Urteil des VG Köln vom 26.11.2008

VG Köln: instruktor, schüler, test, beruf, ausstellung, ausbildung, qualifikation, steuerbefreiung, vollstreckung, vorverfahren

Verwaltungsgericht Köln, 23 K 1481/07
Datum:
26.11.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
23. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
23 K 1481/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens .
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die
Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt zu
vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die
Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von
110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d
1
Die Klägerin ist am 00.00.0000 geboren. Sie legte am 15. Juni 1982 das Abitur ab und
bestand am 22. Juni 1984 die Rechtsanwalts-Gehilfen-Prüfung. Vom 01. Juli 1984 bis
zum 02. März 1989 war sie bei der HUK-Coburg Versicherung als
Schadensachbearbeiterin tätig. Seit dem 24. Juli 2003 ist die Klägerin Franchise-
Nehmerin der L. GmbH und betreibt selbständig ein L. -Lerncenter in der C.-----straße 00
in Köln-X.-- .
2
Mit Schreiben vom 09. Mai 2005 stellte sie bei der Beklagten für das von ihr als
Instruktorin betriebene L. -Lerncenter rückwirkend zum 01. Januar 2005 einen Antrag auf
Ausstellung einer Bescheinigung zur Befreiung von der Umsatzsteuer. Zur Begründung
gab sie an, das Lerncenter bereite als allgemeinbildende Einrichtung im Bereich der
Mathematik mit der L. -Methode ordnungsgemäß auf den Haupt- und
Realschulabschluss sowie auf das Abitur, also auf Prüfungen für juristische Personen
des öffentlichen Rechts, vor. Sie führte weiterhin aus, die L. -Methode sei ein
individualisiertes Selbstlernprogramm, das Kinder aller Altersgruppen und Begabungen
fördere. Für die Mathematik existiere ein Mathematik-Programm, welches in 23
Lernstufen gegliedert sei und von Übungen zur Mengenerfassung und Sensormotorik
auf Vorschulniveau, bis zu mathematischen Problemen des 10. bis 13. Schuljahres
reiche. Der behandelte Mathematikstoff sei annähernd deckungsgleich mit dem
schulischen Lehrplan. Die Unterstützung bei schulischen Hausaufgaben gehöre
genauso wenig zum Leistungsumfang, wie die Vorbereitung auf konkrete Klausuren.
3
Das Mathematikprogramm bestehe aus insgesamt rund 4.450 standardisierten, von
Pädagogen entworfenen, Arbeits- und Aufgabenblättern, die die Klägerin näher
beschrieb. Die Tätigkeit des L. -Instruktors bestehe darin, die Leistungen und die
Entwicklung der Schüler sorgsam zu analysieren. Der Instruktor müsse darüber hinaus
die Aufgaben- und Arbeitsblätter selbst erfolgreich lösen können, einen entsprechenden
Instruktor-Test habe sie erfolgreich bestanden. Der Erfolg der L. - Methode sei im
Ausland, namentlich in Japan, schon wissenschaftlich anerkannt.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 20. Juli 2005 ab. Zur
Begründung führte sie aus, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bescheinigung
gemäß § 4 Nr. 21a bb UStG lägen nicht vor. Sie benötige dazu einen
Qualifikationsnachweis, nämlich den Nachweis eines abgeschlossenen
Lehramtsstudiums oder eines vergleichbaren Abschlusses der Klägerin bzw. der in der
Einrichtung eingesetzten Dozenten. Über einen derartigen Qualifikationsnachweis
verfüge aber weder die Klägerin noch einer ihrer Dozenten.
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Die Klägerin legte hiergegen am 26. August 2005 Widerspruch ein und machte geltend,
für die Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 UStG dürfe weder ein
abgeschlossenes Lehramtsstudium noch ein vergleichbarer Abschluss gefordert
werden. Zur ordnungsgemäßen Prüfungsvorbereitung im Fach Mathematik mit Hilfe der
L. -Methode sei dies nicht erforderlich. Diese Methode habe sie in ihrem Antrag schon
ausführlich dargestellt. Die Anforderungen an einen L. -Instruktor erfülle sie in vollem
Umfang. Es sei nicht Aufgabe des Instruktors, den Teilnehmer aufgrund eigener
pädagogischer Erfahrungen und Fähigkeiten individuell einzustufen und zu beurteilen
oder geeigneten Lernstoff eigenverantwortlich auszuwählen, zusammenzustellen, unter
didaktischen Gesichtspunkten aufzubereiten und dem Teilnehmer zu präsentieren. Auch
sei es nicht Aufgabe des Instruktors, den Lernstoff in einem Unterrichtsgespräch zu
vermitteln oder Unterrichtsmaterialien selbst zu erstellen. Die wesentlichen
Anforderungen an den L. -Instruktor beständen letztlich darin, die L. -Arbeitsblätter selbst
richtig lösen zu können und mit den Arbeitsblättern und den Arbeitshilfen zur
Leistungserfassung, -dokumentation und -auswertung nach den Regeln der L. -Methode
richtig umzugehen. Für ein derartiges Anforderungsprofil ein Lehramtsstudium oder
überhaupt ein abgeschlossenes Studium zu verlangen, sei offensichtlich völlig
überzogen. In fachlicher Hinsicht werde von dem L. - Instruktor lediglich verlangt,
mathematische Fähigkeiten, die Gymnasialniveau nicht überschreiten, nachvollziehend
anzuwenden. Den obligatorischen L. - Mathematiktest für Instruktoren habe sie - die
Klägerin - erfolgreich absolviert.
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Nach Durchführung eines Ortstermins in der L. -Einrichtung der Klägerin und Einholung
einer schulfachlichen Stellungnahme des LRSD Dr. Bürvenich zur L. - Methode vom 28.
Februar 2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin durch
Widerspruchsbescheid vom 16. März 2007, abgesandt am 20. März 2007, zurück. Zur
Begründung führte sie aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Ausstellung einer
Bescheinigung, wonach die von ihr betriebene Einrichtung auf einen Beruf oder eine vor
einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereite. Eine
solche Prüfung sei der Haupt- oder Realschulabschluss oder das Abitur. Grundsätzlich
könnten Nachhilfeeinrichtungen auf derartige Prüfungen vorbereiten. Bei der
Einrichtung der Klägerin handele es sich jedoch nicht um eine Nachhilfeeinrichtung. In
ihrem Lerncenter finde nämlich kein Unterricht statt. Im Übrigen würde ihre Qualifikation
auch für die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 UStG nicht ausreichen.
Erforderlich sei insoweit entweder ein Hochschulstudium oder eine fachspezifische
6
Ausbildung. Die von der Klägerin durchlaufene Ausbildung zur Anwaltsgehilfin sei in
diesem Sinne nicht fachspezifisch für das Fach Mathematik. Auch die geltend gemachte
Ausbildung zum L. -Instruktor stelle keinen qualifizierten Nachweis dar.
Die Klägerin hat am 17. April 2007 Klage erhoben. Sie macht geltend, ihr stehe der
geltend gemachte Anspruch auf Ausstellung der Bescheinigung auf der Grundlage von
§ 4 Nr. 21a bb UStG zu. In ihrem Lerncenter werde die Konzentrationsfähigkeit und die
Lernbereitschaft der Schüler anhand des Faches Mathematik verbessert. Die Methode
reiche vom einfachen Schwierigkeitsgrad bis hin zum Abiturniveau. Die Lernmethode
sei daher für jeglichen Schulabschluss geeignet, insbesondere für den Haupt-, Real-
und Gymnasialabschluss. Eine Anpassung des Lernstoffes an den Schullehrplan finde
nicht statt, sei aber auch nicht erforderlich. Das von L. angebotene Lehrsystem sei nicht
mit den bekannten Nachhilfeeinrichtungen vergleichbar. Es werde nicht auf anstehende
Klassenarbeiten vorbereitet, vielmehr werde ein eigenes, langfristiges Ziel verfolgt,
welches der Grundlagenvermittlung diene und sich damit längerfristig bewähre. Die
Schüler würden durch die Lernmethode an sämtliche Rechengebiete herangeführt und
erlangten durch kontinuierliches Üben Sicherheit in sämtlichen prüfungsrelevanten
Gebieten der Mathematik. Es werde auch ordnungsgemäß auf Prüfungen vorbereitet.
Die Erteilung von Unterricht sei keine Voraussetzung für die Befreiung von der
Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 21a bb UStG. Deshalb müssten die Instruktoren auch nicht
über ein abgeschlossenes Lehramtsstudium oder eine vergleichbare Qualifikation
verfügen.
7
Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 20. Juli 2005 und ihres
Widerspruchsbescheides vom 16. März 2007 zu verpflichten, ihr gemäß § 4 Nr. 21 a bb
UStG rückwirkend zum 1. Januar 2005 zu bescheinigen, dass sie durch die Erteilung
von Mathematik-Kursen nach der L. -Methode in ihrem L. -Lerncenter in Köln-X.-- , C.-----
straße 00, 00000 Köln, ordnungsgemäß auf eine vor einer juristischen Person des
öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet, und die Hinzuziehung eines
Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
9
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in den
angefochtenen Bescheiden. Sie wiederholt und vertieft insbesondere, dass es an einer
Unterrichtsleistung fehle, die auf eine Prüfung vorbereiten könne. Die im L. - Lerncenter
angebotene Leistung sei im Verhältnis zu so genannten Hausaufgabenhilfen sogar
noch begrenzter, da erklärende Hinweise nach Möglichkeit überhaupt nicht gegeben
würden, wie die Klägerin wiederholt betont habe. Auch erfolge die Ausgabe der
Arbeitsblätter völlig unabhängig vom jeweiligen Lernstoff, der in der Schule für den
einzelnen Schüler gerade aktuell sei. Schließlich fehle es an der fachlichen Eignung der
im Lerncenter eingesetzten Kräfte. Insoweit verweise sie auf eine erneute schulfachliche
Stellungnahme ihrer Fachabteilung vom 19. September 2007.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten
Bezug genommen.
13
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
14
Die Klage hat keinen Erfolg.
15
Sie ist zulässig. Insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1
VwGO eröffnet. Es handelt sich nicht um eine Abgabenangelegenheit i. S. v. § 33 FGO,
für die der Finanzrechtsweg gegeben wäre. Die Frage, ob eine Bescheinigung nach § 4
Nr. 21 a bb UStG zu Recht versagt worden ist, unterliegt der Nachprüfung durch die
allgemeinen Verwaltungsgerichte,
16
allgemeine Meinung, vgl. nur Bundesfinanzhof, Urteil vom 3. Mai 1989 - V R 83/84 -,
BFHE 157, 458; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 3. Dezember 1976 - VII C 73.75 -
, BStBl. II 1977, 334; Handzik in Offerhaus/Söhn/Lange, Kommentar zum
Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 21 (Stand: November 2004) Rn. 57 m.w.N..
17
Die Klage ist als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO statthaft, denn die
Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zum Erlass eines abgelehnten
Verwaltungsakts. Das Tätigwerden der zuständigen Landesbehörde gemäß § 4 Nr. 21 a
bb UStG ist nicht nur eine verwaltungsinterne Mitwirkungshandlung dieser Behörde, die
der Willensbildung des zur Entscheidung über die Steuerbefreiung berufenen
Finanzamtes dient. Die Entscheidung der Behörde regelt vielmehr einen Einzelfall auf
dem Gebiet des öffentlichen Rechts und ist im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG NRW auf
unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet. Denn sie wirkt sich auf die
rechtlichen Interessen des Steuerpflichtigen im Hinblick auf seine Steuerpflicht
unmittelbar aus. Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde wirkt
verfahrensrechtlich als Grundlagenbescheid im Sinne von § 171 Abs. 10 AO, sie bindet
die Finanzbehörde bei ihrer Entscheidung über die Gewährung einer Steuerbefreiung
nach § 4 Nr. 21 a UStG,
18
vgl. nur Bundesfinanzhof, Urteil vom 3. Mai 1989, a.a.O.; Handzik, a.a.O., § 4 Nr. 21 Rn
59; Weymüller in Sölch/Ringleb, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 21
(Stand: September 2002) Rn 25 jeweils m.w.N..
19
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Erteilung der
begehrten Bescheinigung gegen die Beklagte zu. Deren Versagungsbescheid vom 20.
Juli 2005 sowie ihr Widerspruchsbescheid vom 16. März 2007 sind rechtmäßig und
verletzen die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
20
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und
sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines
Unternehmens ausführt. Von diesen Umsätzen sind gemäß § 4 Nr. 21 a bb UStG
steuerfrei, die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen
privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine
vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung
ordnungsgemäß vorbereiten. Zuständige Landesbehörde im Sinne dieser Bestimmung
ist hier die Beklagte nach § 1 der Verordnung vom 14. März 1989 (GV. NRW. 1989, S.
104).
21
Gegenstand der Prüfung und Entscheidung der Beklagten ist nach § 4 Nr. 21 a bb UStG
22
allerdings nur die Frage, ob die in Rede stehende Einrichtung als solche auf einen Beruf
oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung
ordnungsgemäß vorbereitet. Hingegen hat die Landesbehörde nicht darüber zu
entscheiden, ob der Unternehmer eine Privatschule oder eine andere
allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung unterhält. Dies ist vielmehr von den
Finanzbehörden gesondert zu prüfen und unterliegt im Streitfall auch der vollen
Nachprüfbarkeit durch die Finanzgerichte,
vgl. Bundesfinanzhof, Urteil vom 3. Mai 1989, a.a.O.; Bundesverwaltungsgericht, Urteil
vom 3. Dezember 1976, a.a.O.; Handzik, a.a.O., § 4 Nr. 21, Rn 60; Weymüller, a.a.O., § 4
Nr. 21 Rn 25 jeweils m.w.N..
23
Die Klägerin hat hier keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Bescheinigung. Die
Anspruchsvoraussetzungen des § 4 Nr. 21 a bb 2. Halbs. UStG liegen nach
Überzeugung des Gerichts nicht vor. Zunächst bedarf es keiner weiteren Ausführungen
dazu, dass die Einrichtung der Klägerin nicht der Vorbereitung auf einen bestimmten
Beruf dient. Dies wird von der Klägerin auch selbst nicht geltend gemacht.
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Das L. -Lerncenter der Klägerin bereitet aber auch nicht auf eine vor einer juristischen
Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vor.
Vorbereitung auf eine Prüfung kann zwar auch eine Tätigkeit sein, die einen
Bildungsgang fördert, der im Allgemeinen mit einer staatlichen Prüfung abschließt.
Insoweit kommen auch Tätigkeiten in Betracht, die der schulischen nahe kommen und
sie ergänzen, wie etwa ein die Schule unterstützender Nachhilfeunterricht,
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Bundesverwaltungsgericht vom 3. Dezember 1976, a.a.O..
26
Die Einrichtung der Klägerin gewährleistet jedoch keine „ordnungsgemäße"
Prüfungsvorbereitung im Sinne von § 4 Nr. 21 a bb UStG. Mit diesem Merkmal werden
von Seiten des Bundesgesetzgebers qualitative Anforderungen an die die
Prüfungsvorbereitung betreibende Einrichtung und die von ihr eingesetzten Lehrkräfte
gestellt. Die Voraussetzung der Ordnungsgemäßheit in diesem Sinne ist dann gegeben,
wenn die Einrichtung objektiv geeignet ist, der Prüfungsvorbereitung zu dienen, von
einem seriösen Institut getragen wird und die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche
Eignung besitzen,
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vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 3. Dezember 1976, a.a.O..
28
Diese qualitativen Anforderungen müssen sich nach Überzeugung des Gerichts auf den
in staatlichen Regelwerken niedergelegten Prüfungsstoff und dessen Vermittlung an die
(zukünftigen) Prüflinge beziehen. Die Person, die in der fraglichen Einrichtung den Stoff
vermittelt, muss in der Lage sein, Fragen eines angehenden Prüflings zum konkreten
schulischen Prüfungsstoff korrekt und erschöpfend zu beantworten. Dazu muss sie den
Prüfungsstoff selbst kennen und beherrschen, weil sie andernfalls Wissens- und
Verständnislücken des Prüflings weder feststellen noch korrigieren kann.
29
Gemessen daran bereitet die Einrichtung der Klägerin nicht ordnungsgemäß auf eine
Schulprüfung im Fach Mathematik vor. Der Klägerin fehlt es zunächst an der fachlichen
Eignung, um den schulischen Prüfungsstoff im Fach Mathematik zu vermitteln. Über
entsprechende Fachkenntnisse in Mathematik verfügt sie nicht. Sie hat weder ein
entsprechendes Lehramtsstudium abgeschlossen noch eine vergleichbare Qualifikation
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inne. Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, zum
Instruktor nach der L. -Methode befähigt zu sein, weil sie einen entsprechenden
Instruktor-Test in Mathematik erfolgreich absolviert hat. Wie sich aus den eigenen
Angaben der Klägerin ergibt, bezieht sich dieser Test alleine auf die Anforderungen der
L. -Methode. Die Klägerin hat in ihrem Antrag vom 9. Mai 2005 selbst ausgeführt, mit
diesem Test solle festgestellt werden, ob der Instruktor die Aufgaben- und Arbeitsblätter,
die den Lernenden nach der L. - Methode im Fach Mathematik vorgelegt werden, selbst
erfolgreich lösen könne und ob er mit den Arbeitsblättern und den Arbeitshilfen zur
Leistungserfassung, - dokumentation und -auswertung nach den Regeln der L. -
Methode richtig umgehen könne. Die Klägerin hat in ihrer Widerspruchsbegründung
weiterhin darauf hingewiesen, in fachlicher Hinsicht werde von dem L. -Instruktor
lediglich verlangt, mathematische Fähigkeiten, die Gymnasialniveau nicht
überschreiten, nachvollziehend anzuwenden. Auf inhaltliche Fragen der Beklagten bei
deren Besuch im L. -Lerncenter im Dezember 2006 zu mathematischen Problemen der
Sekundarstufe II konnte die Klägerin dementsprechend keine Antwort geben, wie sich
aus der schulfachlichen Stellungnahme des LRSD Dr. Bürvenich vom 19. September
2007 ergibt. Für den in staatlichen Regelwerken niedergelegten Prüfungsstoff im
Schulfach Mathematik hat der Instruktor-Test der Klägerin damit offensichtlich keine
hinreichende Aussagekraft.
Andere Personen, die über die entsprechenden Fachkenntnisse verfügen, um den in
den entsprechenden Prüfungsordnungen festgelegten Prüfungsstoff im Fach
Mathematik zu vermitteln, hat die Klägerin in ihrem Lerncenter ebenfalls nicht angestellt.
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Die begehrte Bescheinigung kann der Klägerin aber auch aus einem weiteren Grund
nicht erteilt werden. Die von ihr betriebene Einrichtung ist nämlich auch objektiv nicht
geeignet, der Prüfungsvorbereitung im Fach Mathematik zu dienen. Die dort
angewandte Lernmethode orientiert sich nämlich in keiner Weise an den staatlichen
Prüfungsanforderungen in diesem schulischen Lehrfach. Die L. - Methode im Fach
Mathematik erfolgt im Gegenteil losgelöst von den Lehrplänen der jeweiligen
Schulklassen und Jahrgangsstufen. Wie die Klägerin in ihrem Antrag vom 9. Mai 2005
umfangreich dargestellt hat, ist die L. -Methode ein individualisiertes
Selbstlernprogramm, das Kinder aller Altersgruppen und Begabungen fördern soll. Das
Mathematik-Programm gliedert sich in 23 Lernstufen, die bis zu mathematischen
Problemen des 10. bis 13. Schuljahres reichen sollen. Die Klägerin räumt in ihrem
umfangreichen schriftlichen Vortrag allerdings selbst ein, dass die Unterstützung bei
schulischen Hausaufgaben genauso wenig zum Leistungsumfang der Einrichtung
gehört, wie die Vorbereitung der Schüler auf konkrete Klausuren. Die im Lerncenter
erbrachten Leistungen sind gerade nicht lehrplanbezogen angelegt. Sie sollen vielmehr
längerfristig die für den jeweiligen Schulabschluss erforderlichen Mathematik-
Kenntnisse sowie die Fähigkeit, selbständig Aufgaben zu lösen, vermitteln. Die L. -
Methode stellt damit nicht auf den Lernstoff ab, der für den einzelnen Schüler in seiner
Ausbildung im Augenblick aktuell ist. Dieses Konzept kann beispielsweise dazu führen,
dass ein Schüler, der vor der Zentralen Prüfung im Fach Mathematik in der 10. Klasse
steht, nach dem Lehrplan der L. -Methode Rechenarten auf dem Niveau der 6. oder 7.
Jahrgangsstufe zu bearbeiten hat, was ihm in seiner konkreten schulischen Situation
nicht weiterhilft. Eine Lernmethode, die sich derart weit von den geltenden Lehrplänen
und Prüfungsanforderungen entfernt, ist nach Überzeugung des Gerichts objektiv nicht
geeignet, gemäß § 4 Nr. 21 a bb UStG ordnungsgemäß auf eine vor einer juristischen
Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorzubereiten.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Zuziehung eines
Bevollmächtigten für das Vorverfahren war nach § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO nicht für
notwendig zu erklären, da ein entsprechender Ausspruch eine
Kostengrundentscheidung zugunsten der Klägerin voraussetzt, woran es hier fehlt. Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708
Nr. 11 und 711 ZPO.
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