Urteil des VG Köln vom 12.07.2005
VG Köln: verlängerung der frist, aufenthaltserlaubnis, besitz, anhörung, hongkong, beratungspflicht, erlöschen, wiedereinreise, umdeutung, befristung
Verwaltungsgericht Köln, 5 K 6133/04
Datum:
12.07.2005
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Gerichtsbescheid
Aktenzeichen:
5 K 6133/04
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d :
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Die Klägerin ist myanmarische Staatsangehörige. Sie ist seit dem 28. Mai 1998 mit dem
deutschen Staatsangehörigen E. verheiratet. Der Ehe- mann der Klägerin ist Beamter
des Auswärtigen Amtes mit derzeitigem Dienstort Hongkong. Die Klägerin erhielt von
der Beklagten am 12. Juni 1998 eine Aufent- haltserlaubnis mit Gültigkeit bis zum 12.
Juli 1999, die am 19. März 1999 bis zum 12. Juli 2000 verlängert wurde. Unter dem 31.
März 2000 beantragte die Klägerin - da der Ehemann von Bonn an die Vertretung in
Neu Delhi versetzt worden war - die „Verlängerung der Frist aus § 44 Abs. 3 AuslG",
woraufhin die Beklagte mit Bescheid vom 13. April 2000 eine Verlängerung der „Frist
zur Wiedereinreise in das Bundes- gebiet gemäß § 44 Abs. 3 AuslG" bis zum 30 Juni
2004 aussprach. Am 22. Mai 2000 verlängerte die Beklagte auf Antrag die
Aufenthaltserlaubnis der Klägerin bis zum 4. Februar 2003. Unter dem 21. Juli 2000
richtete die Klägerin eine (wörtliche) Anfrage an die Beklagte, ob - ggfls. unter welchen
Voraussetzungen - sie eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten könne; unter dem
24. April 2001 stellte sie einen ent- sprechenden förmlichen Antrag bei der Beklagten.
Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 9. Mai 2001 unter Darlegung der
Rechtslage mit, weshalb aus Sicht der Beklagten die Erteilung einer unbefristeten
Aufenthaltserlaubnis ausschei- de. Es wurde hinzugefügt, dass - sollte die Klägerin
einen rechtsmittelfähigen Be- scheid wünschen - man dieses Schreiben als Anhörung
verstehe. Die Klägerin er- klärte hierzu untr dem 24. Mai 2001 „einen rechtsmittelfähigen
Bescheid benötige ich nicht" und stellte im übrigen die Sach- und Rechtslage aus ihrer
Sicht ausführlich dar. Unter dem 12. November 2002 wandte sich die Klägerin erneut an
die Beklagte und begehrte „vorsorglich die Umwandlung meines derzeitigen
Aufenthaltstitels in eine Niederlassungserlaubnis nach dem Zuwanderungsgesetz".
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Mit Telefax vom 5. Februar 2004 teilte die Klägerin der Beklagten mit, der Ehe- mann sei
nun an das Generalkonsulat Hongkong versetzt worden, wo er voraussicht- lich bis
2009 Dienst verrichten werde. Daher beantrage sie die Verlängerung der Frist „gemäß §
44 Abs. 3 auslG" bis Mitte 2009. Die Beklagte teilte daraufhin der Klägerin mit Schreiben
vom 17. März 2004 mit, eine Verlängerung der Wiedereinreisefrist könne nicht erfolgen,
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da die Aufenthaltserlaub- nis bereits seit dem 4. Februar 2003 abgelaufen sei und die
Verlängerung der Wie- dereinreisefrist über die Dauer der Geltung der
Aufenthaltserlaubnis hinaus rechtsd- widrig gewesen sei.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin mit dem Antrag, „die Wie-
dereinreisefrist mindestens bis August 2009 (voraussichtliches Schulzeitende meiner
Tochter in Hongkong) festzusetzen", wies die Bezirksregierung Köln mit Wider-
spruchsbescheid vom 16. Juli 2004 zurück.
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Die Klägerin hat am 20. August 2004 Klage erhoben, zu deren Begründung sie auf das
Widerspruchsvorbringen Bezug nimmt. Ergänzend trägt sie vor, die Verlän- gerung der
Wiedereinreisefrist setze nicht den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis vor- aus. Jedenfalls
hätte die Beklagte das Verlängerungsbegehren auch als Antrag auf Verlängerung der
Aufenthaltserlaubnis auslegen müssen. Es könnten von ihr bzw. Ehemann keine
vertieften Kenntnisse des Ausländerrechts verlangt werden, jeden- falls habe die
Beklagte ihre Beratungspflicht verletzt.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
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den Bescheid der Beklagten vom 17. März 2004 in der Gestalt des Wider-
spruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 16. Juli 2004 aufzuheben und eine
Wiedereinreisefrist bis August 2009 festzusetzen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Eine Fristverlängerung im Sinne von § 44 Abs. 3 AuslG scheide mangels Besitzes einer
Aufenthaltserlaubnis aus. Eine Umdeutung des Bescheides vom 13. April 2000 in eine
Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis scheide aus, da zeitlich nachfolgend wieder eine
Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis erfolgt sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird ergänzend Be- zug
genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Ausländerakte der
Beklagten.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Das Gericht konnte nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch
Gerichtsbescheid entscheiden, da die Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 VwGO
vorliegen.
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Es bestehen bereits durchgreifende Zweifel an der Zulässigkeit der Klage, da ein
Rechtsschutzinteresse fehlen dürfte.
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Die begehrte Verlängerung einer Wiedereinreisefrist im Rahmen von §§ 44 Abs 1 Nr. 3
bzw. Abs. 3 AuslG (jetzt: § 51 Abs. 1 Nr. 7 bzw. Abs. 4 Aufenthaltsgesetz - AufenthG -)
würde der Klägerin keine rechtlich vorteilhafte Position verschaffen, die des begehrten
Rechtsschutzes bedürfte.
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Es steht vorliegend nämlich kein Erlöschen der Aufenthaltsgenehmigung gemäß § 44
Abs. 1 Nr. 3 AuslG wegen des Auslandsaufenthaltes der Klägerin in Rede, sondern ein
Erlöschen der bis zum 4. Februar 2003 befristet erteilten Aufenthaltserlaubnis wegen
Ablaufs der Geltungsdauer. Eine im Rahmen von § 44 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 3 AuslG
von der Ausländerbehörde bestimmte Frist zur Wiedereinreise führt - im Falle ihrer
Gewährung - lediglich dazu, dass eine wirksam erteilte und noch gültige
Aufenthaltsgenehmigung nicht aufgrund eines längerfristigen, im Falle des Absatzes 3
nur vorübergehenden Aufenthalt außerhalb Deutschlands erlischt. Die
Wiedereinreisefrist ersetzt jedoch in keinem Fall eine erforderliche
Aufenthaltsgenehmigung, die - wie dargelegt - die Klägerin ab dem 5. Februar 2003
ohnehin nicht mehr besaß. Der unter dem 5. Februar 2004 gestellte Antrag auf
Verlängerung der Wiedereinreisefrist ging daher ins Leere. Eine Umdeutung dieses
Begehrens (auch) in einen (erneuten) Antrag auf Erteilung einer
Aufenthaltsgenehmigung scheidet aus, da die Aufenthaltsgenehmigung zu diesem
Zeitpunkt von der Klägerin im Rahmen des Visumsverfahrens einzuholen gewesen
wäre. Auch hinsichtlich einer isolierten Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 17.
März 2005 fehlt es am Rechtsschutzinteresses, da - mangels Vorliegens einer
Aufenthaltsgenehmigung - der Versagung einer Wiedereinreisefrist keine rechtliche
Bedeutung zukam.
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Es bedurfte entgegen der Ansicht der Klägerin auch keiner Rücknahme bzw. keines
Widerrufs des Bescheides der Beklagten vom 13. April 2000, worin - allerdings
rechtsfehlerhaft, da die Befristung der Aufenthaltsgenehmigung offenbar übersehen
worden war - eine Wiedereinreisefrist bis zum 30. Juni 2004 eingeräumt worden war,
denn dieser Regelung zeitigte nach Ablauf der Gültigkeit der Aufenthaltsgenehmigung
keine Rechtswirkungen mehr, da - wie dargelegt - die Einräumung einer
Wiedereinreisefrist den Besitz der Aufenthaltsgenehmigung voraussetzt, nicht aber das
Erfordernis der Aufenthaltsgenehmigung ersetzt.
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Auch kann das Begehren der Klägerin vom 31. März 2000 - welches zur
rechtsfehlerhaften Fristbestimmung durch Bescheid vom 13. April 2000 führte - nicht,
wie die Klägerin sinngemäß vorträgt, als Antrag auf Verlängerung (auch) der
Aufenthaltserlaubnis umgedeutet werden. Dies ist - wie die Beklagte zutreffend vorträgt -
schon deshalb ausgeschlossen, wie die Klägerin nach Einräumung der
Wiedereinreisefrist am 22. Mai 2000 ordnungsgemäß und ausdrücklich die
Verlängerung der seinerzeit bis zum 12. Juli 2000 gültigen Aufenthaltserlaubnis
beantragte und auch erhielt. Der ausdrückliche Antrag auf Erteilung einer unbefristeten
Aufenthaltserlaubnis vom 24. April 2001 - den die Klägerin nach Anhörung durch den
Beklagten ausdrücklich nicht weiter verfolgt hat - dokumentiert im Übrigen, dass der
Klägerin das Erfordernis des Besitzes einer Aufent- haltsgenehmigung unabhängig von
der Wiedereinreisefrist aus ihrer Sicht durchaus bewußt war. Entsprechendes gilt
hinsichtlich des - seinerzeit nicht bescheidungsfähi- gen Begehrens auf Erteilung einer
Niederlassungserlaubnis nach dem seinerzeit noch im Gesetzgebungsverfahren
befindlichen Aufenthaltsgesetz.
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Von einer Verletzung der „Beratungspflicht" seitens der Beklagten kann - was
informatorisch angemerkt wird - daher keine Rede sein.
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Will man gleichwohl noch vom Bestehen eines Rechtsschutzinteresses ausgehen und
die Klage für zulässig halten, ist sie jedenfalls unbegründet, denn die Entscheidung der
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Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin
hat keinen Anspruch auf Einräumung einer Wiedereinreisefrist bis August 2009.
Die Voraussetzungen für den Regelanspruch gemäß § 44 Abs. 3 AuslG (jetzt: § 51 Abs.
4 AufenthG) liegen nicht vor. Wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt, muß der
Ausländer eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis oder eine Aufenthaltsberechtigung
(jetzt: Niederlassungserlaubnis) besitzen oder der Aufenthalt Interessen der
Bundesrepublik Deutschland dienen. Die Klägerin war nie im Besitz einer unbefristeten
Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung und ihr Aufenthalt außerhalb des
Bundesgebietes diente privaten Interessen (Familienzusammenführung).
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Denkbar gewesen wäre allenfalls eine Regelung im Rahmen von § 44 Abs. 1 Nr. 3
AuslG, wonach auch Ausländern, die lediglich eine befristete Aufenthaltsgenehmigung
besitzen, nach Ermessen durch Bestimmung einer Wiedereinreisefrist ein längerer
Auslandsaufenthalt ohne Verlust ihrer Aufenthaltsgenehmigung ermöglicht werden
konnte (vgl. zur heutigen Rechtslage § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG). Jedoch setzt auch
dies voraus, dass der Ausländer im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung ist,
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vgl.: Nr. 44.3.1, 44.3.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum AuslG; ferner:
Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Ausländerrecht §§ 44 AuslG, Rdnr. 8 und 25.
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Dies aber war und ist - wie dargelegt - bei der Klägerin seit dem 5. Februar 2003 nicht
mehr der Fall.
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Die Klägerin muß sich mithin darauf verweisen lassen, ihr letztlich auf Einräumung der
Einreise- und Aufenthaltsmöglichkeit im Bundesgebiet gerichtetes Begehren im dafür
vorgesehenen Visumsverfahren zu verfolgen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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