Urteil des VG Köln vom 23.09.2008

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Verwaltungsgericht Köln, 14 K 2393/06
Datum:
23.09.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 K 2393/06
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Die außergerichtlichen
Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
T a t b e s t a n d
1
Der Kläger ist Eigentümer der im Gemeindegebiet der Beigeladenen in der Ortslage E.
gelegenen Grundstücke der Gemarkung M. , Flur 00, Flurstücke 000, 000, 000, 000, 000
und der Gemarkung C. , Flur 0, Flurstück 000. Die Gesamtfläche der Grundstücke
beträgt nach seinen Angaben mehr als 32.897 m².
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Bei der Ortslage E. handelt es sich um ein verdichtetes Wochenendhaus- und
Naherholungsgebiet mit Restaurant- und Hotelanlage sowie Campingplatz nahe der E1.
.
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Die Beigeladene beabsichtigt, einen Teilbereich der Ortslage E. an ihre öffentliche
Schmutzwasserkanalisation anzuschließen. Der zu erschließende Teilbereich der
Ortslage E. umfasst ca. 22 Wochenendhausgebäude. Die zu errichtende
Schmutzwasserkanalisation besteht aus einem in Verkehrsflächen der Ortslage zu
verlegenden Freispiegelkanal in der Dimensionierung DN 250 und aus einer unter der
E1. zu verlegenden Druckleitung mit einem Durchmesser von 110 mm, die das
Schmutzwasser in den in südlicher Richtung, ca. 150 m vom nächstgelegenen
anzuschließenden Grundstück entfernt liegenden öffentlichen Murbachsammler leiten
soll. Die für die Druckleitung erforderliche Pumpstation soll auf einer im Eigentum des
Klägers F. I. stehenden Parkplatzfläche errichtet werden. Auf Antrag der Beigeladenen
vom 02.11.2005 verpflichtete der Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 06.04.2006 auf
der Grundlage von § 128 Abs. 1 LWG NRW, die Erstellung, den Betrieb und die
Unterhaltung der geplanten Schmutzwasserkanalisation mit Nebenanlage auf seinen
o.g. Grundstücken zu dulden. Nach dem Bescheid hat der Kläger im Einzelnen auf den
Flurstücken 000, 000, 000 (Verkehrsfläche/ betroffene Gesamtfläche 1.041 m²) die
Verlegung des Freispiegelkanals, auf den Flurstücken 000 (Stauseefläche) und 000
(Verkehrsfläche) die Verlegung der Druckleitung (betroffene Gesamtfläche ca. 308 m²)
und auf der Parzelle 000 (Parkplatz des Restaurants) die Erstellung der Pumpstation
und von Anschlussleitungen (betroffene Gesamtfläche 140 m²) zu dulden. Aufgrund der
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Errichtung der Pumpstation entfallen dauerhaft 4 Stellplätze. Zur Begründung der
Duldungsverfügung führte der Beklagte aus, dass die Beigeladenen rechtlich zum Bau
der Kanalisation verpflichtet sei. Eine Befreiung von der kommunalen
Abwasserbeseitigungspflicht nach § 53 Abs. 4 LWG NRW sei nicht möglich, weil hierfür
die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlägen. Zur Erfüllung der kommunalen
Abwasserbeseitigungspflicht habe die Beigeladene die in Rede stehende Ortslage gem.
4 Abs. 1 der Kommunalabwasserverordnung NRW (KomAbwV NRW) bis zum
31.12.2005 mit einer Kanalisation auszustatten. Eine andere zweckmäßigere
Möglichkeit zur Anbindung des in Rede stehenden Bereichs der Ortslage E. stehe nicht
zur Verfügung. Die vom de Kläger vorgeschlagene Einbindung eines privaten
Kanalsystems, das der Entwässerung eines östlich gelegenen Bereichs des Ortes E.
diene, komme nicht Betracht, weil nach Angaben der Beigeladenen keine verwertbaren
Prüfungsergebnisse über die Ausführung und den technischen Zustand des privaten
Kanalnetzes vorlägen. Eine Einbeziehung des privaten Netzes scheide auch deshalb
aus, weil es aufgrund seiner Verlegung in weitgehend unbefestigten Privatflächen nicht
zweckmäßig unterhalten und gewartet werden könne. Der von der geplanten
Schmutzwasserkanalisation zu erwartende Nutzen liege in dem wasserrechtlich
gebotenen Anschluss der Ortslage E. . Die in diesem Teilbereich der Ortslage noch
vorhandenen alten Kleinklärgruben entsprächen nicht mehr dem Stand der Technik.
Eine aktuelle Überprüfung habe ergeben, dass die Kleinklärgruben wasserrechtlich
nicht erlaubnisfähig seien. Der vom Anschluss an die Kanalisation zu erwartende
Nutzen überwiege den für die Grundstücke des Klägers entstehenden Schaden
erheblich. Bei den betroffenen Grundstücksflächen handele es sich bis auf die
Seefläche um Straßen- und Parkplatzflächen, die nach Fertigstellung der
Kanalbaumaßnahmen für die Nutzung als Verkehrs- und Parkfläche wieder zur
Verfügung stünden. Lediglich für die Parkplatzfläche sei mit einer dauerhaften
Beeinträchtigung zu rechnen, weil dort wegen der Errichtung der Pumpstation 4
Stellplätze entfielen.
Nach Zustellung des Bescheides am 08.04.2006 hat der Kläger am 05.05.2006 Klage
erhoben.
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Zur Begründung trägt er vor, dass die Voraussetzungen für die Duldung der geplanten
Maßnahmen zum Bau der öffentlichen Kanalisation gem. § 128 i.V.m. § 125 Abs. 2 LWG
NRW nicht vorlägen. Die geplante öffentliche Kanalisation sei unverhältnismäßig. Dies
ergebe sich zunächst aus einem Vergleich der Kosten für den Bau der zentralen
Kanalisation mit den Kosten, die bei einer dezentralen Entwässerung des Gebiets durch
den Stand der Technik entsprechende Kleinklärgruben entstünden. Nach der von der
Beigeladenen vorgelegten Kostenschätzung beliefen sich die Kosten für die Erstellung
des öffentlichen Kanals auf rd. 430.000,00 EUR. An der Richtigkeit dieser
Kostenschätzung bestünden Zweifel, weil der für 2007 erstellte Wirtschaftsplan des
Abwasserbetriebes der Beigeladenen für die Kanalisierung E.'s Gesamtkosten in Höhe
von 691.000,00 EUR ausweise. Richtigerweise würden für den Bau der zentralen
Kanalisation Gesamtkosten in Höhe von etwa 1,28 Mio. EUR entstehen. Denn zu den
Kosten für den öffentlichen Kanal kämen die von Eigentümern zu zahlenden
Anschlussbeiträge zwischen 400.000,- EUR und 500.000,- EUR sowie die Kosten für
die private (innere) Erschließung der Grundstücke hinzu, die sich auf der Grundlage der
Kostenschätzung des Dipl. Ing. Liesendahl auf ca. 264.278,70 EUR beliefen. Die
Kosten für eine dezentrale Abwasserlösung fielen bei schätzungsweise 14-15
benötigten Kleinkläranlagen zu einem Einzelpreis von zwischen ca. 5.000-7.000,00
EUR in Höhe von etwa 105.000,00 EUR aus und seien damit deutlich geringer als die
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Kosten für die geplante zentrale Kanalisation. Die Kosten für die zentrale Kanalisation
i.H.v. rd. 1,28 Mio. EUR seien unverhältnismäßig hoch. Das in Rede stehende Gebiet
werde lediglich als Wochenendhaussiedlung genutzt. Soweit Nutzer der
Wochenendhäusern dort dauerhaft wohnten, gehe der Beklagte seit Dezember 2006 mit
baurechtlichen Nutzungsuntersagungen gegen die Wohnnutzung des
Wochenendgebietes vor. Die Beigeladene habe deshalb zu Unrecht nicht ihre
Befreiung von der Abwasserbeseitigungspflicht gem. § 53 Abs. 4 LWG NRW bei der
zuständigen BZR Köln gestellt. Damit habe sie das Interesse der von der Entwässerung
betroffenen Bürger an wirtschaftlich verhältnismäßigen Abwasserbeseitigungslösungen
nicht ausreichend berücksichtigt. Damit würden die Eigentümer des in Rede stehenden
Gebietes gegenüber dem Gebiet E. Nr. 00- 00 ungleich behandelt. Dieses Gebiet habe
die Beigeladene in fragwürdiger Weise von der Kanalisationspflicht ausgenommen,
obwohl sich der Bereich in westlicher Richtung in unmittelbarer Nähe zur Talsperre
anschließe. Der Beigeladenen stehe zudem eine zweckmäßigere Alternativlösung für
die zentrale Kanalisierung der Ortslage zur Verfügung. Sie könne die Ortslage durch
eine Einbindung des im östlichen Teil der Ortslage bereits vorhandenen privaten Kanals
über den bereits vorhandenen städtischen Vorschacht an den öffentlichen
Murbachsammler anschließen, ohne dass die Talsperre mit einer Druckleitung
unterquert werden müsste. Die Beigeladene könne die Dimensionierung sowie den
technischen und baulichen Zustand des privaten Kanalnetzes ohne weiteres ermitteln.
Für die Errichtung des privaten Kanalnetzes habe die Beigeladene im Jahre 1982 eine
Baugenehmigung erteilt. Der Beigeladenen müssten deshalb Unterlagen über die
Ausführung des Kanalnetzes vorliegen. Den aktuellen technischen Zustand des Netzes
könne sie ohne größeren Kostenaufwand ermitteln. Dies sei jedenfalls kostengünstiger
als die Einholung eines geologischen Gutachtens für die Verlegung der Druckleitung
unter der Talsperre. Die vom Kläger unter dem 15.05.2008 vorgeschlagene alternative
Einbindung des privaten Kanalnetzes habe die Beigeladene damit abgelehnt, dass in
diesem Fall der öffentliche Kanal nicht auf einem befestigten Wege liege und nicht mit
zur Wartung erforderlichen 40-t-Reinigungsfahrzeugen befahrbar sei. Unter
Zugrundelegung dieser Maßstäbe verbiete sich auch die geplante
Kanalisationsmaßnahme. Die Ortslage E. sei insgesamt - zumindest aber im oberen
Bereich - nicht mit 40-t-Reinigungs- und Reparaturfahrzeugen befahrbar.
Die geplante Verlegung der Druckleitung unter der Talsperre stelle ein erhebliches
Gefahrenpotential für seine Grundstücke dar. Die Druckleitung solle in unmittelbarer
Nähe zur Talbrücke verlegt werden. Es sei zu befürchten, dass die Brücke in ihrer
Stabilität gefährdet werde. Die Beigeladene habe in der Vergangenheit selbst die
Standsicherheit der Brücke bezweifelt. Die an die Eigentümerin der Stauanlage, Frau V.
I. , gerichtete Ordnungsverfügung vom 05.07.2007, mit der die BZR Köln die Absenkung
der Talsperre verlange, belege, dass die Talsperrenanlage nicht dem Stand der Technik
entspreche. Die Beigeladene müsse deshalb vor Durchführung der Baumaßnahmen
durch eine Machbarkeitsstudie nachweisen, dass sich die Baumaßnahmen überhaupt
durchführen lassen. Eine Gefahrenquelle ergebe sich auch daraus, dass aus
Erzählungen bekannt sei, dass bei einem Bombenangriff im 2. Weltkrieg in E. eine
Bombe niedergegangen sei, die nie gefunden worden sei. Vor Durchführung der für
Februar/März 2008 geplanten Sondierungsbohrungen sei deshalb eine
Kampfmittelüberprüfung durchzuführen.
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Im Übrigen sei das von der Beigeladene benannte Zeitfenster für die Durchführung der
Baumaßnahmen zu knapp bemessen. Unter Einbeziehung der Kampfmittelräumung
(12-24 Mon.), der Anfertigung des geologischen Gutachtens (3- 6 Mon.), der
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Ausschreibung der Kanalbaumaßnahmen (1 Jahr), der Kanalbaumaßnahme selbst (6-
12 Monate), des Anschlusses der Häuser an den Kanal (6-12 Monate) sei ein
Gesamtzeitraum von 3 bis 5 Jahren für den Bau anzusetzen. Während dieses Zeitraums
sei die Ortslage E. für den Naherholungsverkehr nur schwer zu erreichen. Es seien
deshalb existenzbedrohende Einbußen für den auf einen reibungslosen
Publikumsverkehr angewiesenen Kläger zu befürchten.
Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 06.04.2006 über die Erteilung eines Duldungsrechts
aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er ist der Auffassung, dass die Entscheidung der Beigeladenen, die Ortslage E. an die
zentrale öffentliche Kanalisation anzuschließen nicht Prüfungsgegenstand der hier
streitigen Duldungsverfügung sei. Im Rahmen des § 128 LWG NRW komme es allein
auf die aus der Inanspruchnahme der Grundstücke resultierenden Belastungen an. Die
gegen die Planung und den Kanalbau erhobenen Einwände könnten in etwaigen
Verfahren gegen den Anschluss- und Benutzungszwang sowie gegen die Durchsetzung
der Anschlussbeiträge gerichteten Verfahren geltend gemacht werden. Ungeachtet
dessen sei die Entscheidung der Beigeladenen, keinen Antrag auf Freistellung von der
ihr obliegenden Abwasserbeseitigungspflicht zu stellen, auch nicht zu beanstanden. Die
Freistellungsregelung des § 53 Abs. 4 LWG NRW greife nur ausnahmsweise und zwar
vornehmlich nur dann, wenn die Entwässerung einzelner im Außenbereich gelegener
Anwesen in Rede stehe. Vorliegend gehe es um die Kanalisierung einer Wohnzwecken
dienenden Wochenendhaussiedlung mit 22 Einheiten. Im Übrigen sei der vom Kläger
favorisierte Einsatz von Kleinkläranlagen für eine reine Wochenendhausnutzung
abwassertechnisch nicht sinnvoll. Gefahren seien bei Durchführung der Bauarbeiten
nicht zu erwarten. Bezüglich der Standsicherheit der Brücke habe der Kläger eine
Bescheinigung eines Statikbüros eingeholt. Das Statikbüro IGW habe mit Schreiben
vom 26.09.2007 mitgeteilt, dass gegen eine Nutzung der Brücke keine Bedenken
bestehen. Im Übrigen sei geplant, die Druckleitung nach Durchführung entsprechender
Baugrunduntersuchungen parallel zur Brücke mit ausreichendem Sicherheitsabstand zu
verlegen. Die von der BZR Köln angeordnete Teilabsenkung beruhe darauf, dass die
Hochwasserentlastungsanlagen der Talsperre die bei Hochwasser anfallenden
Wassermengen ausweislich einer angefertigten hydrologischen Untersuchung nicht
sicher abführen könnten. Nach der Teilabsenkung habe der Kläger erneut den
Durchfluss der Brücke verschlossen und den oberen See angestaut. Mit
Ordnungsverfügung vom 27.08.2007 habe die BZR Köln dem Kläger die erneute
Entfernung der Stauvorrichtung aufgegeben, weil die Brücke als Stauvorrichtung nicht
ausreichend standsicher sei.
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Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
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Ihrer Auffassung nach unterliegt ihre Entscheidung, keinen Antrag auf Befreiung von der
Abwasserbeseitigungspflicht nach § 53 Abs. 4 LWG NRW zu stellen, nicht der
Überprüfung im vorliegenden Verfahren. Die Abwasserbeseitigungspflicht sei eine
öffentliche Aufgabe. Es bestehe kein Wahlrecht des Grundstückseigentümers auf eine
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bestimmte Entwässerungsart.
Ungeachtet dessen seien die Kosten für die geplante zentrale Kanalisation nicht
unverhältnismäßig hoch. Ausweislich der neuesten Kostenschätzung des Ing. Büros
Fischer vom 07.05.2008 beliefen sich die Kosten für den öffentlichen Kanal auf rd.
360.000,00 EUR. Zuzüglich eines 20 %-igen Aufschlags für Ingenieur- und
Nebenleistungen betrügen die Gesamtkosten rd. 432.000,00 EUR. Der Hinweis des
Klägers auf die im Wirtschaftsplan ausgewiesenen Gesamtkosten in Höhe von
691.000,00 EUR gehe fehl. Im Wirtschaftplan 2007 sei zwar für das Jahr 2006 eine
Summe von 258.000,00 EUR ausgewiesen worden. Dieser Betrag sei jedoch nicht
verwendet worden, weil mit der Maßnahme nicht habe begonnen werden können. Der
vom Rat der Beigeladenen am 09.11.2006 beschlossene Wirtschaftsplan enthalte die
Spalte „Gesamtkosten" nicht mehr. Entgegen der Behauptung des Klägers verlange ihre
Baubehörde für das Gebiet keine sofortige Umwandlung in eine reine
Wochenendhausnutzung. Vielmehr solle eine dauerhafte Wohnnutzung bis zum Tod
des jeweiligen Nutzers der Häuser geduldet werden. Bei einer reinen
Wochenendhausnutzung wäre der Einsatz vollbiologischer Kleinkläranlagen
abwassertechnischer Unsinn. Vollbiologische Kleinkläranlagen seien nur
funktionstüchtig, wenn sie permanent mit Abwasser beschickt würden.
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Die Einbindung des im östlichen Bereich der Ortslage E. vorhandenen privaten
Kanalnetzes sei keine zweckmäßigere Alternative. Der Kläger habe keine Angaben
über den jetzigen Zustand des zu Beginn der 1980-iger Jahre gebauten Kanalnetzes
gemacht. Es sei nicht ihre - die der Beigeladenen - Sache, sich Kenntnisse über den
Zustand der privaten Kanalisation zu verschaffen. Dies sei Sache des Klägers des
Parallelverfahrens 14 K 2345/06 als Betreiber des Netzes. Dieser weigere sich, den
Zustand des Kanals durch eine TV-Befahrung nachzuweisen. Dieser Nachweis sei sehr
aufwändig, weil Teile des privaten Kanals ausweislich eines vom Kläger vorgelegten
Planes in unzugänglichen Wiesenbereichen lägen und für Fahrzeuge nicht anfahrbar
seien. Angaben über die Dimensionierung des Kanals lägen ebenfalls nicht vor. Nach
den allgemein anerkannten Regeln der Technik müsse eine
Schmutzwasserkanalisation einen Mindestdurchmesser von 250 mm aufweisen.
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Die Grundstücke des Klägers seien durch den Bau der Kanalisation nicht unzumutbar
betroffen. Bis auf den Verlust der 4 Stellplätze würden die Grundstücke nur während der
Bauphase beeinträchtigt. Diese Beeinträchtigung sei gering. Die gesamte
Baumaßnahme einschließlich der Erstellung der Grundstücksanschlüsse werde
maximal 15 Monate dauern. Für den Kanalbau selbst seien 9 Monate veranschlagt. Die
Bauarbeiten in der Zufahrtstraße nach E. würden sogar noch kürzer ausfallen. Die
ungehinderte Zufahrt zum Restaurant sei jederzeit möglich, weil die Straße nur einseitig
in Anspruch genommen werde. Die Verlegung der Privatleitungen auf den
Grundstücken sei in wesentlich kürzerer Zeit möglich als vom Kläger behauptet. Das am
weitesten entfernte Haus liege etwa 170 m vom künftigen Kanal entfernt und nicht wie
vom Kläger behauptet 500 m.
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Durch die Verlegung der Druckleitung seien keine Gefahren für die Talsperrenbrücke zu
befürchten. Die Druckleitung solle nicht unter, sondern parallel zum Zwischendamm
errichtet werden. Damit erfolgten die Bodenaufschlüsse auch nicht im Bereich des
Zwischendamms. Eine Gefahr durch Kampfmittel bestehe ebenfalls nicht. Nach
Auskunft des Kampfmittelbeseitigungsdienstes bei der BZR Düsseldorf vom 25.01.2007
bestünden nach Auswertung von Luftbildern keine Hinweise auf das Vorhandensein
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von Kampfmitteln. Von der BZR Düsseldorf seien keine Bedenken gegen die
Durchführung der Maßnahme erhoben worden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der
Beigeladenen verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
21
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 06.04.2006 ist
rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO).
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Rechtsgrundlage für die Duldungsverfügung ist § 128 i.V.m. § 125 Abs. 2 LWG NRW.
Diese Vorschrift knüpft die Zulässigkeit der Duldung an dort näher bezeichnete
Voraussetzungen, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen. Die
Duldung darf nur angeordnet werden, wenn das Unternehmen anders nicht
zweckmäßiger oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann, der
von dem Unternehmen zu erwartende Nutzen den Schaden des Betroffenen erheblich
übersteigt und das Wohl der Allgemeinheit nicht entgegensteht.
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Das Unternehmen - die Entwässerung des etwa 22 Häuser umfassenden Teils der
Ortslage E. -, zu dessen Gunsten der Kläger zur Duldung verpflichtet worden ist, kann
anders nicht zweckmäßiger durchgeführt werden. Die vom Kläger favorisierte dezentrale
Kanalisation der Ortslage durch Einzelklärgruben ist keine zweckmäßigere Methode der
Abwasserbeseitigung. Eine Unzweckmäßigkeit der geplanten zentralen Kanalisation
kann sich bereits deshalb nicht aus einem Vergleich der Kosten der geplanten zentralen
Kanalisation mit den Kosten für eine dezentrale Kanalisation ergeben, weil die
rechtlichen Voraussetzungen für den Betrieb von dezentralen Kleinkläranlagen im
streitigen Gebiet nicht gegeben sind. Die Nutzungsberechtigten der in Rede stehenden
Wochenendhausgrundstücke haben das auf ihren Grundstücken anfallende Abwasser
der Beigeladenen zu überlassen (§ 53 Abs. 1 c) LWG NRW). Die Beigeladene ist für
den streitigen Bereich der Ortslage E. nicht von ihrer Abwasserbeseitigungspflicht
befreit. Sie hat als alleinige Antragsberechtigte auch keinen Antrag auf Befreiung von
der ihr obliegenden Abwasserbeseitigungspflicht gem. § 53 Abs. 4 LWG NRW gestellt.
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Eine Prüfung, ob die Beigeladene den Antrag zu Recht nicht gestellt hat, können die
Kläger nicht verlangen. Die Regelung des § 53 Abs. 4 LWG NRW ist keine den Kläger
schützende Bestimmung. Die Kammer hat bereits mit Beschluss vom 12.09.2006 im
Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO (14 L 750/06) entschieden, dass der
Freistellungsvorbehalt des § 53 Abs. 4 LWG NRW als Instrument der präventiven
Kommunalaufsicht sicherstellen soll, dass die Gemeinden sich ihrer gesetzlich
festgelegten Pflicht zur Abwasserbeseitigung nur insoweit entledigen, als es ihnen
durch das LWG NRW erlaubt ist. Er konkretisiert damit die Grenzen des gemeindlichen
Selbstverwaltungsrechts und bezieht sich nicht auf konkret bestimmbare
Einzelinteressen, sondern nur auf das Allgemeininteresse an einer ordnungsgemäßen
Abwasserbeseitigung durch die Gemeinde. Der Bürger wird durch eine unterbliebene
oder ablehnende Befreiungsentscheidung der Wasserbehörde nicht unmittelbar berührt,
25
vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 28.02.1990 - 9 L 263/89 -, DÖV 1990, 668 für die
niedersächsische Landesregelung.
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Die Ausgestaltung des Freistellungsvorbehalts nach § 53 Abs. 4 LWG NRW als allein
dem öffentlichen Interesse dienendes Instrument der Kommunalaufsicht ist mit
höherrangigem Recht, insbesondere der Richtlinie 91/271/EWG des Rates vom
21.05.1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser (Amtsblatt Nr. L 135 vom
30/05/1991, S. 40-52 - Richtlinie 91/271/EWG -) vereinbar. Auch diese Regelung mit
den dort genannten Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Nichtkanalisierung
gewährt nach der Rechtsprechung der Kammer,
27
Urteil vom 03.12.2007 - 14 K 1272/06 -,
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kein subjektives Recht des Einzelnen auf „Nichtkanalisierung", sondern dient allein dem
öffentlichen Interesse, insbesondere dem an einer sparsamen und wirtschaftlichen
öffentlichen Haushaltsführung.
29
Eine unzulässige Verkürzung des Rechtsschutzes des Bürgers tritt bei dieser Sicht nicht
ein. Mit den Einwänden einer unzumutbaren finanziellen Belastung durch die zentrale
Kanalisation kann der Bürger noch in etwaigen Verfahren gegen den Anschluss- und
Benutzungszwang sowie gegen die Heranziehung zu Anschlussbeiträgen gehört
werden.
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Selbst wenn man die drittschützende Wirkung des § 53 Abs. 4 LWG NRW bejahte, wäre
die Nichtstellung des Befreiungsantrages durch die Beigeladene hier rechtlich nicht zu
beanstanden. Ein unverhältnismäßig hoher Aufwand ist für die Erstellung der geplanten
Kanalisation nicht zu erwarten. Eine Unverhältnismäßigkeit der zentralen Kanalisation
ergibt sich nicht allein aus der zahlenmäßigen Differenz zwischen den Kosten für die
geplante zentrale und dem finanziellen Aufwand für die vom Kläger vorgezogene
dezentrale Entwässerung. Vielmehr sind die Kosten mit dem Nutzen abzuwägen, die
eine zentrale Entwässerung für eine ordnungsgemäße Schmutzwasserentsorgung mit
sich bringt. Die vom Kläger benannten Kosten von 1,28 Mio. für die zentrale
Kanalisation sind überhöht. Die von ihm benannten Anschlussbeiträge (400.000 EUR
bis 500.000 EUR) können nicht den Herstellungskosten für die zentrale Kanalisation
hinzugerechnet werden. Bei ihnen handelt es sich um keine Investitionskosten für die
Erstellung der Kanalisation, vielmehr dienen sie der Beigeladenen zur Refinanzierung
der durch ihre Kanalisation verursachten Baukosten. Durchgreifende Bedenken gegen
die von der Beigeladenen veranschlagten Kosten für den öffentlichen Kanal in Höhe
von rd. 432.000,00 EUR bestehen nicht. Den Widerspruch zu den zunächst im
Wirtschaftsplan für 2007 ausgewiesenen 691.000,00 EUR hat die Beigeladene
ausgeräumt. Sie hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die zunächst erfolgte
Ausweisung eines Gesamtkostenbeitrages von 691.000,00 EUR auf einem Versehen
beruht. Die für das Jahr 2006 veranschlagten 258.000,00 EUR seien tatsächlich nicht
verausgabt und versehentlich im Wirtschaftsplan bei den Gesamtkosten nicht gestrichen
worden. Die 258.000,00 EUR seien für die Folgejahre nicht erneut angesetzt worden.
Die Richtigkeit dieser Angaben der Beigeladenen wird bestätigt durch den aktuellen
Wirtschaftsplan der Abwasserbetriebe der Beigeladenen, der für die Kanalisierung E.'s
im Zeitraum von 2007 bis 2009 Gesamtkosten von 438.000,00 EUR ausweist. Unter
Berücksichtigung der vom Kläger für die innere private Erschließung angesetzten
Kosten von rd. 264.000,00 EUR ist damit von Kosten für die Gesamtmaßnahme in Höhe
von höchstens von rd. 696.000,00 EUR auszugehen. Verglichen mit den vom Kläger
veranschlagten rd. 100.000,00 bis 105.000,00 EUR für die dezentrale Entwässerung
ergibt sich eine Kostendifferenz von rd. 596.000,00 EUR.
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Dieser Kostenaufwand ist im Vergleich mit dem Nutzen für eine ordnungsgemäße
Abwasserbeseitigung nicht unverhältnismäßig hoch. Nach ständiger obergerichtlicher
Rechtsprechung bietet die zentralisierte Schmutzwasserentwässerung bereits deshalb
gegenüber der dezentralen einen maßgeblichen Vorteil, weil es sich bei der zentralen
Entwässerung erübrigt, die Funktionsfähigkeit einer Vielzahl von Kleinkläranlagen
durch Überwachung und entsprechende Anordnungen bei Missständen sicherzustellen,
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vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.03.2008 - 15 A 480/08 -, MittNWStGB 2008, 137;
Beschluss vom 19.10.2006 - 15 A 3396/06 -; Urteil vom 05.06.2003 - 15 A 1738/03 -
NWVBl. 2003, 435.
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Im Übrigen bezieht sich die Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinde nach der
gesetzlichen Konzeption des § 53 LWG NRW auf das gesamte Gemeindegebiet und
damit auch auf den baurechtlichen Außenbereich. Eine private Abwasserbeseitigung
hat Ausnahmecharakter und ist auf einzelne Anwesen beschränkt. Hier geht es um die
Kanalisation keines einzelnen Anwesens, sondern um eine zwar aufgelockerte, aber
unübersehbar zusammengehörige Bebauung von 22 Wochenendhäusern. Diese
werden noch auf unabsehbare Zeit überwiegend zur dauerhaften Wohnnutzung genutzt.
Der Kläger und die Vertreter der Beigeladenen haben in der mündlichen Verhandlung
übereinstimmend erklärt, dass 18 bis 20 der insgesamt 22 Wochenendhäuser zur Zeit
zu dauerhaften Wohnzwecken genutzt werden. Die Baubehörde der Beigeladenen
beabsichtigt zwar, die baurechtswidrige Dauerwohnnutzung zukünftig zu unterbinden
und nur noch eine Nutzung als Wochenendhaus zu gestatten. Die dauerhafte
Wohnnutzung durch die jetzt vorhandenen 18 bis 20 Nutzungsberechtigten will sie aber
bis zu deren Tod und damit auf unbestimmte Zeit noch dulden. Hinzu kommt, dass die
Zulassung einer dezentralen Entwässerung hier zur Folge hätte, dass mit einer hohen
Anzahl von Einleitungen (bis zu 22) auf begrenztem Raum vorgereinigtes Abwasser in
den Untergrund geleitet würde. Eine erhebliche Anzahl von Einleitungsstellen auf
begrenztem Raum würde eine Gefährdung des Grundwassers und der nahe liegenden
Talsperre bedeuten, jedenfalls aber unter dem Gesichtspunkt des Gewässerschutzes
bedenklich sein. Schließlich sind die vom Kläger veranschlagten Kosten von rund
264.000,00 EUR für die „innere" private Erschließung des Gebiets gemessen an dem
Nutzen der zentralen Kanalisation für eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung nicht
unzumutbar hoch. Nach ständiger Rechtsprechung des OVG NRW stehen private
Anschlusskosten von etwa 25.000,00 EUR für den Anschluss eines Wohnhauses der
Durchsetzung des Anschluss- und Benutzungszwangs noch nicht entgegen,
34
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.03.2008 - 15 A 480/08 -, MittNWStGB 2008, 137;
Beschluss vom 19.10.2006 - 15 A 3396/06 -; Urteil vom 05.06.2003 - 15 A 1738/03 -
NWVBl. 2003, 435.
35
Mit der geplanten Kanalisation sollen hier die Voraussetzungen für den Anschluss von
insgesamt 22 Wochenendhäusern geschaffen werden, von denen 18 bis 20 Häuser
dauerhaft wohnlich genutzt werden. Selbst wenn man berücksichtigt, dass eine
dauerhafte Wohnnutzung nur den jetzigen Nutzern noch gestattet werden soll, erscheint
eine Kostenbelastung von höchstens rund 14.700,00 EUR (264.000,00 EUR : 18) für die
Eigentümer derjenigen Häuser nicht unzumutbar hoch, deren Haus auf noch
unabsehbare Zeit dauerhaft zu Wohnzwecken genutzt wird.
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Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass der Beklagte im
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westlichen Bereich der Ortslage E. einem Grundstückseigentümer den Betrieb einer
Kläranlage genehmigt hat, kann hierin kein Gleichheitsverstoß zu Lasten des Klägers
erblickt werden. Das vom Kläger genannte Grundstück im westlichen Bereich der
Ortslage E. unterscheidet sich nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben der
Beigeladenen in wesentlicher Hinsicht dadurch, dass es eines von etwa drei bis vier
einzeln gelegenen Grundstücken ist, für deren Anschluss an den öffentlichen
Murbachsammler eine unverhältnismäßig lange Strecke zu überwinden gewesen wäre.
Diese Unterschiede rechtfertigen die Wahl einer dezentralen Entwässerungsmethode
für das vom Kläger benannte Grundstück.
Die vom Kläger - in verschiedenen Varianten - vorgeschlagene Einbindung des alten,
seit Anfang der 1980-iger Jahre vorhandenen privaten Kanalnetzes stellt ebenfalls keine
zweckmäßigere Methode der Abwasserbeseitigung dar. Der Kläger des vorliegenden
Verfahrens und der des Parallelverfahrens 14 K 2345/06 hatten mit der sog. reinen
„privaten Lösung" gemäß der Stellungnahme des Dipl. Ing. Liesendahl vom 21.07.2003
und der im Verfahren 20 B 2199/06 unter dem 11.12.2006 überreichten Planzeichnung
K 34 vorgeschlagen, das östlich auf dem Grundstück des Kläger des Parallelverfahrens
14 K 2345/06 gelegene private Kanalnetz zu erweitern und das in den 22
Wochenendhäusern anfallende Abwasser mittels der unterhalb der Hotelanlage
bestehenden privaten Druckleitung in den östlich gelegenen bestehenden Vorschacht
des Murbachsammlers einzuleiten. Die Ablehnung dieser „privaten Lösung" und die
Entscheidung für eine zentrale öffentliche Kanalisation für das in Rede stehende Gebiet
ist nicht zu beanstanden. Bei der Erfüllung der ihr gem. § 53 LWG NRW obliegenden
Abwasserbeseitigungspflicht steht der Beigeladenen ein weit gespanntes planerisches
Gestaltungsermessen zu. Für das in Rede stehende Gebiet sind die Grundstücke 7
einzelnen Grundstückseigentümern zuzuordnen. Deshalb erscheint es sachgerecht, für
dieses Gebiet eine zentrale öffentliche Kanalisation zu erstellen, die die einzelnen
anzuschließenden Grundstücke erreicht. Die Heranführung der öffentlichen Kanalisation
an die anzuschließenden Grundstücke bietet gegenüber der vom Kläger
vorgeschlagenen „privaten Lösung" den nicht unwesentlichen Vorteil, dass eine
Durchleitung des Abwassers über Grundstücke verschiedener Grundstückseigentümer
und ein damit verbundenes Konfliktpotential unter den verschiedenen
Grundstückseigentümern vermieden wird. Für den östlich gelegenen Teil der Ortslage
E. - ein Grundstück mit 42 Häusern - hat die Beigeladene ihrer
Abwasserbeseitigungspflicht dadurch genügt, dass sie das Grundstück durch den
vorhandenen Vorschacht punktuell erschließt und die Kanalisation innerhalb des
Grundstücks dem Kläger des Parallelverfahrens 14 K 2345/06 als dessen einzigem
Grundstückseigentümer überlässt.
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Schließlich ist auch eine zweckmäßigere Trassenführung für die geplante öffentliche
Kanalisation nicht erkennbar. Die geplante Trasse führt den öffentlichen Kanal über
Verkehrsflächen an die einzelnen anzuschließenden Grundstücke heran. Die
Trassenführung gewährleistet, dass der in den Verkehrsflächen verlegte
Freispiegelkanal ohne weiteres von den zu seiner Wartung erforderlichen Fahrzeugen
(Spül- und Kamerafahrzeugen) erreicht werden kann. Die Beigeladene hat
unwidersprochen unter Vorlage von Luftbildaufnahmen vorgetragen, dass die Zufahrt
zur Ortslage E. eine Breite von 6,50 m aufweist und dass die oberhalb der Zufahrt
gelegenen Wege 3,00 m breit sind. Diese Verkehrswege sind für die
Wartungsfahrzeuge befahrbar, die nach den auch insoweit unwidersprochen
gebliebenen Angaben der Beigeladenen von ihrer Größe mit Müllfahrzeugen
vergleichbar und etwa 2,75 m breit sind. Die Verlegung eines Freispiegelkanals oder
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einer Druckleitung von der geplanten Pumpstation zum vorhandenen östlich gelegenen
Vorschacht des Murbachsammlers anstelle der Verlegung der Druckleitung unter der
Seefläche stellt keine zweckmäßigere Teilvariante dar. Die Vertreter der Beigeladenen
haben in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass ein unterhalb
des Campingplatzes verlegter Freispiegelkanal wegen des dortigen unwegsamen
Geländes nur schwer zu unterhalten gewesen wäre. Für die geplante Trasse unterhalb
der Seefläche spricht zudem, dass sie nur über einer Strecke von 108 m zum
Murbachsammler geführt werden muss, während für die alternative Trasse zum
vorhandenen östlich gelegenen Vorschacht eine Strecke von über 400 m überwunden
werden muss.
Der Vorschlag des Klägers des Parallelverfahrens 14 K 2345/06 vom 16.08.2005
(Anlage K 22), der den Anschluss nur der Häuser 00, 00, 00, 00 a, 00, 00 und 00 an den
alten bereits vorhandenen Kanal vorsieht, ist bereits deshalb nicht als zweckmäßiger
anzusehen , weil mit ihm nicht der Anschluss aller 22 in Rede stehenden
Wochenendhäuser gewährleistet ist. Gleiches gilt für den Vorschlag des Klägers vom
15.05.2008, wonach 6 Häuser dezentral entwässert werden sollen und die übrigen über
eine unterhalb des Hotels zu verlegende Druckleitung an den Vorschacht zum
Murbachsammler angeschlossen werden sollen.
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Der Nutzen des Unternehmens der Beigeladenen übersteigt den für den Kläger zu
erwartenden Nachteil erheblich. Durch den geplanten Kanal wird eine ordnungsgemäße
Abwasserentsorgung des aus 22 Wochenendhäusern bestehenden Teils der Ortslage
E. dauerhaft sichergestellt. Eine ordnungsgemäße Abwasserentsorgung des streitigen
Bereichs der Ortslage ist derzeit nicht gewährleistet. Nach den Feststellungen des
Beklagten (vgl. Prüfungsbericht, Bl. 125 seines Verwaltungsvorganges) verfügt keines
der 15 von ihm bisher überprüften Wohnhäuser über eine Kleinkläranlage, die dem
aktuellen Stand der Technik entspricht. Nach dem genannten Prüfungsvermerk handelt
es sich bei den überprüften Anlagen um 2-3-Kammergruben, die nicht über die nach
dem aktuellen Stand der Technik erforderliche aerobe biologische Behandlungsstufe
verfügen. Ausweislich des aktenkundigen Prüfungsberichts besitzen die Anlagen ferner
zum Teil nicht das erforderliche Kammervolumen, zum Teil befinden sie sich in einem
baulich schlechten bis sehr schlechten Zustand. Die im abgeleiteten Abwasser
gemessenen CSB-Werte (398,5 mg/l bis 2.242,5 mg/l) übersteigen den nach der
Abwasserverordnung i.d.F. vom 17.06.2004 (BGBl. I S. 1108 u. 2625 - AbwV) für die
Einleitung von häuslichem und kommunalem Abwasser zulässigen Höchstwert von 150
mg/l CSB um ein Vielfaches. Die für die 15 überprüften Häuser festgestellten
Wasserverbrauchswerte (8 Häuser erreichen im Jahre 2005 einen Verbrauch zwischen
70 und 183 m³) lassen befürchten, dass nicht oder nur unzureichend geklärtes
Abwasser in nicht unerheblicher Menge in das Grundwasser gelangt. Dieser
gravierende Abwassermissstand in der Ortslage E. wird durch den von der
Beigeladenen geplanten Kanalbau dauerhaft beseitigt.
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Der durch die Kanalisierung verursachte Schaden beeinträchtigt den Kläger nicht
übermäßig. Bei den von der Kanalisation betroffenen Grundstücksflächen des Klägers
handelt es sich neben dem Bereich der Talsperre um Straßen- und Parkplatzflächen,
welche - bis auf die 4 wegfallenden Stellplätze - nach der Fertigstellung der
Kanalbaumaßnahme wieder für die ursprüngliche Nutzung zur Verfügung stehen. Hier
drohen dem Kläger lediglich während der Dauer der Bauarbeiten Beeinträchtigungen.
Diese Beeinträchtigungen fallen gegenüber dem oben beschriebenen Nutzen des
Unternehmens für eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung nicht entscheidend ins
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Gewicht. Die Beigeladene hat für die - eigentlich beeinträchtigenden - Bauarbeiten am
Kanal selbst eine voraussichtliche Dauer von 9 Monaten veranschlagt. Selbst wenn sich
die Dauer der Kanalbaumaßnahme auf bis zu ein Jahr verlängern würde, wäre dies
noch hinnehmbar. Die Beigeladene hat dargelegt, dass sie die Beeinträchtigungen
durch die Baumaßnahme dadurch verringern will, dass in kleineren Bauabschnitten
gebaut wird. Außerdem soll die Baumaßnahme möglichst in der Nebensaison
durchgeführt werden. Die Zufahrt zur Gaststätte E. soll nach den Planungen der
Beigeladenen für Besucher des Erholungsgebietes durchgehend aufrechterhalten
bleiben, weil die Zufahrtstraße nur einseitig in Anspruch genommen wird.
Dass durch die Verlegung der Druckleitung unter der Talsperre handgreifliche Gefahren
drohen, ist nicht erkennbar. Eine Gefährdung der Standsicherheit des Zwischendamms
ist nicht gegeben. Nach der von der Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Ing.
Büros Fischer vom 04.09.2006 soll die Unterquerung der E1. mit Hilfe eines
„gesteuerten Horizontalspülbohrverfahrens" erfolgen. Dieses Verfahren ist nach der
Stellungnahme weit verbreitet und stellt seit Jahren den Stand der Technik bei der
Unterquerung auch von Gewässern dar. Vorlaufend soll eine Baugrunduntersuchung,
eine Bauhindernisuntersuchung sowie eine Recherche nach Kampfmitteln erfolgen.
Diese sachverständige Stellungnahme hat der Kläger nicht substantiiert entkräftet. Der
geotechnische Bericht der IGW vom 11.05.2005 besagt nichts zu einer Gefährdung der
Brücke durch die Druckleitung. Er verhält sich dazu, ob die Brücke/der Zwischendamm
als Staudamm geeignet ist. Das vom Kläger beauftragte Statikbüro IGW hat mit
Schreiben vom 26.09.2007 mitgeteilt, dass keine Bedenken gegen die Nutzung der
Brücke für Fußgänger-/ und Radfahrerverkehr bestehen.
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Das vom Kläger durch Kampfmittel gesehene erhöhte Risiko ist durch nichts erhärtet.
Nach der von der Beigeladenen eingeholten Auskunft des Kampfmittelräumdienstes der
BZR Düsseldorf vom 25.01.2007 bestehen keine Hinweise auf das Vorhandensein von
Kampfmitteln. Den bei Tiefbaumaßnahmen üblichen Risiken wird dadurch Rechnung
getragen werden, dass die Bohrungen nach den Vorgaben der Kampfmittelverordnung
erfolgen sollen.
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Das Wohl der Allgemeinheit steht der geplanten Kanalisation ebenfalls nicht entgegen.
Vielmehr dient sie ihm, weil durch den Kanalbau 22 bislang nicht kanalisierte
Wochenendhäuser der Ortslage E. an die öffentliche Kanalisation angeschlossen
werden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 3 und 162 Abs. 3 VwGO.
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