Urteil des VG Köln vom 26.02.2009

VG Köln: prüfer, klausur, kritik, widerspruchsverfahren, kaufmännisches unternehmen, verbotene eigenmacht, mündliche prüfung, einstweilige verfügung, unerlaubte handlung, begriff

Verwaltungsgericht Köln, 6 K 1421/06
Datum:
26.02.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 K 1421/06
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d :
1
Mit Bescheid des beklagten Amtes vom 15.09.2004 wurde die zweite juristische
Staatsprüfung des Klägers mit „ausreichend" (5,17 Punkte) für bestanden erklärt. Hierbei
wurden die Leistungen im Einzelnen wie folgt bewertet:
2
Z-1 Klausur: ausreichend (6 Punkte) S-1 Klausur: befriedigend (8 Punkte) Z-4 Klausur:
mangelhaft (2 Punkte) V-1 Klausur: ausreichend (5 Punkte) Z-2 Klausur: mangelhaft (2
Punkte) S-2 Klausur: mangelhaft (3 Punkte) Z-3 Klausur: mangelhaft (2 Punkte) V-2
Klausur: ausreichend (5 Punkte) Vortrag: ausreichend (6 Punkte) Prüfungsgespräch:
befriedigend (7 Punkte).
3
Hieraus errechnete sich eine Gesamtnote von 5,17. Die Voraussetzungen für eine
Abweichung von der rechnerisch ermittelten Gesamtnote sah der Prüfungsausschuss
als nicht gegeben an.
4
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger rechtzeitig Widerspruch ein, mit dem er sich
gegen die Bewertungen der Aufsichtsarbeiten Z-1, Z-2, Z-3, Z-4, S-1, S-2, V-1 und V-2
und des Prüfungsgesprächs wandte. Daraufhin holte das beklagte Amt Stellungnahmen
der Korrektoren der Aufsichtsarbeiten Z-1, Z-2, Z-3, Z-4 und S-2 sowie des
Prüfungsausschusses ein, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Hinsichtlich der
Bewertungen der übrigen Aufsichtsarbeiten (S-1, V-1 und V-2) sah das beklagte Amt
wegen seines Erachtens nicht hinreichender Substantiierung der Einwendungen von
der Einholung von Stellungnahmen der Korrektoren ab.
5
In den genannten Stellungnahmen setzten die Korrektoren sich mit den Ausführungen
des Klägers in den Aufsichtsarbeiten nochmals auseinander und überdachten dabei die
Einwände des Klägers gegen diese Bewertungen. Diese erneuten Bewertungen führten
zu dem Ergebnis, dass die Aufsichtsarbeit Z-3 nunmehr mit „ausreichend" (4 Punkte)
bewertet wurde. Im Übrigen verblieb es bei den ursprünglichen Bewertungen der Prüfer.
6
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.02.2006, zugestellt am 14.02.2006, änderte das
beklagte Amt die Prüfungsentscheidung vom 15.09.2004 ab und erklärte nunmehr die
zweite juristische Staatsprüfung des Klägers mit „ausreichend" (5,32 Punkte) für
bestanden. Im Übrigen wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. In dem
Widerspruchsbescheid wurde u. a. betreffend die Aufsichtsarbeit S-2 ausgeführt: Die
vom Kläger geltend gemachte Befangenheit des Zweitkorrektors dieser Aufsichtsarbeit,
Herrn Oberstaatsanwalt Leu, sei nicht gegeben. Die vom Kläger geltend gemachten
Umstände begründeten keine vernünftigen Zweifel an dessen Objektivität und
Unvoreingenommenheit als Prüfer. Aus dessen Korrekturbemerkungen ergäben sich
keine anderen Anhaltspunkte. Im Übrigen werde auf die eingeholte Stellungnahme des
Genannten zum 04.01.2005 verwiesen. Soweit der Kläger einen Begründungsmangel
bezüglich der Leistungen im Prüfungsgespräch geltend mache, sei eine den rechtlichen
Anforderungen genügende Bewertungsbegründung in Gestalt des dem Kläger zur
Verfügung gestellten Schreibens des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses vom
04.01.2005 und der Stellungnahme des Prüfungsausschusses vom 18.03.2005
gegeben worden.
7
Am 11. - 13.03.2006 hat der Kläger Klage erhoben. Im Verlauf des Klageverfahrens hat
das beklagte Amt ergänzende Stellungnahmen des Erstkorrektors der Aufsichtsarbeit Z-
1 vom 18.07.2006, des Erstkorrektors der Aufsichtsarbeit Z-3 vom 01.12.2006 sowie des
Prüfungsausschusses hinsichtlich einer neuerlich getroffenen Entscheidung nach § 31
Abs. 4 Satz 3 JAG NRW (a. F.) vom 18.08.2008 eingeholt, auf deren Inhalt Bezug
genommen wird.
8
Zur Begründung seiner Klage wiederholt, vertieft und ergänzt der Kläger sein
Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Zusätzlich macht er die Befangenheit der
jeweiligen Erstkorrektoren der Aufsichtsarbeiten Z-1 und Z-3, der beiden Korrektoren der
Aufsichtsarbeit S-2 sowie des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses geltend. Auch
insoweit wird wegen der Einzelheiten auf die Schriftsätze des Klägers Bezug
genommen.
9
Der Kläger stellt den Antrag,
10
das beklagte Amt unter Aufhebung dessen Bescheides vom 15.09.2004 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 08.02.2006 zu verpflichten, unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts die Aufsichtsarbeiten Z-1, Z-2, Z-3, Z-4 und S-2 erneut
bewerten zu lassen und den Prüfungsausschuss eine neue Entscheidung nach § 31
Abs. 4 Satz 3 JAG a. F. treffen zu lassen.
11
Das beklagte Amt beantragt,
12
die Klage abzuweisen.
13
Es tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen. Auch insoweit wird wegen der
Einzelheiten auf den Inhalt der Schriftsätze des beklagten Amtes Bezug genommen.
14
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt
der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungs- und Prüfungsakten des beklagten
Amtes sowie auf die Personalakte des Klägers beim Oberlandesgerichtspräsidenten
Köln Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
16
Die Klage ist unbegründet.
17
Der angefochtene Bescheid des beklagten Amtes vom 15.09.2004 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 08.02.2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht
in seien Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf
Neubewertung der angefochtenen Prüfungsbewertungen; ebenso wenig hat er einen
Anspruch auf eine erneute Entscheidung des Prüfungsausschusses nach § 31 Abs. 4
Satz 3 JAG a. F..
18
Hinsichtlich der Anfechtung von Prüfungsentscheidungen ist von folgenden
Grundsätzen auszugehen: Art. 12 bzw. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) verpflichten
die Gerichte nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
19
vgl. Beschlüsse vom 17.04.1991 - 1 BvR 419.81 und 213.83 -, NJW 1991, 2005, 2008
sowie - 1 BvR 1529.84 und 138.87 -, NJW 1991, 2008, 2009,
20
der die Verwaltungsgerichte folgen, Prüfungsentscheidungen in rechtlicher und
tatsächlicher Hinsicht grundsätzlich vollständig nachzuprüfen. Lediglich bei
„prüfungsspezifischen" Wertungen verbleibt der Prüfungsbehörde ein die gerichtliche
Kontrolle insoweit einschränkender Entscheidungsspielraum, dessen Überprüfung
darauf beschränkt ist, ob Verfahrensfehler oder Verstöße gegen anzuwendendes Recht
vorliegen, ob der Prüfer von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, gegen
allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßen hat oder sich von sachfremden
Erwägungen hat leiten lassen oder sonst willkürlich gehandelt hat. Zu den
allgemeingültigen, aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden Bewertungsgrundsätzen gehört,
dass auch in juristischen Staatsprüfungen zutreffende Antworten und brauchbare
Lösungen im Prinzip nicht als falsch bewertet werden und zum Nichtbestehen führen
dürfen. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart
der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar ist, die Beurteilung vielmehr
unterschiedlichen Ansichten Raum lässt, gebührt zwar dem Prüfer ein
Beurteilungsspielraum, andererseits muss aber auch dem Prüfling ein angemessener
Antwortspielraum zugestanden werden. Eine vertretbare und mit gewichtigen
Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch gewertet werden. Im
Übrigen ist bei der Willkürkontrolle davon auszugehen, dass eine willkürliche
Fehleinschätzung der Prüfungsleistung schon dann anzunehmen ist, wenn die
Einschätzung Fachkundigen als unhaltbar erscheinen muss. Dabei setzt eine wirksame
Kontrolle durch das Gericht voraus, dass der klagende Prüfling dem Gericht im Rahmen
seiner prozessualen Mitwirkungspflicht „wirkungsvolle Hinweise" gibt.
21
Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom
04.02.1994 - 22 A 1071/93 - m. w. N..
22
Dies bedeutet, dass der Prüfling seine Einwände konkret und nachvollziehbar
begründen muss, um dem Gericht die Prüfung zu ermöglichen, ob und in welcher
Richtung der Sachverhalt für eine gerichtliche Überzeugungsbildung (vgl. § 108 Abs. 1
VwGO) - notfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens - (weiter)
aufzuklären ist.
23
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des
24
Bundesverwaltungsgerichts,
vgl. Beschluss vom 17.12.1997 - 6 B 55.97 -, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk
der Rechtsprechung des BVerwG, 421.0, Nr. 385,
25
alle Fragen, die fachwissenschaftlicher Erörterung zugänglich bzw. anhand objektiver
fachwissenschaftlicher Kriterien zu beantworten sind,
26
vgl. auch Urteil vom 16.04.1997 - 6 C 9.95 -, S. 20 des Umdrucks,
27
gerichtlich voll überprüfbar sind. Um Fachfragen geht es dabei u. a., wenn bei einer
Beurteilung juristischer Prüfungsleistungen Methodik sowie Art und Umfang der
Darstellung in Bezug auf Lösungsansatz und zur Prüfung gestellte Normen in Rede
stehen. Prüfungsspezifische Bewertungen stehen dann in Frage, wenn für die
Beurteilung der Vergleich mit Leistungen anderer Prüflinge erforderlich oder jedenfalls
zulässig ist.
28
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen sind sämtliche angefochtenen
Prüfungsteile rechtlich nicht zu beanstanden.
29
A) Die Bewertung der angefochtenen Klausuren ist rechtlich nicht zu beanstanden.
30
I. Der Einwand des Klägers, dass die Bewertungen der Aufsichtsarbeiten, soweit sie
angefochten worden sind, deswegen rechtswidrig seien, weil die Begründung der Prüfer
nicht die Angaben des Schwierigkeitsgrades und deren Erwartungshorizont enthalte,
greift nicht durch.
31
Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-
Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 28.11.2007 - 14 A 4562/06 -, S. 13 f. des
Abdrucks, haben die Prüfer über das Begründungserfordernis hinaus nicht Angaben
zum Schwierigkeitsgrad der Aufgaben zu machen und ihren Erwartungshorizont
festzulegen. In dieser Entscheidung ist im Einzelnen dargelegt, dass dies einhelliger
obergerichtlicher Rechtsprechung entspreche. Die Kammer ist der genannten
Rechtsprechung gefolgt.
32
Vgl. Urteil der Kammer vom 05.11.2008 - 6 K 1318/07 -, S. 17 f..
33
Die Kammer hat insoweit u. a. ausgeführt:
34
„Zu Unrecht beruft sich die Klägerin für ihre Auffassung auf die von ihr zitierte
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Aus dieser ergibt sich, dass (nur) die
wesentlichen Kriterien des Bewertungsvorganges offen zu legen seien. Dabei wird die
Darlegung zum Schwierigkeitsgrad der Aufgabe vom Bundesverwaltungsgericht
lediglich exemplarisch angeführt, nicht aber als „zwingend" bezeichnet. Im Übrigen
betrifft die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die Bewertung einer
mündlichen und nicht einer schriftlichen Prüfung. Betreffend die Bewertung schriftlicher
Leistungen hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 09.12.1992 - 6 C 3.92 -
BVerwGE 91, 262, 265 ff., 268, näheres zu dem notwendigen Inhalt einer Begründung
der Bewertung von schriftlichen Prüfungsleistungen ausgeführt. Dort ist indessen nur
von allgemeinen oder besonderen Prüfungsmaßstäben die Rede, die der Prüfer
zugrunde zu legen habe. Demgegenüber ist auch dort von einer Darlegung des
35
Schwierigkeitsgrades bzw. des Bezugsrahmens nicht die Rede."
II. Auch die konkreten Einwendungen des Klägers gegen die Bewertung der
angefochtenen Klausuren greifen nicht durch.
36
1. Die Bewertung der Klausur Z-1 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
37
- Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Bewertung der Klausur nicht deswegen
rechtsfehlerhaft, weil der Erstkorrektor der Klausur, Richter am Amtsgericht Dr.
Pruskowski, befangen gewesen ist. Der Kläger stützt seinen Vorhalt der Befangenheit
des Prüfers darauf, dass dieser in seiner Stellungnahme im Widerspruchsverfahren vom
16.09.2005 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18.07.2006 bei der Benotung
der Klausur mit „ausreichend" (6 Punkte) verblieben ist. Von der Befangenheit eines
Prüfers kann nur dann ausgegangen werden, wenn Tatsachen vorliegen, die ohne
Rücksicht auf individuelle Empfindlichkeiten den Schluss rechtfertigen, dass dieser
Prüfer speziell gegenüber diesem Prüfling nicht die notwendige Distanz und sachliche
Neutralität aufbringen wird bzw. in der Prüfung aufgebracht hat. Dieses ist erst dann
gegeben, wenn der Prüfer nicht mehr offen ist für eine (nur) an der wirklichen Leistung
des Prüflings orientierte Bewertung, sondern wenn er von vornherein sich auf eine
bestimmte (negative) Bewertung festgelegt hat.
38
Vgl. Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Bd. 2, Prüfungsrecht, 4. Aufl., Rdnr. 196 m. w.
N..
39
Der Kläger hat in seinen diesbezüglichen Ausführungen lediglich die inhaltliche
Richtigkeit einzelner von dem Erstkorrektor im Widerspruchsverfahren abgegebener
Erklärungen in Frage gestellt, die Bewertungsgesichtspunkte, insbesondere
Kausalitätsfragen, betreffen. Diese Umstände indizieren in keiner Weise, dass dem
Prüfer die notwendige Distanz und die gebotene sachliche Neutralität bei der
Bewertung der Klausur des Klägers gefehlt hätte. Vielmehr ist sämtlichen
Stellungnahmen des Erstkorrektors zu entnehmen, dass dieser im Einzelnen auf die
Einwände des Klägers eingegangen ist und diesen in offener und zugleich sachlicher
Weise entgegen getreten und alsdann bei seiner ursprünglichen Bewertung verblieben
ist. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
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- Soweit der Kläger die Randbemerkung auf S. 2 des Korrektors betreffend die Worte
„Aufgrund der mündlichen Verhandlung" gerügt hat, hat der Erstkorrektor in seiner
Stellungnahme nachvollziehbar ausgeführt, dass dieser Punkt nicht als Fehler
betrachtet worden sei. Damit ist dieser Punkt nicht kausal für die Bewertung gewesen.
41
- Auch die Randbemerkung auf S. 3 der Klausurbearbeitung „Warum nicht
gegeneinander aufgehoben?" ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Erstkorrektor hat in
nachvollziehbarer und zutreffender Weise dargelegt, dass bei etwa gleichmäßigem
Obsiegen und Unterliegen es unter praktischen Gesichtspunkten sinnvoller sei, die
Kosten gegeneinander aufzuheben. Dies ist zutreffend, denn bei einer Entscheidung,
die Kosten gegeneinander aufzuheben, muss der jeweilige Prozessbevollmächtigte des
Beteiligten nicht einen Kostenfestsetzungsantrag bei Gericht stellen, der Kostenbeamte
nicht zweimal unnötig tätig werden und müssen im Übrigen unnötigerweise
wechselweise Überweisungen getätigt werden.
42
- Auch die Randbemerkungen auf S. 3 der Klausurbearbeitung „Kein feststehender
43
Begriff" und „Wovon bezahlte der Kläger den Betrag?" sind nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich der erstgenannten Randbemerkung hat der Erstkorrektor nicht zu Unrecht
die Verwendung des Wortes „Privatverkaufs" moniert. Dem Erstkorrektor ist zu folgen,
wenn er in seiner Stellungnahme im Widerspruchsverfahren hierzu ausgeführt hat, dass
der Begriff „Privatgeschäft" nicht ohne weiteres aus sich heraus verständlich sei, der
Sachverhalt insoweit im Tatbestand des Klägers besser hätte umschrieben werden
sollen, so wie es der Kläger alsdann im Widerspruch getan habe. Soweit der Kläger
hiergegen einwendet, dass der Begriff „Privatverkauf" den Verkauf zwischen zwei Nicht-
Unternehmern betreffe und deshalb doch klar verständlich sei, so setzt er lediglich seine
eigene Auffassung an die Stelle der des Prüfers, ohne darlegen zu können, dass der
Prüfer mit guten Gründen fachlich Vertretbares als falsch verworfen habe. Denn der
Begriff des „Privatverkaufs" ist jedenfalls der gängigen juristischen Terminologie nicht
eigen.
44
Soweit der Kläger die zweitgenannte Randbemerkung angreift mit der Begründung,
nach seiner Lösung sei es irrelevant gewesen, aus welchen Mitteln der Kläger des
Prüfungsfalles den Kauf der Chinaböller bestritten habe, da er dessen Vertrag wegen §
134 BGB i. V. m. § 22 Abs. 3 SprengstoffG für nichtig gehalten habe, greift dies nicht
durch. Zum einen ist den Stellungnahmen des Erstkorrektors zu entnehmen, dass dieser
Punkt nicht kausal für die Bewertung gewesen ist. Zum anderen ist dieser Kritikpunkt in
der Sache berechtigt. Denn die Frage, ob § 110 BGB in dem Prüfungsfall Anwendung
fand oder nicht, war auch bei der Lösung des Klägers wegen eines
Kondiktionsanspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative BGB von Bedeutung, da
bei Nichtgreifen des § 110 BGB der Minderjährigenschutz im Rahmen des
Kondiktionsanspruchs erörterungsbedürftig war. Der Minderjährigenschutz hat
Auswirkungen auch auf den Bereicherungsanspruch, jedenfalls bei Wegfall des
ursprünglichen Bereicherungsgegenstandes (§§ 818 Abs. 3, 819 Abs. 1 BGB). Denn
über den „Umweg" des § 812 BGB soll der Minderjährige nicht zu Leistungen
verpflichtet werden, wie wenn das Rechtsgeschäft gültig wäre.
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Vgl. hierzu: Palandt, BGB, 62. Aufl., § 818, Rdnr. 49.
46
- Auch die Randbemerkung auf S. 4 der Klausurbearbeitung „Um wen handelte es sich?
Was heißt das genau?" ist rechtlich nicht zu beanstanden. Diese Prüferkritik bezieht
sich auf die Formulierung des Klägers „Obwohl der Zeuge Sievert ihn zuvor auf die
Gefährlichkeit seines Tuns aufmerksam gemacht hatte". Wenn der Kläger hiergegen
einwendet, dass durch diese Formulierung die Beziehung des Zeugen zum Sachverhalt
hinreichend benannt sei und dass Teile der Aussage des Zeugen durch Bezugnahme
aufs Protokoll der mündlichen Verhandlung mit in den Tatbestand konkludent
inkorporiert worden seien, so vermag dies nicht zu verfangen.
47
Der Erstkorrektor hat in seiner Stellungnahme im Widerspruchsverfahren hierzu
ausgeführt, dass für den Leser des Tatbestandes an dieser Stelle nicht deutlich werde,
in welcher Beziehung der Zeuge Sievert zum Sachverhalt stehe. Die Formulierung „Auf
die Gefährlichkeit des Tuns" hinweisen, sei zu abstrakt.
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Dieser Prüferkritik folgt die Kammer. Im Hinblick auf die Frage des Mitverschuldens des
Klägers bei der von ihm erlittenen Körperverletzung wäre an dieser Stelle u. a. zu
erwähnen gewesen, wie alt genau der Zeuge Sievert war, wo er sich genau aufgehalten
hat und dass der Zeuge selber Deckung gesucht hat. Der Kläger setzt dem lediglich
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seine eigene Einschätzung gegenüber, ohne konkret aufzuzeigen, dass der Prüfer
einen Fachfehler in dem Sinne begangen hätte, dass dessen Verlangen nach
Konkretisierung fachlich nicht vertretbar gewesen wäre. Dies ist aus den genannten
Gründen nicht der Fall.
- Die Kritik des Prüfers auf S. 5 der Klausurbearbeitung „Woraus folgt das? Die Bekl.
bestreitet das." ist berechtigt. Die Ausführungen des Klägers, es sei vertretbar, dies als
unstreitig anzusehen, da die Beklagte dies nicht substantiiert bestritten habe, liegen
neben der Sache.
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Zunächst fehlt in dem Tatbestand des Klägers der Hinweis darauf, dass die fraglichen
Angaben auf dem Augenärztlichen Befundbericht der Universitätsaugenklinik Essen
vom 13.01.2003 (Bl. 5 des Aufgabentextes unten) beruhen. Zudem stellt die Beklagte
dies auf S. 8 oben des Aufgabentextes ausdrücklich in Abrede, wenn dort ausgeführt ist:
51
„Ob und wann eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eintritt, ist nicht
ansatzweise ersichtlich. Der Kläger hat nicht hinreichend dargetan, dass die
Wahrscheinlichkeit des Eintritts zukünftiger Schäden vorliegt."
52
Der Kläger verkennt, dass bei der gegebenen Sachlage ein konkreteres Bestreiten
seitens der Beklagten kaum möglich war, weil dies zunächst eine Konkretisierung im
Augenärztlichen Befundbericht vorausgesetzt hätte.
53
Selbst wenn man dies indessen als nicht hinreichend bestritten seitens der Beklagten
ansehen würde, so hätte dies im Tatbestand zum Ausdruck gebracht werden müssen
und in den Entscheidungsgründen erläutert werden müssen, dass dieses Bestreiten
nicht genüge.
54
- Die Anmerkung des Prüfers auf S. 6, im Antrag solle es statt „Kläger" „ihn" lauten, ist
nicht zu beanstanden. Wenn der Prüfer hierzu ausgeführt hat, dass es hier nicht um die
Auslegung des Antrages, sondern lediglich um eine sprachliche Formulierung gehe, so
ist dies wegen der Bindung des Gerichts an die gestellten Anträge nicht unzulässig,
solange das Gericht über geringfügige sprachliche Korrekturen des Antrages hinaus
keine inhaltlichen Änderungen des Antrages vornimmt.
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- Die Randbemerkung auf S. 6 „Was ist damit gemeint?" ist nicht rechtswidrig. Der Prüfer
moniert insoweit, dass der Begriff des „Teilschmerzensgeldes" aus sich heraus nicht
verständlich sei. Wenn der Kläger hiergegen einwendet, im Sachverhalt dürfe keine
Auslegung des Antrages erfolgen, so verkennt er den Kern der Prüferkritik. Es wäre
insoweit sachgerecht gewesen, den Begriff des Teilschmerzensgeldes im Tatbestand in
Anführungsstriche zu setzen, nachdem zuvor im Vorbringen des Klägers erläutert
worden war, um was es sich hierbei handelt. Dementsprechend wäre es sachgerecht
gewesen, die Formulierungen der Klägerseite auf Bl. 3 unten des Aufgabentextes in das
Vorbringen des Klägers im Tatbestand aufzunehmen, wo es u. a. heißt: Angesichts der
Verletzung des linken Auges und der bleibenden Schäden sei bereits nach dem
jetzigen Stand ein Teilschmerzensgeldanspruch von mindestens 10.000 Euro
angemessen, wobei bei der Bemessung berücksichtigt worden sei, dass weitere
Schäden zu befürchten seien. Auf diese Weise wäre dem Leser klar geworden, was der
Kläger des Prüfungsfalles mit diesem Begriff verbindet.
56
- Die Randbemerkung auf S. 7 „Datum" ist nicht zu beanstanden. Entgegen der
57
Auffassung des Klägers handelt es sich insoweit nicht um eine - unzulässige -
Auslegung eines Antrages im Tatbestand.
Der Erstkorrektor hat in seiner Stellungnahme im Widerspruchsverfahren hierzu
nachvollziehbar ausgeführt: Wenn Zinsen seit Rechtshängigkeit beantragt würden,
gehöre das Datum der Klagezustellung in den Tatbestand, entweder als Zusatz im
Antrag oder als ausdrückliche Schilderung in der Prozessgeschichte. Vorliegend war
ausweislich Bl. 7 des Aufgabentextes die Klagezustellung am 16.07.2003 erfolgt. Der
Kläger verkennt insoweit, dass es sich bei der Aufnahme dieses Datums in den Antrag
nicht um eine Auslegung, sondern lediglich um eine Konkretisierung des Antrages
handelt. Er wird inhaltlich nicht geändert, sondern lediglich präzisiert.
58
- Das Überschreiben der Worte „die Eltern" auf S. 7 der Klausurbearbeitung durch das
Wort „seine" ist ausweislich der Stellungnahme des Erstkorrektors im
Widerspruchsverfahren ohne Relevanz für das Ergebnis gewesen. Dies ist ohne
weiteres nachvollziehbar. Dementsprechend bedarf es keiner Inhaltlichen
Auseinandersetzung mit dieser Frage.
59
- Die Randbemerkung auf S. 8 „Augenschein?" hält ebenfalls rechtlicher Überprüfung
stand. Wenn der Kläger insoweit ausgeführt hat, dass es sich diesbezüglich um eine
unstreitige Tatsache handele und deshalb die Augenscheinsnahme nicht im
Beweisergebnis erwähnt werden müsse, verfängt dies nicht.
60
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung des Prüfungsfalles die Chinaböller in
Augenschein genommen. Dies ist in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung
festgehalten worden. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nicht darauf an,
ob diese Beweiserhebung prozessual geboten war. Zum einen gehört die Erwähnung
dieses Umstandes unter dem Gesichtspunkt der Vollständigkeit der wesentlichen
Umstände stets in den Tatbestand. Abgesehen von der fehlenden Präzision des
Tatbestandes insoweit ist jede - auch die unnötige - Beweisaufnahme im Tatbestand zu
erwähnen, und zwar wegen der Kosten des Verfahrens (Beweisgebühr), die im
Prüfungsfalle wegen des seinerzeit noch geltenden § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO noch
Anwendung fand, da das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz im März 2004 (dem Zeitpunkt
der Klausuranfertigung) noch nicht in Kraft getreten war.
61
Vgl. hierzu: Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 7. Aufl., Rdnr. 71.
62
- Die Prüferkritik auf S. 8 „Weitere Zulässigkeitsprobleme?" sowie im Votum des
Erstkorrektors („Die anstehenden Zulässigkeitsfragen übergangen und nur Marginalien
behandelt") ist rechtmäßig. In den Ausführungen des Klägers fehlen die Erörterungen
der sachlichen Zuständigkeit, der örtlichen Zuständigkeit, der hinreichenden
Bestimmtheit der Klage betreffend den Schmerzensgeldanspruch und bei der
Feststellungsklage das Feststellungsinteresse und die Frage des etwaigen Vorrangs
einer Leistungsklage.
63
- Die Randbemerkung auf S. 9 der Klausurbearbeitung „lehrbuchhaft" ist ausweislich der
glaubhaften Angaben des Erstkorrektors im Klageverfahren in seiner Stellungnahme
vom 18.07.2006 nicht kausal für die Bewertung worden. Hierin hat er ausgeführt, dass er
die Passage des Klägers am angegebenen Ort als korrekt akzeptiert habe und diese
Randbemerkung lediglich colorandi causa erfolgt sei.
64
- Die Rüge des Klägers betreffend die Randbemerkung auf S. 10 „Das war unter dem
Gesichtspunkt der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht relevant" greift nicht
durch. Der Erstkorrektor hat in seiner Stellungnahme im Widerspruchsverfahren hierzu
erläuternd ausgeführt, dass die rechtlichen Überlegungen des Klägers auf dieser Seite
weniger die Kausalität als vor allem die Frage betreffen, ob die Beklagte eine
Verkehrssicherungspflicht verletzt hat. Eine in diesem Sinne verstandene Prüferkritik
hält rechtlicher Prüfung stand.
65
Denn zunächst war im Rahmen der Prüfung eines Schadensersatzanspruches aus §
823 Abs. 1 BGB die Verletzungshandlung darzulegen gewesen, die hier in einem
Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten bestanden haben könnte (hier: Verzicht auf
Abgabe von Feuerwerkskörpern an Kinder). Das Problem der Kausalität stellte sich
allenfalls zweitrangig. Denn Verletzungshandlung i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB kann
insoweit nur ein Verstoß gegen eine Verkehrssicherungspflicht sein. Dabei wäre im
Einzelnen darzulegen gewesen, ob eine solche bestanden hat, wobei diese
möglicherweise aus § 22 Abs. 3 SprengstoffG hergeleitet werden könnte. Erst alsdann
stellte sich die Frage, ob diese Unterlassung adäquat kausal zu dem eingetretenen
Schaden geführt hat. Auch in diesem Zusammenhang kann die Selbstgefährdung des
Klägers eine Rolle spielen. Dementsprechend liegt insoweit eine Aufbauschwäche vor,
als die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nicht als die (unerlaubte) „Handlung"
herausgearbeitet wird, sondern zugleich auf die Kausalität zugesteuert wird. Diesen
Kritikpunkt hat der Erstkorrektor im Übrigen nicht besonders gewichtet, sondern lediglich
sinngemäß zum Ausdruck gebracht, dass es vorzugswürdig gewesen wäre, die
fraglichen rechtlichen Überlegungen des Klägers im Rahmen der
Verkehrssicherungspflicht anzustellen.
66
- Die Rüge des Klägers betreffend die Randbemerkung auf S. 11 „Einwilligung in die
Körperverletzung?" greift nicht durch.
67
Der Erstkorrektor hat in seiner Stellungnahme im Widerspruchsverfahren diesen
Kritikpunkt in dem Sinne erläutert, dass es fern gelegen habe, auf eine Einwilligung in
die Körperverletzung einzugehen. Diese Prüferkritik ist ohne weiteres nachvollziehbar
und daher rechtlich nicht zu beanstanden.
68
Der Kläger hat auf S. 11 insoweit ausführt:
69
„Auch eine Rechtswidrigkeit wegen Einwilligung scheidet nicht aus, da der Kläger
wegen § 22 Abs. 3 Sprengstoffgesetz schon nicht einwilligungsbefugt war."
70
Der Kläger wollte, wie er in den weiteren Ausführungen im Widerspruchsverfahren und
Klageverfahren dargelegt hat, an dieser Stelle der Frage nachgehen, ob die
Selbstgefährdung des Klägers als Einwilligung in die Körperverletzung aufgefasst
werden könne. Deswegen sei sein Prüfungsansatz vertretbar gewesen.
71
Der Kläger verkennt insoweit, dass er sich an dem Wortlaut seiner Formulierung in der
Klausur festhalten lassen muss. In dieser ist lediglich von „Einwilligung" die Rede und
nicht etwa von einer konkludenten Einwilligung in Form einer Selbstgefährdung. Nach
der Formulierung in der Klausurbearbeitung konnte man die Überlegung des Klägers in
der Tat dahin verstehen, dass er ernsthaft eine Einwilligung - ausdrücklich oder
konkludent - für erörterungsbedürftig hält. Dies liegt in der Tat bei der gegebenen
Sachlage fern.
72
- Die Randbemerkung auf S. 13 „fernliegend" ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
73
Der Kläger prüft an dieser Stelle die Frage, ob gemäß § 832 ein Mitverschulden der
Eltern des Klägers vorliege. Dieses verneint er.
74
Der Erstkorrektor hat in seiner Stellungnahme zutreffend ausgeführt, dass der
Sachverhalt keinerlei Hinweis enthielt, um auf eine Verletzung der elterlichen
Aufsichtspflicht einzugehen. Dass nämlich die Beklagte des Prüfungsfalles dem Kläger
Feuerwerkskörper zur Verfügung stellen würde, sei aus der Sicht der Eltern weder
vorhersehbar noch zu verhindern gewesen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass
ausweislich Bl. 11 der Aufgabenstellung der Kläger in der mündlichen Verhandlung
ausdrücklich erklärt hatte, dass ihm seine Eltern verboten hätten, Chinaböller zu kaufen.
Angesichts dieses ausdrücklichen Verbots lag es in der Tat völlig fern, eine Verletzung
der Aufsichtspflicht der Eltern in Betracht zu ziehen.
75
Im Übrigen setzt auch in diesem Punkt der Kläger lediglich seine eigene Ansicht an die
Stelle der der Prüfer, ohne - wie erforderlich - darzulegen, dass den Prüfern ein
fachlicher Fehler unterlaufen wäre.
76
- Die Randbemerkung auf S. 13 „lehrbuchhaft, kein Urteilsstil" ist ausweislich der
Stellungnahme des Erstkorrektors im Klageverfahren nicht kausal für die Benotung
gewesen.
77
- Die Randbemerkung auf S. 14 „Keine umfassende Abwägung! Konnte ein
Zwölfjähriger die Gefährlichkeit erkennen? Schutzzweck?" ist nicht zu beanstanden.
78
Insoweit macht der Kläger lediglich geltend, es sei eine umfassende Abwägung nicht
am Platze gewesen. Es sei lebensfremd, an der intellektuellen Einsichtsfähigkeit des
Klägers bei dem gegebenen Sachverhalt Zweifel zu haben. Ebenso wäre es verfehlt
gewesen, den Schutzzweck des § 22 SprengstoffG zu erörtern.
79
Diese Ausführungen indizieren keinen Bewertungsfehler. Denn der Kläger setzt
insoweit bereits lediglich seine eigene Fachansicht an die Stelle derjenigen des Prüfers.
Aber auch in der Sache selbst können seine Überlegungen nicht durchgreifen. Denn im
Rahmen der Prüfung des Mitverschuldens des Klägers des Prüfungsfalles hätte es
nahegelegen, vorab auch die Frage zu erörtern, ob wegen der Vorschrift des § 22 Abs. 3
SprengstoffG ein Mitverschulden von vornherein ausgeschlossen wäre. Darüber hinaus
wäre der Frage nachzugehen gewesen, welche Gefahreneinsicht ein Jugendlicher im
Alter des Klägers, insbesondere betreffend die Frage, ob mit dem Zerplatzen der
Flasche zu rechnen gewesen ist, hat. Weiter wäre darauf einzugehen gewesen, dass
der Kläger durch seinen Freund, den Zeugen Sievert, zuvor gewarnt worden war.
Schließlich hätte auch das Alter und die Schulbildung des Klägers in die Erwägungen
mit einbezogen werden müssen.
80
- Die Randbemerkung auf S. 14 „lehrbuchhaft" ist nicht kausal für die Bewertung
gewesen. Dies hat der Erstkorrektor in seiner Stellungnahme im Klageverfahren
glaubhaft erklärt.
81
- Die Randbemerkung auf S. 14 „Das ist mehr als abverlangt" hält rechtlicher
Überprüfung stand.
82
Der Erstkorrektor hat insoweit in seiner Stellungnahme im Widerspruchsverfahren zur
Erläuterung ausgeführt, es sei bemerkenswert und hätte eingehender begründet werden
müssen, dass das Gericht des Prüfungsfalles an sich dem Kläger ein höheres
Schmerzensgeld als beantragt zugestehe.
83
Diese Prüferkritik ist unter Einbeziehung der Ausführungen des Prüfers zu der folgenden
Randbemerkung auf S. 15 „Sehr dürftig" dahin zu verstehen, dass die Kriterien für die
Höhe des Schmerzensgeldes vom Kläger nicht ausreichend dargelegt worden sind,
insbesondere die Berücksichtigung der Art der Verletzung und des Alters des Klägers.
84
- Die Randbemerkung auf S. 15 „Sehr dürftig" ist aus denselben Gründen, wie zu der
Randbemerkung auf S. 14 ausgeführt, rechtlich nicht zu beanstanden. Ergänzend ist zu
bemerken, dass der Kläger in diesen beiden Randbemerkungen letztlich nur seine
eigene Meinung an die Stelle der des Erstkorrektors setzt.
85
- Die Randbemerkung auf S. 16 „Das ist bestr! Aufbau" ist ebenfalls nicht zu
beanstanden. Der Erstkorrektor hat in seiner Stellungnahme im Widerspruchsverfahren
hierzu erläuternd ausgeführt, dass das Feststellungsinteresse eine prozessuale Frage
sei und daher vor der Begründetheit hätte geprüft werden müssen.
86
Dies ist zutreffend. Der Kläger handelt unter dem Obersatz der Begründetheit der Klage
(siehe S. 16) das Feststellungsinteresse für die Feststellungsklage ab, obgleich das
Feststellungsinteresse eine Frage der Zulässigkeit der Feststellungsklage ist.
87
Im Übrigen ist auch bei der Prüferkritik zutreffend, dass die Frage, ob schon bald mit
einer Netzhautablösung zu rechnen ist oder sogar eine vollständige Erblindung des
einen Auges in Frage steht, nicht unstreitig, sondern von der Beklagten (siehe Bl. 8 der
Aufgabenstellung, a. a. O.) bestritten worden ist.
88
- Die Randbemerkung auf S. 16 „Zu dürftig" in Verbindung mit den diesbezüglichen
Ausführungen im Votum („Zur Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO nur ein paar
substanzlose Bemerkungen") ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat in seinen
Ausführungen auf S. 16 nicht die näheren Voraussetzungen des § 91a ZPO, nämlich
den bisherigen Sach- und Streitstand und das Ermessen erwähnt. An dieser Stelle hätte
sich die Frage der Entreichung bezüglich die verbrauchten Feuerwerkskörper (u. a.)
gestellt. Auf diese Punkte geht der Kläger nicht im Einzelnen ein, sondern stellt allein
auf die Nichtigkeit des Kaufvertrages gemäß §§ 134 BGB, 22 Abs. 3 SprengstoffG ab.
89
- Soweit der Kläger die Ausführungen des Erstkorrektors am Ende dessen Votum
moniert,
90
„Zur Form ist anzumerken, dass sich einige lehrbuchhafte Passagen finden, die nicht
dem Urteilsstil entsprechen.",
91
ist ausweislich der glaubhaften Angaben des Erstkorrektors im Klageverfahren dieser
Kritikpunkt nicht benotungsrelevant gewesen. Vielmehr seien allein für die Benotung die
inhaltlichen Gesichtspunkte maßgeblich gewesen.
92
- Soweit der Kläger schließlich rügt, der Zweitkorrektor habe nur das Erstvotum, aber
nicht die Klausur selbst angesehen, folgt die Kammer den glaubhaften Angaben des
93
Zweitkorrektors in der Stellungnahme im Widerspruchsverfahren, ausweislich derer er
dies in Abrede stellt.
2. Die Bewertung der Klausur Z-2 ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.
94
- Die Kritik im Votum des Erstkorrektors an den Ausführungen des Klägers auf S. 2 der
Bearbeitung ist nicht zu beanstanden. Der Prüfer hat insoweit u. a. ausgeführt, dass der
Bearbeiter die Problematik nicht in den Griff bekommen habe. Er prüfe zunächst, ob
einzelne Klauseln des Bürgschaftsvertrages nichtig sein könnten. Hierzu habe der
Bürgschaftsvertrag aber keinerlei Veranlassung gegeben. Diese Prüfung sei daher
überflüssig gewesen. Eine inhaltsgleiche Kritik enthält die Randbemerkung auf S. 2
„Völlig fernliegend" sowie in weiterem Zusammenhang ebenfalls die Randbemerkung
auf S. 2 „Ist denn ein Bürgschaftsvertrag zustande gekommen?".
95
Wenn der Kläger hiergegen einwendet, Punkt 3 und 4 der Bürgschaftserklärung seien
nicht ganz unproblematisch und dabei auf Kommentarstellen sowie auf Rechtsprechung
des BGH zu einer nachträglichen Übersicherung einer Darlehensforderung durch
Bürgschaften hinweist, greift dies nicht durch. Der Kläger setzt mit seinem Vorbringen
letztlich seine eigene Einschätzung der Problematik des Prüfungsfalles an die Stelle
derjenigen der Prüfer, ohne zugleich substantiiert darzutun, dass und aus welchen
Gründen im Einzelnen die Fachansicht der Prüfer insoweit richtiges als falsch verwerfe
bzw. vertretbares nicht akzeptiere. Was der Kläger in der Widerspruchsbegründung und
im Klageverfahren zu dieser Problematik im Einzelnen erstmals ausgeführt hat, befindet
sich nicht in seiner Klausurbearbeitung. Allenfalls mit derartigen erläuternden
Hinweisen hätte eine Erörterung der Nichtigkeit des Bürgschaftsvertrages wegen
„Knebelung des Bürgen" vertretbar sein können. Eine solche gedankliche Hinführung
auf die Problematik fehlt indessen in der Klausurbearbeitung. Dies gilt umso mehr, als
keiner der Beteiligten auch nur ansatzweise die Problematik der Nichtigkeit der
Bürgschaftserklärungen des Herrn Berghoff unter dem Gesichtspunkt der Knebelung
angesprochen hatte.
96
Die Randbemerkung 㤠401" auf S. 2 ist ohne weiteres nachvollziehbar, da die richtige
Vorschrift insoweit § 401 BGB ist. Auch die Anmerkung, ob der Bürgschaftsvertrag
zustande gekommen sei, ist rechtlich nicht zu beanstanden, da in der Tat zuvor sich die
Frage stellte, ob auch eine Annahmeerklärung seitens der Bank erfolgt ist.
97
- Auch die Kritik der Prüfer an den Ausführungen des Klägers zur Anfechtung „des
Vertrages bzw. der Bürgschaftserklärung wegen Irrtums" auf S. 3 seiner Bearbeitung ist
nicht zu beanstanden. Der Erstkorrektor hat insoweit in seinem Votum ausgeführt, der
Verfasser verkenne, dass es hier um das Problem der Erfüllung der Hauptschuld und
nicht um eine Anfechtung gehe. Die Randbemerkung auf S. 3 unten („Von Anfechtung
spricht der Gegner nicht: Es geht darum, ob durch die Umbuchung die Hauptforderung
erloschen ist") enthält eine inhaltsgleiche Kritik.
98
Der Kläger prüft auf S. 3, ob die zu sichernde Forderung deswegen erloschen sei, weil
sie von einem numerisch bezeichneten Konto auf ein numerisch anders bezeichnetes
Konto umgebucht worden ist. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die Bezeichnung des
Kontos lediglich dazu diente, die Forderung hinreichend zu bestimmen, und es sich
deswegen nicht um ein Erlöschen der zu sichernden Forderung handele. Unmittelbar an
den letztgenannten Satz schließt sich dann die Feststellung an, dass eine Anfechtung
des Vertrages bzw. der Bürgschaftserklärung wegen Irrtums nicht in Betracht kommen
99
könne, weil dem Gericht schwer vom Gegner nachgewiesen werden könne, dass ein
Irrtum bestanden habe.
Der Frage einer Anfechtung des Bürgschaftsvertrages und des Kreditvertrages
nachzugehen, war in dem Prüfungsfall in der Tat fernliegend bzw. abwegig. Denn mit
keinem Wort hat der Gegner davon gesprochen, dass er sich in einem Irrtum befunden
haben würde, und in keiner Weise ist im Übrigen ersichtlich, worin denn ein derartiger
Irrtum liegen sollte. Außerdem muss sich der Kläger entgegen halten lassen, dass er
ohne eine gedankliche Überleitung von der Umbuchung auf die Anfechtung zu
sprechen kommt. Dass, wie er im Widerspruchs- und Klageverfahren alsdann
ausgeführt hat, die Anfechtung ein neuer Prüfungspunkt sein sollte, kommt in seinen
Ausführungen wegen Fehlens einer entsprechenden deutlichen Kenntlichmachung
eines neuen Gedankens nicht in Betracht. Im Übrigen folgt die Kammer den
Ausführungen des Erstkorrektors in seiner Stellungnahme im Widerspruchsverfahren,
wenn er ausführt, selbst wenn die Prüfung einer Irrtumsanfechtung isoliert anzusehen
wäre von den Ausführungen, die der Verfasser in den Sätzen zuvor niedergelegt habe,
bleibe festzustellen, dass die entscheidende Problematik, ob durch die Umbuchung auf
das Abwicklungskonto die Hauptforderung erloschen sie, nicht hinreichend dargestellt
worden sei. Denn der Verfasser habe sich hier lediglich mit der Problematik eines
Haftungsumfanges beschäftigt; insoweit seien seine Ausführungen zumindest
unpräzise.
100
- Auch die Prüferkritik an den Ausführungen des Klägers auf den S. 4 und 5 zur
Wirksamkeit der Abtretung der Forderung seitens der Bank an die Mandantin ist nicht zu
beanstanden.
101
Im Votum des Erstkorrektors ist insoweit u. a. ausgeführt, dass die Annahme des
Klägers, es sei ein solches Abtretungsverbot nicht vereinbart worden, in der
Begründung unbrauchbar sei. Allein der Hinweis darauf, dass derartige Absprachen
üblicherweise schriftlich vereinbart würden, könne nicht dazu führen, die Existenz eines
solchen Abtretungsverbots auszuschließen. Richtigerweise hätte der Bearbeiter die
Problematik über § 405 BGB lösen müssen. Diesen - zusammengefassten - Inhalt
haben auch die vom Kläger aufgegriffenen Randbemerkungen auf S. 5 „Wirklich?" und
„Verf. sollte nicht spekulieren; § 405 BGB verkannt" sowie „Nein".
102
Diese Prüferkritik ist berechtigt. Denn der Kläger hat bei seinen Ausführungen § 405
BGB nicht gesehen. Nach § 405 BGB kann bei einer schriftlichen Bürgschaftserklärung
sich der Schuldner, d. h. vorliegend der Bürge, nur dann auf ein Abtretungsverbot
berufen, wenn dieses schriftlich fixiert ist oder der Gläubiger dies kannte oder kennen
musste. Ein solches Abtretungsverbot ist in den Bürgschaftserklärungen des
Prüfungsfalles nicht enthalten. Die hiergegen gerichteten Ausführungen des Klägers
liegen neben der Sache.
103
- Auch die Kritik an den Ausführungen des Klägers auf S. 6 seiner Bearbeitung („Auch
wieder reine Spekulation; der Sachverhalt gibt hierfür nichts her") ist rechtsfehlerfrei. Die
Erörterung des § 32 a Abs. 2 Satz 2 GmbHG [a. F.] im vorliegenden Fall lag völlig neben
der Sache. Das Problem eines möglicherweise in Betracht kommenden
kapitalersetzenden Darlehens im Sinne der genannten Vorschrift stellte sich erkennbar
in der vorliegenden Fallkonstellation nicht. Der Kläger prüft aufgrund allgemein
gehaltener Sachverhaltsangaben über wirtschaftlicher Schwierigkeiten der
Darlehensnehmerin seit Anfang 2003 eine - offensichtlich insolvenzrechtlich
104
verstandene - „Krise" der Gesellschaft und in diesem Zusammenhang § 32 a Abs. 2
Satz 2 GmbHG [a. F.], nämlich ob die erteilte Bürgschaft sich nicht als ein Darlehen im
Sinne der genannten Vorschrift des GmbHG darstelle, nämlich eine - verdeckte -
Zuführung von Eigenkapital bezwecke.
Auf S. 2 der Aufgabenstellung (oben) heißt es insoweit:
105
„Anfang 2003 kam es zu wirtschaftlichen Problemen und damit zu einem erheblichen
finanziellen Mehrbedarf der CompTech GmbH, deswegen führten der Geschäftsführer
der CompTech GmbH und die AK-Bank Gespräche mit dem Ziel der Ausweitung des
Darlehensrahmens. Mitte April 2003 erhöhte die AK-Bank in Absprache mit der
CompTech GmbH den Darlehensrahmen auf 600.000 Euro."
106
Aus diesen Sachverhaltsangaben kann in keiner Weise hergeleitet werden, dass der
Bürge der CompTech GmbH verdeckt bzw. mittelbar „Eigenkapital" durch ein Darlehen
zuführen wollte, wie dies § 32 a GmbHG a. F. voraussetzt. Deshalb ist zu Recht von den
Prüfern der gedankliche Ansatz einer Prüfung der genannten Norm des GmbHG als
abwegig eingeschätzt worden.
107
- Auch die Kritik der Prüfer an den Ausführungen des Klägers bezüglich des
Zustandekommens des zweiten Bürgschaftsvertrages ist nicht zu beanstanden. Der
Erstkorrektor hat insoweit im Votum ausgeführt, es sei grob unrichtig, wenn der Kläger
ausgeführt habe, hinsichtlich der zweiten Bürgschaftserklärung vom 07.05.2003 sei der
Bürgschaftsvertrag schon durch Entgegennahme der Bürgschaftsurkunde zustande
gekommen. Denn aus dem Sachverhalt ergebe sich, dass die Bank den
Bürgschaftsvertrag ausdrücklich und schriftlich angenommen habe. Auf die eigentliche
Problematik sei der Bearbeiter damit nicht eingegangen. Eine entsprechende Kritik
enthält die Randbemerkung auf S. 8 („Das kann schon deshalb nicht angenommen
werden, weil die Bank die Bürgschaft durch ausdrückliche Erklärung angenommen
hat").
108
Die hiergegen gerichteten Ausführungen des Klägers treffen nicht den Kern der
Prüferkritik. Nach dem Sachverhalt des Prüfungsfalles hatte die AK-Bank die
Bürgschaften unter dem 02.04.2002 und 13.05.2003 durch entsprechende Erklärung
angenommen. Ergänzend heißt es auf Bl. 2: „Die Bürgschaftserklärungen überreiche ich
Ihnen (Anlage 2 und 4). Die Annahmeerklärungen der AK-Bank reiche ich nach." Aus
dem Schriftsatz des Gegners vom 06.02.2004 ergibt sich nichts Gegenteiliges. Er stellt
schriftliche Annahmeerklärungen darin nicht in Abrede. Deshalb war nach dem
Sachverhalt von dem Vorhandensein von schriftlichen Annahmeerklärungen als
unstreitig auszugehen. Infolgedessen ist die Prüfung des § 151 BGB (Annahme der
Bürgschaftserklärung durch schlichtes Entgegennehmen des Bürgschaftsangebotes)
nicht zu erörtern gewesen. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich
insoweit nicht um eine bloße rechtliche Wertung der Mandantin, sondern um eine
unstreitige Tatsachenbehauptung (Annahme schriftlich erklärt). Unabhängig davon hätte
bei dem Lösungsweg des Klägers von ihm jedenfalls ausgeführt werden müssen, dass
und weshalb die erwähnte Annahmeerklärung ohne rechtliche Bedeutung sei. Dies ist
in der Klausurbearbeitung nicht geschehen. Vielmehr erläutert der Kläger erstmals in
seinem Vorbringen im Widerspruchs- und Klageverfahren, weshalb er in der Klausur
nicht von einer erfolgten Annahmeerklärung seitens der AK-Bank ausgegangen ist.
109
- Auch die Kritik der Prüfer an den Ausführungen des Klägers zu den Ausführungen zum
110
Wegfall der Geschäftsgrundlage und zu § 767 Abs. 1 Satz 2 BGB auf den S. 9 und 10
der Bearbeitung ist rechtsfehlerfrei. Der Erstkorrektor hat insoweit in seinem Votum
(sinngemäß) ausgeführt: Auch bei der Frage, ob wegen Wegfalls der
Geschäftsgrundlage ein Rücktritt von der Gegenseite erklärt werden konnte, seien die
Ausführungen des Klägers größtenteils an der Problematik vorbeigegangen. § 767 Abs.
1 Satz 2 BGB dürfte nicht einschlägig sein. Auf die Einwendungen des Bürgen sei nur
kurz eingegangen worden. Allein richtig habe er erkannt, dass die Erwartung des
Bürgen, dass die Hauptschuldnerin sich noch sanieren werde, in seinen Risikobereich
falle. Die weiteren Ausführungen zu § 242 BGB seien fernliegend und nicht zu prüfen
gewesen. Denselben Bedeutungsinhalt haben die Randbemerkungen auf S. 9 „Das
geht alles an der Problematik vorbei" sowie auf S. 10 „fernliegend".
Die hiergegen gerichteten Einwendungen des Klägers greifen nicht. Er macht insoweit
im Kern geltend, seine Ausführungen zu § 242 BGB seien nicht fernliegend, sondern
allenfalls nicht unbedingt angezeigt. Insoweit setzt er lediglich seine eigene wertende
Einschätzung an die Stelle der der Prüfer. Diese Rüge ist unschlüssig. Denn der Kläger
hat nicht behauptet, geschweige denn dargelegt, dass die Prüfer bei dieser
Einschätzung von fachlich objektiv willkürlichen bzw. unhaltbaren Anforderungen
ausgegangen wären.
111
Auch die Einwendungen des Klägers gegen die Prüferkritik an seinen Ausführungen zu
§ 767 BGB greifen nicht durch. Der Kläger hat nicht anhand von Rechtsprechung oder
Literatur dargelegt, dass die von ihm herangezogene Regelung des § 767 Abs. 1 Satz 2
BGB die Vorschrift des § 313 BGB verdränge. § 767 BGB stellt die Akzessorietät der
Bürgschaft gegenüber der Hauptschuld klar. In dem Prüfungsfall geht der Einwand des
Bürgen dahin, dass der Zweck der zweiten Bürgschaft, nämlich die Ausweitung des
Kreditrahmens, nicht erreicht worden sei. Dies betrifft aber den Wegfall der
Geschäftsgrundlage i. S. d. § 313 BGB und nicht § 767 Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn diese
Vorschrift besagt, dass der Bürge auch für die Zunahme der Hauptschuld wegen
Verschuldens bzw. Verzug des Hauptschuldners mit einzustehen habe. Darum geht es
aber insoweit nicht.
112
- Die Prüferkritik an den Ausführungen des Klägers auf den Seiten 12 bis 14 oben ist
rechtsfehlerfrei. Insoweit ist in dem Erstvotum ausgeführt:
113
„Bei der Frage der Zweckmäßigkeit sieht der Verfasser die Möglichkeit, im Rahmen des
Urkundenprozesses vorzugehen. Der richtige Einstieg wird allerdings dadurch
entwertet, dass der Bearbeiter allen Ernstes annimmt, die Mandantin könne damit
möglicherweise „Prozessbetrug" begehen. Die Empfehlung des Verfassers, die
Zwangsvollstreckung so lange zurückzustellen, bis feststeht, ob die Gegenseite das
Nachverfahren durchführt, ist abwegig und wird dem Interesse der Mandantin in keiner
Weise gerecht.
114
Unklar sind auch die Ausführungen weitgehend, welche Urkunden vorzulegen sind.
Offensichtlich verkennt der Bearbeiter, dass unstreitige Tatsachen nicht durch Urkunden
belegt werden müssen."
115
Diese Ausführungen umfassen die Randbemerkung auf S. 13 „abwegig" sowie „Der
Mandant will doch möglichst schnell vollstrecken!".
116
Das Vorbringen des Klägers hiergegen ist unsubstantiiert und im Übrigen in der Sache
117
unbegründet. Es bestehen in der Tat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass in einer
Klageerhebung durch die Mandantschaft ein Prozessbetrug liegen könnte, weil nämlich
nichts dafür ersichtlich ist, dass der Sachvortrag der Mandantschaft nicht der Wahrheit
entspräche.
Auch die zweitgenannte Randbemerkung des Prüfers ist ohne weiteres nachvollziehbar
und berechtigt, weil ein Abwarten der Zwangsvollstreckung den Interessen der
Mandantin in keiner Weise gerecht werden würde.
118
- Die Kritik auf S. 13 und 14 der Bearbeitung „Wieso muss denn das Schreiben
vorgelegt werden?" sowie „Die Forderung ist unstreitig!" ist nicht zu beanstanden. Sie
moniert im Kern, dass der Kläger für eine unstreitige Tatsache die Vorlage einer
Urkunde als Beweismittel im Urkundenprozess für erforderlich halte. Diese Kritik ist
berechtigt. Denn nach dem Sach- und Streitstand, wie er sich aus der Aufgabenstellung
ergab, war diese Tatsache unstreitig. Die Überlegung des Klägers, die er im
Widerspruchs- und Klageverfahren zur Erläuterung seiner Ausführungen herangezogen
hat, nämlich dass im Prozess möglicherweise die bislang zugestandene Tatsache von
der Gegenseite bestritten werden könnte, steht zum einen nicht im Text seiner
Klausurbearbeitung. Zum anderen ist in keiner Weise nachvollziehbar, weswegen der
Gegner die Auszahlung des Darlehens über etwa 517.388 Euro später erstmals
bestreiten sollte.
119
- Die Randbemerkung auf S. 14 „Das ist keine Strafrechtsklausur" ist rechtlich nicht zu
beanstanden. Der Prüfer will hiermit den abwegigen Ansatz der Erwägung eines
Prozessbetruges kritisieren. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug
genommen werden.
120
- Soweit der Kläger die Randbemerkung auf S. 14 „Überflüssig" mit der Einwendung, er
sei anderer Meinung, moniert, ist sein Vortrag unschlüssig bzw. unsubstantiiert. Im
Übrigen wird aus seinen Ausführungen nicht ersichtlich, was die vorliegende
Problematik mit einem Factoring-Vertrag zu tun haben sollte.
121
- Auch die Einwendung des Klägers, der Zweitgutachter habe lediglich das Votum des
Erstprüfers, nicht aber die Klausur gelesen, greift nicht durch. Der Zweitkorrektor hat in
seiner Stellungnahme im Widerspruchsverfahren hierzu glaubhaft erklärt, er habe -
selbstverständlich - den Text der Klausur gelesen.
122
3. Auch die Z-3 Klausur enthält keinen Bewertungsfehler.
123
- Die vom Kläger angegriffenen Randbemerkungen des Prüfers auf den S. 2 und 3 der
Klausurbearbeitung sind ausweislich der Stellungnahme des Erstkorrektors für die
Bewertung ohne Kausalität geblieben. Sie bedürfen daher wegen ihrer inhaltlichen
Berechtigung keiner Erörterung.
124
- Die Randbemerkung auf S. 4 „Zu ungenau: Der Beschluss ist unstreitig. Inhalt?" ist
nicht zu beanstanden. Unabhängig von der Frage, dass dieser Punkt nach den
Angaben des Erstkorrektors für die Bewertung keine Rolle gespielt hat, ist diese Kritik
berechtigt. Denn der Beschluss der Gesellschafter vom 01.02.2002 gehört, da er
unstreitig ist, in den unstreitigen Teil des Tatbestandes. Außerdem hätte dessen
genauer Inhalt angegeben werden müssen, da sonst insoweit der Sachverhalt nicht
hinreichend verständlich ist.
125
- Die Randbemerkungen auf S. 5 und 6 „unpräzise" sowie „Warum nicht?" sind ebenfalls
nicht zu beanstanden.
126
Die Randbemerkung „unpräzise" ist nach den allgemeinen Ausführungen des
Erstkorrektors in seiner Stellungnahme ebenfalls nicht kausal für die Bewertung
gewesen. Im Übrigen ist diese Kritik in der Sache berechtigt. Es fehlen nämlich auf S. 5
Hinweise der Beklagten des Klageverfahrens darauf, dass nach dem Grundurteil-
Kostenausspruch - und dem Kostenfestsetzungsbeschluss - Gläubiger des
Kostenerstattungsanspruchs die Beklagten und nicht die BGB-Gesellschaft sind. Dieser
Sachvortrag des Beklagten ergibt sich aus S. 8 unten, 9 oben der Aufgabenstellung.
127
Die andere Randbemerkung „Warum nicht?" ist ebenfalls ohne weiteres
nachvollziehbar. Denn es fehlt auf S. 6 Mitte in den Ausführungen des Klägers eine
Begründung dafür, dass nach Auffassung der Beklagten der Kläger damals nicht allein
vertretungsbefugt für die BGB-Gesellschaft war (vgl. S. 10 der Aufgabenstellung
vorletzter Absatz), weil seinerzeit noch kein Gesellschaftsvertrag existierte.
128
- Die Randbemerkung auf S. 7 „Welche Einwendung erhebt Kl.?
Rechtsschutzbedürfnis?" ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Rüge des Klägers
hiergegen ist zum einen bereits unsubstantiiert, da diese Prüferkritik entgegen der
Auffassung des Klägers nicht unverständlich ist. Denn § 767 Abs. 1 ZPO i. V. m. §§ 794
Abs. 1 Nr. 1, 795 ZPO setzen materielle Einwendungen gegen den durch Urteil bzw.
Beschluss festgestellten Anspruch selbst (Erfüllung und Aufrechnung im vorliegenden
Fall) voraus. Dies hätte hier erwähnt werden müssen. Unter dem Rechtsschutzbedürfnis
hätte erwähnt werden sollen, dass vor Klageerhebung der Kläger an die Beklagten
diesbezüglich herangetreten ist.
129
- Auch die Kritik der Prüfer an den Ausführungen des Klägers auf S. 7 und 8 der
Bearbeitung ist rechtsfehlerfrei. Insoweit heißt es in den Randbemerkungen auf S. 7
„Hier überflüssig" sowie „Der Beschluss ist nicht Grundlage der Befugnis zur „actio pro
socio". Er könnte - wenn überhaupt - allenfalls für eine Erörterung von §§ 362 II, 185
BGB relevant sein.".
130
Die erstgenannte Randbemerkung ist ohne weiteres nachvollziehbar und daher
berechtigt, weil der Prüfer durch das Schlängeln am Rande der fraglichen Stelle zum
Ausdruck bringen will, dass nach § 362 Abs. 1 BGB vorliegend allein maßgeblich ist, ob
der Schuldner die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt hatte. Alles andere,
auf das es im Rahmen der Erfüllung ankommt, war vorliegend unproblematisch.
131
Ebenfalls ist die Kritik der Prüfer daran, dass der Kläger auf S. 7 unten ausführt, dass der
Gesellschafterbeschluss vom 01.02.2002 die Beklagten ermächtigt habe, die Forderung
im eigenen Namen für die Gesellschaft geltend zu machen, rechtsfehlerfrei. Der Kläger
verkennt bei seinen Ausführungen, dass die Befugnis für eine Geltendmachung einer
solchen Klage keiner besonderen Ermächtigung bedarf, sondern unmittelbar aus dem
Gesellschaftsverhältnis folgt. Das Institut der actio pro socio, nämlich der Klage des
Gesellschafters anstelle der Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts im Wege der
Prozess- standschaft für die Gesellschaft, beruht auf dem Gesellschafterverhältnis als
solchem und bedarf daher keiner besonderen Ermächtigung durch einen
Gesellschafterbeschluss.
132
Vgl. hierzu: Palandt, a. a. O., § 714, Rdnr. 9.
133
Diese Zulassung einer Prozessstandschaft unmittelbar aufgrund Gesetzes wird vom
Kläger verkannt. Seine umfangreichen Ausführungen im Klageverfahren verkennen den
Kern der Prüferkritik.
134
- Die Kritik an den Ausführungen des Klägers auf S. 8 Mitte („Was ist mit der
Gegenseitigkeit, wenn die GbR Schuldnerin ist?") hält rechtlicher Prüfung stand. Die
hiergegen gerichteten Einwendungen des Klägers setzen zum Teil lediglich die eigene
Auffassung an die Stelle der der Prüfer, wobei sie im Übringen zum Teil nicht
nachvollziehbar sind. Das Vorbringen des Klägers, es sei die Problematik der
Rechtsbeziehung der verschiedenen Personen „nicht in einem Satz" darstellbar, ist eine
bereits unzutreffende und zudem rechtlich unbeachtliche Einwendung. Im Übrigen ist
der Inhalt der Randbemerkung ohne weiteres nachvollziehbar. Es fehlen nämlich auf S.
8 Mitte die Voraussetzungen für die erklärte Aufrechnung, u. a. die Erörterung der Frage,
ob die Gegenseitigkeit gewahrt ist, wenn einerseits die BGB- Gesellschaft als solche
Schuldnerin des Aufwendungsersatzanspruchs sein soll, andererseits aber im Prozess
nicht die BGB-Gesellschaft, sondern zwei Gesellschafter derselben Beklagte sind.
135
- Auch die Randbemerkung auf S. 8 und die diesbezüglichen Ausführungen im Votum
des Erstkorrektors („Zuerst muss herausgearbeitet werden, woraus (Rechtsgrundlage)
die Aufrechnungsforderung des Kl. besteht! §§ 683, 670; 426 I; 426 II, 315 BGB" ist nicht
zu beanstanden.
136
Das hiergegen gerichtete Vorbringen des Klägers ist bereits unschlüssig, denn der
Kläger setzt insoweit lediglich seine eigene Auffassung von der Überzeugungskraft und
Richtigkeit seiner Ausführungen an die Stelle derjenigen der Prüfer, ohne dass er
konkret die fachliche Prämisse der Prüfer in Frage gestellt hätte. Im Übrigen ist in der
Sache selbst darauf hinzuweisen, dass § 426 Abs. 1 BGB an dieser Stelle zu erörtern
war, wobei es darauf ankam, ob zwischen der früheren BGB-Gesellschaft und Ahle ein
wirksamer Vertrag (Problem der alleinigen Vertretungsbefugnis des Klägers bei einer
BGB-Gesellschaft, für die aber noch kein Gesellschaftsvertrag abgeschlossen ist)
bestand. Diese Problematik fehlt in den Ausführungen des Klägers.
137
- Die Randbemerkung auf S. 9 „S. 11 wird aber das Gegenteil - kein kaufmännischer
Geschäftsbetrieb - als feststehend angenommen. Auch zu Gunsten Außenstehender
begründet § 1 II HGB einen Rechtsschein für Einzelvertretungsmacht gemäß § 109 I
HGB nicht, jedenfalls nicht wenn die Gesellschaft ausdrücklich als GbR firmiert" enthält
keinen Bewertungsfehler. Die Prüfer haben zu Recht ausgeführt, für die Anwendung des
§ 1 Abs. 2 HGB i. V. m. § 105 Abs. 1 HGB, der - widerlegbaren - Vermutung für ein
Handelsgewerbe, bestehe deswegen kein Raum, weil die Parteien übereinstimmend
von einer Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts und damit von einem nicht-existenten
kaufmännischen Geschäftsbetrieb i. S. d. § 1 Abs. 2 HGB ausgingen. Aus dem vom
Kläger herangezogenen Zitat bei Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl., § 1, Rdnr. 25 ergibt
sich nichts Gegenteiliges. Das Zitat betrifft nämlich nicht die im Prüfungsfall relevante
prozessrechtliche Frage, ob die Form der Gesellschaft als unstreitig anzunehmen ist.
138
- Für die Randbemerkung auf S. 10 „Dafür gibt es keine Anhaltspunkte!" gilt dasselbe.
Denn für ein Auftreten der Jakobi/Raasch GbR wie ein kaufmännisches Unternehmen
im Rechtsverkehr gibt es im Sachverhalt der Klausur in der Tat keine Anhaltspunkte.
139
- Auch die weitere Randbemerkung auf S. 10 „Logische Verknüpfung unverständlich, §
110 HGB könnte einen Anspruch des Kl. allenfalls stützen!" ist rechtlich nicht zu
beanstanden. Denn § 110 HGB gilt für den Aufwendungsersatz eines Gesellschafters
gegen die Gesellschaft (Absatz 1), für den die einzelnen Gesellschafter selbst als
Gesamtschuldner haften. Wenn der Kläger § 110 HGB für nicht anwendbar erklärt, so
verkennt er - jedenfalls nach dem Wortlaut seiner Formulierungen -, dass § 110 HGB ja
gerade den Anspruch aus § 426 Abs. 2 BGB, § 128 HGB analog stützt.
140
- Die Randbemerkung auf S. 10 „Auch hier bleibt unklar, was B. mit dieser Erwägung
begründen will" gibt zu rechtlicher Beanstandung keinen Anlass.
141
Der Satz des Klägers:
142
„Ebenso wenig ist auf die Jakobi/Raasch GbR bzw. Jakobi & Co. GbR § 1 II HGB im
Verhältnis der Gesellschafter untereinander anwendbar, so dass im Verhältnis der
Gesellschafter untereinander diese Gesellschaft nicht als OHG bzw. als
kaufmännisches Unternehmen gilt."
143
ist in der Tat nicht nachvollziehbar. Es fehlt ein klarer Obersatz, der an den
voraufgehenden Satz des Klägers in der Klausur anknüpft. Was § 110 HGB bzw.
dessen Nichtanwendbarkeit zum einen und die Rechtsnorm des § 1 Abs. 2 HGB zum
anderen mit dem Obersatz des Klägers, dass § 426 Abs. 2 BGB einen
Ausgleichsanspruch begründet, zu tun haben, bleibt in den Ausführungen des Klägers
an dieser Stelle ungeklärt.
144
- Die Randbemerkung auf S. 11 „Widerspruch" ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die
Prüferkritik ist berechtigt, weil die Zitatstelle bei Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl., § 1,
Rdnr. 23 beinhaltet, dass das Umsatzvolumen u. a. für den Umfang der
Geschäftstätigkeit wichtiges Kriterium ist, wobei allerdings Vorsicht walten solle, da
auch Unternehmen mit größerem Umsatz u. U. ohne kaufmännische Einrichtungen
auskommen. Dementsprechend hätte der Kläger diese Passage vorsichtiger formulieren
müssen, indem er ausgeführt hätte, dass das Umsatzvolumen allein kein sicheres Indiz
für die Annahme einer kaufmännischen Einrichtung ist.
145
- Die Randbemerkung auf S. 13 „Warum soll dies wichtig sein, zumal B. von
Gesamtschuldnerhaftung ausgeht?" ist rechtsfehlerfrei. Der Erstkorrektor will, wie sich
aus seiner Stellungnahme im Widerspruchsverfahren ergibt, an dieser Stelle rügen,
dass der Kläger § 770 Abs. 2 BGB herangezogen hat. Zwar würden die Gesellschafter
im Außenverhältnis nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH Z 146, 341
ff.) wie Bürgen haften; vorliegend sei es jedoch um die Ausgleichspflicht unter den
Gesellschaftern im Innenverhältnis gegangen, weshalb eine Lösung über § 426 Abs. 1
BGB zu begründen gewesen wäre. Diese Kritik lässt keinen fachlichen Fehler
erkennen. Nach § 770 Abs. 2 BGB kann der Bürge die Leistung verweigern, solange der
Gläubiger sich durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners
befriedigen kann. Ein Rückgriff auf Vorschriften über die Bürgschaft war aber vorliegend
deswegen nicht geboten, weil es um die Ausgleichspflicht der Gesellschafter im
Innenverhältnis ging, die in § 426 Abs. 1 BGB geregelt ist. Dementsprechend hätte der
Kläger anstelle von § 770 BGB mit § 426 Abs. 1 BGB argumentieren müssen.
146
- Ebenfalls ist die Randbemerkung auf S. 14 „Sehr mühselig. Hier hätte eingängiger aus
§ 425 I argumentiert werden können. Das unterstellte ZbR stand der GbR und damit
147
allen Gesamtschuldnern zu." nicht zu beanstanden. Wenn der Kläger im Kern hierzu
ausführt, dass § 425 BGB nicht weiterführe, so setzt er lediglich seine eigene
Rechtsauffassung an die Stelle der des Prüfers. Daher ist dieses Monitum bereits nicht
hinreichend substantiiert. Darüber hinaus ist es in der Sache auch unbegründet. § 425
Abs. 1 BGB regelt die Frage, welche Einreden nur in der Person des jeweiligen
Gesamtschuldners und welche für alle Gesamtschuldner, hier BGB-Gesellschafter,
gelten. Diese Vorschrift hätte unter Anwendung des § 422 Abs. 2 BGB analog
hinsichtlich des Zurückbehaltungsrechts, das der Kläger insoweit heranzieht, erörtert
werden sollen.
- Die Randbemerkung auf S. 14 („Wie wirkt die an sich berechtigte Einrede des ZbR
gegenüber den anderen für den Kl. bestehenden Anspruchsgrundlagen?") ist ebenfalls
nicht zu beanstanden. Wie der Erstkorrektor in seiner Stellungnahme im Klageverfahren
ausgeführt hat, hätte der Kläger an dieser Stelle weiter den Ausgleichsanspruch aus §
426 Abs. 1 BGB sowie einen Erstattungsanspruch aus §§ 683, 670 BGB erörtern
müssen. Dies ist ohne weiteres nachvollziehbar.
148
- Die Kritik auf S. 15 betreffend 㤠19 Abs. 3 GKG" hat der Erstkorrektor in seiner
Stellungnahme im Widerspruchsverfahren fallen gelassen und erklärt, dass das
Wegfallen dieses Kritikpunktes keine Relevanz für das Ergebnis habe. Dies ist
nachvollziehbar. Damit ist dieser ursprüngliche Kritikpunkt nicht für die Bewertung
kausal gewesen.
149
- Die auf S. 15 ebenfalls vom Kläger zitierte Vorschrift des § 708 ZPO ist zu Recht von
den Prüfern beanstandet worden, da der Kläger im Tenor eine vorläufige
Vollstreckbarkeit mit Sicherheitsleistung (§ 709 ZPO) ausspricht, indessen § 708 ZPO
für die vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung gilt.
150
- Ebenfalls ist es nicht zu beanstanden, wenn der Erstkorrektor die Benotung der
Klausur nicht verändert hat, obgleich er sein Monitum wegen einer an sich gebotenen
Zug-um-Zug-Verurteilung zurückgenommen hat.
151
In der Stellungnahme vom 01.12.2006 hat der Erstkorrektor nachvollziehbar und
glaubhaft dargelegt, dass für seine Beurteilung dieser Punkt nicht von Bedeutung
gewesen sei, sondern drei Gesichtspunkte, nämlich dass der Lösungsansatz des
Klägers betreffend die Annahme eines Zurückbehaltungsrechtes praxisfremd sei, da die
Beklagten sich hierauf nicht berufen hätten, dass der Kläger nicht die §§ 426 Abs. 1,
683, 670 BGB als Anspruchsgrundlage geprüft habe und dass die Begründung des
Zurückbehaltungsrechts aus § 242 BGB nicht zu überzeugen vermöge.
152
- Soweit der Kläger schließlich im Klageverfahren geltend gemacht hat, der Erstkorrektor
habe seinen Bewertungsmaßstab unzulässig verschärft, greift diese Einwendung nicht
durch. Der Kläger verkennt insoweit, dass der Erstkorrektor die Annahme eines
Zurückbehaltungsrechts durchgehend im Ansatz, nicht hingegen in der Durchführung für
vertretbar gehalten hat. Dementsprechend vermag die Kammer keine Veränderung in
den maßgeblichen Bewertungsmaßstäben des Erstkorrektors zu erkennen.
153
4. Auch die Bewertung der Z-4-Klausur ist nicht rechtsfehlerhaft.
154
- Die Randbemerkung des Prüfers auf S. 2 „Das steht nicht in den zitierten Vorschriften"
ist nicht zu beanstanden. Denn in den zitierten Vorschriften der ZPO steht nicht, dass
155
„gemäß" dieser Vorschriften das Amtsgericht Gelsenkirchen-Buir zur Entscheidung
berufen ist. Dies ist eine zwar etwas kleinlich erscheinende, aber letztlich nicht zu
beanstandende Kritik.
- Die Monita der übrigen Randbemerkungen auf S. 2 der Arbeit hat der Kläger insoweit
fallen gelassen, als es „943" und „liegen offensichtlich nicht vor" betrifft. Die
Randbemerkung „Begründung?" ist ohne weiteres nachvollziehbar. Denn der Prüfer
vermisst hier berechtigterweise eine nähere Erläuterung der Voraussetzungen der §§
935, 940 ZPO.
156
- Die Monita betreffend die Fragezeichen auf den S. 3 und 5 hat der Kläger fallen
gelassen.
157
- Die Prüferkritik auf S. 4 „§ 1 GewSchG ist keine Anspruchsgrundlage" ist ebenfalls
berechtigt. Die gegenteilige Auffassung des Klägers konnte von diesem nicht belegt
werden. Vielmehr ist § 1 GewSchG nicht ein Spezialgesetz zu den §§ 823, 1004 BGB,
sondern ergänzt den allgemeinen zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und
Nachstellungen und setzt zunächst das Vorliegen eines materiell-rechtlichen Anspruchs
(z. B. § 823 i. V. m. § 1004 BGB) voraus.
158
Vgl. Palandt, BGB, 63. Aufl. (2004), Einleitung GewSchG, Rdnr. 3, § 1 GewSchG, Rdnr.
5.
159
Die genannte sondergesetzliche Regelung ergänzt den materiell-rechtlichen
Unterlassungsanspruch aus dem BGB um eine prozessuale Komponente, die im
Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes insbesondere bei § 938 ZPO zum Tragen
kommen kann.
160
- Die Prüferkritik an den Ausführungen des Klägers auf den S. 6 bis 8 seiner
Bearbeitung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Erstkorrektor hat den Inhalt der
dortigen Randbemerkungen in seinem Votum zusammengefasst und insoweit u. a.
ausgeführt: Der Kläger beginne bei § 985 BGB nicht mit der Frage, ob die
Anspruchsstellerin Eigentümerin des Notebooks sei. Vielmehr prüfe er unter
„Gegnerstation", ob dem Anspruch aus § 985 BGB § 242 BGB entgegen stehen könne,
weil der von der Anspruchsstellerin behaupteten Schenkung § 530 BGB wegen
Undanks bzw. der Wegfall der Geschäftsgrundlage § 313 BGB entgegen stehen könne.
In der „Beweisstation" seien verwirrende Ausführungen zu § 1006 BGB enthalten, wobei
das Ergebnis jedenfalls vertretbar sei. Diese Prüferkritik ist berechtigt.
161
Der Kläger hätte insoweit erkennen sollen, dass die Antragstellerin - bei einem streitigen
Eigentumsverhältnis - ihrer Darlegungslast hinsichtlich des von ihr reklamierten
Eigentums nicht genügt hat, da sie nicht nähere Umstände der behaupteten Schenkung
wie Datum und Ort dargelegt hat. Denn ohne diese Einzelheiten war der Mandant
angesichts des pauschalen Vortrags, das Notebook sei geschenkt worden, nicht in der
Lage, diese Behauptung nachzuprüfen und gegebenenfalls Gegenbeweis anzutreten.
Außerdem hat der Kläger in seinen Ausführungen verkannt, dass § 1006 BGB nicht zu
Gunsten der Anspruchsstellerin greift. § 1006 hätte zu deren Gunsten nur dann
Anwendung gefunden, wenn sie mit dem Besitzerwerb zugleich Eigentum erlangt hätte.
162
Vgl. hierzu Palandt, BGB, 62. Aufl. (2003), § 1006, Rdnr. 4.
163
Die Antragstellerin hat aber in dem Prüfungsfall selbst vorgetragen, dass ursprünglich
der Mandant Eigentümer war und dass dieser das Notebook nach Eigentumserwerb in
die gemeinsame Wohnung eingebracht hat. Erst zu diesem genannten Zeitpunkt hat die
Antragstellerin erstmals Mitbesitz an dem Notebook erlangt. Folglich hat sie nach ihrem
eigenen Vorbringen nicht zugleich mit ihrem erstmaligen (Mit-)Besitzerwerb das
Eigentum erlangt, sondern erst später durch die angebliche Schenkung.
Dementsprechend oblag der Anspruchstellerin die volle Beweislast in Form der
eidesstattlichen Versicherung für das behauptete Eigentum.
164
Die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers vermögen nicht zu belegen, dass die
Prüfer von einer falschen Fachansicht geleitet worden sind. Vielmehr ist deren
Rechtsauffassung durch § 1006 BGB und die diesbezügliche Kommentierung gedeckt.
165
Wenn zugleich das Eingehen auf §§ 530, 313 BGB von den Prüfern kritisiert worden ist,
so ist dies ebenfalls nicht zu beanstanden. Denn für die Prüfung dieser Vorschriften
bestand in der Fallkonstellation der Klausur kein Anlass, weil bei einer Trennung
voneinander wegen eines etwaigen Verhältnissen des einen zu einer dritten Person
auch nicht im entferntesten die Annahme groben Undanks oder Wegfalls der
Geschäftsgrundlage ernsthaft in Erwägung zu ziehen ist.
166
Schließlich ist auch die Kritik in förmlicher Hinsicht an der „Gegnerstation" nicht zu
beanstanden. Wenn der Erstkorrektor dies in dem Sinne kritisiert, dass ein
einschichtiges Gutachten anzufertigen gewesen sei, so entspricht dies der
Anleitungsliteratur.
167
Vgl. Anders/Gehle, a. a. O., Rdnr. 252.
168
- Die Prüferkritik an den Ausführungen des Klägers auf S. 9 bis 10 der Arbeit („Das ist
Wiedergabe des Sachverhalts und keine saubere rechtliche Prüfung"; „Warum?
Natürlich kann auch Klage erhoben werden"; „Gedankengang nicht nachvollziehbar") ist
rechtsfehlerfrei.
169
Die Kritik auf S. 9 unten moniert zu Recht, dass zunächst die einzelnen
Voraussetzungen des § 861 BGB (verbotene Eigenmacht, fehlerhafter Besitzer) hätten
genannt werden müssen und nicht unter Wiedergabe des Sachverhalts begonnen
werden durfte.
170
Auf S. 10 Mitte der Bearbeitung wird, wie sich aus der Stellungnahme des Erstkorrektors
im Widerspruchsverfahren ergibt, kritisiert, die Feststellung sei ungenau, dass der
Anspruch aus § 861 BGB „in der Regel nur mittels einer einstweiligen Verfügung zu
verwirklichen sei". Die vom Kläger zur Frage des Verfügungsgrundes genannten
Ausführungen sind in der Tat nur im Ergebnis, nicht aber in den Einzelheiten
überzeugend. Der Kläger arbeitet nicht deutlich heraus, dass § 861 BGB nach der
Wertung des Gesetzgebers gleichsam den Verfügungsgrund i. S. d. §§ 935, 940 ZPO
implizit enthält, da das Gesetz einen Zustand missbilligt, der durch verbotene
Eigenmacht eingetreten ist.
171
Der Gedankengang in dem beanstandeten Satz des Klägers
172
„Wenn der Gegner einen Anspruch auf den Gegenstand hat, was ihm im Rahmen des
Anspruchs aus § 861 BGB zwar nichts nutzt (§ 863 BGB), aber zumindest widerklagend
173
geltend gemacht werden könnte."
ist auch für das Gericht nicht nachvollziehbar.
174
- Die Kritik im Votum des Erstkorrektors, dass der Kläger auf das Problem, ob und wie
gegebenenfalls der Mandant bestehendes Eigentum an dem Notebook geltend machen
könne, nicht eingegangen sei, ist berechtigt. Entgegen der Auffassung des Klägers war
diese Fragestellung von der Aufgabenstellung mit umfasst.
175
Die Auffassung des Erstkorrektors, dass die Frage der Feststellung des Eigentums des
Mandanten von der Aufgabenstellung mit umfasst ist, ist zutreffend. Denn in dem
Vermerk für die Bearbeitung heißt es unter I:
176
„Die Angelegenheit ist zu begutachten ... ."
177
Es begegnet keinen Bedenken, wenn unter einer zu begutachtenden „Angelegenheit"
im Rahmen eines Anwaltsgutachtens auch der Frage nachzugehen ist, ob der Mandant
einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB geltend machen könne. Der Begriff
„Angelegenheit" ist umfassend. Es heißt nicht etwa, ob ein Widerspruch gegen die
ergangene einstweilige Verfügung Aussicht auf Erfolg hat. Dementsprechend hätte in
den Zweckmäßigkeitserwägungen die Frage angesprochen werden müssen, ob der
Mandant Gegenanträge mit Aussicht auf Erfolg stellen könne.
178
- Auch die Prüferkritik an den Ausführungen des Klägers auf den S. 11 und 12 ist
berechtigt. Zu Recht wird in der Randbemerkung auf S. 11 die Zitierung des § 888 ZPO
moniert, da diese Vorschrift nicht Anwendung findet, sondern § 890 ZPO, weil der
Mandant in den Ziffern 1 und 2 der einstweiligen Verfügung nicht zu einer Handlung,
sondern zu einem Unterlassen verpflichtet worden ist. § 888 ZPO betrifft indessen
(positive) Handlungen.
179
Ebenfalls sind die Randbemerkungen auf S. 11 und 12 „Bislang nur Androhung"
zutreffend. Denn in Ziffer 4 der Verfügung handelt es sich um eine bloße Androhung,
und nicht, wie der Kläger ausführt, um eine „Anordnung" nach § 888 ZPO.
180
Die Randbemerkung auf S. 11 „Nein: § 569" ist ebenfalls berechtigt. Der Kläger führt an
der genannten Stelle aus, dass das Landgericht Essen zuständig sei und zitiert hierbei §
568 ZPO. Diese Vorschrift regelt aber die Frage, ob die Kammer oder ein Einzelrichter
für die Entscheidung zuständig ist. § 569 ZPO regelt demgegenüber die örtliche
Zuständigkeit des Gerichts bei einer sofortigen Beschwerde.
181
- Die Prüferkritik auf S. 13 der Klausurbearbeitung „Kein tragfähiges Ergebnis" ist
ebenfalls nicht zu beanstanden. Wenn der Kläger an dieser Stelle die Anwendung des §
765 a ZPO zu Gunsten des Mandanten bejaht, so konnte der Erstkorrektor dieses
Ergebnis berechtigterweise als nicht haltbar bewerten. Dabei steht dem nicht entgegen,
dass der Zweitkorrektor nicht die Erörterung des § 765 a ZPO als solche, sondern nur
die Durchführung der Prüfung seitens des Klägers beanstandet. Denn derartige
Unterschiede in der Einschätzung sind durch den individuellen Bewertungsspielraum
des jeweiligen Prüfers gedeckt. Der Erstkorrektor hat in nachvollziehbarer Weise die
Annahme des Klägers, dass „wegen ganz besonderer Umstände eine Härte, die mit den
guten Sitten nicht vereinbar" sei, für den Mandanten streite, kritisiert. Die Umstände, die
der Kläger auf S. 13 anführt, nämlich dass der Mandant wegen seines Studiums auf das
182
Notebook angewiesen ist und er zuvor das Notebook der Antragstellerin zum Zwecke
des Abschlusses ihrer Diplomarbeit überlassen hatte, lassen jedenfalls nicht erkennen,
inwiefern „ganz besondere Umstände" vorlägen und zudem ein Verstoß gegen die
guten Sitten zu bejahen wäre. Die hiergegen gerichteten Angriffe des Klägers, der unter
Zitieren von Schrifttum belegen will, dass § 765 a ZPO „optimal auf die vorliegende
Konstellation passe", setzen letztlich nur seine eigene Einschätzung an die Stelle der
des Prüfers. Die Zitate betreffen abstrakte Aussagen bzw. Fälle, die nicht identisch mit
der vorliegenden Fallkonstellation sind.
- Auch die Randbemerkung auf S. 14 „Gericht?" ist nicht zu beanstanden. Es versteht
sich von selbst, dass eine Antragsschrift auch den Adressaten enthalten muss.
183
Zwar mag die Anschrift des zuständigen Gerichts nicht bekannt gewesen sein, dieses
selbst aber ergab sich aus den anzustellenden rechtlichen Überlegungen zur
sachlichen und örtlichen Zuständigkeit.
184
- Auch die Randbemerkung „Antrag ist völlig unbrauchbar" ist nicht zu beanstanden.
Insoweit ist das Vorbringen des Klägers, das sich darauf beschränkt, er sei anderer
Meinung, unsubstantiiert. Im Übrigen ist die Kritik in der Sache berechtigt. Denn ein
richtiger Antrag hätte etwa so lauten müssen, dass die einstweilige Verfügung vom
19.03.2004 aufzuheben sei und der Antrag auf deren Erlass zurückzuweisen sei.
185
Bei den Formulierungen des Klägers ist hinsichtlich des Punktes 2 der Verfügung nicht
klar, ob insoweit die Verfügung aufgehoben oder beschränkt werden soll. Betreffend
Ziffer 3 enthält der vom Kläger vorgeschlagene Antrag eine „Aufhebung". Nach § 765 a
ZPO, auf den der Kläger insoweit seine Lösung stützt, sieht aber nicht diese Rechtsfolge
vor, sondern die Aufhebung, Einstellung usw. von Vollstreckungsmaßnahmen. Wenn
der Kläger hiergegen einwendet, das Gericht müsse den Antrag ohnehin auslegen, liegt
das neben der Sache. Denn der Kläger übersieht, dass von einem Rechtsanwalt und
insbesondere von einem Kandidaten in der zweiten juristischen Staatsprüfung die
Formulierung eines möglichst richtigen Antrages erwartet wird.
186
- Gleichfalls ist die Randbemerkung auf S. 15 „Hier fehlt doch bereits der Antrag!" nicht
zu beanstanden. Der Kläger hält an dieser Stelle die Anwendung von § 319 Abs. 1 ZPO
bezüglich einer Änderung des Tenors der einstweiligen Verfügung (Ziffer 1) für
angebracht. Er verkennt indessen dabei, dass es sich bei der Korrektur des Tenors der
einstweiligen Verfügung nicht um eine offenbare Unrichtigkeit handelt. Der Kläger meint
offenbar, dass über § 319 ZPO eine inhaltliche Ergänzung des Tenors erreicht werden
könne. Dies ist unzutreffend. Zudem müsste eine Änderung nach § 319 ZPO beantragt
werden. Dies ergibt sich, wenn das Gericht nicht von Amts wegen tätig wird, aus dem
Wort „auch" in Absatz 1 der genannten Vorschrift.
187
- Die Rüge des Klägers betreffend die Randbemerkung auf S. 16 „Völlig ungeeignete,
unsachliche Argumentation" greift ebenfalls nicht durch. Insoweit setzt der Kläger nur
seine eigene Einschätzung an die Stelle der der Prüfer. Dementsprechend ist sein
Vorbringen bereits ungeeignet, substantiiert einen fachlichen Bewertungsfehler
darzulegen.
188
- Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass der Zweitgutachter lediglich das
Votum, nicht aber die Ausführungen des Klägers bei der Bewertung der Klausur zur
Kenntnis genommen hat. Dieser hat vielmehr glaubhaft in seiner Stellungnahme im
189
Widerspruchsverfahren erklärt, dass er die Klausur durchgelesen und durchgearbeitet
habe. An der Glaubhaftigkeit dieser Angaben bestehen kein begründeten Zweifel.
5. Die Bewertung der Klausur S-2 ist nicht zu beanstanden.
190
- Entgegen der Auffassung des Klägers sind die beiden Korrektoren dieser Klausur nicht
befangen gewesen. Oberstaatsanwalt Leu ist nicht deswegen befangen gewesen, weil
dieser sich im Rahmen seiner hauptamtlichen Tätigkeit bei der
Generalstaatsanwaltschaft Köln mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde des Klägers, die
handschriftlich verfasst war, befasst hat. Oberstaatsanwalt Leu hat in seiner
Stellungnahme vom 04.01.2005 hierzu erklärt, dass ihm die angesprochene Sache nicht
mehr geläufig gewesen sei und er deswegen bei der Korrektur der Klausur den
Verfasser auch nicht für den Kläger habe halten können. Diese Angaben hält die
Kammer für glaubhaft. Deshalb kann die vorgelagerte Frage offen bleiben, ob überhaupt
eine auf solche Weise erkennbare Identität des Urhebers der zu bewertenden Klausur
zu einer Befangenheit des Korrektors hätte führen können.
191
Im Übrigen ergeben sich aus der Korrektur der Klausur des Klägers im Einzelnen keine
Anhaltspunkte dafür, dass Oberstaatsanwalt Leu diese nicht objektiv und unbefangen
bewertet hätte. Sämtliche Ausführungen dieses Prüfers sind sachbezogen und enthalten
keine Anzeichen für mangelnde Objektivität bei dem Bewertungsvorgang.
192
Nichts anderes gilt für die geltend gemachte Befangenheit des Erstkorrektors,
Oberstaatsanwalt Rüter. Die vom Kläger insoweit im Klageverfahren herangezogene
Formulierung des Genannten in der erneuten Begutachtung lautet: „Die Arbeit weist
insgesamt eine solche Fülle von Schwächen und Mängeln auf, dass sie auch bei
positiver Bewertung des die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis aufhebenden
Beschlusses allenfalls zu bewerten ist mit „mangelhaft" - 3 - Punkte." Daraus, dass - wie
der Kläger meint - die vorgenannten Ausführungen nicht näher erläutert werden, folgt
auch nicht ansatzweise der Verdacht einer Befangenheit. Insoweit sind die
Ausführungen des Klägers nicht nachvollziehbar.
193
- Die Prüferkritik an den Ausführungen auf S. 2 der Arbeit (Randbemerkung:
„Tatmehrheit, in TE?") ist nicht zu beanstanden.
194
Der Kläger formuliert in dem Tenor des strafgerichtlichen Urteils dahin, dass der
Angeklagte wegen Beleidigung und Körperverletzung zu einer Geldstrafe von ...
Tagessätzen à 60,00 Euro verurteilt werde. Im Übrigen werde er frei gesprochen.
Insoweit haben die Prüfer zu Recht moniert, dass nicht klar sei, ob eine Verurteilung
wegen zweier Taten in Tatmehrheit oder in Tateinheit erfolgen solle. Wenn der Kläger
Tatmehrheit angenommen haben sollte, hätte der Tenor eine Gesamtgeldstrafe
ausweisen müssen. Wenn er Tateinheit angenommen hätte, wäre eine Tenorierung so,
wie vom Kläger verfasst, zutreffend. Diese Prüferkritik ist ohne weiteres
Nachvollziehbar. Diese Unklarheit in der Formulierung muss zu Lasten des Klägers
gehen. Die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers, durch das Wort „und" sei
hinreichend eine ungleichartige Tatmehrheit ausgedrückt und die Erwägungen der
Prüfer seien in unzulässiger Weise nachgeschoben worden, greifen nicht durch. Zu dem
erstgenannten Gesichtspunkt des Klägers wird auf die vorgebrachten Ausführungen
verwiesen. Hinsichtlich des zweitgenannten Gesichtspunkts verkennt der Kläger, dass
es sich bei der Stellungnahme im Widerspruchsverfahren seitens des Erstkorrektors um
eine Erläuterung bzw. Konkretisierung dieser Randbemerkung handelt. Die
195
Behauptung, diese Erwägung des Prüfers habe bei seiner Erstkorrektur noch gar nicht
existiert, ist aus der Luft gegriffen.
- Auch die Randbemerkung „Unterhaltspflicht?" ist nicht zu beanstanden.
196
Die hiergegen gerichteten Einwendungen des Klägers greifen nicht durch. Insoweit führt
er aus, dass nach der Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass eine Ehefrau in der
Regel berufstätig sei, so dass für den Angeklagten in dem Strafverfahren keine
Unterhaltspflicht bestanden habe.
197
Die Prüfer haben hierzu in den Stellungnahmen im Widerspruchsverfahren erläuternd
ausgeführt: Es fehlten Angaben zum Bestehen oder gegebenenfalls auch Nicht-
Bestehen einer Unterhaltsverpflichtung im Sachverhalt des Klägers. Diese seien für die
Bemessung der Geldstrafe (Höhe der Tagessätze) von Bedeutung. Diese Erwägungen
der Prüfer sind ohne weiteres nachvollziehbar und zutreffend. Nach den
Sachverhaltsangaben ist der Angeklagte verheiratet. Wenn der Kläger eine fehlende
Unterhaltspflicht des Angeklagten annahm, weil er von einem ausreichenden eigenen
Einkommen dessen Ehefrau ausging, so hätte er dies in der Klausur im Einzelnen
begründen müssen. Wenn er ohne weiteres, spekulativ von einer fehlenden
Unterhaltspflicht des Angeklagten gegenüber seiner Ehefrau ausgeht, ist dies zu Recht
von den Prüfern kritisiert worden.
198
- Auch die Randbemerkungen auf S. 3 und 8 „Vorstrafen" bzw. „Keine Vorstrafen?"
enthalten keine unberechtigte Kritik.
199
Der Erstkorrektor hat in der Stellungnahme im Widerspruchsverfahren zutreffend
ausgeführt, dass Vorstrafen ein gewichtiger Strafzumessungsgrund sind. Fehlende
Vorstrafen wirkten sich in der Regel strafmildernd aus. Dementsprechend hätte im
Sachverhalt vom Kläger in jedem Fall erwähnt werden müssen, ob Vorstrafen des
Angeklagten bestehen oder nicht.
200
- Hinsichtlich der Randbemerkung „Uhrzeit" handelt es sich nicht um einen für die
Bewertung kausal gewordenen Kritikpunkt. Dies hat der Erstkorrektor in seiner
Stellungnahme vom 02.01.2006 glaubhaft erklärt.
201
- Die Randbemerkungen auf S. 3 „Genauer" sowie „Ergebnis?" sind nicht zu
beanstanden. Wenn der Kläger insoweit sich zur Begründung auf Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs bezieht und meint, gemessen an dieser Rechtsprechung genügten
die von ihm auf S. 3 gemachten Angaben, so ist dieser Vortrag bereits ungeeignet,
einen Bewertungsfehler darzulegen, da der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
nichts dazu entnommen werden kann, was im Einzelfall entscheidungserhebliche
Umstände sind. Im Übrigen hätte der Kläger die Umstände, unter denen die Zeugin
Ballnat Alkoholgeruch beim Angeklagten feststellte, genau schildern müssen und das
Ergebnis des Alkoholtests (1,4 Promille) mitteilen müssen. Auf S. 4 oben hätte von ihm
eine nähere Beschreibung der dem Arzt Dr. Fischer zugefügten Körperverletzung
erwartet werden können, wie sie auf S. 7 unten der Aufgabenstellung im Einzelnen
enthalten ist.
202
- Die auf den S. 4 bis 6 mehrfach enthaltenen Randbemerkungen, in denen auf einen
erforderlichen Strafantrag hingewiesen wird, enthalten ebenfalls berechtigte Prüferkritik.
203
Der Kläger hat insoweit verkannt, dass der erst in der Hauptverhandlung von dem
Zeugen Dr. Fischer gestellte Strafantrag verspätet war, da die Frist des § 77 b Abs. 1
Satz 1 StGB von drei Monaten nach der Tat überschritten war. Denn die öffentliche
Sitzung, in der der Strafantrag von Dr. Fischer gestellt wurde, war am 26.03.2004. Die
Straftat war am 21.11.2003. Sie lag somit am Sitzungstage schon mehr als drei Monate
zurück. Dementsprechend war der Strafantrag verfristet und es fehlte damit die
erforderliche Verfolgungsvoraussetzung.
204
- Der auf S. 4 Mitte eingefügte große Buchstabe „A" enthält keine Prüferkritik. Dies hat
der Erstkorrektor in seiner Stellungnahme im Widerspruchsverfahren klargestellt.
205
- Soweit der Kläger die Randbemerkungen auf S. 5 und 6 („f", „Antrag", „GVG", „und P",
„Antrag" sowie „Konkurrenzen?") als nicht nachvollziehbar kritisiert hat, hat das beklagte
Amt dies näher erläutert. Dementsprechend ist diese Rüge gegenstandslos geworden.
206
- Die Randbemerkung auf S. 7 „Warum § 53?" ist nicht zu beanstanden. Ausweislich der
Erläuterungen des Erstkorrektors fehlte insoweit eine Begründung für die Lösung der
Konkurrenzfragen durch den Kläger, nämlich weshalb er § 53 StGB angewendet hat.
207
- Ebenfalls ist das Fragezeichen auf S. 7 oben nicht zu beanstanden. Der Erstkorrektor
hat hierzu in der Stellungnahme zu diesem sowie zu weiteren auf dieser Seite bzw. auf
der Seite 8 oben enthaltenen Fragezeichen ausgeführt: Der Kläger habe den
Strafrahmen zu §§ 185, 223 StGB fehlerhaft bestimmt, soweit er eine Mindeststrafe von
„1/2-Jahr" annehme. Diese Mindeststrafe gäbe es nicht. Auch die übrigen Ausführungen
zur Strafzumessung seien schwach: § 46 StGB werde nicht genannt. Es erfolge keine
saubere Argumentation. Die Ausführungen zur Selbstbelastung seien Fehl am Platz.
Ferner sei es nicht überzeugend, wenn der Kläger annehme, es sei selbstverständlich,
dass sich der Angeklagte gewehrt habe.
208
Mit den hiergegen gerichteten Einwendungen setzt der Kläger letztlich nur seine eigene
Auffassung an die Stelle der der Prüfer, ohne substantiiert darzulegen, dass die Prüfer
eine fachlich vertretbare und überzeugend begründete Lösung als falsch verworfen
hätten. Die Ausführungen des Klägers zur Selbstbelastung auf S. 7 unten und zur
vermeintlichen menschlichen Nachvollziehbarkeit des abwehrenden Verhaltens des
Angeklagten sind in der Tat nicht nachvollziehbar. Es wird nämlich nicht verständlich,
aus welchem Grunde diese strafmildernd zu berücksichtigen seien. Wenn er weiterhin
ausgeführt hat, es sei § 47 StGB im Zusammenhang mit der Mindeststrafe zu beachten
gewesen, so verkennt er, dass § 47 StGB zum einen von ihm in der Klausur gar nicht
erwähnt worden ist und zum anderen diese Vorschrift auch nicht die Mindeststrafe
betrifft.
209
- Ebenfalls begegnet die Randbemerkung auf S. 8 „Abwegig" bezüglich der Erwähnung
einer Bestrafung nach § 90 a Abs. 1 Nr. 1 StGB keinen Bedenken. Die Äußerung
„Scheiß Rechtsstaat" kann offenkundig nicht den Tatbestand der Verunglimpfung des
Staates und seiner Symbole, wie er in § 90 a StGB im Einzelnen umrissen ist, erfüllen.
210
- Auch die Kritik der Prüfer an den Ausführungen des Klägers zur Strafbarkeit nach §§
316, 145 d StGB und insoweit betreffend die Verwertbarkeit der Einlassung des
Angeklagten auf der Polizeiwache in Form der Zeugenaussage der Zeugin Ballnat ist
nicht zu beanstanden. Der Kläger kommt in der Klausur zu dem Ergebnis, dass die
Aussage der Zeugin Ballnat wegen Verstoßes gegen § 252 StPO nicht verwertbar sei.
211
Im Widerspruch führt er alsdann aus, dass nach einer Mindermeinung auch ein
Auskunftsverweigerungsrecht ein Zeugnisverweigerungsrecht i. S. d. § 252 StPO sei. Er
verkennt indessen, dass maßgebliche Vorschriften insoweit die §§ 163 a Abs. 4 StPO i.
V. m. § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO sind, nämlich die Frage, ob ein Verwertungsverbot
dieser Erklärungen des Angeklagten deswegen besteht, weil er nicht über die zur Last
gelegte Tat, seine Aussagefreiheit und über sein Recht zur Verteidigerkonsultation
belehrt worden ist.
Wenn der Kläger in seiner Lösung die Verwertbarkeit der Zeugenaussage der Zeugin
Ballnat dem Grunde nach bejaht, weil zu dem maßgeblichen Zeitpunkt noch kein
Ermittlungsverfahren eingeleitet und daher der Angeklagte noch nicht Beschuldigter
gewesen war, so verkennt er, dass die Zeugin zu dem fraglichen Zeitpunkt bereits den
Verdacht hatte, dass der Angeklagte alkoholbedingt Schäden an seinem Pkw
verursacht habe. Dementsprechend dürfte bei der Zeugin bereits der Wille, ein
Verfahren gegen den Angeklagten als Beschuldigten zu betreiben, Grund für die
diesbezügliche Befragung des Angeklagten auf der Polizeiwache gewesen sein.
212
- Auch die Prüferkritik an den Ausführungen auf S. 10 unten der Klausur
(Randbemerkung „Welche denn?", u. a. „Pkw war leer? Keine andere Person in der
Nähe?") ist nicht zu beanstanden. Die Prüfer vermissen zu Recht an dieser Stelle eine
Erörterung der Frage, ob sonstige Umstände als Indizien vorhanden wären, um eine
Bestrafung nach den §§ 316, 145 d StGB zu rechtfertigen. Insbesondere hätte an dieser
Stelle erörtert werden sollen, ob der Pkw des Angeklagten „leer" gewesen ist und sich
keine andere Person in der Nähe der Polizeiwache befunden hat, als er dort erschienen
ist. Denn es wäre denkbar, dass der Angeklagte in Begleitung einer anderen Person,
die den Pkw gefahren haben könnte, gewesen ist, die sich alsdann vor der
Polizeiwache entfernt hätte.
213
- Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch von den Prüfern nicht übersehen
worden, dass er auf S. 12 einen Beschluss betreffend die vorläufige Entziehung der
Fahrerlaubnis gefertigt hat. Die Kammer hat keine Zweifel, dass die Prüfer diese
Ausführungen nicht übersehen haben. Ebenso wenig gibt es irgendwelche
Anhaltspunkte dafür, dass diese inhaltlich nicht beanstandeten Ausführungen des
Klägers bei der Gesamtbewertung unberücksichtigt geblieben wären. Sie konnten nur
angesichts der untergeordneten Bedeutung dieses Abschnitts und des Gewichts der
übrigen Fehler und Defizite in der Bearbeitungen nicht zu einer besseren Benotung
führen.
214
B) Auch das Prüfungsgespräch, das aus einem offenkundigen Versehen nicht in dem in
der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag mit aufgenommen worden ist, ist
rechtlich nicht zu beanstanden.
215
I. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses ist entgegen der Auffassung des Klägers
nicht befangen gewesen. Insoweit gelten die zu den anderen Prüfern gemachten
Ausführungen entsprechend.
216
II. Entgegen der Auffassung des Klägers leidet dieser Teil der Prüfung nicht daran, dass
der Ablauf der mündlichen Prüfung seitens des Prüfungsausschusses unzureichend
bzw. unvollständig dokumentiert worden ist. Insoweit macht der Kläger geltend, es dürfe
nicht zu seinen Lasten gehen, wenn er sich an von den Angaben des
Prüfungsausschusses abweichende Einzelheiten nicht mehr erinnern und diese
217
beweisen könne. Denn der Prüfungsausschuss hätte ihn in zeitlicher Nähe zur
mündlichen Prüfung darauf hinweisen müssen, dass er eine nähere Begründung
verlangen könne.
Die vom Prüfungsausschuss abgegebenen Erklärungen genügen den Anforderungen.
Insoweit wird auf die Stellungnahme des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses vom
04.01.2005 und des Prüfungsausschusses (insgesamt) vom 18.03.2005 verwiesen. In
diesen ist der aus Sicht des Prüfungsausschusses wesentliche Inhalt der mündlichen
Prüfung des Klägers und die Erwägungen für die Bewertung seiner Leistungen
nachvollziehbar niedergelegt worden.
218
Der Kläger verkennt, dass es keine Pflicht des Prüfungsausschusses oder der
Prüfungsbehörde aufgrund Verfassungsrechts gibt, ein Wortprotokoll oder gar eine Ton-
und/oder Videobandaufzeichnung von dem Ablauf einer mündlichen Prüfung zu
machen.
219
Vgl. Niehues, a. a. O., Rdnr. 484, 488 m. w. N. aus der Rechtsprechung.
220
Denn nach der bei Niehues, a. a. O., zitierten Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts genügt es den
Anforderungen aus Art. 12, Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes, wenn der Ablauf der
mündlichen Prüfung u. a. durch die Prüfer, die Mitprüflinge und gegebenenfalls Zuhörer
rekonstruiert werden kann.
221
Der Prüfungsausschuss ist auch seiner Begründungspflicht hinreichend
nachgekommen.
222
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
223
vgl. u. a. Urteil vom 06.09.1995 - 6 C 18.93 - BVerwGE 99, 185,
224
kann die Begründung der Bewertung mündlicher Prüfungsleistungen nach Form,
Zeitpunkt, Umfang und Inhalt auf unterschiedliche Weise geschehen. Solange eine
spezielle normative Regelung fehlt, muss sich die Verwaltungspraxis daran orientieren,
dass nach den Umständen des Einzelfalles dem Grundrechtsschutz des Prüflings
Rechnung getragen wird, soweit dies unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten den
Prüfern zumutbar ist. Der konkrete Inhalt des Anspruchs des Prüflings, dass die Prüfer
ihre Bewertung seiner mündlichen Prüfungsleistung begründen, hängt davon ab, wie er
ihn spezifiziert, insbesondere sein Verlangen nach mündlicher oder schriftlicher
Angaben der Gründe rechtzeitig und sachlich- vertretbar darlegt. Pauschale Kritik an der
Prüfungsnote sowie abwegiges oder offenkundig unsachliches Vorbringen sind nicht
geeignet, aus dem allgemeinen Informationsrecht des Prüflings einen konkreten
Begründungsanspruch entstehen zu lassen. Anders als bei der Bewertung von
schriftlichen Prüfungsarbeiten müssen die Prüfer ihre Gründe nur dann schriftlich
darlegen, wenn der Prüfling dies unter Beachtung der genannten Voraussetzungen
verlangt und zu diesem Zeitpunkt eine schriftliche Zusammenfassung der Gründe unter
zumutbaren Bedingungen (noch) möglich ist. Dabei liegt der Schwerpunkt der
Begründungspflicht bei dem fachspezifischen Inhalt der Leistung und deren Bewertung.
Soweit es um prüfungsspezifische Wertungen und Einschätzungen (z. B. mit
Schwierigkeitsgrad der Aufgabe oder die Überzeugungskraft der Argumente) geht, sind
(lediglich) die Grundlagen und wesentlichen Kriterien des Bewertungsvorganges offen
225
zulegen.
Diesen Anforderungen hat vorliegend der Prüfungsausschuss genügt. Nach den
vorgenannten Prämissen hängt die „Qualität und Quantität" der Begründung der Prüfer
einer mündlichen Prüfung davon ab, ob, wann und mit welchem konkreten Begehren
und mit welcher Begründung der Prüfling eine nähere Begründung verlangt. Der
Prüfling hat einen Anspruch auf eine erste Begründung. Diese setzt aber ein
spezifiziertes Vorbringen voraus, aus welchen Gründen vermutet werde, dass die
Benotung rechtswidrig sei. Nach dem Erhalt einer solchen Begründung kann der
Prüfling eine weitere konkrete Begründung nur dann verlangen, wenn er seinerseits
weiter spezifiziert vorträgt. Eine Pflicht der Prüfungsbehörde, auf ein entsprechendes
Petitum des Prüflings an den Prüfungsausschuss im Hinblick auf die drohenden
Nachteile wegen der Unaufklärbarkeit infolge Zeitablaufs hinzuweisen, besteht
entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Denn es versteht sich von selbst und muss
sich jedem „vernünftigen" Prüfling aufdrängen, insbesondere bei einer juristischen
Prüfung, unverzüglich nach der mündlichen Prüfung geltend zu machen, aus welchen
Gründen er sich ungerecht behandelt fühlt.
226
Vgl. hierzu Niehues, a. a. O., Rdnr. 484, 488.
227
Vorliegend hat der Prüfungsausschuss die ihn treffenden Obliegenheiten erfüllt. Eine
allgemeine Hinweispflicht auf möglichst rechtzeitige spezifizierte Geltendmachung
betreffend die mündliche Prüfung bestand, wie dargelegt, nicht. Der Prüfungsausschuss
hat in den Anforderungen genügender Weise in den beiden genannten Stellungnahmen
ausführlich dargelegt, auf welche Umstände im Einzelnen er die Bewertung der
mündlichen Leistungen des Klägers gestützt hat, so dass der Kläger hinreichende
Ansatzpunkte hatte, etwaige fachliche Fehler oder Bewertungswillkür der Prüfer
darzulegen.
228
III. Auch die Rügen des Klägers betreffend Einzelheiten des Prüfungsgesprächs greifen
nicht durch.
229
Wenn der Kläger geltend macht, der Prüfungsausschuss habe sich bei der Benotung
seiner mündlichen Leistungen von den schriftlichen Noten bzw. anderen sachfremden
Erwägungen leiten lassen, so ist dieser Vortrag pauschal und durch keinerlei
Anhaltspunkte belegt.
230
Im Übrigen hat der Kläger in seinen umfangreichen Ausführungen eine eigene
Darstellung des Verlaufs des öffentlich-rechtlichen Teils der Prüfung vorgenommen,
ohne dabei aber zu behaupten oder gar substantiiert darzulegen, dass und inwieweit die
Prüfer bei der Bewertung seiner mündlichen Leistungen von falschen Tatsachen
ausgegangen wären, von ihm zutreffende oder jedenfalls vertretbare rechtliche
Überlegungen als falsch verworfen hätten oder in ihrer Benotung objektiv willkürlich
verfahren wären.
231
C) Die Entscheidung des Prüfungsausschusses nach § 31 Abs. 4 Satz 3 JAG a. F. ist
ebenfalls rechtmäßig.
232
Nach § 31 Abs. 4 Satz 3 JAG a. F. kann der Prüfungsausschuss bei der Entscheidung
über das Ergebnis der Prüfung von dem rechnerisch ermittelten Wert für die Gesamtnote
um bis zu einem Punkt abweichen, wenn dies den Leistungsstand des Prüflings besser
233
kennzeichnet und die Abweichung auf das Bestehen keinen Einfluss hat; hierbei sind
auch die Leistungen im Vorbereitungsdienst zu berücksichtigen. Der
Prüfungsausschuss hat vorliegend die Voraussetzungen für eine Abweichung von dem
rechnerisch ermittelten Wert in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint.
Der Kläger hat geltend gemacht, dass seine Leistungen im Vorbereitungsdienst insoweit
zu berücksichtigen seien. Außerdem müsse im Rahmen dieser Vorschrift
Berücksichtigung finden, dass es ihm wegen Zeitablaufs nicht mehr möglich sei, eine
erneute mündliche Prüfung durchzuführen. Letzterer Gesichtspunkt ist schon nach dem
Wortlaut der genannten Vorschrift in dieser nicht berücksichtigungsfähig, abgesehen
davon, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine etwaige Wiederholung der
mündlichen Prüfung hätte, wie aus den vorgenannten Ausführungen folgt.
234
Der Prüfungsausschuss hat in nicht zu beanstandender Weise auch im Hinblick auf die
Leistungen des Klägers im Vorbereitungsdienst eine Anhebung der Gesamtnote nicht
vorgenommen. Entgegen der bisherigen Rechtsprechung des
Oberverwaltungsgerichtsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
235
vgl. Urteil des früher für das Justizprüfungsrecht zuständig gewesenen 22. Senats vom
27.02.1997 - 22 A 1326/94 - NWVBl. 1997, 38,
236
hat der nunmehr für das Justizprüfungsrecht zuständige 14. Senat,
237
vgl. Urteil vom 09.01.2008 - 14 A 3658/06 - erkannt,
238
dass die Leistungen im Vorbereitungsdienst nicht ausschließlich im Rahmen des
Umfangs der Anhebung (dem „wie") berücksichtigungsfähig sind, sondern bereits bei
einer Abweichung dem Grunde nach (dem „ob"). Dieser Rechtsprechung des 14. Senats
schließt sich die Kammer aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit an.
239
Nach der genannten Entscheidung des 14. Senats haben die Mitglieder des
Prüfungsausschusses sich einen Gesamteindruck von den im Vorbereitungsdienst
gezeigten Leistungen des Referendars durch Kenntnisnahme des Inhalts der
Einzelzeugnisse im Vorbereitungsdienst zu machen. Dabei haben sie die
Einzelzeugnisse nach Aussage, Gewicht und Stellenwert zu würdigen, wobei es keinen
allgemeinen Bewertungsgrundsatz gibt, aufgrund dessen im Vergleich zu den
Prüfungsleistungen bessere Noten im Vorbereitungsdienst, gleichgültig wann und in
welcher Ausbildungssituation sie erzielt worden sind, den Leistungsstand eines
Prüflings besser kennzeichnen als der rechnerisch ermittelte Wert.
240
Vorliegend hat der Prüfungsausschuss auf der Grundlage der genannten jüngeren
Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW im Verlauf des Klageverfahrens
eine erneute Entscheidung nach § 31 Abs. 4 Satz 3 JAG a. F. getroffen. Er hat dabei
seine Entscheidung, nicht vom rechnerisch ermittelten Gesamtwert abzuweichen, im
Kern damit begründet, dass es nicht sachgerecht sei, vornehmlich auf die
Stationszeugnisse abzustellen. Eine wesentlich stärkere Aussagekraft über das
wirkliche Leistungsvermögen eines Referendars komme „bekanntlich" den
Arbeitsgemeinschaftszeugnissen zu. Die Würdigung aller Zeugnisse des Klägers im
Vorbereitungsdienst nach Inhalt und Note führe vorliegend nicht zu einer Änderung des
Gesamteindrucks, den der Prüfungsausschuss vom tatsächlichen Leistungsvermögen
und der Person des Klägers gewonnen habe.
241
Es begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, wenn der Prüfungsausschuss primär
sich an den Arbeitsgemeinschaftszeugnissen im Einzelnen orientiert hat. Denn es ist
eine gerichtsbekannte Tatsache, dass in der Regel die Stationszeugnisse erheblich
besser als die Arbeitsgemeinschaftszeugnisse ausfallen. Der Kläger hat vorliegend in
den Referendararbeitsgemeinschaften lediglich folgende Abschnitte mit besser als
„ausreichend" absolviert: Arbeitsgemeinschaft Zivilrecht I mit „befriedigend", die
Arbeitsgemeinschaften im Öffentlichen Recht I und II jeweils mit „befriedigend" und die
Arbeitsgemeinschaft im Strafrecht I mit „befriedigend". Demgegenüber sind seine
Leistungen in der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht II mit „mangelhaft" bewertet worden. Im
Übrigen sind vier seiner Klausuren in den Pflicht-Klausurenkursen mit „mangelhaft"
bewertet worden. Dieses Leistungsbild in den Arbeitsgemeinschaften insgesamt
betrachtet reicht jedenfalls nicht aus, um eine Schrumpfung des Bewertungsspielraums
des Prüfungsausschusses auf Null annehmen zu können in dem Sinne, dass allein eine
Anhebung der rechnerisch ermittelten Note angemessen wäre, wobei - nach der
genannten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW - den im
Vorbereitungsdienst erteilten Noten nicht gleiches Gewicht wie den Prüfungsleistungen
beigemessen werden muss.
242
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
243
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.
V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO) sind nicht gegeben.
244