Urteil des VG Köln vom 20.04.2006

VG Köln: unverzüglich, schriftliche prüfung, ärztliche behandlung, ärztliches zeugnis, leistungsfähigkeit, bekanntgabe, rücktritt, migräne, form, behinderung

Verwaltungsgericht Köln, 6 K 8616/04
Datum:
20.04.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 K 8616/04
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
T a t b e s t a n d
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Der Kläger studierte seit dem Wintersemester 1995/1996 Maschinenbau an der
Fachhochschule Köln, zunächst in der Fachrichtung Konstruktionstechnik, später im
Studiengang Fahrzeugtechnik. Im Wintersemester 2003/2004 musste sich der Kläger im
Fach "Konstruktionslehre" nach dreimaligem Nichtbestehen der schriftlichen Prüfung
einer mündlichen Ergänzungsprüfung unterziehen. Der Termin dieser
Ergänzungsprüfung wurde vom 16.12.2003 auf den 30.01.2004 verschoben, weil der
Kläger ausweislich ärztlicher Bescheinigungen des praktischen Arztes Dr. med. L. vom
10.12.2003 vor dem erstgenannten Termin erkrankt (BA Heft 1, Bl. 1) und am
16.12.2003 dienstunfähig (Attest vom 16.12.2003, BA Heft 1, Bl. 2) bzw. prüfungsunfähig
(Attest vom 08.01.2004, BA Heft 1, Bl. 4) erkrankt war. Dr. med. L. gab auf seiner
ärztlichen Bescheinigung vom 10.12.2003 an, dass der Kläger an "Migräne und
Prüfungsangst" leide. Vor der Ergänzungsprüfung legte der Kläger eine weitere ärztliche
Bescheinigung des Dr. med. L. vom 28.01.2004 vor, in der es heißt, dass der Kläger an
Migräne und Prüfungsangst leide, derzeit aber beschwerdefrei und gesund sei (BA Heft
1, Bl. 6). Der Kläger bestand am 30.01.2004 die mündliche Ergänzungsprüfung im Fach
"Konstruktionslehre".
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Im Sommersemester 2004 bestand der Kläger am 12.07.2004 die Fachprüfung im Fach
"Technische Mechanik" auch im dritten Prüfungsversuch nicht. Erfolglos verlief auch die
(hier nicht streitgegenständliche) Prüfung im Fach "Elektrotechnik" am 15.07.2004. Von
einer weiteren Wiederholungsprüfung im Fach "Mathematik" meldete sich der Kläger ab.
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Mit Bescheid vom 20.07.2004 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er die
Fachprüfung "Technische Mechanik" im dritten Prüfungsversuch nicht bestanden habe
und dass er die Prüfung nach § 11 der Diplomprüfungsordnung für den Studiengang
Fahrzeugtechnik an der Fachhochschule Köln (DPO) auch nicht mehr wiederholen
könne. Da diese Fachprüfung Voraussetzung für das Bestehen der Diplomprüfung sei,
habe er die Diplomprüfung damit nach § 30 Abs. 2 DPO endgültig nicht bestanden. Eine
Fortsetzung des Studiums im Studiengang Fahrzeugtechnik sei daher nicht möglich.
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Der Kläger legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 14.08.2004 Widerspruch
ein. Zur Begründung führte er aus, er leide seit längerem an Prüfungsangst. Dies sei
bereits zu Beginn des Jahres anlässlich der mündlichen Prüfung im Fach
"Konstruktionslehre" mit ärztlichem Attest von ihm belegt worden und damit
aktenkundig. Entsprechend § 16 Abs. 5 DPO beantrage er, die zum Bestehen der
Fachprüfung nötige Leistung durch eine zusätzliche schriftliche oder mündliche
Leistung erbringen zu können.
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Mit Bescheid vom 05.11.2004 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers unter
Hinweis darauf, dass der Kläger kein Attest für die Prüfung vom 12.07.2004 vorgelegt
habe, als unbegründet zurück.
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Auf den - ihm nach eigenen Angaben am 10.11.2004 zugestellten -
Widerspruchsbescheid hin hat der Kläger am 08.12.2004 Klage erhoben. Zur
Begründung hat er nach mehrfacher gerichtlicher Aufforderung, zuletzt förmlich
verbunden mit einem Hinweis auf die Rechtsfolge des § 92 Abs. 2 VwGO, erst am
04.08.2005 vortragen lassen, er habe einen Anspruch auf Durchführung der
ausstehenden Prüfungen im Diplomstudiengang Fahrzeugtechnik, da er bei den
Prüfungen am 12.07.2004 (und 15.07.2004) unerkannt prüfungsunfähig gewesen sei.
Der Kläger legte dazu ein "Neurologisch/Psy-chiatrisches Fachgutachten" des Dr. med.
C. vom 30.05.2005 vor, auf das wegen seiner näheren Einzelheiten Bezug genommen
wird (Bl. 32 ff.).
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Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sich seine Klage allein
auf die Prüfung vom 12.07.2004 beziehen soll und beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 20.07.2004 und den Widerspruchs-bescheid vom
05.11.2004 aufzuheben und ihm eine weitere Wieder-holungsprüfung im Fach
"Technische Mechanik" einzuräumen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Der Kläger sei zum Zeitpunkt der Prüfung
am 12.07.2004 nicht unerkannt prüfungsunfähig gewesen. Ein nachträgliches
Rücktrittsrecht könne ihm nicht zugestanden werden. Der Kläger hätte bis eine Woche
vor der Prüfung ohne Angaben von Gründen von dieser zurücktreten können. Einen
Rücktritt wegen Krankheit hätte er vor der Prüfung oder unmittelbar nach der Prüfung
erklären können und durch Vorlage eines Attestes glaubhaft machen müssen. Der
Kläger habe sich jedoch erstmals am 14.08.2004 gemeldet. Zu diesem Zeitpunkt sei er
offenbar in der Lage gewesen, seine Angelegenheiten zu regeln und insbesondere
Fristen einzuhalten. Auch hier habe er jedoch versäumt, einen Rücktrittsgrund glaubhaft
zu machen. Dem nunmehr von ihm im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Gutachten
müsse jeglicher Beweiswert abgesprochen werden. Das Gutachten sei erst ca. neun
Monate nach dem Klausurtermin angefertigt worden. Es beruhe allein auf den
Darstellungen des Klägers selbst. Erforderliche anderweitige Untersuchungen
neurologischer Art seien nicht durchgeführt worden.
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Die Kammer hat Beweis erhoben über die Prüfungsfähigkeit des Klägers am
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Prüfungstag und seine diesbezügliche Erkenntnismöglichkeit durch Vernehmung des
sachverständigen Zeugen Dr. med. C. . Wegen des Ergebnisses des Beweisaufnahme
wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, wegen der weiteren Einzelheiten
des Sach- und Streitstandes ergänzend auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und
des beigezogenen Verwaltungsvorganges Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Klage mit dem in der mündlichen Verhandlung klargestellten Umfang ist zulässig,
aber unbegründet.
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Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 20.07.2004 und sein
Widerspruchsbescheid vom 05.11.2004 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht
in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Einräumung einer weiteren
Wiederholungsprüfung im Fach "Technische Mechanik" (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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Der Kläger kann sein Begehren zunächst nicht entsprechend seinem
Widerspruchsvorbringen auf Grundlage des § 16 Abs. 5 DPO verfolgen. Nach dieser
Bestimmung kann der Vorsitzende des Prüfungsausschusses gestatten, gleichwertige
Prüfungsleistungen in einer anderen Form zu erbringen, wenn der Prüfling durch ein
ärztliches Zeugnis oder auf andere Weise glaubhaft macht, dass er wegen ständiger
körperlicher Behinderung nicht in der Lage ist, die Prüfung ganz oder teilweise in der
vorgesehenen Form abzulegen. § 16 Abs. 5 DPO eröffnet nicht den Zugang zu einer
(weiteren bzw. zusätzlichen) Wiederholungsprüfung, sondern zu einer Prüfung in
alternativer Form, wenn der Prüfling im Falle einer körperlicher Behinderung durch ein
ärztliches Attest oder auf andere Weise glaubhaft gemacht hat, dass er die Prüfung in
der vorgesehenen Form nicht ablegen kann. Der Kläger hat weder durch ein ärztliches
Attest noch auf andere Weise glaubhaft gemacht, dass er wegen einer - hier nicht in
Rede stehenden - ständigen körperlichen Behinderung nicht in der Lage ist, eine
schriftliche Prüfung abzulegen.
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Der Kläger kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf § 11 Abs. 2 DPO
stützen. Danach kann eine nicht bestandene Fachprüfung (nur) zweimal wiederholt
werden. Dem Kläger sind in der Fachprüfung "Technische Mechanik" bereits die beiden
vorgesehenen Wiederholungsversuche eingeräumt worden. Ein Anspruch auf
Einräumung einer weiteren Wiederholungsprüfung folgt insbesondere nicht daraus,
dass der Kläger beim zweiten Wiederholungsversuch am 12.07.2004 entsprechend
seinem zentralen Vortrag im vorliegenden Verfahren "unerkannt prüfungsunfähig"
gewesen sein will. Es ist schon zweifelhaft, ob der Kläger am 12.07.2004 überhaupt
prüfungsunfähig erkrankt war. Jedenfalls hat er gesundheitliche Gründe für einen
Prüfungsrücktritt - wenn sie denn vorlagen - nicht unverzüglich dem Beklagten in
Erfüllung der Obliegenheit aus § 12 Abs. 2 DPO angezeigt. Soweit sich der Kläger
darauf beruft, dass er unerkannt prüfungsunfähig gewesen sei, rechtfertigt dies keine
abweichende Beurteilung; auch diese Umstände hat der Kläger in keinem Fall
unverzüglich dem Beklagten angezeigt.
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Es ist schon zweifelhaft, ob der Kläger am 12.07.2004 überhaupt prüfungsunfähig
erkrankt war. Er kann sich dafür nicht auf die Bescheinigungen des Dr. med. L. berufen.
Dessen Bescheinigungen vom 10.12.2003 und 28.01.2004 ist zwar zu entnehmen, dass
der Kläger Ende 2003/Anfang 2004 an Migräne und Prüfungsangst litt. Die
Bescheinigungen verhalten sich aber nicht dazu, und können sich aufgrund ihres
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Ausstellungsdatums auch gar nicht dazu verhalten, ob der Kläger rund ein halbes Jahr
später am 12.07.2004 prüfungsunfähig erkrankt war. Auch das
Neurologisch/Psychiatrische Fachgutachten des Dr. med. C. vom 30.05.2005 enthält
dazu keine konkreten Feststellungen, sondern baut auf den Eigenangaben des Klägers
auf, dass er in der Prüfung am 12.07.2004 einen "Black-Out" gehabt habe. Insoweit
kann dahinstehen, ob Feststellungen zur Prüfungsfähigkeit am Prüfungstag angesichts
des Umstandes, dass der Kläger erst im Dezember 2004 einen Arzt aufgesucht hat,
überhaupt noch hätten getroffen werden können.
Jedenfalls hat der Kläger dem Beklagten nicht unverzüglich angezeigt, dass er aus
gesundheitlichen Gründen von der Prüfung zurücktreten will. Nach § 12 Abs. 2 DPO
müssen - in Übereinstimmung mit allgemeinen Grundsätzen des Prüfungsrechts - die für
den Rücktritt oder das Versäumnis geltend gemachten Gründe dem Prüfungsausschuss
unverzüglich angezeigt, schriftlich dargelegt und glaubhaft gemacht werden. Das Gebot,
den Rücktritt in jedem Fall unverzüglich zu erklären,
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vgl. Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2, Prüfungsrecht, 4. Aufl. 2004, Rdnr. 140,
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und die Rücktrittsgründe ebenso unverzüglich mitzuteilen, rechtfertigt sich aus dem
Gebot der Chancengleichheit im Prüfungsrecht und dem berechtigten Anliegen, einer
missbräuchlichen Vorteilsnahme vorzubeugen. Zugleich soll der Prüfungsbehörde
ermöglicht werden, den wahren Sachverhalt zeitnah und möglichst genau aufzuklären
und - sofern dies in Betracht kommt - rechtzeitig Abhilfe zu schaffen.
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Vgl. Niehues, a. a. O., Rdnr. 140.
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Der Kläger ist diesen seinen Obliegenheiten nicht nachgekommen. Er hat dem
Beklagten - unstreitig - weder vor dem Prüfungstermin vom 12.07.2004, noch am
Prüfungstag selbst oder im unmittelbaren Anschluss daran gesundheitliche Probleme
angezeigt. Auch nach Bekanntgabe des negativen Prüfungsergebnisses hat er sich
noch rund 3 Wochen Zeit gelassen. Grundsätzlich wird von jedem Prüfling, der unter
Gesundheitsstörungen leidet und der deshalb den Prüfungsversuch annulliert wissen
möchte, verlangt, dass er die entsprechenden Konsequenzen zieht und unverzüglich
von der Prüfung zurücktritt. Dies hat der Kläger nicht getan. Der Kläger hat - auch im
Lichte der schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Dr. med. C. - schon nicht
nachgewiesen, dass er in Kenntnis seiner gesundheitlichen Konstitution nicht in der
Lage gewesen sein sollte, am Prüfungstag seine aktuelle Leistungsfähigkeit in der
Laiensphäre richtig einzuschätzen. Denn er hatte allen Anlass, schon vor der Prüfung
am 12.07.2004 seine aktuelle Leistungsfähigkeit selbstkritisch einzuschätzen, nachdem
er bereits Ende 2003 krankheitsbedingt von einem Prüfungstermin zurückgetreten war.
Dr. med. L. hatte ihm zudem vor der Prüfung vom 30.01.2004 bescheinigt, dass er
(weiterhin) an Migräne und Prüfungsangst leidet, damals aber (am Tag der
Untersuchung) beschwerdefrei gewesen sei. Er hatte weiterhin allen Anlass, seine
aktuelle Leistungsfähigkeit auch während der Klausur am 12.07.2004 selbstkritisch zu
beobachten. Diese Gesichtspunkte waren dem Kläger durchaus präsent, denn er hat
sich nach Bekanntgabe des (negativen) Prüfungsergebnisses in seinem Widerspruch
vom 14.08.2004 (verspätet) gerade auf diese Aspekte berufen und ausgeführt, dass er
seit längerem an Prüfungsangst leide. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre der Kläger
verpflichtet gewesen, von sich aus ein aktuelles auf den 12.07.2004 bezogenes Attest
vorzulegen. Er wusste aufgrund der vorangegangenen Erkrankung, dass diese für den
konkreten Prüfungstag durch ein Attest belegt werden muss. Sind einem Prüfling - wie
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dem Kläger -erhebliche Beeinträchtigungen seiner Leistungsfähigkeit im Sinne einer
Parallelwertung in der Laiensphäre nicht verborgen geblieben, muss er sich
unverzüglich um die Aufklärung seines Gesundheitszustandes und um die Vorlage
eines auf den Prüfungstag bezogenen Attestes bemühen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 22.09.1993 - 6 B 36.93 -, Buchholz 421.0 Nr. 318; Beschluss
vom 17.09.2002 - 6 B 57.02 -, Buch- holz 421.0 Nr. 401; vgl. auch Birnbaum, Die
Rügepflicht des Prüflings, NVwZ 2006, 286, 294.
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Dem ist der Kläger nicht nachgekommen. Stattdessen hat er monatelang überhaupt
nichts unternommen und sich erst Ende 2004 in die Behandlung des Dr. med. C. mit
dem Anliegen begeben, ein Attest zu erhalten. Etwas anderes folgt nicht -
ausnahmsweise - aus dem im Vordergrund des Verfahrens stehenden Gesichtspunkt
einer "unerkannten Prüfungsunfähigkeit".
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Vgl. dazu BVerwG, Beschlüsse vom 17.01.1984 - 7 B 29.83 -, Buchholz 421.0 Nr. 190
und vom 02.08.1984 - 7 B 129.84 -, Buchholz 421.0 Nr. 200; Niehues, a. a. O., Rdnr. 145
ff..
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Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass derjenige, der während der Prüfung keine
erhebliche Verminderung seiner Leistungsfähigkeit bemerkt hat, sondern erst nach
Bekanntgabe des (negativen) Prüfungsergebnisses, in aller Regel nicht prüfungsunfähig
gewesen sein wird. Jedenfalls ist zu vermuten, dass die zunächst unerkannte, aber
später festgestellte Krankheit - sofern sie überhaupt Einfluss auf die Leistungsfähigkeit
in der Prüfung gehabt hat - sich im konkreten Fall nicht leistungsmindernd bemerkbar
gemacht hat.
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Vgl. Niehues, a. a. O., Rdnr. 145.
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Etwas anders kann sich allenfalls - ausnahmsweise - aus spezifischen Umständen des
Einzelfalls ergeben. Derartige Umstände hat der Kläger nicht, auch nicht mit Vorlage
des "Neurologisch/Psychiatrischen Fachgutachtens" des Dr. med. C. vom 30.05.2005
glaubhaft gemacht. Nach diesem Gutachten liegt beim Kläger der seltene Fall einer
dissoziativen Störung vor, wobei sich Dr. med. C. schwerpunktmäßig mit den
(frühkindlichen) Ursachen dieser Störung beschäftigt hat. Dass dem Kläger diese
spezifische Störung nicht bekannt war und dass er auch ihre Ursachen nicht kannte,
kann unterstellt werden. Diese fachärztlichen Feststellungen bedeuten jedoch nicht
zwangsläufig, dass der Kläger nicht in der Lage war, die Auswirkungen der Störung auf
seine Leistungsfähigkeit in der maßgeblichen Parallelwertung in der Laiensphäre zu
erfassen und dem Beklagten mitzuteilen. Der sachverständige Zeuge hat auch auf
ausdrückliche Befragung in der mündlichen Verhandlung keine Erklärung dafür geben
können, warum der Kläger nicht in der Lage gewesen sein sollte, dem Beklagten
unverzüglich sein behauptetes "Black-Out" in der Klausur anzuzeigen und dieses
unverzüglich ärztlich abklären zu lassen.
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Dies lässt aus den bereits dargelegten Erwägungen unter Berücksichtigung aller
Umstände des Einzelfalls nur den Schluss zu, dass der Kläger am 12.07.2004,
jedenfalls im Zeitpunkt der Bekanntgabe des negativen Prüfungsergebnisses,
spätestens jedoch am 14.08.2004 - in prüfungsrechtlicher Hinsicht - nicht (mehr)
"unerkannt prüfungsunfähig" war. Denn er hat sich in seinem Widerspruch vom
14.08.2004 ja gerade auf seine ihm bekannten gesundheitlichen Probleme berufen.
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Dass er zum damaligen Zeitpunkt nicht die spezifischen fachlichen Feststellungen des
Dr. med. C. treffen und insbesondere nicht die (frühkindlichen) Ursachen seiner
Erkrankung kennen, geschweige denn einordnen konnte, ist unerheblich. Es kommt
allein darauf an, dass dem Kläger bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre,
vgl. Birnbaum, a. a. O., S. 294; Niehues, a. a. O., Rdnr. 145,
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bewusst war, dass sein Klausurversagen gesundheitliche Ursachen hatte, wie er es
auch selbst ausdrücklich in seinem Widerspruch vom 14.08.2004 eingeordnet hat.
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Auf keinen Fall ist der Kläger demnach seiner Pflicht nachgekommen, die geltend
gemachte Prüfungsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen und glaubhaft zu machen.
Denn er hat es versäumt, spätestens mit seinem Widerspruch ein entsprechendes
aktuelles Attest vorzulegen. Er hat sich erst Monate später überhaupt in ärztliche
Behandlung begeben und schließlich auch das Fachgutachten vom 30.05.2005 -
nachdem es erstellt war - erst Anfang August 2005 und damit erst Wochen nach seiner
Erstellung zu den Gerichtsakten reichen lassen. Auch in Fällen unerkannter
Prüfungsunfähigkeit ist diese, sobald sie erkannt worden ist, unverzüglich anzuzeigen
und glaubhaft zu machen und der Rücktritt mit dem gebotenen Nachweis der
Erkrankung zu erklären.
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Vgl. Niehues, a. a. O., Rdnr. 148.
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Dieser Verpflichtung ist der Kläger nicht nachgekommen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß §§ 124a Abs. 1, 124 Abs.
2 Nr. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
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