Urteil des VG Köln vom 11.02.2004
VG Köln: wissenschaft und forschung, beamtenverhältnis, kunst, geburt, sport, probe, ausnahme, altersgrenze, lehrer, staatsprüfung
Verwaltungsgericht Köln, 3 K 1517/01
Datum:
11.02.2004
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 K 1517/01
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d
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Die am 28.03.1962 geborene Klägerin nahm im Sommersemester 1983 ein Stu- dium
an der Deutschen Sporthochschule in Köln auf, das sie im Sommersemester 1991 mit
der Diplomsportlehrerprüfung abschloss. 1990 wurde die Tochter D. geboren. Im
Wintersemester 1991/92 nahm die Klägerin das Studium für das Lehr- amt Deutsch für
die Sekundarstufe II und für das Lehramt für die Sekundarstufe I mit den Fächern Kunst
und Sport auf. 1993 wurde der Sohn M. geboren. Am 25.11.1997 bestand die Klägerin
die Erste Staatsprüfung für das Lehramt für die Se- kundarstufe I in den Fächern Kunst
und Sport. Mit Wirkung vom 01.02.1998 wurde sie unter Berufung in das
Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Anwärterin für das Lehramt für die Sekundarstufe I
ernannt. Am 31.01.2000 bestand sie die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt für die
Sekundarstufe I. Zum 11.02.2000 wurde die Klägerin als Lehrerin im
Angestelltenverhältnis für die Sekundarstufe I, zunächst be- fristet, dann ab dem
02.05.2000 in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis zum Land Nordrhein-Westfalen
eingestellt. Die Einstellung erfolgte an der Gesamtschule U. auf eine zu besetzende
Stelle für die Sekundarstufe I in den Fächern Kunst und Sport.
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Mit Schreiben vom 06.05.2000 beantragte die Klägerin ihre Übernahme in das
Beamtenverhältnis zum nächstmöglichen Zeitpunkt und bat um Berücksichtigung ihrer
Kindererziehungszeiten. Sie machte geltend, ihre Einstellung in den Schuldienst habe
sich insgesamt um 4 Jahre und 7 Monate wegen Schwangerschaften und Kin-
dererziehungszeiten verzögert. Ihr Mann sei während dieser Zeit durchgehend voll
berufstätig gewesen. Die Verzögerung ergebe sich aus der folgenden Aufstel- lung:
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01.04.83 - 30.08.90 Studium an der Deutschen Sporthochschule Köln 01.09.89 -
15.01.90 Unterbrechung des Studiums wegen schwieriger Schwangerschaft 15.01.90
Geburt der Tochter D. 15.01.90 - 31.03.91 Betreuung von D. 01.04.91 - 30.10.91
Abschluss des Sportstudiums mit Diplom an der DSHS 01.09.91 - 15.12.92 Studium des
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Fachs Kunst an der Universität Köln
16.12.92 - 15.02.93 Mutterschutz wegen zweiter Schwangerschaft und Geburt des
Sohnes M. 15.02.93 - 31.01.96 Kinderbetreuung von M. 01.02.96 - 31.12.97
Wiederaufnahme des Studiums an der Universität Köln und Abschluss Kunst Sek. I
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Mit Bescheid vom 31.08.2000 lehnte die Bezirksregierung Köln den Antrag der Klägerin
auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe ab und führte zur Begründung aus:
Gemäß § 6 Abs. 1 der Laufbahnverordnung - LVO - in Verbindung mit § 52 Abs. 1 LVO
dürfe als Bewerber für eine Lehrerlaufbahn in das Beamtenverhältnis auf Probe
eingestellt werden, wer das 35. Lebensjahr noch nicht vollendet habe. Zum Zeitpunkt
ihrer Einstellung habe die Klägerin das 35. Lebensjahr bereits überschritten gehabt.
Ausnahmen von der Höchstaltersgrenze seien gemäß § 6 LVO nur zulässig, wenn sich
die Einstellung oder Übernahme wegen der Geburt eines Kindes oder wegen der
tatsächlichen Betreuung eines Kindes unter 18 Jahren verzögert habe. Eine tatsächliche
Verzögerung der Einstellung aus den genannten Gründen dürfe aber nur dann
ausgeglichen werden, wenn die Kinderbetreuung allein ursächlich für die verspätete
Einstellung gewesen sei. Aus dem Lebenslauf der Klägerin gehe hervor, dass sie nach
ihrer Schulausbildung zunächst an der Deutschen Sporthochschule studiert habe und
1991 die Diplomsportlehrerprüfung bestanden habe. Dann erst habe sie das Studium für
das Lehramt für die Sekundarstufe I aufgenommen. Ihre Einstellung nach vollendetem
35. Lebensjahr sei demnach nicht allein durch die Kinderbetreuung verzögert worden.
Der Kausalzusammenhang sei durch die zunächst anderweitige Ausbildung, dem
Studium an der Sporthochschule, unterbrochen worden. Eine Ausnahme von der
Höchstaltersgrenze sei daher leider nicht möglich.
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Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 09.09.2000 Wider- spruch
ein, zu dessen Begründung ihr Prozessbevollmächtigter vortrug: Die gegebe- ne
Ablehnungsbegründung halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Es sei nämlich
sehr wohl davon auszugehen, dass die Notwendigkeit der Kindesbetreuung tatsächlich
kausal für die verspätete Einstellung gewesen sei. Es sei richtig, dass die Klägerin mit
dem Sommersemester 1982 das Studium an der Sporthochschule be- gonnen habe.
Seinerzeit sei offiziell im Bereich der Berufsberatung darauf hingewie- sen worden, dass
eine derartige Ausbildung zum Diplomsportlehrer mit hoher Wahr- scheinlichkeit zur
Einstellung in den Schuldienst führen werde. Vor diesem Hinter- grund sei es der
Klägerin keinesfalls anzulasten, dass sie das Studium an der Sport- hochschule
begonnen habe. Es könne insbesondere nicht davon die Rede sein, dass hier der
Kausalzusammenhang durch die zunächst anderweitige Ausbildung unter- brochen
worden sei. Vielmehr habe das Studium an der Sporthochschule zum Er- werb des
Abschlusses Diplomsportlehrerin geführt, was auch eine Voraussetzung dafür gewesen
sei, dass inzwischen die Übernahme in ein Dauerbeschäftigungsver- hältnis erfolgt sei.
Dass die Klägerin ab dem 01.09.1989 das Studium habe unterbre- chen müssen, weil
es Probleme in der Schwangerschaft gegeben habe, und dass nach der Geburt der
Tochter D. Betreuungsnotwendigkeit bis zum 31.03.1991 bestanden habe, sei bereits
dargelegt worden. Die Anerkennung dieser Zeiten als Betreuungszeiten dürften
ernstlich nicht in Zweifel gezogen werden. Ab dem 01.04.1991 habe die Klägerin das
Sportstudium wieder aufgenommen und die Ab- schlussprüfung am 30.10.1991
bestanden. Auch insoweit könne nicht in Zweifel ge- zogen werden, dass hier eine
kontinuierliche Ausbildung mit der Perspektive: Tätig- keit im Lehramt absolviert worden
sei. Die Immatrikulation mit Beginn des Winterse- mesters 1991/92 sei deshalb erfolgt,
weil zu dieser Zeit die einschlägigen Beratungs- stellen dahingehend informiert hätten,
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dass zur Verbesserung der Einstellungschan- cen das Fach Kunst studiert werden solle.
Von daher sei auch der Beginn und in der Folge vorgenommene Abschluss des
Studiums - unterbrochen durch die Mutter- schutzfristen ab dem 16.12.1992 und die sich
bis zum 31.06.1996 anschließende Betreuung - nicht im mindesten zu beanstanden. Am
25.11.1997 habe die Klägerin sodann die 1. Staatsprüfung für die Sekundarstufe I
absolviert, mit Wirkung vom 01.02.1998 an habe sie den Vorbereitungsdienst begonnen
und die 2. Staatsprüfung für die Sekundarstufe I sodann am 29.10.1999 bestanden.
Einmal abgesehen davon, dass das Studium an der Sporthochschule sehr wohl
unerlässlich gewesen sei, damit die Einstellung in das Dauerbeschäftigungsverhältnis
habe vorgenommen werden können, sei im Übrigen darauf hinzuweisen, dass aufgrund
dieses Diploms jedenfalls dann, wenn die Schulleitung hiermit einverstanden sei, die
Klägerin befugt sei, im Bereich der Sekundarstufe II zu unterrichten und Abiturprüfungen
abzunehmen. Es könne also nicht davon die Rede sein, dass das Sportstudium die
Kausalität unter- brochen habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2001 wies die Bezirksregierung Köln den
Widerspruch der Klägerin zurück, wobei sie sich im Wesentlichen auf die Gründe des
Ausgangsbescheides stützte. Ergänzend wurde ausgeführt: Der berufliche Werdegang
der Klägerin lasse eindeutig erkennen, dass die Geburt der Tochter D. nicht allein
ursächlich für die späte Bewerbung für den Lehrerberuf gewesen sei. Die Klägerin habe
den Ausbildungsweg zum Lehrer der Sekundarstufe I nicht in ununterbrochener
zeitlicher Abfolge durchlaufen. Vielmehr habe sie zunächst Sport mit dem
Studiumabschluss Diplom studiert. Selbst wenn ihr Diplomsportstudium zur Ausbildung
für das Lehramt für die Sekundarstufe I angerechnet werde, so habe die Klägerin die
Regelstudienzeit von 8 Semestern für das Studium an der Deutschen Sporthochschule
zum Zeitpunkt der Geburt ihrer Tochter bereits mit ca. 13 Semestern überschritten
gehabt. Erst anschließend habe sie Kunst und Sport für das Lehramt für die
Sekundarstufe I studiert. Die Ausbildung zum Lehrer der Sekundarstufe I stelle eine
anderweitige Ausbildung dar, die dazu geführt habe, dass die Klägerin vor Vollendung
ihres 35. Lebensjahres nicht habe eingestellt werden können. Dieser Tatbestand und
nicht die Kinderbetreuung seien kausal für die Überschreitung der Höchstaltersgrenze
gewesen. Auch durch die angegebenen Hinweise der Berufsberatungsstelle, dass
sowohl die Ausbildung zum Diplomsportlehrer als auch das Studium Kunst mit hoher
Wahrscheinlichkeit zur Einstellung in den Schuldienst führen werde, lasse sich kein
Anspruch auf die Übernahme in das Beamtenverhältnis begründen. Der Hinweis, dass
die Klägerin mit Zustimmung des Schulleiters in der Sekundarstufe II unterrichten dürfe,
sei mögli- cherweise zutreffend, für die Einstellung sei dies jedoch nicht zwingende
Vorausset- zung gewesen. An der Gesamtschule U. zu besetzen gewesen sei eine
Stelle für die Sekundarstufe I in den Fächern Kunst und Sport. Der Abschluss als
Diplomsportlehrerin sei nicht gefordert gewesen. Eine Ausnahme von der
Höchstaltersgrenze für die Übernahme in das Beamtenverhältnis sei daher auch nach
nochmaliger Prüfung nicht möglich. Es müsse daher bei der Beschäftigung der Klägerin
im Angestelltenverhältnis bleiben.
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Am 22.02.2001 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben und sich zur
Begründung im Wesentlichen auf ihr Vorbringen auf dem Vorverfahren gestützt.
Ergänzend macht ihr Prozessbevollmächtigter geltend: Die gesamte Lebenssituation
der Klägerin bleibe in den Bescheiden der Bezirksregierung Köln vollständig
unberücksichtigt. Die Klägerin habe nach entsprechenden Hinweisen der
Berufsberatung eine Modifizierung der Ausbildung vorgenommen. Die Klägerin habe
ihren Studiengang so ausgerichtet, um künftiger Beschäftigungslosigkeit zu entgehen.
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Nunmehr werde ihr dies negativ angekreidet und ihr werde vorgehalten, sie habe
hierbei die Altersgrenze überschritten. Die Ausbildung habe sich auch dadurch
verzögert, weil die Klägerin Mutter eines Kindes geworden sei. Von daher sei zu fragen,
ob nicht der grundgesetzlich geforderte Schutz von Ehe und Familie es bereits gebiete,
die Klägerin in das Beamtenverhältnis zu übernehmen. Das beklagte Land habe
jederzeit die Möglichkeit, die Klägerin bei der derzeit bestehenden Rechtslage in das
Beamtenverhältnis zu übernehmen, wenn das Fachministerium sowie das
Innenministerium und das Finanzministerium zustimmten. Diese Zustimmung sei in
vergleichbaren Fällen vor 1990 regelmäßig erteilt worden. Die Klägerin werde als eine
Lehrkraft, die sich intensiv um optimale Qualifikation und die Schaffung bester
Einstellungsvoraussetzungen bemüht habe, abgelehnt und als Mutter eines Kindes
sozial schlechter gestellt, als dies bei anderen Lehrkräften der Fall sei. Schließlich sei
noch zu berücksichtigen, dass die nach der LVO NW geltende Höchstaltersgrenze
gegen Gemeinschaftsrecht der EU verstoße, weshalb das Verfahren gegebenenfalls
auszusetzen und dem EUGH vorzulegen sei.
Die Klägerin beantragt,
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das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung Köln vom
31.08.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2001 zu verpflichten,
sie in das Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen.
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Das beklagte Land beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Es stützt sich zur Begründung im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide und
macht ergänzend geltend: Eine Übernahme des Beamtenverhältnisses auf Probe sei
auch aufgrund der Ausnahmeregelung des § 84 Abs. 1 LVO nicht möglich. Zwar habe
das Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung mit Erlass vom 22.12.2000
eine generelle Ausnahme nach § 84 LVO von der laufbahnrechtlichen
Höchstaltersgrenze zugelassen für Bewerberinnen und Bewerber, die das Lehramt der
Sekundarstufe I für die Sekundarstufe II oder für beide Lehrämter an allgemeinbildenden
Schulen mit den Unterrichtsfächern Chemie, Englisch, Hauswirtschaft, Informatik, Kunst,
Mathematik, Musik, Physik, Sozialwissenschaften, Technik, Evangelische Religion,
Latein und Sport. Diese Ausnahmegenehmigung ermögliche ein Überschreiten der
Höchstaltersgrenze um längstens 10 Jahre: Sie gelte aber ausdrücklich nur zur
Gewinnung neu einzustellender Bewerber; laufbahnrechtlich überaltete Lehrerinnen
und Lehrer, die bereits im Angestelltenverhältnis beschäftigt seien, dürften von ihr nicht
erfasst werden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Der Bescheid des Beklagten vom 31.08.2000 und sein Widerspruchsbescheid vom
26.01.2001 sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113
Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe.
Dem Begehren steht die Überschreitung des laufbahnrechtlich vorgeschriebenen
Höchstalters von 35 Jahren (§ 52 Abs. 1 LVO) entgegen. Diese Höchstaltersgrenze hat
die am 28.03.1962 geborene Klägerin bereits am 29.03.1997 überschritten.
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Die Bestimmung der Höchstaltersgrenze durch Rechtsverordnung (§ 52 Abs. 1 LVO) auf
der Grundlage des § 15 LBG steht auch im Einklang mit höherrangigem deutschen
Recht,
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ständige Rechtsprechung: vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 18.06.1998 - 18 2 C 20/97 -,
DÖD 1999, 139 f, m.w.N..
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Derartige an das Alter des Bewerbers anknüpfende Beschränkungen sollen die
Dienstzeit mit dem Anspruch auf Versorgung während des Ruhestandes in ein
angemessenes Verhältnis stellen und eine ausgewogene Altersstruktur in den
jeweiligen Lauf-bahnen gewährleisten.
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Zweifel an der Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht hat das Gericht nicht. Insbe-
sondere ergeben sich solche nicht aus den vom klägerischen Prozessbevollmächtigten
vorgelegten Unterlagen. Diese beziehen sich zunächst ausschließlich auf die
Problematik der Höchstaltersgrenzen für das Auswahlverfahren zwischen solchen
Bewerbern, die eine Stelle bei einer Gemeinschaftsinstitution der EU anstreben. Dabei
war Ausgangspunkt der Überlegungen, dass in über der Hälfte der Mitgliedsstaaten
Alters-grenzen für den öffentlichen Sektor bestimmt sind, insoweit aber unterschiedliche
Altersgrenzen ab 35 Jahren gelten und die für die Anstellung bei einer
Gemeinschaftsinstitution zuständigen Behörden je nach Institution verschiedene
Altersgrenzen angewandt haben. Gerade die Anwendung unterschiedlicher
Altersgrenzen sowie die sich daraus ergebende Gefahr einer nicht gerechtfertigten
Ungleichbehandlung (Diskriminierung aus Altersgründen) waren maßgebliche Gründe
für die Initiative des Bürgerbeauftragten. Die Gefahr einer diskriminierenden
Ungleichbehandlung aus Altersgründen wohnt der Regelung des § 52 Abs. 1 LVO
jedoch nicht inne, weil die darin bestimmte Altersgrenze zunächst für alle
Laufbahnbewerber gleichermaßen gilt und durch die an das Alter des Bewerbers
anknüpfende Beschränkungen die Dienstzeit mit dem Anspruch auf Versorgung
während des Ruhestandes in ein angemessenes Verhältnis gestellt sowie und eine
ausgewogene Altersstruktur in den jeweiligen Laufbahnen gewährleistet werden soll.
Soweit Ausnahmen zugelassen sind (§§ 6 Abs. 1, 84 Abs. 1 LVO) führt dies nicht zu
einer Ungleichbehandlung (Diskriminierung), weil insoweit besonderen Fallgruppen
Rechnung getragen wird bzw. getragen werden kann, die sich gerade in wesentlichen
Umständen von den übrigen Laufbahnbewerbern unterscheiden. Ein Verstoß gegen die
mit Schriftsatz des klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 14.06.2002 vorgelegte
Richtlinie 2000/78/EG vom 27.11.2000, hier insbesondere Art. 1 und 6, liegt damit
ungeachtet der Frage nach der Reichweite der in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie getroffenen
Rege- lung auch inhaltlich nicht vor.
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Eine Ausnahme von der Altersgrenze liegt im Falle der Klägerin nicht wegen der von ihr
angegebenen Zeiten der Kindererziehung und -betreuung vor. § 6 Abs. 1 Satz 3 LVO
(inhaltlich übereinstimmend mit § 6 Abs. 1 Satz 2 LVO a.F.) rechtfertigt die
Überschreitung der Altersgrenze nicht. Danach darf die Altersgrenze zwar, wenn sich
die Einstellung oder Übernahme wegen der Geburt eines Kindes oder wegen der
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tatsächlichen Betreuung eines Kindes unter 18 Jahren verzögert hat, im Umfang der
Verzögerung, höchstens um 3, bei mehreren Kindern um 6 Jahre überschritten werden.
Die Vorschrift führt aber nicht zu einem für die Klägerin günstigen Ergebnis. Die Geburt
und Betreuung ihrer Kinder waren nicht - wie nach der ständigen obergerichtlichen
Rechtsprechung erforderlich,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 06.07.1994 - 6 A 1726/93, ZBR 1995, 202 sowie Beschlüsse
vom 10.11.1995 - 6 A 3465/95 - und 09.09.1997 - 6 A 4144/94 -m.w.N.
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die entscheidende (unmittelbare) Ursache dafür, dass die Klägerin nicht vor der
Vollendung ihres 35. Lebensjahres als Lehrerin eingestellt wurde.
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An diesem Kausalitätserfordernis hält das OVG NRW auch in seiner jüngeren
Rechtsprechung fest,
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vgl. OVG NRW, Urteil vom 28.05.2003 - 6 A 510/01 -.
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Hier ist die Überschreitung der Höchstaltersgrenze nicht entscheidend durch die
Kinderbetreuungszeiten bedingt, sondern durch den Umstand, dass die Klägerin
zunächst ein Studium als Diplomsportlehrerin absolviert hat. Zum Zeitpunkt der Geburt
ihrer Tochter D. 1990 hatte sie bereits 13. Semester in diesem Studium, das für die
Aufnahme des Lehramtsstudiums keine Voraussetzung war, absolviert. Hierin und nicht
in den sich anschließenden Kinderbetreuungszeiten ist die entscheidende Ursache für
die Überschreitung der Höchstaltersgrenze zu sehen.
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Eine Ausnahme war hier auch nicht aufgrund des Erlasses des Ministeriums für Schule,
Wissenschaft und Weiterbildung vom 22.12.2000 - 121/22/03 NRW 1050/00 - geboten.
Die darin getroffene Regelung bezieht sich nur auf neu einzustellende, nicht aber auf
bereits im Dienst befindliche Lehrkräfte. Die darin getroffene Differenzierung verstößt
nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der aus dem Erlass ersichtliche Zweck, neu
einzustellende Lehrkräfte in Mangelfächer zu gewinnen, stellt ein sachlich vertretbares
und damit hinreichendes Differenzierungskriterium dar, um die bereits im öffentlichen
Dienst beschäftigten Lehrer von einer Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe
trotz Überschreitens der Höchstaltersgrenze in rechtmäßiger Weise auszuschließen.
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vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.05.2000 - 6 E 493/01.
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Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin aus sonstigen Gründen einen
Anspruch auf eine Ausnahmeregelung nach § 84 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LVO hat. Dass bei
dieser Sachlage die Bezirksregierung Köln gar nicht erst um die Entscheidung des
Innenministeriums und des Finanzministeriums NW über eine Ausnahme nach § 84
Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 LVO nachgesucht hat, ist nicht zu beanstanden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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