Urteil des VG Köln vom 10.11.2004

VG Köln: ausbildung, anerkennung, schutz der gesundheit, treu und glauben, psychotherapie, behandlung, hauptsache, beruf, bevölkerung, zugang

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
1
2
3
4
5
Aktenzeichen:
Verwaltungsgericht Köln, 9 K 4647/02
10.11.2004
Verwaltungsgericht Köln
9. Kammer
Urteil
9 K 4647/02
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsa-
che für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte, soweit das Verfahren in
der Hauptsache erledigt ist. Im Übrigen trägt die Klägerin die Kosten des
Verfahrens.
Tatbestand Am 12.11.2001 stellte die Klägerin bei der Bezirksregierung Münster,
Landesprüfungsamt für Medizin, Psychologie und Pharmazie - LPA -einen Antrag auf
Anerkennung als Ausbildungsstätte nach § 6 des Psychotherapeutengesetzes - PsychThG
- für das Vertiefungsgebiet Gesprächspsychotherapie, den sie auf die Grundentscheidung
hinsichtlich des Vertiefungsgebietes beschränkte.
Mit Bescheid vom 28.01.2002 lehnte das LPA den Antrag ab und führte zur Be- gründung
im Wesentlichen aus, die Feststellung und Anerkennung eines wissen- schaftlichen
Psychotherapieverfahrens obliege dem Wissenschaftlichen Beirat Psy- chotherapie - WBP
-. Dieser habe in seiner Sitzung am 15.11.2001 den Beschluss gefasst, dass die
Gesprächspsychotherapie derzeit nicht als wissenschaftliches Psy- chotherapieverfahren
anerkannt werden könne. Daher fehle es an der erforderlichen rechtlichen Grundlage für
die Anerkennung als Ausbildungsstätte gemäß § 6 PsychThG.
Den Widerspruch der Klägerin vom 12.02.2002 gab das LPA am 02.04.2002 an das
Landesversorgungsamt ab mit der Bitte, den Widerspruch zurückzuweisen.
Zwischen dem 25. und dem 27.05.2002 hat die Klägerin Untätigkeitsklage erho- ben.
Der WBP hat mit Gutachten zum Nachantrag zur Gesprächspsychotherapie vom
16.09.2002 durch Mehrheitsentscheidung festgestellt, dass die Gesprächspsychothe- rapie
bei Erwachsenen nunmehr als wissenschaftlich anerkannt gelten und zur ver- tieften
Ausbildung entsprechend § 1 Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverord- nung für
Psychologische Psychotherapeuten - PsychTh-APrV - zugelassen werden könne. Mit
Bescheid vom 17.02.2003 hat das LPA den Bescheid vom 28.01.2002 aufgehoben und
festgestellt, dass Ausbildungsstätten für Psychotherapie, die als Verfahren der vertieften
Ausbildung Gesprächspsychotherapie anbieten, nunmehr - vorbehaltlich des Vorliegens
aller Voraussetzungen - gemäß § 6 PsychThG aner- kannt werden können. In den Gründen
6
7
8
9
10
11
ist ausgeführt worden, dass nunmehr die Voraussetzungen für die Anerkennung als
vertieftes Verfahren der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten erfüllt seien.
Auf Nachfrage der Klägerin hat die Beklagte mit Schreiben vom 08.05.2003 mitgeteilt, die
Anerkennung habe lediglich für den Bereich der Ausbildung zum Psychologischen
Psychotherapeuten Gültigkeit, die Ausbildung zum Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten sei hiervon ausge- nommen.
Die Klägerin trägt vor, mit dem Bescheid vom 17.02.2003 sei über die Anerkennung zu
beiden Psychotherapeutenberufen entschieden worden. Der Bescheid könne nur so
verstanden werden. Das ihm beigefügte Merkblatt beziehe sich auf beide
Ausbildungsgänge. Die Beklagte führe in einem Merkblatt aus, dass
Gesprächspsychotherapie bei gewissen Störungen anerkannt worden sei und in der
staatlichen Prüfung berührt werden könne. Dementsprechend sei es in den
Verwaltungsvorschriften zur Ausführung der Übergangsvorschriften des § 12 PsychThG als
anerkanntes Verfahren eingestuft. Die Ablehnung für die Ausbildung zum Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten bewirke eine rechtswidrige Ungleichbehandlung, da der
WBP nur in Zweifelsfällen zu konsultieren sei, hier jedoch kein Zweifelsfall vorliege. Die
Gesprächspsychotherapie gelte ebenso als wissenschaftlich anerkannt wie die sog.
Richtlinienverfahren, die ohne Anrufung des WBP anerkannt worden seien. Die
wissenschaftliche Anerkennung folge bei richtiger Interpretation sowohl aus dem Gutachten
zum Nachantrag zur Gesprächspsycho- therapie vom 16.09.2002 als auch aus einem
Gutachten des WBP vom 30.09.1999. Der WBP sei nicht in gesetzmäßiger Weise
konstituiert und ignoriere den Forschungsstand, der im Gesetzgebungsverfahren mit
besonderer Rücksicht auf den Rang der Gesprächspsychotherapie dazu geführt habe, dass
das Gesetz für andere als die Richtlinienverfahren offen gehalten worden sei. Er
überschreite seine Kompetenzen und knüpfe die Anerkennung an besondere,
berufsrechtswidrige Anforderungen. Insbesondere widerspreche die nach Altersgruppen
differenzierte Bewertung der Gesprächspsychotherapie den Wertungen des PsychThG. Die
wissenschaftliche Anerkennung eines Verfahrens sei nach dem Gesetz wie auch
tatsächlich unteilbar, da alle Psychotherapieverfahren umfassende Geltung zur Erklärung
und Behandlung psychischer Störungen hätten. Dies zeige sich auch daran, dass der Beruf
des Psychologischen Psychotherapeuten die Berechtigung zur Behandlung von Kindern
und Jugendlichen umfasse. Eine Einschränkung der Geltung eines
Psychotherapieverfahrens auf bestimmte Gruppen beinhalte zugleich die Unterstellung,
dass diese Gruppen verschiedenartigen Gesetzmäßigkeiten in ihrem Erleben und
Verhalten unterlägen und strukturell andere psychische Verarbeitungsformen hätten.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit in der Hauptsache für
erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nur insoweit
angeschlossen, als die Anerkennungsfähigkeit für die Ausbildung zum Psychologischen
Psychotherapeuten ausgesprochen worden ist. Im Übrigen hat sie der
Erledigungserklärung widersprochen.
Die Klägerin beantragt hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, die Anerkennungsfähigkeit der Gesprächspsychotherapie als
Verfahren der vertieften Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten
auszusprechen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
12
13
14
15
16
17
18
19
20
Sie ist der Auffassung, dass mit Bescheid vom 17.02.2003 nur die Anerkennung als
vertieftes Verfahren der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten
ausgesprochen worden sei. Der für die wissenschaftliche Anerkennung eines Verfahrens
nach § 11 PsychThG zuständige WBP habe die Erfüllung der maßgeblichen Kriterien nur
für die Gesprächspsychotherapie bei Erwachsenen festgestellt. Dementsprechend sei das
LPA vom Landesministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit angewiesen
worden, einen Abhilfebescheid zu erteilen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der
Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von
§ 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - einzustellen.
Soweit die Beklagte der Erledigungserklärung der Klägerin widersprochen hat, ist die
insoweit einseitige Erledigungserklärung der Klägerin als Antrag auf Feststellung des
Rechtsstreits in der Hauptsache zu qualifizieren.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.02.1993 - 11 C 17/92 -, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 101.
Dieser Feststellungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Der Rechtsstreit ist insoweit
nicht in der Hauptsache erledigt. Mit dem Bescheid des LPA vom 17.02.2003 wurde die
Gesprächspsychotherapie als Verfahren der vertieften Ausbildung nur für die Ausbildung
zum Beruf des Psychologischen Psy- chotherapeuten, nicht aber auch zum Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten anerkannt. Maßgeblich für die Auslegung ist der objektive
Inhalt des Bescheides, es kommt also darauf an, wie die Klägerin als Empfängerin den
Bescheid unter Berücksichtigung von Tenor, Gründen und allen sonstigen ihr erkennbaren
Umständen nach Treu und Glauben bei objektiver Auslegung verstehen musste und durfte.
Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 37, Rn. 8.
Nach seinem objektiven Inhalt war der Bescheid so zu verstehen, dass die Beklagte die
Anerkennungsfähigkeit der Gesprächspsychotherapie nur als Verfahren der vertieften
Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten ausgesprochen hat. Zwar enthält der
Tenor des Bescheides keine Einschränkung auf einen bestimmten Ausbildungsgang.
Hierin liegt jedoch keine Unklarheit, die im Zweifel zu Lasten der Beklagten gehen würde.
Die Beschränkung auf die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten und der
dadurch bedingte Ausschluss der Ausbildung zum Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten erschließt sich nämlich aus den unmittelbar
nachfolgenden Gründen. Hier ist ausgeführt, dass nunmehr die Voraussetzungen für die
Anerkennung der Gesprächspsychotherapie als vertieftes Verfahren der Ausbildung zum
Psychologischen Psychotherapeuten erfüllt seien. Hieraus war der mit der Trennung der
genannten Ausbildungsgänge vertrauten Klägerin erkennbar, dass sich die Anerkennung
nur auf den Ausbildungsgang zum Psychologischen Psychotherapeuten bezieht. Dass
dem Bescheid ein auf das Anerkennungsverfahren für beide Ausbildungsgänge bezogenes
Merkblatt beigefügt war, vermag den anhand der Begründung des Bescheides bestimmten
Inhalt nicht zu ändern. Merkblätter sind regelmäßig für eine abstrakte Vielzahl von Fällen
bestimmt, lassen also nicht den Rückschluss zu, dass die Behörde alle dort aufgeführten
Möglichkeiten auch für den vorliegenden Fall als gegeben annehmen würde.
Mit dem hilfsweise aufrecht erhaltenen Antrag ist die Klage ebenfalls un- begründet. Die
21
22
23
24
25
26
Klägerin begehrt von der Beklagten die Grundentscheidung, dass die
Gesprächspsychotherapie als Verfahren der vertieften Ausbildung zum Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten anerkannt wird. Hierauf hat sie jedoch keinen Anspruch.
Gemäß § 6 Abs. 1 PsychThG wird die Ausbildung zum Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten an Hochschulen oder an anderen Ausbildungsstätten
vermittelt, die als Ausbildungsstätten für Psychotherapie oder als Ausbildungsstätten für
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie staatlich anerkannt sind. Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1
PsychThG ist Voraussetzung für die Anerkennung von Einrichtungen als
Ausbildungsstätten nach Absatz 1 u.a. ; unter der Voraussetzung, dass in ihnen Patienten,
die an psychischen Störungen mit Krankheitswert leiden, nach wissenschaftlich
anerkannten psychotherapeutischen Verfahren stationär oder ambulant behandelt werden.
Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin nicht. Nach dem maßgeblichen gegenwärtigen
Erkenntnisstand handelt es sich bei der Gesprächspsychotherapie nicht um ein
wissenschaftlich anerkanntes Verfahren für die hier streitgegenständliche vertiefte
Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten im Sinne des 8 Abs. 3 Nr. 1
Alt. 2 PsychThG.
Gemäß § 11 PsychThG sollen, soweit die wissenschaftliche Anerkennung eines
Verfahrens Voraussetzung für die Entscheidung der zuständigen Behörden ist, diese ihre
Entscheidung in Zweifelsfällen auf der Grundlage eines Gutachtens eines
wissenschaftlichen Beirates treffen.
Eine Bewertung der Gesprächspsychotherapie als wissenschaftlich anerkanntes Verfahren
für die vertiefte Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten folgt nicht
aus dem Gutachten des WBP vom 16.09.2002 zum Nachantrag zur
Gesprächspsychotherapie. In diesem Gutachten hat der WBP ausdrücklich ausgeführt,
dass sich die ausreichende Anerkennung als Verfahren für die vertiefte Ausbildung nur auf
die Gesprächspsychotherapie bei Erwachsenen bezieht, weil nach seiner Bewertung
insoweit nunmehr der Nachweis für eine ausreichende Anzahl der Indikationsbereiche von
Psychotherapie vorliegt. Diese sachverständige Beurteilung begegnet keinen
durchgreifenden Zweifeln. Der WBP hat durch die im Gutachten vom 16.09.2002
ausgesprochene Empfehlung, die Anerkennung auf Gesprächspsychotherapie bei
Erwachsenen zu beschränken, seine Kompetenzen nicht überschritten. Die Beschränkung
ist unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Die Frage der
wissenschaftlichen Anerkennung für die Behandlung bestimmter Personengruppen ist eine
Bewertung tatsächlicher Verhältnisse, die nicht berufsrechtlichen Regelungen folgt.
Insoweit kann im Ergebnis offen bleiben, ob der Beruf des Psychologischen Psychothera-
peuten die Befugnis zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen umfasst.
Vgl. OVG Bremen, Urteil vom 12.02.2002 - 1 A 270/01 -; BSG, Urteile vom 06.11.2002 - B 6
KA 37/01 R und 38/01 R.
Denn auch bei Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung hätte die Berechtigung
Psychologischer Psychotherapeuten zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen keine
Aussagekraft dahingehend, dass alle Verfahren, die als Gegenstand ihrer vertieften
Ausbildung zugelassen sind, zugleich für die vertiefte Ausbildung von Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten zuzulassen wären.
Dass die Unterscheidung zwischen Verfahren für die vertiefte Ausbildung von
Psychologischen Psychotherapeuten einerseits und Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten andererseits nach Auffassung der Klägerin die
27
28
29
30
31
32
33
34
Unterstellung beinhaltet, dass Kinder und Jugendliche sich in ihrem Erleben und Verhalten
von Erwachsenen unterscheiden, begegnet keinen Bedenken. Die Kammer hegt keine
Zweifel, dass insofern relevante Unterschiede gegeben sind, die auch Ausdruck im Gesetz
gefunden haben. Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 b) und c) PsychThG ist nämlich ein Abschluss in
den Studiengängen Pädagogik oder Sozialpädagogik ausreichend für den Zugang zur
Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, während die Ausbildung
zum Psychologischen Psychotherapeuten gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 PsychThG einen
Abschluss in dem Stu- diengang Psychologie voraussetzt. Dieser Unterschied in den
Zugangsvoraussetzun- gen lässt darauf schließen, dass der Gesetzgeber von einer
Wirksamkeit päda- gogisch-therapeutischer Ansätze bei Kindern und Jugendlichen
ausgegangen ist, diese aber für Erwachsene verneint hat, mithin für diese beiden
Personengruppen von relevanten Unterschieden in der Wirksamkeit von
Therapiemethoden aus- gegangen ist.
Dass die eingeschränkte Bejahung der wissenschaftlichen Anerkennung auf der
Grundlage der Forderung nach einem Wirksamkeitsnachweis der Therapiemethoden
getroffen wurde, begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Zweifeln. Der von
der Klägerin unter Bezugnahme auf Spellbrink,
PuR 2001, S. 113 f.,
erhobene Einwand, die Anforderungen an den berufsrechtlichen Zugang zur Approbation
dürften im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG nicht zu hoch angesetzt werden, greift nicht durch.
Bei der Auslegung des in §§ 1 Abs. 3, 6 Abs. 2 Nr. 1, 8 Abs. 3 Nr. 1, 11 PsychThG
verwendeten Begriffs der wissenschaftlichen Anerkennung ist zu berücksichtigen, dass das
Gesetz dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung dient, der ein sehr hohes
Gemeinschaftsgut darstellt,
vgl. BVerfG, NJW 2000, 1779; Francke, MedR 2000, S. 452,
und nach dem Willen des Gesetzgebers an die Ausbildung für neue Heilberufe hohe
Anforderungen zu stellen sind.
Vgl. BTDrs. 13/8035, S. 14.
Vor diesem Hintergrund kann die wissenschaftliche Anerkennung im Sinne des PsychThG,
das den Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung der Bevölkerung regelt, nicht
allein an das empirische Kriterium hinreichender Verbreitung und Anerkennung geknüpft
werden, sondern setzt einen bereits erbrachten hinreichenden Wirksamkeitsnachweis
voraus.
Es begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken, dass der WBP bei seiner Beurteilung die
wissenschaftliche Anerkennung des Verfahrens in einer ausreichenden Anzahl von
Anwendungsbereichen der Psychotherapie fordert. Der vom Gesetz verwendete Begriff der
wissenschaftlichen Anerkennung eines Psychotherapieverfahrens ist nicht, wie die
Klägerin meint, in dem Sinne unteilbar, dass er für alle Anwendungsbereiche nur
einheitlich beurteilt werden könne. Der auf einen Randbereich psychotherapeutischer
Tätigkeit beschränkte Nachweis der Wirksamkeit und die daraus folgende
wissenschaftliche Anerkennung des Verfahrens insoweit lässt noch nicht darauf schließen,
dass dieses für die vertiefte Ausbildung zuzulassen sei. Vielmehr hat der WBP an die
Empfehlung dieser Zulassung zu Recht hohe Anforderungen gestellt. Die vertiefte
Ausbildung stellt gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 PsychThG, § 1 Abs. 1 Satz 1 der Ausbildungs-
35
36
37
und Prüfungsverordnung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten - KJPsychTh-
APrV - einen besonderen Ausbil- dungsabschnitt dar. Wie die §§ 3 bis 5 und 17 Abs. 2 Nr.
5 KJPsychTh-APrV sowie Abschnitt B der Anlage 1 zu § 3 Abs. 1 KJPsychTh-APrV zeigen,
sieht dieser Ausbildungsabschnitt eine besonders umfassende Ausbildung vor, in deren
Rahmen vertiefte Spezialkenntnisse und eingehende Fertigkeiten in einem anerkannten
psychotherapeutischen Verfahren vermittelt werden. Berücksichtigt man weiter den Zweck
des PsychThG, das dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung dient, können nur solche
Verfahren als ausreichend wissenschaftlich anerkannt gelten, deren Wirksamkeit nicht nur
für einen Randbereich der Profession, sondern für wesentliche Anwendungsbereiche der
Psychotherapie nachgewiesen ist.
Darüber hinaus kann die Klägerin auch nicht mit ihrem Einwand durchdringen, der Inhalt
des Gutachtens vom 16.09.2002 belege bei richtiger Interpretation auch die
wissenschaftliche Anerkennung der Gesprächspsychotherapie für die Ausbildung zum
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Dabei setzt die Klägerin nämlich voraus, die
vorhandenen Nachweise für Anwendungsbereiche der Psychotherapie bei Erwachsenen
belegten aufgrund weitgehender Identität der Anwendungsbereiche bei richtiger
Interpretation zugleich einen ausreichenden Nachweis für die Gesprächspsychotherapie
bei Kindern und Jugendlichen. Nachdem aber die wissenschaftliche Anerkennung
differenziert zu beurteilen ist, können aus den vom WBP bejahten Nachweisen für
Psychotherapie bei Erwachsenen keine Schlüsse für die Psychotherapie bei Kindern und
Jugendlichen gezogen werden.
Erst recht kann die ausreichende wissenschaftliche Anerkennung nicht aus dem Gutachten
des WBP vom 30.09.1999 gefolgert werden. In diesem Gutachten hat der WBP
ausdrücklich ausgeführt, dass die Gesprächspsychotherapie nicht in einer ausreichenden
Anzahl von Bereichen als wissenschaftlich anerkannt gelten kann, um zur vertieften
Ausbildung zugelassen zu werden.
Soweit das Gericht über den Anspruch streitig entschieden hat, sind die Kosten des
Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO von der Klägerin zu tragen, da sie insoweit
unterlegen ist. Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsa- che
für erledigt erklärt haben, fallen die Kosten gemäß § 161 Abs. 2 VwGO der Beklagten zur
Last, weil sie dem Begehren der Klägerin teilweise entsprochen hat.