Urteil des VG Köln vom 27.03.2008

VG Köln: aufschiebende wirkung, vergnügungssteuer, satzung, steuersatz, auflage, stadt, vollziehung, härte, aufwand, bemessungsgrundlage

Verwaltungsgericht Köln, 23 L 396/08
Datum:
27.03.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
23. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
23 L 396/08
Tenor:
1. Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des
Verfahrens. 2. Der Streitwert wird auf 2.225,29 Euro festgesetzt.
Gründe
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Das vorläufige Rechtsschutzgesuch der Antragstellerin mit dem sinngemäßen Antrag,
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die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 23 K 994/08 gegen ihre Steueranmeldung vom
9. Januar 2008 anzuordnen,
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ist zulässig, insbesondere statthaft, aber nicht begründet.
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Im Falle der Erhebung von öffentlichen Abgaben i.S.v. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO
kann das Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende
Wirkung des Rechtsbehelfs ganz oder teilweise anordnen. Dies setzt in entsprechender
Anwendung des in § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO verankerten Prüfungsmaßstabs voraus,
dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Abgabenbescheides
bestehen oder dass die Vollziehung für den Abgabenschuldner eine unbillige, nicht
durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte,
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zur entsprechenden Anwendung von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO vgl. OVG NRW,
Beschluss vom 17. März 1994 - 15 B 3022/93 -, NVwZ - RR 1994, 617; Puttler in
Sodan/Ziekow Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Auflage 2006, § 80 Randziffer 141;
Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläu figer Rechtsschutz im
Verwaltungsstreitverfahren, 5. Auflage 2007, Randziffer 980; Kopp/Schenke VwGO, 15.
Auflage 2007, § 80 Randziffer 157 jeweils m.w.N..
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Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Abgabenbescheides
bestehen nur, wenn auf Grund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein
Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein
Misserfolg. Die Intensität der gerichtlichen Prüfung des Streitstoffes richtet sich dabei
nach den Gegebenheiten des vorläufigen Rechtsschutzes. Es sind vornehmlich solche
Einwände zu berücksichtigen, die der Rechtsschutzsuchende selbst gegen die
Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides geltend macht, es sei denn, dass sich
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sonstige Mängel bei summarischer Prüfung als offensichtlich darstellen. Ferner können
weder aufwendige Tatsachenfeststellungen getroffen werden, noch sind schwierige
Rechtsfragen abschließend zu klären. Soweit es um die Anwendbarkeit der dem
angegriffenen Abgabenbescheid zugrundeliegenden gemeindlichen Satzung geht, ist in
aller Regel von ihrer Wirksamkeit als Rechtsnorm auszugehen; etwas anderes gilt nur
dann, wenn sich Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit der Satzung bei summarischer
Prüfung geradezu aufdrängen,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. März 1994, a.a.O. ; Puttler, a.a.O., § 80 Randziffer
143; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Randziffer 829 jeweils m.w.N..
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Gemessen daran hat das Gericht hier keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit
der angemeldeten Steuerschuld der Antragstellerin. Die streitige Steuerforderung findet
mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre Rechtsgrundlage in den Bestimmungen der §§ 1 Nr. 5
a), 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 11 Abs. 1 und Abs. 5 der Satzung über die Erhebung von
Vergnügungssteuer in der Bundesstadt Bonn (Vergnügungssteuersatzung - VStS) vom
16. Dezember 2005 in Gestalt der 2. Änderungssatzung vom 3. September 2007. Das
Gericht hat auch unter Würdigung des Vorbringens der Antragstellerin keine ernstlichen
Zweifel an der Rechtswirksamkeit dieser kommunalen Satzung.
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Die Erhebung der Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte nach dem Einspielergebnis
(definiert - wie hier - als Betrag der elektronisch gezählten Bruttokasse) verstößt nicht
gegen die europarechtlichen Vorgaben über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
(seit dem 1. Januar 2007 Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006
über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABl. EG Nr. L 347 vom 11. Dezember
2006, S. 1), weil sie nicht den Charakter einer Umsatzsteuer hat,
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BFH, Urteil vom 26. Februar 2007 - II R 2/05 -, BFH/NV 2007, 1255 ff.
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Sie ist auch mit den Vorgaben des nationalen Verfassungsrechts vereinbar. Es handelt
sich im Sinne von Art. 105 Abs. 2 a Satz 1 GG um eine örtliche Aufwandsteuer, die
bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig ist, mit der Folge, dass dem Land
Nordrhein-Westfalen insoweit die Befugnis zur Gesetzgebung zusteht, die das Land
nach § 3 KAG NRW auf die Kommunen übertragen hat,
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vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 6. März 2007 - 14 A 608/05 -, ZKF 2007, 114.
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Das Gericht kann auch nicht erkennen, dass der in § 8 Abs. 1 Satz 1 VStS festgesetzte
Steuersatz in Höhe von 11 vom Hundert des Einspielergebnisses je Gewinnspielgerät
die Antragstellerin in ihrer Berufsausübung in unzulässiger Weise einschränkt, wie
diese geltend macht. Nach der Rechtsprechung des OVG NRW,
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Urteil vom 6. März 2007, a.a.O.,
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der das Gericht folgt,
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vgl. etwa Beschluss vom 4. September 2007 - 23 L 1026/07 - ,
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verstoßen Regelungen einer Vergnügungssteuersatzung, die für Geldspielgeräte bei
einer Aufstellung in Spielhallen einen Steuersatz von 13 vom Hundert des
Einspielergebnisses vorsehen, nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Der vom Rat der Stadt
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Bonn hier gewählte Steuersatz von 11 vom Hundert des Einspielergebnisses
unterschreitet diesen Wert. Zudem vernachlässigt die Antragstellerin mit ihrem - im
Übrigen vollkommen unsubstantiierten - Vorbringen, dass eine Vergnügungssteuer nicht
deshalb erdrosselnde Wirkung hat, weil sie von einzelnen Betrieben nicht aufgebracht
werden kann. Wenn sich die Erhebung einer Steuer im Einzelfall für ein Unternehmen
tatsächlich existenzbedrohend auswirken sollte, kommen allenfalls
Billigkeitsmaßnahmen nach den Bestimmungen der Abgabenordnung in Betracht,
vgl. dazu nur OVG NRW, Beschluss vom 23. März 2006 - 14 A 4479/06 -.
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Auch der Einwand der Antragstellerin, die Bestimmungen der
Vergnügungssteuersatzung der Stadt Bonn sähen eine unzulässige Doppelbesteuerung
vor, da die abzuführende Umsatzsteuer erneut in die steuerliche Bemessungsgrundlage
aufgenommen werde, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
Steuererhebung. Aus höherrangigem Recht ergibt sich nicht, dass von Bruttoeinnahmen
nicht zwei Steuern nebeneinander erhoben werden dürfen. Außerdem verkennt die
Antragstellerin, dass der Steuergegenstand bei einer Aufwandsteuer wie der
Vergnügungssteuer ein anderer ist als bei der Mehrwertsteuer. Während mit der
Mehrwertsteuer der vom Unternehmer erzielte Umsatz belastet wird, ist Bezugspunkt der
Spielapparatesteuer der Aufwand der Automatenspieler, der sich in den für ihr
Spielvergnügen investierten Spieleinsätzen niederschlägt,
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vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. März 2007, a.a.O.; Hess. VGH, Beschluss vom 23. März
2007 - 5 TG 332/07 (juris).
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Der weitere Einwand der Antragstellerin, die aufgrund eines Staatsmonopols
handelnden Glückspielanbieter (wie Lotto-Toto, Oddset und Spielcasinos) seien von der
Erhebung der Vergnügungssteuer befreit, eine solche Befreiung stelle eine
europarechtlich unzulässige Beihilfe dar, begründet ebenfalls keine ernstlichen Zweifel
an der Rechtmäßigkeit der Besteuerung. Das Vorbringen der Antragstellerin
vernachlässigt schon, dass der Satzungsgeber derartige Glückspielanbieter nicht
vollkommen steuerfrei gestellt hat; nach § 1 Nr. 4 VStS unterliegt der Besteuerung
nämlich auch das Ausspielen von Geld oder Gegenständen in Spielclubs, Spielcasinos
und in ähnlichen Einrichtungen. Die Antragstellerin will mit diesem Vortrag der Sache
nach wohl geltend machen, es sei rechtswidrig, wenn in staatlich konzessionierten
Spielbanken aufgestellte Geldspielautomaten nicht der Vergnügungssteuerpflicht
unterfallen, während sie als Halterin von Spielapparaten besteuert wird. Auch dieser
Einwand hat jedoch keinen Erfolg. Wie die Antragsgegnerin unwidersprochen vorträgt,
werden im Gebiet der Bundesstadt Bonn keine öffentlichen Spielbanken betrieben. Eine
tatsächliche oder drohende Wettbewerbsverfälschung zwischen einer gewerblichen
Automatenaufstellerin wie der Antragstellerin und einem staatlich zugelassenen
Spielcasino aufgrund einer unterschiedlichen Besteuerung ist damit auf dem Gebiet der
Bundesstadt Bonn offensichtlich nicht zu besorgen. Mithin ist der Schutzbereich des Art.
87 EG ersichtlich nicht tangiert, so dass das Vorbringen der Antragstellerin insoweit
rechtlich ins Leere geht. Aus den gleichen Erwägungen scheidet ein Verstoß des
Satzungsgebers gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) aus,
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zur Nichterhebung von Vergnügungssteuer auf in Spielbanken aufgestellte Spielgeräte
gemessen an Art. 3 Abs. 1 GG vgl. im Übrigen BVerwG, Beschluss vom 28. August
2007 - 9 B 14/07 -, NVwZ 2008, 89.
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Die weiteren Einwände der Antragstellerin betreffen offensichtlich
Satzungsbestimmungen anderer Kommunen als die hier zugrunde liegende Satzung
der Bundesstadt Bonn, so dass sich rechtliche Ausführungen dazu erübrigen.
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Dass die Vollziehung der angemeldeten Abgabenforderung für sie eine unbillige Härte
i.S.v. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO zur Folge hätte, macht die Antragstellerin selbst nicht
geltend.
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