Urteil des VG Köln vom 14.01.2011

VG Köln (allgemeine geschäftsbedingungen, begriff, richtlinie, agb, geschäftsbedingungen, betreiber, teleologische auslegung, zugang, infrastruktur, zugehörigkeit)

Verwaltungsgericht Köln, 18 K 1546/09
Datum:
14.01.2011
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
18. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
18 K 1546/09
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d
1
Mit Bescheid vom 8.5.2008 verpflichtete die Bundesnetzagentur (BNetzA) die Klägerin,
für die von ihr betriebenen Serviceeinrichtungen i. S. v. § 2 Abs. 3c Nr. 7 Allgemeines
Eisenbahngesetz (AEG) - "Wartungseinrichtungen und andere technische
Einrichtungen" - Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen aufzustellen (Ziffer 1).
2
Ferner verpflichtete die BNetzA die Klägerin, sie über die von ihr aufgestellten
Nutzungsbedingungen bis zum 6.6.2008 im Rahmen einer Mitteilung i. S. v. § 14 d Satz
1 Nr. 6 AEG zu unterrichten (Ziffer 2).
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Für den Fall der gänzlichen oder teilweisen Nichterfüllung der vorgenannten
Verpflichtungen wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 25.000,- Euro angedroht.
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Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin fristgerecht Widerspruch ein und machte im
Wesentlichen geltend, sie sei nicht verpflichtet, für Wartungseinrichtungen und andere
technische Einrichtungen Nutzungsbedingungen aufzustellen. Sie zähle als
Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) nicht zu den Adressaten des § 10 Abs. 1
Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV). Sie stelle die von ihr betriebenen
Wartungseinrichtungen und Waschstraßen auch anderen EVU und sonstigen
Nutzungsberechtigten zur Verfügung. Sie habe hierfür Nutzungsbedingungen in Form
von Geschäftsbedingungen aufgestellt und im Internet veröffentlicht. Es handele sich
dabei um folgende Regelwerke:
5
Geschäftsbedingungen für Vertragspartner; Allgemeine Geschäftsbedingungen für
die Instandhaltungsleistungen in Einrichtungen der DB RegioNetz AG, Stand
1.6.2006
6
Geschäftsbedingungen für Vertragspartner; Allgemeine Geschäftsbedingungen für
die Instandhaltungsleistungen in Einrichtungen der DB ZugBus Regionalverkehr
Alb-Bodensee GmbH, Stand 1/2006
Geschäftsbedingungen für Vertragspartner, Allgemeine Geschäftsbedingungen für
die Instandhaltungsleistungen in Einrichtungen der DB Regio, Stand 23.11.2005.
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Diese Regelwerke seien im Internet auf der Homepage der Klägerin unter einer genau
bezeichneten Adresse veröffentlicht. Durch die Veröffentlichung dieser Regelwerke sei
sie einer etwaigen Pflicht zur Aufstellung und Veröffentlichung von
Nutzungsbedingungen vollständig nachgekommen.
8
Ferner beantragte die Klägerin die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides bis zur
rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung des Widerspruches.
9
Am 23.5.2008 beantragte die Klägerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des
Widerspruchs gegen den Bescheid vom 8.5.2008 (18 L 747/08). Diesen Antrag nahm
sie am 11.6.2008 zurück.
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Mit Schreiben vom 4.7.2008 teilte die Klägerin der BNetzA gemäß § 14 d Satz 1 Nr. 6
AEG ihre Nutzungsbedingungen für die Instandhaltungsleistungen in Einrichtungen der
DB Regio AG mit.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 13.2.2009 wies die BNetzA den Widerspruch als
unbegründet zurück. Zur Begründung machte sie geltend, die Anordnungen zu Ziffern 1
und 2 des Bescheides vom 8.5.2008 beruhten auf § 14 c Abs. 1 AEG i. V. m. § 10 Abs. 1
Satz 1 EIBV, § 14 d Satz 1 Nr. 6 AEG. Zu den nach § 14 c Abs. 1 AEG zulässigen
Maßnahmen zähle auch die Anordnung, Nutzungsbedingungen für
Serviceeinrichtungen (NBS) aufzustellen und sie der BNetzA mitzuteilen. Die Klägerin
sei auch ein öffentliches Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU), denn sie betreibe
Wartungseinrichtungen und andere technische Einrichtungen i. S. d. § 2 Abs. 3 c Nr. 7
AEG. Sie gehöre daher zum Adressatenkreis des § 10 EIBV. Das von der Klägerin
kreierte Konstrukt des "eigenständigen netzzugangsrechtlichen Begriffs der
Eisenbahninfrastruktur" i. S. von § 2 Abs. 3 AEG vermöge nicht zu überzeugen. Die
Klägerin schaffe damit eine künstliche Trennung von Eisenbahninfrastruktur und
Serviceeinrichtungen. Ihre Begründung finde weder im Wortlaut noch in der Systematik
des Gesetzes eine Stütze. Gemäß § 2 Abs. 3 AEG umfasse die Eisenbahninfrastruktur
die Betriebsanlagen der Eisenbahnen einschließlich der Bahnstromleitungen. Der
Begriff "Betriebsanlagen" lasse darauf schließen, dass davon all jene Anlagen erfasst
würden, die dem Betrieb der Eisenbahnen dienten. Eine Aufrechterhaltung des
Fahrbetriebs ohne Wartungseinrichtungen sei undenkbar. Eine Einbeziehung der
Wartungseinrichtungen in den Begriff der Eisenbahninfrastruktur folge auch aus der
systematischen Auslegung des § 2 AEG, weil der Gesetzgeber jedenfalls die in § 2 Abs.
3 c AEG genannten Serviceeinrichtungen entsprechend einordne.
Wartungseinrichtungen seien nach § 2 Abs. 3 c Nr. 7 AEG Serviceeinrichtungen. Diese
seien Teil der Infrastruktur i. S. d. § 2 Abs. 3 AEG. Die Definition der
Serviceeinrichtungen sei in § 2 Abs. 3 AEG und damit bei der Infrastruktur verortet
worden. Auch eine Zusammenschau mit § 6 AEG bestätige diese Auslegung, denn
12
nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AEG benötigten Eisenbahninfrastrukturbetreiber, die
Serviceeinrichtungen betrieben, keine Genehmigung. Der Gesetzgeber habe damit klar
zum Ausdruck gebracht, dass er die Betreiber von Serviceeinrichtungen als
Infrastrukturbetreiber ansehe.
Auch aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 der Transeuropäischen Eisenbahn-Interoperabilitätsver-
ordnung (TEIV) lasse sich systematisch herleiten, dass Serviceeinrichtungen der
Eisenbahninfrastruktur zuzuordnen seien. Denn die Norm regle, dass die Verordnung
nicht für Eisenbahninfrastrukturen von Serviceeinrichtungen gelte. Dabei werde das
Vorhandensein solcher Eisenbahninfrastrukturen in Serviceeinrichtungen vorausgesetzt
und die Zugehörigkeit zur Eisenbahninfrastruktur bestätigt.
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Das gefundene Ergebnis lasse sich auch aus den Gesetzesmaterialien ableiten.
Danach sollte der Begriff der Eisenbahninfrastruktur gleichbedeutend mit dem der
Betriebsanlagen werden mit der Folge, dass es keine Unterscheidung zwischen
planfeststellungsrechtlichem und zugangsrechtlichem Eisenbahnbegriff mehr geben
sollte.
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Die Zugehörigkeit von Serviceeinrichtungen i. S. von § 2 Abs. 3 c AEG zur
Eisenbahninfrastruktur werde auch nicht durch europarechtliche Erwägungen in Frage
gestellt. Die Verweise auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 RL 2001/14/EG sowie auf Art. 10 Abs. 6
RL 91/440/EWG i. d. F. der RL 2001/12/EG seien nicht zielführend. Denn mit der von der
Klägerin herangezogenen Einschränkung in Gestalt der "vertretbaren Alternativen unter
Marktbedingungen" erfolge nicht etwa die Zuordnung zum Begriff der
Eisenbahninfrastruktur. Vielmehr werde die Zugehörigkeit von Serviceeinrichtungen zur
Eisenbahnin-frastruktur gerade vorausgesetzt. Dies sei auch daran zu erkennen, dass
Art. 10 RL 91/440/EWG in Abschnitt V "Zugang zur Eisenbahninfrastruktur" verortet sei.
Der Verweis auf die von der Klägerin herangezogenen "vertretbaren Alternativen zu
Marktbedingungen" sei bewusst nicht in das deutsche Eisenbahnrecht übernommen
worden. Der deutsche Gesetzgeber habe sich damit entschlossen, über die
europäischen Mindestvoraussetzungen hinaus zu gehen. Für Betreiber von
Serviceeinrichtungen i. S. v. § 2 Abs. 3 c Nr. 7 AEG sehe das Eisenbahnrecht lediglich
bestimmte Privilegien im Rahmen des Konfliktlösungsverfahrens vor (vgl. § 10 Abs. 6
Nr. 2 EIBV).
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Auch die teleologische Auslegung bestätige das von der BNetzA gefundene Ergebnis.
Denn in Umsetzung der Richtlinie 2001/14/ EG verwende der Gesetzgeber in § 2 Abs. 3
AEG den Oberbegriff "Eisenbahninfrastruktur" sowohl für Schienenwege als auch für
Serviceeinrichtungen. Wegen der besonderen Pflichten der Betreiber der
Schienenwege bedürfe es einer Untergliederung der
Eisenbahninfrastrukturunternehmen in Betreiber von Schienenwegen und Betreiber von
Serviceeinrichtungen.
16
Auch in der Rechtsprechung sei anerkannt, dass Serviceeinrichtungen zu den
Betriebsanlagen der Eisenbahnen i. S v. § 2 Abs. 3 AEG zu rechnen seien und dass
Wartungseinrichtungen mithin zur Eisenbahninfrastruktur zählten.
17
Die Klägerin sei gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 EIBV verpflichtet, Nutzungsbedingungen für
Serviceeinrichtungen aufzustellen und diese der BNetzA gemäß § 14 d Satz 1 Nr. 6
AEG mitzuteilen.
18
Die von der Klägerin bislang mitgeteilten AGB stellten keine Nutzungsbedingungen dar.
Dabei gehe es nicht lediglich um die Bezeichnung. Der Regelungsbereich von
Nutzungsbedingungen gehe vielmehr über denjenigen von Allgemeinen
Geschäftsbedingungen (AGB) hinaus. Der Regelungsbereich der "AGBI-DB Regio"
gehe nicht über das hinaus, was typischerweise in AGB stehe. Regelungen, die
charakteristisch für Nutzungsbedingungen seien (z. B. zu den technischen und
betrieblichen Zugangsbedingungen sowie zum Koordinierungs- und
Konfliktlösungsverfahren) enthielten die "AGBI-DB Regio" demgegenüber nicht
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Auch durch Erstellung der AGBInst-DB-X habe die Klägerin ihre Pflicht zur Aufstellung
von Nutzungsbedingungen nicht erfüllt. Denn bei den AGBInst-DB-X handele es sich
lediglich um eine noch nicht fertig gestellte Vorversion von Nutzungsbedingungen.
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Schließlich habe die BNetzA das ihr in § 14 c Abs. 1 AEG eingeräumte Ermessen auch
fehlerfrei ausgeübt. Die getroffenen Anordnungen seien geeignet, erforderlich und auch
angemessen, um den festgestellten eisenbahnrechtlichen Verstoß zu beseitigen und
künftigen Verstößen vorzubeugen.
21
Am 13.3.2009 hat die Klägerin Klage erhoben.
22
Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren und macht
insbesondere geltend, die angefochtenen Bescheide seien schon deshalb rechtswidrig,
weil die Klägerin nicht zum Adressatenkreis der Rechtspflichten aus § 10 Abs. 1 Satz 1
EIBV gehöre, denn sie sei lediglich EVU und nicht zugleich auch EIU. Die seinerzeit
vorgelegten AGBI-DB Regio und die AGBInst-DB-X erfüllten außerdem die rechtlichen
Anforderungen, die aus eisenbahnrechtlicher Sicht an Benutzungsbedingungen für
Wartungseinrichtungen i. S. d. § 2 Abs. 3 c Nr. 7 AEG zu stellen seien. Jedenfalls sei die
BNetzA nicht dazu befugt, das bereits vorgelegte Regelwerk von vornherein nicht als
Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen anzuerkennen und damit im Ergebnis
pauschal zu verwerfen. Die angefochtenen Bescheide seien insoweit
ermessensfehlerhaft. Damit gebe es weder eine Rechtsgrundlage für die in Ziffer 1 des
Bescheides vom 8.5.2008 ausgesprochene Verpflichtung, Nutzungsbedingungen
aufzustellen, noch eine für die Anordnung in Ziffer 2, diese Nutzungsbedingungen der
BNetzA bis zum 6.6.2008 mitzuteilen.
23
Im Einzelnen:
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Die Klägerin gehöre nicht zum Adressatenkreis des § 10 Abs. 1 EIBV, weil sie kein EIU
i. S. dieser Vorschrift sei. Nach § 2 Abs. 1 AEG handele es sich bei EIU um solche
Unternehmen, die eine Eisenbahninfrastruktur betrieben. Die Eisenbahninfrastruktur
umfasse nach § 2 Abs. 3 AEG die Betriebsanlagen der Eisenbahnen einschließlich der
Bahnstromfernleitungen. § 2 Abs. 3 AEG verweise damit für den Begriff der
Eisenbahninfrastruktur nicht auf den § 2 Abs. 3 c AEG, der die Serviceeinrichtungen
benenne. Eine Serviceeinrichtung falle damit nicht automatisch unter den Begriff der
Eisenbahnin-frastruktur i. S. d. § 2 Abs. 3 AEG. EIU sei mithin nur der Betreiber einer
sonstigen Eisenbahninfrastruktur i. S. d. § 2 Abs. 3 AEG. Der Begriff der
Eisenbahninfrastruktur werde in § 2 Abs. 3 AEG gerade nicht als Summe aus
Schienenwegen und Serviceeinrichtungen definiert. Vielmehr mache die Formulierung
in § 2 Abs. 3 AEG deutlich, dass für den Begriff des EIU ein eigenständiger Begriff der
Eisenbahninfrastruktur im regulierungs- und netzzugangsrechtlichen Sinne zu bilden
sei. Maßgeblich für das Erfordernis einer eigenständigen Begriffsbildung seien zum
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einen der Wortlaut und die Systematik. So nehme § 2 Abs. 3 c AEG weder auf den
Begriff der Eisenbahninfrastruktur noch auf den Begriff der "Betriebsanlagen der
Eisenbahn" in § 2 Abs. 3 AEG Bezug. Es könne auch nicht mit der BNetzA davon
ausgegangen werden, dass es sich bei den Serviceeinrichtungen nach § 2 Abs. 3 c
AEG wegen dessen systematischer Stellung um einen Unterfall der
Eisenbahninfrastruktur i. S. d. § 2 Abs. 3 AEG handele. Weder aus § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr.
4 AEG noch aus § 10 Abs. 6 Nr. 2 EIBV lasse sich der zwingende Schluss ableiten,
dass der Gesetzgeber Serviceeinrichtungen regulierungsrechtlich als Teil der
Eisenbahninfrastruktur ansehe. Weder die historische noch die Auslegung unter
Einbeziehung der einschlägigen europarechtlichen Vorschriften lasse das von der
BNetzA gefundene Auslegungsergebnis zu. Verfassungsrechtlich sei eine
Einbeziehung der Serviceeinrichtungen in den regulierungsrechtlichen
Infrastrukturbegriff insoweit nicht zulässig, als Marktalternativen bestünden. Denn in
diesen Fällen verletze das Zugangsrecht nach § 14 Abs. 1 Satz 1 AEG wegen
Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz das Eigentumsrecht der Klägerin.
Wie sich aus der von der Klägerin vorgelegten SCI-Studie ergebe, bestehe auch aus der
Sicht des Marktes kein Erfordernis, die Serviceeinrichtungen in den Infrastrukturbegriff
einzubeziehen. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass der Begriff der
Eisenbahninfrastruktur nur solche in technisch-funktionalem Zusammenhang mit dem
Eisenbahnbetrieb stehenden Anlagen erfasse, die betrieblich-funktional zur Drittnutzung
geeignet und zur Erbringung der schienengebundenen Verkehrsleistungen erforderlich
seien, soweit keine zumutbaren Alternativen unter Marktbedingungen bestünden. Nach
Maßgabe dieser Definition zählten die Wartungseinrichtungen der Klägerin nicht zu der
Eisenbahninfrastruktur.
Unabhängig davon sei den Anforderungen des § 10 Abs. 1 EIBV bereits genügt, weil
die vorgelegten Regelwerke die Anforderungen vollständig erfüllten, die an
Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen zu stellen seien. Nach § 10 Abs. 1 Satz
1 EIBV bestehe lediglich die Pflicht, Nutzungsbedingungen für den Zugang zu
Serviceeinrichtungen und die Erbringung der damit verbundenen Leistungen
aufzustellen. Inhaltliche Anforderungen ließen sich dieser Bestimmung gerade nicht
entnehmen. § 10 Abs. 1 Satz 3 EIBV stelle - mit seiner selektiven Verweisung auf die
Bestimmungen des § 4 EIBV - klar, dass die detaillierten inhaltlichen Anforderungen der
EIBV für Schienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB) hier gerade nicht gelten sollten.
§ 10 Abs. 1 EIBV stelle vielmehr eigene inhaltliche Anforderungen. Dabei sei allerdings
zu berücksichtigen, dass diese inhaltlichen Anforderungen nach § 10 Abs. 1 Satz 4
EIBV gerade nicht für die hier in Rede stehenden Wartungseinrichtungen gälten. Ferner
lasse sich das Erfordernis einer Bezeichnung des zugangsrelevanten Regelwerks als
"Nutzungs-bedingungen" § 10 EIBV nicht entnehmen. Die Klägerin habe die
Geschäftsbedingungen für Vertragspartner aufgestellt und veröffentlicht und damit der
nach Auffassung der BNetzA bestehenden Verpflichtung genügt.
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Die BNetzA habe sich mit diesem Regelwerk nicht hinreichend auseinander gesetzt und
damit in der Sache einen Totalwiderspruch erlassen.
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Schließlich habe die Klägerin einer etwa bestehenden Pflicht auf Zusendung von NBS
bereits durch die Übersendung der AGBInst-DB-X mit Schreiben vom 21.9.2007
vollständig genügt. Die BNetzA müsse dies mit der Rechtsfolge des § 14 e Abs. 1 Nr. 4,
Abs. 2 Nr. 2 AEG gegen sich gelten lassen.
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Dem stehe auch nicht entgegen, dass sich die Klägerin nicht zur Aufstellung von NBS
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verpflichtet sehe, denn die Klägerin habe ungeachtet dieses Rechtsstandpunktes
Nutzungsbedingungen für den Zugang zu Wartungseinrichtungen aufgestellt und
gewähre sämtlichen Zugangsberechtigten diskriminierungsfreien Zugang zu diesen
Wartungseinrichtungen.
Die angefochtenen Bescheide seien ermessensfehlerhaft, weil die BNetzA den
maßgeblichen Sachverhalt - insbesondere hinsichtlich der tatsächlichen Auswirkungen
auf den Wettbewerb - nicht hinreichend ermittelt habe. Die BNetzA stütze sich
tatsächlich nur auf einen einzigen Referenzfall, der nur durch eine Pressemitteilung
dokumentiert sei. Diesbezüglich bleibe in der Sache richtigzustellen, dass die Klägerin
mitnichten Wettbewerber davon abgehalten habe, Instandhaltungsleistungen in der
betreffenden Werkstatt in Plochingen in Anspruch zu nehmen.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid der BNetzA vom 8.5.2008 und den Widerspruchsbescheid vom
13.2.2009 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen in den angefochtenen Bescheiden und macht
in Erwiderung auf das Klagevorbringen geltend, die von der Klägerin herangezogene
Werkstattstudie liege ihr nur in Gestalt von insgesamt 54 Power-Point-Folien vor.
Außerdem weise die Studie methodische Schwächen auf. So sei etwa nicht ersichtlich,
welche Unternehmen befragt und wie diese ausgewählt worden seien. Zur Klärung der
vorliegend maßgeblichen Rechtsfragen könne diese Studie kaum beitragen. Denn
selbst wenn ein flächendeckendes Angebot an Instandhaltungsleistungen bestünde,
hätte dies keinen Einfluss auf die gesetzlichen Vorgaben, die EIU zur Gewährung eines
diskriminierungsfreien Zugangs zur Eisenbahninfrastruktur sowie zur Aufstellung von
Nutzungsbedingungen verpflichteten.
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Den von der Klägerin kreierten eigenständigen netzzugangsrelevanten Begriff der
Eisenbahninfrastruktur gebe es nicht. Die Klägerin versuche dabei eine unzulässige
Unterscheidung zwischen Eisenbahninfrastruktur und Serviceeinrichtungen
einzuführen. Ihre Begründung finde weder im Wortlaut noch in der Systematik des AEG
eine Stütze.
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Auch die Gesetzesmaterialien ließen deutlich erkennen, dass die Serviceeinrichtungen
und namentlich auch die Wartungseinrichtungen der Eisenbahninfrastruktur
zuzurechnen seien. In dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung
eisenbahnrechtlicher Vorschriften werde ausgeführt: "Die Unterscheidung zwischen
einem zugangsrechtlichen und einem planfeststellungsrechtlichen Begriff für Anlagen
wird im AEG nicht länger aufrecht erhalten. Eine Unterscheidung ist wegen der
Vorschriften der Richtlinie 2001/14/EG, die den Netzzugang insgesamt neu regeln, nicht
länger erforderlich, da über den bisherigen deutschen Eisenbahninfrastrukturbegriff
hinaus ein Zugangsrecht für Wartungseinrichtungen geschaffen wird. Der Begriff der
Eisenbahninfrastruktur ist daher künftig deckungsgleich mit dem der Betriebsanlage und
unterliegt somit einem Bedeutungswandel" (BT- Drs. 15/3280, S. 14).
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Die Zugehörigkeit von Serviceeinrichtungen i. S. d. § 2 Abs. 3 c AEG zur Infrastruktur
werde auch nicht durch europarechtliche Erwägungen in Frage gestellt. Die Verweise
der Klägerin auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 RL 2001/14/EG sowie auf Art. 10 Abs. 6 RL
91/440/EWG i. d. F. der RL 2001/12/EG seien insofern aus mehreren Gründen nicht
zielführend. Die Klägerin wolle aus dem Wortlaut der Bestimmungen "vertretbare
Alternativen zu Marktbedingungen" herleiten, dass die Zugehörigkeit von
Serviceeinrichtungen zur Eisenbahninfrastruktur von weiteren Qualifikationen abhängig
sei. Die genannten Normen des Europarechts bezögen sich indes nicht auf die
Begriffsbestimmung. Geregelt werde vielmehr die Reichweite des
Diskriminierungsverbots. Dabei werde bestimmt, dass Anträge von EVU überhaupt nur
abgelehnt werden dürften, wenn vertretbare Alternativen unter Marktbedingungen
vorhanden seien. Die Zugehörigkeit von Serviceeinrichtungen zur
Eisenbahninfrastruktur werde dabei vorausgesetzt. Die Einschränkung des
Diskriminierungsverbots dahin, dass eine Ablehnung erfolgen dürfe, wenn vertretbare
Alternativen zu Marktbedingungen vorhanden seien, sei bewusst nicht in das deutsche
Recht übernommen worden.
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Die von der Klägerin vorgelegten Entwürfe der AGB stellten keine
Nutzungsbedingungen dar. Auch sei keine ordnungsgemäße Mitteilung entsprechend §
14 d Satz 1 Nr. 6 AEG erfolgt. Durch die Vorlage der AGBI-DB Regio und der AGBInst-
DB-X sei die Klägerin dieser Verpflichtung nicht nachgekommen. Bei den AGBI-DB
Regio handele es sich lediglich um AGB. Bei den AGBInst-DB-X handele es sich nur
um einen ergänzungsbedürftigen Vorentwurf eines Regelwerks.
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Die BNetzA habe auch das ihr eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
Zugangsberechtigte stünden bis heute vor dem Problem, keinen diskriminierungsfreien
Zugang zu den von der Klägerin betriebenen Wartungseinrichtungen zu bekommen. Die
Klägerin verkenne den Umfang der Amtsermittlungspflicht, wenn sie meine, die BNetzA
sei zu einer Ermittlung der Wettbewerbsrelevanz der Wartungseinrichtungen verpflichtet
gewesen. Anlass für die streitgegenständlichen Anordnungen sei gewesen, dass sich
die Klägerin nicht verpflichtet fühle, Nutzungsbedingungen für ihre
Wartungseinrichtungen aufzustellen und diese der BNetzA vorzulegen. Die
Grundsatzentscheidung, dass Wartungseinrichtungen erhebliche Wettbewerbsrelevanz
hätten, habe bereits der Normgeber getroffen. Weitere Ermittlungen zur
Wettbewerbsrelevanz seien deshalb nicht erforderlich gewesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen
Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge
Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig
und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Anordnung in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides, Nutzungsbedingungen
aufzustellen, findet ihre rechtliche Grundlage in § 14 c Abs.1 AEG. Die Verpflichtung zur
46
Aufstellung von Nutzungsbedingungen folgt aus § 2 Abs. 3 c Nr. 7 AEG i. V. m. § 10
Abs. 1 Satz 1 EIBV. Denn bei den Wartungseinrichtungen handelt es sich nach der
Legaldefinition des § 2 Abs. 3 c Nr. 7 AEG um Serviceeinrichtungen. Die Klägerin ist
(auch) ein Infrastrukturunternehmen, weil sie (auch) Eisenbahninfrastruktur in Gestalt
von Wartungseinrichtungen betreibt. Die Kammer teilt die in dem angefochtenen
Widerspruchsbescheid vom 13.2.2009 und in der Klageerwiderung detailliert
dargestellte Auffassung der Beklagten, dass sich aus den Gesetzgebungsmaterialien
wie auch aus der systematischen Stellung des § 2 Abs. 3, 3 a, 3 b und 3 c AEG
eindeutig ergibt, dass der Begriff der Eisenbahninfrastruktur dahin zu verstehen ist, dass
es sich dabei um Schienenwege und Serviceeinrichtungen handelt. Wegen der näheren
Einzelheiten der Begründung wird gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die zutreffenden
Ausführungen der BNetzA in dem Widerspruchsbescheid vom 13.2.2009 Bezug
genommen.
Auch die obergerichtliche Rechtsprechung geht von diesem Verständnis aus.
47
Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 19.11.2008 - 13 B 1543/08 -, juris, Rdnr. 36;
Urteil vom 23.9.2010 - 13 A 172/10 -, S. 20 ff. des amtlichen Urteilsabdrucks.
48
Die von der Klägerin für zutreffend erachtete Definition des regulierungsrechtlichen
Begriffs der Eisenbahninfrastruktur, die dahin geht, dass Serviceeinrichtungen dem
regulierungsrechtlichen Eisenbahninfrastrukturbegriff und damit dem Regulierungsrecht
nur insoweit unterfallen, als für EVU keine Alternativen unter Marktbedingungen
existieren, ist demgegenüber nur in der jüngsten obergerichtlichen Rechtsprechung
überhaupt thematisiert worden.
49
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.1.2011 - 13 B 1818/10 -.
50
In jenem Verfahren, in dem es auf die Rechtsfrage nicht ankam, hat das OVG NRW
dargelegt, dass es zu der Auffassung neige, dass Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie
2001/14 EG erst im Zusammenhang mit Zugangsanträgen von Wettbewerbern zu
berücksichtigen sei.
51
Diese Auffassung teilt die Kammer. Dafür sind folgende Erwägungen maßgeblich: Zum
einen gebietet es Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie von seinem Wortlaut her nicht,
diejenigen Infrastrukturen, hinsichtlich derer nicht die typische Monopolsituation herrscht
und ggf. auch Wahlmöglichkeiten für die EVU bestehen, von vornherein von dem Begriff
der Infrastruktur auszunehmen. Denn nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie 2001/14/EG
haben die Eisenbahnunternehmen unter Ausschluss jeglicher Diskriminierung
Anspruch auf das in Anhang II beschriebene Mindestzugangspaket sowie auf den dort
beschriebenen Schienenzugang zu Serviceeinrichtungen. In Anhang II Nr. 2 h sind
ausdrücklich auch die Wartungseinrichtungen und andere technische Einrichtungen
erwähnt. Die entscheidende Formulierung in Art. 5 Abs. 2 Satz 2 der genannten
Richtlinie: "Die Erbringung der in Anhang II Nummer 2 genannten Leistungen erfolgt
unter Ausschluss jeglicher Diskriminierung, wobei entsprechende Anträge von
Eisenbahnunternehmen nur abgelehnt werden dürfen, wenn vertretbare Alternativen
unter Marktbedingungen vorhanden sind" macht deutlich, dass es auch auf
europäischer Ebene nicht darum ging, Serviceeinrichtungen von vornherein aus dem
Infrastrukturbegriff und damit vollständig aus der Regulierung auszunehmen. Ansonsten
ließe sich nicht erklären, weshalb Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie überhaupt gebieten
sollte, dass die Erbringung der in Anhang II Nummer 2 genannten Leistungen - also der
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Leistungen in Serviceeinrichtungen - unter Ausschluss jeglicher Diskriminierung zu
erfolgen habe. Denn dies setzt notwendig voraus, dass auch insoweit im Ansatz das
Regulierungsrecht zur Anwendung kommt. Vielmehr lässt die Formulierung, dass
Anträge von Eisenbahnunternehmen nur abgelehnt werden dürften, wenn vertretbare
Alternativen unter Marktbedingungen bestünden, den eindeutigen Schluss zu, dass
auch die Richtlinie den Rechtsgedanken, dass hinsichtlich der Serviceeinrichtungen
nicht die selbe Monopolsituation herrscht und deshalb nicht die selben strengen
Maßstäbe der Gewährung diskriminierungsfreien Zugangs wie bei Schienenwegen
angelegt werden dürfen, auf der Ebene der Bescheidung von Zulassungsanträgen
berücksichtigt wissen will. Auch gibt der Wortlaut von Art. 5 Abs.1 Satz 2 der Richtlinie
einen deutlichen Hinweis darauf, dass diese Bestimmung eine einzelfallbezogene
Prüfung vorsieht.
Vgl. dazu auch OVG NRW, Beschluss vom 13.1.2011 - 13 B1818/10 - , S. 5 des
amtlichen Beschlussabdrucks.
53
Hinzu kommt, dass sich die Situationen für verschiedene EVU unterschiedlich
darstellen können. Während auf dem deutschen Eisenbahnmarkt etablierte EVU, die
nicht Schwesterunternehmen der Klägerin sind, ggf. bereits eigene
Serviceeinrichtungen errichtet haben können, dürfte es für Markteinsteiger kaum
möglich sein, zunächst Wartungseinrichtungen zu bauen und sich sodann um
Trassenzuweisungen zu bewerben. Käme es für die Bestimmung des
Infrastrukturbegriffs darauf an, ob Alternativen unter Marktbedingungen vorhanden sind,
wäre die Frage, ob sich eine Serviceeinrichtung als Infrastruktur darstellt, in
Abhängigkeit von dem jeweiligen Zugangspetenten unterschiedlich zu beantworten.
54
Außerdem wären heute vorhandene Erkenntnisse über vertretbare Alternativen unter
Marktbedingungen nicht mehr valide, wenn alle Wartungseinrichtungen im Ansatz nicht
dem Eisenbahninfrastrukturbegriff unterfielen und deren Betreiber zunächst nicht
gehalten wären, EVU Zugang zu gewähren. In die selbe Richtung geht auch ein
weiteres Praktikabilitätsargument: Stellte man bereits für den Begriff der
Eisenbahninfrastruktur darauf ab, ob in dem jeweiligen Einzelfall vertretbare
Alternativen unter Marktbedingungen bestünden, so würde sich die Begriffsdefinition
jeweils in Abhängigkeit von der konkreten Versorgungslage mit Wartungseinrichtungen
ändern. Würde also etwa eine neue Wartungseinrichtung in einer bestimmten Region
gebaut, unterfielen die in dieser Region liegenden Wartungseinrichtungen nicht mehr
dem Infrastrukturbegriff und damit auch nicht mehr der Regulierung mit der Folge, dass
auch keine NBS mehr aufzustellen wären. Für die Marktteilnehmer wäre demnach nicht
mehr eindeutig zu bestimmen, wem gegenüber und für welche Zeiträume NBS
aufzustellen wären.
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Weder der Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2001/14/EG noch deren
Systematik weisen also auf das von der Klägerin für zutreffend erachtete
Normverständnis hin und auch mit Blick auf die weiteren einschlägigen
europarechtlichen Vorschriften kann dieses Normverständnis zur Überzeugung der
Kammer nicht als geboten angesehen werden. So schließt die Definition der Betreiber
der Infrastruktur in Art. 2 Buchstabe h der Richtlinie 2001/14/ EG die Betreiber von
Wartungseinrichtungen nicht aus, weil davon lediglich "insbesondere" die für die
Einrichtung und Unterhaltung der Fahrwege der Eisenbahnen zuständigen
Unternehmen bzw. Einrichtungen erfasst werden. Nach Erwägungsgrund 11 dieser
Richtlinie sollte zudem "so weit wie möglich" angestrebt werden, den Bedürfnissen
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"aller" Nutzer und Verkehrsarten gerecht und in nicht diskriminierender Weise zu
entsprechen. Schließlich ergibt sich aus Erwägungsgrund 49 der Richtlinie, dass diese
unter Beachtung des in Art. 5 EUV niedergelegten Subsidiaritätsprinzips weiter
gehende nationale Regelungen nicht ausschließt.
Geht man davon aus, dass es sich bei Serviceeinrichtungen um Eisenbahninfrastruktur
i. S. d. § 2 Abs. 3 AEG handelt, so ergibt sich aus § 2 Abs. 3 c Nr. 7 AEG, dass die hier
in Rede stehenden Wartungseinrichtungen Serviceeinrichtungen sind. Einer
weitergehenden inhaltlichen Prüfung bedarf es entgegen der von der Klägerin in der
mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung hierbei nicht. Soweit das OVG NRW
57
vgl. Beschluss vom 13.1.2011, - 13 B 1818/10 -
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die Frage geprüft hatte, ob es sich bei den dort in Rede stehenden Verladestationen um
Serviceeinrichtungen i. S. d. § 2 Abs. 3 c Nr. 7 AEG handelte, war dies nur dem
Umstand geschuldet, dass die Antragstellerin des dortigen Verfahrens bestritten hatte,
dass es sich dabei um Serviceeinrichtungen i. S. des abschließenden Katalogs des § 2
Abs. 3 c Nr. 7 AEG handelte. Jedenfalls in den Fällen, in denen es um eine der dort
ausdrücklich genannten Serviceeinrichtungen geht, ist für eine weitergehende Prüfung
und Auslegung nach Auffassung der Kammer kein Raum, weil die Definition der
Serviceeinrichtungen im Gesetz abschließend geregelt ist.
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Auch das nationale Verfassungsrecht - namentlich Art. 14 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1
GG - gebietet es zur Überzeugung der Kammer nicht, bereits den Begriff der
Eisenbahninfrastruktur oder den der Serviceeinrichtungen in der Weise einschränkend
zu verstehen, dass hierunter nur solche Serviceeinrichtungen fallen, hinsichtlich derer
die Klägerin und ihre Schwesterunternehmen ein Monopol innehaben und dem gemäß
keine Alternativen unter Marktbedingungen für die Wettbewerber bestehen. Zwar ist der
Klägerin einzuräumen, dass die Beschränkungen, die sich aus der Regulierung
ergeben, eine deutliche Belastung darstellen, weil die Klägerin gehalten ist, über
Zugangsanträge von Wettbewerbern unter Beachtung des Grundsatzes der
Diskriminierungsfreiheit zu entscheiden. Dieser Belastung steht jedoch der erhebliche
Gemeinwohlbelang der Schaffung eines möglichst gut funktionierenden Wettbewerbs
gegenüber. Da - wie bereits dargelegt - gerade für Markteinsteiger die
Zugangsmöglichkeiten zu Wartungseinrichtungen der Klägerin von ganz
entscheidender Bedeutung sein können, dient das grundsätzliche Zugangsrecht der
EVU der Schaffung eines derartigen Wettbewerbs. Den aus dem Eigentumsrecht
abgeleiteten Interessen der Klägerin wird jedenfalls durch das in § 10 Abs. 6 Nr. 2 EIBV
konkret ausgestaltete Eigentümervorrecht Rechnung getragen. Denn nach der
letztgenannten Vorschrift ist die Klägerin nur gehalten, Zugang zu
Wartungseinrichtungen zu gewähren, soweit ihr die Zugangsgewährung - mit Rücksicht
auf ihren eigenen Betrieb - möglich und zumutbar ist. Zum anderen ist zu
berücksichtigen, dass sie für die in den Wartungseinrichtungen erbrachten Leistungen
Entgelte verlangen und damit zusätzliche Erlöse generieren kann, was im Ansatz ihren
eigenen wirtschaftlichen Interessen entspricht. Da das Regelungsregime mithin der
Schaffung von mehr Wettbewerb dient und da von der Klägerin letztlich nur die
diskriminierungsfreie Verwertung von Restkapazitäten - gegen Entgelt - verlangt wird,
steht das Regelungssystem des § 2 Abs. 3, Abs. 3 c AEG i. V. m. § 10 EIBV zur
Überzeugung der Kammer auch in Einklang mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs.
1 GG.
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Da die Klägerin mithin als EIU anzusehen ist und Serviceeinrichtungen in Gestalt von
Wartungseinrichtungen betreibt, ist sie nach § 10 Abs. 1 EIBV verpflichtet, hierfür
Nutzungsbedingungen aufzustellen.
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Die Klägerin ist ihrer Verpflichtung zur Aufstellung von Nutzungsbedingungen für
Wartungseinrichtungen bis zum Erlass des angefochtenen Bescheides vom 8.5.2008
nicht nachgekommen. Auch diesbezüglich wird gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die
zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid, die durch
das Klagevorbringen nicht erschüttert werden, Bezug genommen. Soweit die Klägerin
zu Beginn des Verwaltungsverfahrens zunächst verschiedene AGB vorgelegt hat, sind
diese von der BNetzA zutreffend nicht als NBS aufgefasst worden, weil sie zum einen
nicht als Nutzungsbedingungen bezeichnet waren und die Klägerin auch den
Rechtsstandpunkt eingenommen hat, dass sie zur Aufstellung von NBS nicht verpflichtet
sei und da diese AGB darüber hinaus nicht den Mindestinhalt aufwiesen, der für NBS
verlangt werden muss. Zwar ist nach § 10 Abs. 1 Satz 4 EIBV für Wartungseinrichtungen
i. S. d. § 2 Abs. 3 c Nr. 7 AEG nicht ausdrücklich geregelt, welche Mindestinhalte NBS
haben müssen. Die Kammer ist jedoch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des
OVG NRW,
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vgl. VG Köln, Urteil vom 4.12.2009 - 18 K 4918 -, juris Rdnr. 49; OVG NRW, Urteil
vom 23.9.2010 - 13 A 172/10 -, juris Rdnr. 76,
63
der Auffassung, dass einer - sinnvollen - Verpflichtung zur Aufstellung von NBS auch
eine Verpflichtung zur Aufnahme jedenfalls von Essentialia als Pflichtinhalten
entnommen werden kann. Hierzu gehören nach Auffassung der Kammer die
Leistungsbeschreibung und das Konfliktlösungs- und Koordinierungsverfahren bei
mehreren Zugangsanträgen. Da die zunächst mitgeteilten AGB diese Mindestinhalte
gerade nicht aufwiesen, genügten sie auch inhaltlich nicht den eisenbahnrechtlichen
Mindestanforderungen.
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Da § 4 Abs. 2 EIBV, der regelt, dass die AGB zum Pflichtinhalt der
Nutzungsbedingungen gehören, für Serviceeinrichtungen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5
EIBV nicht gilt, kann man die AGB auch nicht in der Gestalt des verordnungsgeberisch
vorgesehenen Pflichtinhalts als Bestandteil der NBS ansehen.
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Soweit die Klägerin mit Schreiben vom 21.9.2007 ein weiteres Regelwerk vorlegt hat,
das mit "Allgemeine Geschäftsbedingungen für Instandhaltungsleistungen in
Einrichtungen der DB X (AGBInst-DB-X) (Entwurf, Stand : 21.09.2007)" überschrieben
war, ist die BNetzA rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass es sich hierbei lediglich
um einen Entwurf eines Regelwerkes handelte. Dies ergibt sich daraus, dass es mit DB-
X überschrieben war, im Ansatz von der DB Netz AG stammte und für die Klägerin
nunmehr in Entwurfsform herangezogen werden sollte. Dies lässt sich auch aus dem
Begleitschreiben vom 21.9.2007 schließen, in dem darauf hingewiesen wurde, dass bei
Änderungsbedarf gebeten werde, dies in einem gemeinsamen Gespräch zu erörtern.
Außerdem fehlte bei diesem Regelwerk ein erforderlicher Mindestinhalt. Zwar war in
Ziffern 1.2.1.4 und 1.2.1.5 dieses Regelwerks eine Koordinierungs- und
Konfliktlösungsregelung enthalten. Es fehlte jedoch auch hier eine Regelung zu der
Leistungsbeschreibung. Der Hinweis zum Leistungsumfang in Ziffer 1.2.2 : "Die DB X
erbringt Instandhaltungs- und Wartungsleistungen im Rahmen des jeweiligen Profils
ihrer jeweiligen Einrichtung und im vertraglich vereinbarten Umfang nach Maßgabe
dieser Bedingungen. Weitere Informationen finden Sie unter www....." ist derart
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unbestimmt, dass er den Entwurfscharakter der Regelungen noch verdeutlicht und nicht
als valide Beschreibung des Leistungsumfangs gewertet werden kann. Gegen die
hierauf unter dem 17.1.2008 ergangene Aufforderung seitens der BNetzA, bestimmte
genau bezeichnete Änderungen vorzunehmen und das geänderte Regelwerk sodann in
Form einer Mitteilung i. S. von. § 14 d Satz 1 Nr.6 AEG vorzulegen, legte die Klägerin
Widerspruch ein und sah bis zum Erlass des Bescheides vom 8.5.2008 davon ab, ein
Regelwerk vorzulegen.
Auch unter Berücksichtigung des gesamten Ablaufs des Verwaltungsverfahrens kann in
der Vorlage der AGBInst-DB-X mit Schreiben vom 21.9.2007 keine Vorlage von NBS i.
S. d. § 14 d Satz 1 Nr. 6 AEG gesehen werden. Dieses Ergebnis wird auch durch das
eigene nachfolgende Verhalten der Klägerin gestützt, die das Regelwerk nicht
veröffentlicht hat, nachdem die BNetzA sich länger als vier Wochen hierzu nicht
geäußert hatte. Außerdem ist zu beachten, dass die Klägerin auch in der Folgezeit -
etwa mit Schreiben vom 28.3.2008 - den Rechtsstandpunkt beibehalten hat, dass sie zur
Aufstellung von NBS nicht verpflichtet sei. Mit Rücksicht darauf ist auch bezüglich
dieses Regelwerkes davon auszugehen, dass die Klägerin hiermit ihrer Pflicht zur
Vorlage von NBS i. S. d. § 14 d Satz 1 Nr. 6 AEG nicht genügt hat.
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Die in Ziffer 2 des Bescheides vom 8.5.2008 angeordnete Verpflichtung der Klägerin zur
Mitteilung der Nutzungsbedingungen ergibt sich aus § 14 d Satz 1 Nr. 6 AEG. Die
BNetzA war deshalb gemäß § 14 c Abs. 1 AEG berechtigt, die Klägerin auch zu dieser
Mitteilung aufzufordern.
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Die BNetzA hat das ihr eingeräumte Ermessen hinsichtlich der Anordnungen in Ziffern 1
und 2 des Bescheides vom 8.5.2008 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise
ausgeübt. Die angestellten Ermessenserwägungen sind sachgerecht und tragfähig. Die
Maßnahmen sind verhältnismäßig, denn sie sind geeignet und auch erforderlich, um
eisenbahnrechtskonforme Zustände zu erreichen. Mildere Maßnahmen, die den selben
Zweck erreichten, sind nicht ersichtlich. Die Maßnahmen sind schließlich auch
verhältnismäßig i. e. S., denn die BNetzA hat der Klägerin keine konkreten Vorgaben
hinsichtlich der Abfassung der NBS gemacht. Sie hat lediglich auf Seite 5 des
Bescheides vom 8.5.2008 darauf hingewiesen, dass die bislang vorgelegten
Regelwerke nicht den gesetzlichen und verordnungsrechtlichen Anforderungen
genügten, weil sie keine Regelungen zum Koordinierungs- und
Konfliktlösungsverfahren oder zur Infrastrukturbeschreibung enthielten. Insoweit lässt
sich dem angefochtenen Bescheid entnehmen, dass von der BNetzA in den
vorzulegenden NBS diesbezügliche Regelungen erwartet werden. Dies ist rechtlich
nicht zu beanstanden. Denn auch die NBS für Wartungseinrichtungen müssen
jedenfalls die Essentialia für eine Benutzung durch andere EVU enthalten, da
ansonsten die rechtliche Verpflichtung zur Aufstellung von NBS sinnentleert wäre. Zu
diesen Essentialia gehören - wie dargelegt - die Regelungen zum Koordinierungs- und
Konfliktlösungsverfahren sowie die Leistungsbeschreibung.
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Auch das in Ziffer 3 des Bescheides vom 8.5.2008 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von
25.000.- Euro ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil es eine für die Klägerin spürbare
Sanktion darstellen soll, um sie zur Einhaltung der Vorgaben des Bescheides
anzuhalten.
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Die Kostengrundentscheidung des Ausgangsbescheides geht ins Leere und beschwert
die Klägerin nicht.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Kammer hat davon abgesehen, auf den Antrag der Klägerin die Berufung
zuzulassen. Eine Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO wäre aus der
Sicht der Kammer nur im Hinblick auf die Klärung der Frage in Betracht gekommen, ob
die Klägerin zur Aufstellung von Nutzungsbedingungen deshalb nicht verpflichtet ist,
weil Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2001/14/EG auf der Ebene der Bestimmung des
Infrastrukturbegriffs bzw. des Begriffs der Serviceeinrichtungen zu berücksichtigen ist mit
der Folge, dass Wartungseinrichtungen nur dann als Eisenbahninfrastruktur bzw. als
Serviceeinrichtungen anzusehen sind, wenn es für die EVU zu deren Nutzung keine
vertretbaren Alternativen unter Marktbedingungen gibt. Das OVG NRW ist indes bereits
in einem Hauptsacheverfahren und in einem Eilverfahren davon ausgegangen, dass
Nutzungsbedingungen für Wartungseinrichtungen - ohne eine entsprechende
Tatbestandsreduzierung - aufzustellen sind,
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vgl. OVG NRW, Urteil vom 23.9.2010 - 13 A 172/10 -, S. 20f; Beschluss vom
19.11.2008 - 13 B 1543/08 -, juris Randnr. 36,
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und hat nunmehr in dem Beschluss vom 13.1.2011 - 13 B 1818/10 -, in dem es rechtlich
nicht darauf ankam, zu dieser Frage eine Tendenz aufgezeigt hat, die der
Rechtsauffassung der Kammer entspricht.
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