbe- messungsverfahren die Grenze
der Untauglichkeit erreicht. Ebenfalls kann nicht an- genommen werden, dass ein
Verfahrensfehler insoweit vorgelegen hat, als dem An- tragsteller die Art des
Bewertungsverfahrens in den drei Klausuren im Vorhinein un- bekannt gewesen ist.
Insoweit hat der Antragsgegner unwidersprochen vorgetragen, dass die fragliche
Bestehensregelung seit Jahren üblich sei. Darüber hinaus dürfte kein Rechtsanspruch
des Prüflings darauf bestehen, im Vorhinein Bestehensrege- lungen in ihren
Einzelheiten zu erfahren. Dies folgt daraus, dass jeweils der einzelne Prüfer diese
Bestehensregelungen jedes Mal für sich neu festlegen könnte und zu- dem in vielen
Prüfungsbereichen - wie z.B. bei juristischen Staatsprüfungen - ein Punktesystem wie
vorliegend überhaupt nicht denkbar ist.
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Es ist auch nicht feststellbar, dass die drei Klausuren insoweit verfahrensfehlerhaft als
Aufgabe gestellt worden wären, als „Teilprüfungen" erfolgt wären. Der Antragsteller
verkennt, dass es sich bei den drei Prüfungen jeweils um eine einheitliche Prüfung
handelt, die indessen in zwei Themenbereiche aufgeteilt worden ist, die gesondert mit
Punktwerten versehen worden sind, dass aber beide Teile der Klausur zu einer
einheitlichen Bewertung der Gesamtleistung geführt haben. Schließlich vermag der
Antragsteller auch nicht damit durchzudringen, wenn er gel- tend macht, er bestreite mit
Nichtwissen, dass der Prüfer Privatdozent Dr. S. ein ordnungsgemäßer Prüfer sei. Ein
Bestreiten mit „Nichtwissen" genügt für die Glaubhaftmachung eines
Anordnungsanspruchs bereits nicht. Darüber hinaus sieht die Kammer keinerlei
Anhaltspunkte dafür, dass der Genannte nicht ordnungs- gemäß gem. § 5 Abs. 2 Satz 2
DPO als Prüfer bestellt worden wäre. Nach dieser Satzungsbestimmung können auch
andere als Professoren zu Prüfern bestellt wer- den, wenn sie in dem betreffenden Fach
eine selbstständige Lehrtätigkeit ausüben. Der Antragsteller hat keine konkreten
Hinweise dafür vorgetragen, dass der genann- te Prüfer diese Voraussetzungen nicht
erfüllt. Der Antragsgegner hat die schriftliche Bestellung als Prüfer vom 03.04.2003
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vorgelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt
aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG, wobei die Hälfte des Auffangstreitwertes mit
Rücksicht auf die Vorläufigkeit des vorliegenden Rechtsschutzverfahrens zugrunde
gelegt worden ist.
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