Urteil des VG Köln vom 03.11.2003

VG Köln: vergleich, beförderung, qualifikation, polizei, beamter, billigkeit, transparenz, ermessensfehler, gegenüberstellung, beigeladener

Verwaltungsgericht Köln, 19 L 1980/03
Datum:
03.11.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
19. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
19 L 1980/03
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des
Verfahrens mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten des
Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.
Der Streitwert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe Der sinngemäß gestellte Antrag,
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dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, eine der
beiden dem Polizeipräsidium (PP) L. im August 2003 zugewiesenen
Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A 12 BBesG (für Beamten/Beamtinnen
mit II. Fachprüfung - Zweite Säule -) dem Beigeladenen zu übertragen und diesen in ein
entsprechendes Amt zu befördern, solange nicht eine erneute Auswahlentscheidung
zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen über die Vergabe dieser
Beförderungsstelle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts getroffen
worden ist,
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hat keinen Erfolg.
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Eine einstweilige Anordnung des vorliegend begehrten Inhalts kann gemäß § 123 Abs.
1 Satz 1 und Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO nur ergehen, wenn der
betreffende Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein Anspruch auf eine bestimmte
Leistung zusteht (Anordnungsanspruch), dieser Anspruch gefährdet ist und durch
vorläufige Maßnahmen gesichert werden muss (Anordnungsgrund).
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Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf das Antragsbegehren des Antragstellers
nicht erfüllt. Ihm steht zwar insoweit ein Anordnungsgrund zur Seite, da das PP L.
ausweislich der Antragserwiderung vom 25. August 2003 beabsichtigt, den
Beigeladenen mit der bereits erteilten Zustimmung des örtlichen Polizeipersonalrats
unter Übertragung der streitbefangene Beförderungsstelle in ein Amt der
Besoldungsgruppe A 12 BBesO zu befördern. Der Vollzug dieses Vorhabens würde die
von dem Antragsteller mit seinem Widerspruch gegen seine Nichtberücksichtung im
Beförderungsauswahlverfahren geltend gemachten Rechte endgültig vereiteln, da er in
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einem Hauptsacheverfahren nach der nicht mehr rückabzuwickelnden Übertragung der
Beförderungsstelle an den Beigeladenen keinen effektiven Rechtsschutz mehr erlangen
könnte. Der Antragsteller hat aber einen sein Rechtschutzbegehren rechtfertigenden
Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Nach geltendem Dienstrecht hat ein Beamter auch bei Erfüllung aller
laufbahnrechtlichen Voraussetzungen grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf
Übertragung eines Beförderungsamtes. Er kann vielmehr nur verlangen, in seinem
beruflichen Fortkommen nicht aus gesetz- oder sachwidrigen Erwägungen des
Dienstherrn beeinträchtigt zu werden. Die Entscheidung über eine Beförderung obliegt
nach Maßgabe des Personalbedarfs und des Vorhandenseins freier besetzbarer
Planstellen dem pflichtgemäßen Ermessen des für den Dienstherrn handelnden
Dienstvorgesetzten. Dieser hat sich bei seiner Ermessensausübung an dem durch Art.
33 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich verbürgten und für Landesbeamte in Nordrhein-
Westfalen durch §§ 25 Abs. 6 Satz 1 und 7 Abs. 1 LBG NRW einfach- gesetzlich
konkretisierten Grundsatz der Bestenauslese (Leistungsgrundsatz) zu orientieren.
Danach ist der Dienstvorgesetzte gehalten, ein Beförderungsamt demjenigen von
mehreren Beförderungsbewerbern zu übertragen, der nach Eignung, Befähigung und
fachlicher Leistung für die Wahrnehmung der betreffenden Dienstaufgaben gemäß den
vom Dienstherrn aufgestellten Anforderungen am besten qualifiziert erscheint. Im
Übrigen ist die Auswahlentscheidung bei im Wesentlichen gleicher Qualifikation nach
pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Dem einzelnen Beförderungsbewerber steht
insoweit ein Anspruch auf eine rechts- und ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung
zu. Dieser sog. Bewerbungsverfahrensanspruch ist gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO
durch eine einstweilige Anordnung in der Weise sicherungsfähig, dass dem Dienstherrn
untersagt werden kann, die streitbefangene Beförderungsstelle vorläufig bis zu einer
erneuten Auswahlentscheidung (endgültig) zu besetzen.
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Die Antragsteller hat indessen eine Verletzung dieses Rechts durch die
Beförderungsentscheidung des PP L. zugunsten des Beigeladenen nicht glaubhaft
gemacht. Aufgrund einer im Anordnungsverfahren allein möglichen und gebotenen
summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage kann nicht festgestellt werden, dass
die angegriffene Auswahlentscheidung im Rahmen des nurmehr relevanten
Konkurrenzverhältnisses zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit gegen den Leistungsgrundsatz verstößt oder sonst
ermessensfehlerhaft ist.
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Für den vom Leistungsgrundsatz geforderten Qualifikationsvergleich ist nach gefestigter
verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung in erster Linie auf die Ergebnisse der jeweils
letzten, hinreichend zeitnahen dienstlichen Beurteilung abzustellen, die den aktuellen
Leistungstand der Bewerber wiedergeben. Denn dienstliche Beurteilungen dienen
vornehmlich dem Zweck, einen am Leistungsgrundsatz orientierten Vergleich der
Beurteilten bei Entscheidungen über ihre Verwendung und ihre Beförderung zu
ermöglichen (vgl. § 104 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 LBG NRW). Bei der Auswahl unter
mehreren nach Maßgabe der aktuellen dienstlichen Beurteilung im Wesentlichen gleich
qualifizierten Beförderungsbewerbern ist es nach der neueren Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, mit Blick auf Art. 33 Abs. 2 GG
grundsätzlich geboten, vorangegangene dienstliche Beurteilungen als zusätzliche
Erkenntnismittel zu berücksichtigen, selbst wenn sie sich auf ein niedrigeres Statusamt
beziehen. Dabei handelt es sich ebenfalls um Erkenntnisse, die über Eignung,
Befähigung und fachliche Leistung des Beurteilten Aufschluss geben und deswegen
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gegenüber sog. Hilfskriterien der Beförderungsauswahlentscheidung (wie z.B.
allgemeines Dienstalter, Beförderungsdienstalter oder Dauer der Zugehörigkeit zu einer
Laufbahngruppe) vorrangig heranzuziehen sind. Frühere Beurteilungen verhalten sich
zwar nicht zu dem erreichten aktuellen Leistungsstand des Beförderungsbewerbers im
derzeit bekleideten statusrechtlichen Amt, können aber gleichwohl vor allem bei einem
Vergleich konkurrierender Bewerber bedeutsame Rückschlüsse und Prognosen auf die
künftige Bewährung in einem Beförderungsamt ermöglichen. Das kommt namentlich
dann in Betracht, wenn ältere Beurteilungen positive oder negative Aussagen über
Charaktereigenschaften, Kenntnisse, Fähigkeiten, Verwendungen und Leistungen
sowie deren voraussichtliche weitere Entwicklung enthalten. Derartige Äußerungen,
insbesondere bei einer Gesamtwürdigung der vorhandenen dienstlichen Beurteilungen
erkennbare positive oder negative Entwicklungstendenzen, können bei gleichwertigen
aktuellen Beurteilungen von Bewerbern für die Beförderungsauswahlentscheidung den
Ausschlag geben.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 19.12.2002 - 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1
= IÖD 2003, 147 = DÖD 2003, 200 = ZBR 2003, 359 und vom 27.02.2003 - 2 C 16.02 -
IÖD 2003, 170 = DÖD 2003, 2002.
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Ein derartiger erweiterter Qualifikationsvergleich anhand der Gesamturteile früherer
Beurteilungen setzt allerdings voraus, dass bei allen zuletzt gleichbeurteilten
konkurrierenden Bewerbern hinreichend vergleichbare Vorbeurteilungen vorliegen, die
in zeitlicher und sachlicher Hinsicht, d.h. insbesondere in Bezug auf die
Beurteilungszeiträume und die innegehabten Statusämter, einen Leistungsvergleich
nach dem Prinzip der Bestenauslese ermöglichen. Dies ist regelmäßig in solchen
Verwaltungsbereichen der Fall, in denen - wie im nordrhein-westfälischen
Polizeivollzugsdienst - über Beamte zu bestimmten Stichtagen und/oder in bestimmten
Zeitabständen Regelbeurteilungen erstellt werden. Frühere Bedarfsbeurteilungen, die
z.B. aus Anlass von Beförderungsbewerbungen oder Versetzungen erteilt wurden,
können in diesem Zusammenhang nur dann herangezogen werden, wenn aufgrund
einer Einzelfallprüfung ihre hinreichende Vergleichbarkeit im Rahmen des jeweiligen
Konkurrenzverhältnisses festgestellt wird.
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Vgl. dazu die (bisherige) Rspr. zum Hilfskriterium der "Leistungsentwicklung": z.B. Vgl.
OVG NRW, Beschlüsse vom 17.12.1998 - 12 B 2041/98 -, DVBl. 1999, 934 und vom
14.08.2001 - 1 B 175/01 - (n.v.) m.w.N.
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Ein Rückgriff ausschließlich auf die Gesamturteile von Vorbeurteilungen der Bewerber
dürfte in solchen Auswahlverfahren ausscheiden, in denen ein Beförderungsamt mit
spezifischen Eignungs- und Qualifikationsmerkmalen nach den Vorgaben eines vom
Dienstherrn aufgestellten besonderen Anforderungsprofils zu vergeben ist.
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Im Übrigen steht das Gebot, im Rahmen der Auswahl zwischen aktuell im Wesentlichen
gleichbeurteilten Beförderungsbewerbern grundsätzlich vorrangig frühere Beurteilungen
zu berücksichtigen, bevor auf Hilfskriterien zurückgegriffen wird, als Ausfluss des mit
Verfassungsrang ausgestatteten Leistungsgrundsatzes (Art. 33 Abs. 2 GG) nicht zur
Disposition des Dienstherrn.
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Vgl. hierzu im Grundsatz ebenso: VG Düsseldorf, Beschluss vom 14.10.2003 - 2 L
3192/03 -; a.A. offenbar: VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 06.10.2003 - 1 L 1950/03 -.
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Ihm steht aber insoweit ein aus seinem Organisationsermessen zur Bestimmung der
Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsanforderungen eines Beförderungsamtes
folgender Gestaltungsspielraum zu, als er nach pflichtgemäßem Ermessen unter
Beachtung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG darüber befinden kann, wie weit
er bei der Berücksichtigung von Vorbeurteilungen in die Vergangenheit zurückgeht und
wie er die Ergebnisse sowie den Erkenntniswert früherer Beurteilungen im Rahmen des
erweiterten Qualifikationsvergleichs gewichtet.
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Bei Anwendung dieser Grundsätze bietet die angegriffene Auswahlentscheidung nach
dem gegenwärtigen Sachstand keinen Anlass zu rechtlichen Beanstandungen. Das PP
L. hat zunächst aufgrund eines Vergleichs der Ergebnisse der letzten
Regelbeurteilungen der konkurrierenden Beteiligten rechtsfehlerfrei angenommen, dass
diese für die zu besetzende (nicht mit einem besonderen Anforderungsprofil
verbundene) Beförderungsstelle nach ihrem aktuellen Leistungsstand gleichermaßen
qualifiziert und geeignet sind. Die dem Antragsteller und den Beigeladenen jeweils zum
Stichtag des 1. Juni 2002 erteilten letzten Regelbeurteilungen vom 5. Dezember 2002
bzw. vom 30. September 2002 lauten übereinstimmend auf das Gesamturteil "Die
Leistung und Befähigung übertreffen die Anforderungen in besonderem Maße" (5
Punkte) und weisen demzufolge beide Bewerber gegenwärtig als im Wesentlichen
gleich qua-lifiziert aus. Bei dieser Sachlage war das PP L. verpflichtet, eine
Auswahlentscheidung vorrangig unter Heranziehung früherer hinreichend
vergleichbarer Regelbeurteilungen der konkurrierenden Beteiligten zu treffen. Dabei
gelangte ein vom PP L. neuentwickeltes "Bewertungssystem" für den erweiterten
Qualifikationsvergleich zwischen zuletzt im Wesentlichen gleichbeurteilten
Beförderungsbewerbern zur Anwendung, das ausweislich der Erläuterungen in einem
Informationsblatt für die Bediensteten und in der Antragserwiderung auf folgenden, in
eine Tabelle mit "Wertungspunkten" umgesetzte Erwägungen beruht:
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" - Berücksichtigung finden nur Beurteilungen, die seit 1996 nach den neuen
Beurteilungsrichtlinien im Bereich der Polizei des Landes NRW (BRL Polizei) erstellt
worden sind. Insgesamt kann es sich dabei nur um eine aktuelle und maximal zwei
Vorbeurteilung handeln.
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- Die erste, jüngste Vorbeurteilung hat ein größeres Gewicht als die zweite, ältere
Vorbeurteilung.
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- Auswahlentscheidungen müssen dem Leistungsgrundsatz entsprechend unter im
Wesentlichen gleichbeurteilten Beamten getroffen werden. Dieser Leistungsgrundsatz
muss auch bei der Berücksichtigung von Vorbeurteilungen gelten. Als wesentlich
leistungsgleich sollen daher Beamte gelten, die in einem höheren Amt um einen Punkt
schlechter vorbeurteilt sind, als Beamte in einem niedrigen Amt (z.B. vier Punkte in A 8
entspricht fünf Punkte in A 7."
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Diese Erwägungen lassen nach summarischer Prüfung keine Rechts- oder
Ermessensfehler erkennen und stehen insbesondere im Einklang mit Sinn und Zweck
des Leistungsgrundsatzes.
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Dass das PP L. in den erweiterten Qualifikationsvergleich nur solche Vorbeurteilungen
einstellt, die unter Geltung der am 16. Februar 1996 in Kraft getretenen
Beurteilungsrichtlinien im Bereich der Polizei des Landes Nordrhein- Westfalen (BRL
Pol), Runderlass des Innenministeriums vom 25.01.1996 (MBl NRW S. 278), geändert
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durch Runderlass vom 19.01.1999 (MBl. NRW S. 96), erstellt worden sind, ist
sachgerecht, da durch diese zeitliche Begrenzung des Rückgriffs auf frühere
Beurteilungen deren Vergleichbarkeit sichergestellt wird. Die unter Anwendung der
vormaligen Beurteilungsrichtlinien (vgl. Runderlass des Innenministeriums vom
31.07.1970, MBl. NRW S. 1440, i.d.F. vom 23.11.1982, MBl. NRW S. 1918) abgegeben
Beurteilungen sind bereits wegen der materiellen Änderungen des Beurteilungssystem
mit den aufgrund der derzeitigen Beurteilungsrichtlinien erteilten Beurteilungen nicht
vergleichbar.
Soweit das PP L. bei der Gewichtung von Vorbeurteilungen zeitlich länger
zurückliegenden Beurteilungen eine geringere Bedeutung beimisst als jüngeren
Beurteilungen, entspricht diese Differenzierung allgemeinen Beurteilungsgrundsätzen.
Es folgt aus der Natur der Sache, dass dienstlichen Beurteilungen, die sich auf frühere
Stationen der Dienstlaufbahn eines Beamten beziehen, mit zunehmender zeitlicher
Entfernung von der Gegenwart eine stetig verminderte Aussagekraft über dessen
Qualifikation zukommt.
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Schließlich ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das PP L. in den einzelnen
Vorbeurteilungen zuerkannten Gesamturteile (Beurteilungsprädikate, vgl. Nrn. 6.3 und
8.1 BRL Pol) nach der Wertigkeit des im Zeitpunkt des jeweils Beurteilungsstichtages
innegehabten statusrechtlichen Amtes im Rahmen des erweiterten
Qualifikationsvergleichs in der Weise gewichtet, dass einem in einem höheren
Statusamt erzielten Gesamturteil eine größere Bedeutung und ein höherer Punktwert
beigemessen wird als einem nach der Note gleichlautenden Gesamturteil in einem
niedrigeren Amt. Diese Differenzierung steht im Einklang mit den Anforderungen des
Leistungsgrundsatzes und der diesbezüglichen verwaltungsgerichtlichen
Rechtsprechung. Wenn Bewerber um ein Beförderungsamt, die unterschiedliche
statusrechtliche Ämter inne haben, in ihren aktuellen dienstlichen Beurteilungen ein
gleichlautendes Gesamturteil erlangt haben, so spricht dies regelmäßig für die bessere
Qualifikation des Bewerbers in dem höher bewerteten Statusamt, weil dieses im
Allgemeinen höhere Anforderungen an die Leistungen des Inhabers stellt.
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Vgl. die st. Rspr. des OVG NRW zum sog. laufbahnrechtlicher Qualifikationsvorsprung:
z.B. Beschlüsse vom 13.06.1991 - 6 B 1023/91 -, vom 29.09.1992 - 6 B 3209/92 - und
vom 04.05.2000 - 6 B 455/00 -, n.v..
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Diese Gewichtung gilt auch für den Vergleich von früheren Beurteilungen, da der
Erkenntniswert einer jeden Beurteilung für die Eignung, Befähigung und fachliche
Leistung des Beurteilten maßgebend durch die Wertigkeit des Amtes bestimmt wird, auf
das sich die Beurteilung bezieht.
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Die rechtliche Beurteilung der Einzelheiten der vom PP L. nach den vorbeschriebenen
Differenzierungsmerkmalen im Interesse der Transparenz erstellten "Punktwert-Tabelle"
zum Vergleich von Vorbeurteilungen im Rahmen des erweiterten
Qualifikationsvergleichs ist für die Entscheidung über den vorliegenden
Anordnungsantrag nicht erheblich und kann daher offen bleiben.
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Die angegriffene Auswahlentscheidung beruht auf einer rechtsfehlerfreien
Berücksichtigung der Ergebnisse der beiden letzten Vorbeurteilungen des
Antragstellers und des Beigeladenen, die diese nach ihrer zeitgleichen Beförderung
zum Kriminalhauptkommissar (Besoldungsgruppe A11 BBesO) am 24. Januar 1995 als
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Regelbeurteilungen nach den am 16. Februar 1996 in Kraft getretenen
Beurteilungsrichtlinien zu den Stichtagen des 1. Juni 1996 und des 1. Juni 1999 durch
den Polizeipräsidenten L. erhalten hatten:
Antragsteller Beigeladener Regelbeurteilung zum 01.06.1996 Gesamturteil: "3 Punkte"
Gesamturteil: "4 Punkte" Regelbeurteilung zum 01.06.1999 Gesamturteil: "4 Punkte"
Gesamturteil: "4 Punkte"
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Diese im Rahmen des erweiterten Qualifikationsvergleichs herangezogenen
Regelbeurteilungen sind ohne weiteres vergleichbar, da sie jeweils bezogen auf das
Amt eines Kriminalhauptkommissars (Besoldungsgruppe A11 BBesO) nach denselben
Beurteilungsrichtlinien für übereinstimmende Beurteilungszeiträume und durch
denselben Dienstvorgesetzten erteilt worden sind. Anhand einer Gegenüberstellung der
Ergebnisse dieser Vorbeurteilungen hat das PP L. gemäß seiner dargelegten neueren
Verwaltungspraxis ohne Rechtsfehler dem Beigeladenen den Vorrang bei der
Besetzung der streitigen Beförderungsstelle eingeräumt, weil dieser in der ersten
Regelbeurteilung nach der Beförderung zum Kriminalhauptkommissar zum Stichtag des
1. Juni 1996 ein um eine Notenstufe besseres Gesamturteil ["Die Leistung und
Befähigung übertreffen die Anforderungen" (4 Punkte)] erzielt hatte als der Antragsteller
["Die Leistung und Befähigung entsprechen den Anforderungen" (3 Punkte)]. Eine
weitergehende Gewichtung der beiden Vorbeurteilungen der konkurrierenden
Beteiligten war unter Zugrundelegung der neueren Verwaltungspraxis des PP L. bei der
Auswahl unter aktuell im Wesentlichen gleichbeurteilten Beförderungsbewerbern nicht
erforderlich.
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Die von dem Antragsteller gegen die Auswahlentscheidung zugunsten des
Beigeladenen erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Entgegen der Auffassung
des Antragsstellers ist es für die Gewichtung der in den erweiterten
Qualifikationsvergleich eingestellten Vorbeurteilungen nicht von Belang, auf welchen
konkreten Dienstposten ein Beamter diese Beurteilungen erhalten hat. Namentlich ist es
vorliegend rechtlich nicht erheblich, ob dem Antragsteller während seiner
Dienstverrichtung als Dienstgruppenleiter in der Kriminalwache (ZKB/KK 00) von
September 1996 bis August 1998 und als Sachbearbeiter sowie stellvertretender
Kommissariatsleiter (ZKB/KK 00) seit September 1998 nach den Besoldungsgruppen A
13 g.D. bzw. A 12 BBesO bewertete Dienstposten übertragen waren und ob er während
der Beurteilungszeiträume der beiden letzten Vorbeurteilungen für eine längere
Zeitdauer als der Beigeladene leitende Führungs- bzw. Vorgesetztenfunktionen
wahrgenommen hat. Die Wertigkeit eines übertragenen Dienstpostens sowie der
Schwierigkeits- und Verantwortungsgrad der damit verbundenen Dienstaufgaben sind
bereits in der für den betreffenden Zeitraum zu erstellenden Regelbeurteilung zu
berücksichtigen und fließen daher letztlich in das Gesamturteil ein; diese
Gesichtspunkte können demzufolge nicht als Differenzierungsmerkmale für den
Vergleich und die Gewichtung von (Vor- )Beurteilungen konkurrierender
Beförderungsbewerber (nochmals) herangezogen werden. Die Einwendungen des
Antragstellers gegen das Zustandekommen seiner mit dem Gesamturteil "3 Punkte"
abschließenden Regelbeurteilung zum Stichtag des 1. Juni 1996 sind nicht geeignet,
Zweifel an der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Auswahlentscheidung zu begründen.
Da der Antragsteller es unterlassen hat, gegen die ihm am 1. Oktober 1996 bekannt
gegebene Beurteilung vom 29. August 1996 Widerspruch einzulegen, ist sie jedenfalls
heute wegen Verwirkung des Widerspruchs- und Klagerechts einer
verwaltungsgerichtlichen Überprüfung entzogen.
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Der Anordnungsantrag war daher mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3
VwGO abzulehnen. Dabei entspricht es nicht der Billigkeit, dem Antragsteller auch
etwaige außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, weil dieser keinen
Sachantrag gestellt und sich demzufolge selbst keinem eigenen Kostenrisiko (vgl. § 154
Abs. 3 VwGO) ausgesetzt hat.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1, 15 GKG. Der festgesetzte
Wert entspricht dem hälftigen Betrag des gesetzlichen Auffangstreitwertes des § 13 Abs.
1 Satz 2 GKG.
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