Urteil des VG Köln vom 17.06.2010

VG Köln (genehmigung, drohende gefahr, überwiegende wahrscheinlichkeit, hauptsache, antrag, antragsteller, wahrscheinlichkeit, obsiegen, erfüllung, anerkennung)

Verwaltungsgericht Köln, 20 L 583/10
Datum:
17.06.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
20. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
20 L 583/10
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des
Verfahrens. Der Streitwert wird auf 2500,00 EUR festgesetzt.
Gründe Der Antrag,
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gemäß § 123 VwGO den Antrag des Antragstellers vom 30.03.2010 in Verbindung mit
dem Antrag vom 26.09.2007 auf vorläufige Genehmigung der Sportordnung der
schießsportlichen Vereinigung G. e.V. G1. zu bewilligen,
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hat keinen Erfolg.
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Nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur
Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
treffen, wenn diese Regelung um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende
Gefahr zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der
Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund)
als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu
machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend hierfür sind die
rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
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Der konkret gestellte, auf die Erteilung einer "vorläufigen Genehmigung" gerichtete
Antrag kann schon deshalb nicht erfolgreich sein, weil die Erteilung einer vorläufigen
Genehmigung einer Sportordnung im Waffengesetz nicht vorgesehen ist, worauf auch
die Antragsgegnerin bereits hingewiesen hat. Insoweit führt der Hinweis auf die
Vorschriften der VwGO nicht weiter, weil auch im Rahmen des § 123 VwGO eine
Behörde nicht zur Erteilung von Erlaubnissen verpflichtet werden kann, die das
materielle Recht nicht vorsieht.
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Wenn man das Begehren des Antragstellers in der Weise auslegt, dass ihm eine bis
zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens (20 K 1892/10) gültige (also
befristete) Genehmigung der bezeichneten Sportordnung erteilt werden soll -eine
andere Auslegungsalternative ist nicht ersichtlich-, kann der Antrag ebenfalls keinen
Erfolg haben. Denn dieses Rechtsschutzziel ist nicht auf eine vorläufige Regelung des
Sachverhalts gerichtet, sondern auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, und zwar für
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einen möglicherweise längeren Zeitraum (falls das Hauptverfahren durch mehrere
Instanzen gehen sollte). Im Falle eines Klageerfolges entfiele lediglich die Befristung,
ohne dass dem Antragsteller eine weitergehende Rechtsposition zuerkannt werden
würde. Das Gericht kann jedoch grundsätzlich im Rahmen des § 123 VwGO nur
vorläufige Regelungen treffen, es sei denn, dass eine bestimmte Regelung zur
Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, weil die sonst zu
erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren
nicht mehr zu beseitigen wären und eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen
Erfolg auch in der Hauptsache spricht. Bei einer einstweiligen Anordnung, mit der die
Hauptsache vorweggenommen wird, muss also nicht nur die Anordnung notwendig
sein, um den Eintritt schwerer oder irreparabler Schäden zu verhindern, sondern es
muss mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ein Obsiegen in der Hauptsache zu erwarten
sein. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Es erscheint schon zweifelhaft, ob zur Zeit unzumutbare Nachteile im vorgenannten
Sinne für den Antragsteller vorhanden sind. Denn angesichts des Umstandes, dass sich
trotz fehlender Sportordnung seine Mitgliederzahl nach seinen eigenen Angaben von
110 Mitgliedern im Jahre 2006 bis auf 342 Mitglieder im April 2010 erhöht hat, ist trotz
des Verlustes von 35 Mitgliedern im Frühjahr 2010 fraglich, ob sein Bestand unmittelbar
gefährdet ist.
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Jedenfalls ist nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Obsiegen in der Hauptsache zu
erwarten.
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Zunächst ergibt sich eindeutig aus dem Gesetz (§ 15 a Abs. 3 WaffG), dass auch die
Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zu einem strikten
Genehmigungsanspruch führt, sondern die Entscheidung im Ermessen der Behörde
steht ("kann") unbeschadet der Frage, welche Ermessenserwägungen im Einzelnen
relevant sein können und inwieweit auch ein Zusammenhang mit dem "besonderen
öffentlichen Interesse" i.S. des § 15 a Abs. 2 S.2 WaffG besteht. Es ist jedenfalls von der
Gesetzesfassung her ein deutlicher Unterscheid im Vergleich zur Anerkennung eines
Schießsportverbandes gem. § 15 Abs. 1 WaffG vorhanden, der bei Erfüllung der
gesetzlichen Voraussetzungen anzuerkennen ist ("wird.. anerkannt").
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Davon abgesehen kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die
rechtlichen Voraussetzungen für die Genehmigung der Sportordnung vorliegen;
vielmehr bedarf es insoweit zumindest im Hauptsacheverfahren einer eingehenden
Überprüfung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht.
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Bei summarischer Überprüfung spricht zunächst viel dafür, dass das rechtliche
Verständnis des Normengefüges seitens der Antragsgegnerin zutreffend ist. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass es gerade Ziel der Einfügung des § 15 WaffG im Rahmen des
Gesetzes zur Neuregelung des Waffenrechts vom 11.10.2002 war, besondere
Voraussetzungen für die Anerkennung von Verbänden zu regeln, um die in der
Vorschrift selbst angesprochenen Ziele und die Einhaltung der gesetzlichen
Vorschriften sicherzustellen. Eine Genehmigung von Sportordnungen für nicht
anerkannte Verbände war nicht vorgesehen. Dass mit der Einfügung des § 15 a Abs.3
WaffG, der die Genehmigung einer Sportordnung nicht mehr zwingend von der
Anerkennung als Schießsportverband abhängig macht, diese Grundkonzeption ganz
aufgegeben werden sollte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr wird die Genehmigung von
Sportordnungen durch das Erfordernis eines besonderen öffentlichen Interesses gem. §
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15 a Abs. 2 WaffG und die Ermessensregelung eingeschränkt. Diesbezüglich spricht
viel dafür, dass - wie auch in der von der Antragsgegnerin zitierten Gesetzesbegründung
ausgeführt - bei der Prüfung die korporative Struktur und Ausrichtung des
entsprechenden Verbandes mit in den Blick zu nehmen ist und es sich dahingehend um
einen Ausnahmefall handelt, als es um die im Allgemeininteresse liegenden
schießsportlichen Belange der Förderung oder Weiterentwicklung des Schießsports
gehen muss. Auf dieser Grundlage erscheint das Verständnis naheliegend, dass es -
entgegen der Annahme des Antragstellers- nicht dem Gesetz entspricht, auch jedem
nicht anerkannten Verband, der eine ansonsten inhaltlich nicht zu beanstandende
Sportordnung zur Genehmigung stellt, diesem durch Genehmigung derselben das
sportliche Schießen (vgl. § 15 a Abs. 1 WaffG) wie jedem anerkannten Verband zu
ermöglichen. Auch wenn nicht anerkannte Verbände mit genehmigter Sportordnung
nicht unter die Privilegierung des § 14 WaffG fallen, wird den Mitgliedern eines nicht
anerkannten Verbandes damit gleichwohl die Möglichkeit eröffnet, ihr Bedürfnis für
waffenrechtliche Erlaubnisse nach § 8 Abs. 1 WaffG nachzuweisen. Im Hinblick darauf,
dass nach der unwidersprochenen Einschätzung der Antragsgegnerin die zur
Genehmigung gestellte Sportordnung sich inhaltlich nicht wesentlich von
Sportordnungen bestehender Verbände unterscheidet, erscheint es schon von daher
zweifelhaft, ob ein besonderes öffentliche Interesse im vorgenannten Sinne besteht.
Des Weiteren scheint zumindest noch nicht ausreichend geklärt, ob die rechtlichen
Voraussetzungen des § 15 a Abs. 3 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 7 WaffG vorliegen. Die
Verpflichtung des Verbandes, gem. § 15 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) WaffG die ihm
angehörenden schießsportlichen Vereine zu verpflichten und regelmäßig darauf zu
überprüfen, dass diese die ihnen nach dem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes
obliegenden Pflichten erfüllen, setzt voraus, dass die Organe des entsprechenden
Verbandes ihrerseits eine ausreichende Gewähr für die Erfüllung dieser Verpflichtung
bieten. Insoweit sind die in den Bescheiden der Antragsgegnerin vom 12.08.2009 und
26.02.2010 angesprochenen Bedenken (etwa VSD als Veranstalter schießsportlicher
Veranstaltungen ohne genehmigte Sportordnung; Mitverantwortlichkeit des Herrn C. als
Geschäftsführer der GKBL für die Durchführung schießsportlicher Veranstaltungen ohne
Schießsportordnung und dadurch begründete Zweifel im Hinblick auf seine
gleichzeitige Funktion als Vorsitzender des G1. ) bislang zumindest nicht in
ausreichender Weise ausgeräumt.
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Wenn die genannten Fragen auch noch eingehender Überprüfung in einem
Hauptsacheverfahren bedürfen, kann momentan jedenfalls nicht mit hoher
Wahrscheinlichkeit von einem Obsiegen in der Hauptsache ausgegangen werden.
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Aus diesen Erwägungen folgt zugleich, dass -unbeschadet des Problems der
Vorwegnahme der Hauptsache- ein Anordnungsgrund und ein Anordnungsanspruch
i.S.d. § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO nicht glaubhaft gemacht sind.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG. Insoweit ist die Hälfte des in einem
Hauptsacheverfahren anzusetzenden Regelstreitwertes in Ansatz gebracht worden.
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