Urteil des VG Köln vom 29.06.2005

VG Köln: werbung, aufschiebende wirkung, öffentliches interesse, gesetzlicher vertreter, schutzwürdiges interesse, verfügung, unternehmen, nummer, einwilligung, versendung

Verwaltungsgericht Köln, 11 L 765/05
Datum:
29.06.2005
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
11 L 765/05
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt der
Antragsteller. Der Streitwert wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
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I.
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Der Antragsteller ist Geschäftsführer u.a. der G. H. Ltd. Dieses Unterneh- men versendet
Werbefaxe, in denen z.B. Informationen über die steuerfreie Einfuhr von Zigaretten und
Medikamenten oder Informationen über die "heimlichen Marken- produkte" von
Discountern beworben werden. Um die beworbenen Informationen zu erlangen, muss
ein Fax unter einer 0900-Mehrwertdiensterufnummern abgerufen werden. Der Preis für
den Faxabruf ist mit 1,99 EUR angegeben.
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Bei der Antragsgegnerin gingen zahlreiche Beschwerden und Aufforderungen zum
Einschreiten ein, in denen die Empfänger derartiger Werbefaxe angaben, keine
Einwilligung für die Zusendung der Faxe erteilt zu haben und auch keine
Geschäftsbeziehung zu der im Fax angegebenen Firma zu haben.
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Aufgrund dieser Beschwerden ordnete die Antragsgegnerin in der Vergangenheit
gegenüber der G. H. Ltd. mehrfach die Abschaltung von Mehrwertdiensterufnummern
an. Nach der Abschaltung einer Nummer setzte das Unternehmen die Versendung der
Werbefaxe unter Angabe einer neuen Mehrwertdiensterufnummer fort.
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Am 24. März 2005 hörte die Antragsgegnerin die G. H. Ltd. zu einem beabsichtigten
Verbot ihres Geschäftsmodells an.
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Mit Bescheiden vom 9. Mai 2005 (die Bescheide befinden sich nicht in den vorgelegten
Verwaltungsvorgängen) forderte die Antragsgegnerin die G. H. Ltd. und den
Antragsteller auf, es zu unterlassen, unaufgefordert Werbung an Verbraucher oder
Unternehmen in Form von Telefax-Übermittlungen (Nr. 1 des Bescheides) sowie in
sonstigen Formen elektronischer Kommunikation (Nr. 2 des Bescheides) zu schicken,
wenn sie mit den Empfängern solcher Übermittlungen nicht in einem dauerhaften
Geschäftsverhältnis stehen oder wenn der Empfänger dem Empfang derartiger
Übermittlungen nicht von vornherein zugestimmt hat.
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Der Antragsteller hat gegen den an ihn persönlich gerichteten Bescheid mit Schreiben
vom 12. Mai 2005 Widerspruch erhoben und am selben Tag einen Antrag auf
Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Er ist der Auffassung, dass der
Untersagungsbescheid offensichtlich rechtswidrig sei. Er habe weder unter seinem
Namen Werbesendungen verschickt noch seien ihm entsprechende Nummern zugeteilt
worden. Die Frage, ob die G. H. Ltd. ein wettbewerbswidriges Geschäftsmodell betreibe,
sei Gegenstand eines separaten Bescheides, nicht aber des vorliegenden Verfahrens.
Im übrigen werde aber auch bestritten, dass die G. H. Ltd. wettbewerbswidrige
Werbesendungen verschicke, da die Antragsgegnerin insoweit lediglich unbewiesene
Behauptungen aufstelle und lediglich verkürzte Telefonnummern mitteile. Es sei nicht
zumutbar, aufgrund derart pauschaler Vermutungen eine Vielzahl von eventuell
einschlägigen Zustimmungserklärungen zu übersenden und damit die
Geschäftsverbindungen zu offenbaren. Es fehle zudem auch an einer
Ermächtigungsgrundlage. Der in § 44 TKG speziell geregelte Unterlassungsanspruch
stünde ausschließlich den etwaig Betroffenen bzw. den in § 3
Unterlassungsklagengesetz (UklaG) genannten Verbraucherschutzstellen zu; aufgrund
dieser Spezialregelung verbleibe für § 67 TKG kein Raum. Die Verfolgung
wettbewerbsrechtlicher Verstöße gehöre auch nicht zur Nummernverwaltung. Die
Zwangsgeldandrohung sei rechtswidrig, da die Verfü- gung nur die Androhung eines
Unterlassungsgebotes, nicht aber das Unterlassungs- gebot selbst enthalte.
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Der Antragsteller beantragt,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid
der Antragsgegnerin vom 9. Mai 2005 anzuordnen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Sie ist der Auffassung, dass der angegriffene Bescheid rechtmäßig sei. Ihr seien drei
Unternehmen bekannt - die U. L. GmbH, die G. H. Ltd. und die Q. T. Ltd. -, mit denen der
Antragsteller dasselbe Geschäftsmodell betreibe. Da davon auszugehen sei, dass der
Antragsteller bereits weitere Unternehmen gegründet habe oder gründen werde, um
sein Geschäftsmodell auch in Zukunft fortzuführen, habe sie auch dem Antragsteller
persönlich die unaufgeforderte Versendung von Werbefaxen bzw. die Werbung in
sonstigen Formen elektronischer Kommunikation untersagt. Es sei ausschließlich
deutsches Recht anwendbar, da der Wirkungs- bzw. Marktort der Werbemaßnahmen in
Deutschland liege. Ermächti- gungsgrundlage sei § 67 Abs. 1 Satz 1 TKG, der im
vorliegenden Fall als speziellere Norm dem § 44 TKG vorgehe. Das praktizierte
Geschäftsmodell verstoße gegen das UWG. Der Antragsteller könne auch als
Geschäftsführer in Anspruch genommen werden, da er als gesetzlicher Vertreter einer
juristischen Person in der Lage sei, einen in seinem Betrieb begangenen
Wettbewerbsverstoß zu verhindern. Im Übrigen handele es sich bei der G. H. Ltd. - wie
höchstwahrscheinlich auch bei den anderen Unternehmen des Antragstellers - um eine
Ein-Mann-Gesellschaft, so dass der Antragsteller das Geschäftsmodell de facto
persönlich betreibe. Das unverlangte Zusenden von Werbefaxen sei eine belästigende
Werbung, für die eine entspre- chende Einwilligung seitens des darlegungs- und
beweispflichtigen Antragstellers nicht nachgewiesen sei. Schließlich handele es sich
bei der unaufgeforderten Zu- sendung von Werbefaxen auch um rechtswidrige
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Beeinträchtigungen des Eigentums und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Bei der
Ermessensausübung habe die Antragsgegnerin berücksichtigt, dass das TKG von
seiner Zielsetzung her den Mehrwertdienstemarkt transparenter gestalten und die
Rechtsposition der Verbrau- cher verbessern wolle.
II.
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Der zulässige Antrag ist unbegründet.
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Gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Verwal-
tungsgericht die gemäß § 137 Abs. 1 TKG entfallende aufschiebende Wirkung des
Widerspruchs gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin anordnen, wenn das
Interesse des Antragstellers am vorläufigen Aufschub der Vollziehung das öffentliche
Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides überwiegt. Dies ist der Fall,
wenn sich der Bescheid bei der im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO
gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig erweist.
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1. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, da der Bescheid der Antragsgegnerin vom 9.
Mai 2005 rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt, vgl. §
113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Der Bescheid ist zunächst insofern rechtmäßig, als dem Antragsteller in Ziffer 1
untersagt wird, unaufgefordert Werbung in Form von Telefax-Übermittlungen zu ver-
schicken.
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Rechtsgrundlage für das Einschreiten der Antragsgegnerin ist § 67 Abs. 1 Satz 1 des
Telekommunikationsgesetzes (TKG). Eine speziellere Regelung, die die Anwendung
des § 67 Abs. 1 Satz 1 TKG ausschließen könnte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere
ergibt sich eine derartige spezielle Regelung entgegen der Auffassung des
Antragstellers nicht aus § 44 Abs. 1 Satz 1 TKG. Nach dieser Norm ist ein Unternehmen,
das gegen das TKG, eine auf Grund des TKG erlassene Rechtsverordnung, eine auf
Grund des TKG in einer Zuteilung auferlegte Verpflichtung oder eine Verfügung der
Regulierungsbehörde verstößt, dem Betroffenen zur Beseitigung und bei
Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet. Es handelt sich dabei schon nach
dem Wortlaut um einen privatrechtlichen Anspruch, der im Zivilrechtsweg durchzusetzen
ist. Des Weiteren erfasst die Norm nur telekommunikationsrechtliche Verstöße, nicht
aber auch Verstöße gegen Privat- oder Wettbewerbsrecht. Folgerungen für die
öffentlich- rechtlich zu beurteilende Zuständigkeiten der Antragsgegnerin oder eine die
Anwendung des § 67 Abs. 1 Satz 1 TKG ausschließende Spezialregelung lassen sich §
44 Abs. 1 Satz 1 TKG daher gerade nicht entnehmen. Dieselben Überlegun- gen gelten
auch für die Regelungen des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG, neu- gefasst durch
Bekanntmachung vom 27. August 2002, BGBl. I 3422, 4346, zuletzt geändert durch
Gesetz vom 22. Mai 2005, BGBl. I S. 1373). Auch dieses Gesetz enthält
privatrechtrechtliche Unterlassungsansprüche, die durch bestimmte, in § 3 UKlaG
aufgeführte Stellen durchgesetzt werden können. Ein Ausschluss behördli- cher
Zuständigkeiten lässt sich aus diesen Regelungen nicht ableiten.
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Die Voraussetzungen für ein Einschreiten gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 TKG liegen vor.
Nach dieser Vorschrift kann die Regulierungsbehörde im Rahmen der
Nummernverwaltung Anordnungen und andere geeignete Maßnahmen treffen, um die
Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und der von ihr erteilten Bedingungen über die
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Zuteilung von Nummern sicherzustellen.
Das im Streit befindliche Geschäftsmodell verstößt gegen gesetzliche Vor- schriften im
Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 1 TKG. Zu den gesetzlichen Vorschriften, über deren
Einhaltung im Rahmen der Nummernverwaltung die Regulierungsbehörde wacht,
gehören insbesondere auch diejenigen des Gesetzes über den unlauteren Wett- bewerb
(UWG, in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juli 2004, BGBl. I S. 1414).
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Vgl. bereits VG Köln, Urteil vom 28. Januar 2005 - 11 K 3734/04 -, NJW 2005, S. 1880 ff.
unter Hinweis auf die ausdrückliche Gesetzesbegründung zu der Vorläufernorm des §
43c TKG a.F., Deutscher Bundestag, Drucksache 15/907, S. 10.
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Die Gefahr einer "Allzuständigkeit" der Antragsgegnerin auf dem Gebiet des
Wettbewerbsrechts entsteht durch diese Auslegung der Regelung nicht. Denn durch die
weitere Voraussetzung des § 67 Abs. 1 Satz 1 TKG, wonach die Anordnung "im
Rahmen der Nummernverwaltung" ergehen muss, ist ausreichend sichergestellt, dass
nur Wettbewerbsverstöße im Zusammenhang mit der Nutzung von Rufnum- mern zur
Grundlage von Anordnungen der Regulierungsbehörde gemacht werden dürfen.
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Es bestehen ferner keine Bedenken dagegen, grundsätzlich auch privatrechtliche
Normen als "gesetzliche Vorschriften" im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 1 TKG an-
zusehen. Zwar werden die Betroffenen bei der Beeinträchtigung rein privater
Rechtspositionen bzw. beim Vorliegen privatrechtlicher oder wettbewerbsrechtlicher
Streitigkeiten in der Regel auf die Inanspruchnahme zivilgerichtlichen Rechtsschut- zes
zu verweisen sein. Etwas anderes muss jedoch gelten, wenn beispielsweise bereits die
Vielzahl der der Antragsgegnerin vorliegenden Beschwerden deutlich macht, dass die
Dimension vereinzelter privatrechtlicher Streitigkeiten überschritten ist und aufgrund des
flächendeckenden Einsatzes eines Geschäftsmodells ein öffentliches Interesse an der
Verhinderung weiterer zweifelhafter Geschäftspraktiken vorliegt. Dies gilt umso mehr,
als der Mehrwertdienstemarkt nach den Erfahrungen der Kammer für derartige
Geschäftsmodelle besonders anfällig ist.
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Die Antragsgegnerin hat inhaltlich zutreffend einen Verstoß gegen das UWG bejaht.
Unzulässig sind gemäß § 3 UWG alle unlauteren Wettbewerbshandlungen. Unlauter in
diesem Sinne handelt, wer einen Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt, § 7
Abs. 1 UWG. Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG ist eine unzumutbare Belästigung
insbesondere anzunehmen bei einer Werbung unter Verwendung von Faxgeräten, ohne
dass eine Einwilligung der Adressaten vorliegt. Diese Voraussetzungen sind nach
summarischer Prüfung im Falle der von der G. H. Ltd. verschickten Faxe erfüllt.
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Es handelt sich bei den versandten Telefaxen um Werbung, da alleiniger Zweck der
Versendung das Bewerben eines Faxabrufes unter einer Mehrwertdiensteruf- nummer
ist. Eine Einwilligung der Adressaten ist bisher weder substantiiert dargelegt noch
glaubhaft gemacht worden. Dies geht zu Lasten des Antragstellers. Zwar ist eine dem
Zivilprozess vergleichbare Behauptungs- und Beweislast dem Verwaltungsprozess
aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) grundsätzlich fremd. Es
kann allerdings auch im Verwaltungsprozess eine Situation eintreten, in der
entscheidungserhebliche Tatsachen unerweislich bleiben. In einer solchen non-liquet-
Situation ist auf allgemeine Beweislastgrundsätze zurückzugrei- fen. Nach den im
Wettbewerbsrecht geltenden Grundsätzen ist unerbetene Faxwerbung regelmäßig
unzulässig; deshalb hat der für die Werbung Verantwortliche die die
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Wettbewerbswidrigkeit ausschließenden Umstände - nämlich das Einverständnis -
darzulegen und zu beweisen.
BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 81/01 -, NJW 2004, S. 1655 ff, zur unerbetenen E-
Mail-Werbung.
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Im Übrigen fällt die Frage, ob ein Einverständnis vorliegt, allein in die Sphäre
desjenigen, der die Werbung versendet, was ebenfalls für diese Verteilung der Darle-
gungs- und Beweislast spricht.
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Vgl. zur Beweislastverteilung nach Sphären BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1979 - IV C
52.76 -, DÖV 1979, S. 602/603.
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Den erforderlichen Nachweis eines Einverständnisses der betroffenen Verbrau- cher hat
der Antragsteller bisher ebenso wenig erbracht wie die G. H. Ltd. Er hat vielmehr
lediglich pauschal behauptet, dass eine Bewerbung der Mehrwertdienstenummern nur
gegenüber Teilnehmern erfolge, deren ausdrückliche Zustimmung vorliege; ein Teil der
Empfänger sei sich der vorherigen Zustimmung - etwa im Rahmen von Gewinnspielen
und Umfragen - allerdings nicht mehr bewusst. Angesichts der Vielzahl der
vorliegenden Verbraucherbeschwerden ist diese Erklärung nicht geeignet, das
Vorliegen von Einverständniserklärungen glaubhaft zu machen.
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Der Antragsteller kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, dass
die Antragsgegnerin ihm lediglich verkürzte Daten zur Verfügung gestellt habe.
Ungeachtet der Frage, ob diese Vorgehensweise der Antragsgegnerin aus daten-
schutzrechtlichen Gründen tatsächlich geboten war, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass
der Antragsteller überhaupt Anstrengungen unternommen hat, um das Vorliegen von
Einverständniserklärungen zu überprüfen. Sollte ihm tatsächlich - wie in der
Antragsschrift angegeben - zu einer der verkürzt dargestellten Nummern "eine Vielzahl
von eventuell einschlägigen Zustimmungserklärungen" vorliegen, so hätte es ihm z.B.
offengestanden, zunächst lediglich diese von ihm ermittelten Nummern zu benennen;
die Antragsgegnerin hätte dann prüfen können, ob die Nummer des jeweiligen
Beschwerdeführers unter diesen Nummern ist (vgl. zu dieser Vorgehensweise
Schreiben der Antragsgegnerin vom 29. November 2004, Verwaltungsvor- gang Bl. 62).
Stattdessen hat der Antragsteller jedoch an einer Klärung der Frage, ob
Einverständniserklärungen vorliegen, in keiner Weise mitgewirkt. Soweit er da- rauf
verweist, dass eine "manuelle Selektierung und Weitergabe der Original-
Einverständniserklärungen mit erheblichen Kosten" für ihn verbunden sei (Schreiben
vom 2. März 2005, Verwaltungsvorgang Bl. 36), hält die Kammer für eine bloße
Schutzbehauptung. Unabhängig davon greift dieser Einwand jedoch auch inhaltlich
nicht durch. Denn zum einen erforderte die von der Antragsgegnerin vorgeschlagene
Vorgehensweise gerade nicht die Vorlage aller möglicherweise einschlägigen
Einverständniserklärungen, sondern lediglich die Angabe der betroffenen Rufnummern.
Zum anderen fällt die Frage der Kosten allein in die Organisationssphäre des
Antragstellers und entbindet ihn nicht von der Verpflichtung, das Vorliegen von
Einverständniserklärungen nachzuweisen.
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Diese mangelnde Mitwirkung des Antragstellers geht im Rahmen des einstweiligen
Rechtsschutzverfahrens zu seinen Lasten. Es bleibt ihm unbenommen, im Rahmen des
Widerspruchsverfahrens Einverständniserklärungen vorzulegen, zumal ihm nunmehr im
gerichtlichen Verfahren im Zusammenhang mit der Zwangsgeldfestsetzung vom 13.
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Juni 2005 konkrete Verbraucherbeschwerden mitgeteilt worden sind (vgl. Anlage 10
zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 17. Juni 2005), ohne dass er allerdings darauf
bislang reagiert hat.
Der Antragsteller ist im Übrigen aber auch dann nicht schutzlos gestellt, wenn sich
tatsächlich einzelne der Verbraucherbeschwerden als grundlos herausstellen sollten,
weil insofern Einverständniserklärungen abgegeben worden sind. Denn die Verfügung
der Antragsgegnerin gibt dem Antragsteller lediglich auf, Werbung gegen- über solchen
Empfängern zu unterlassen, mit denen er nicht in einem dauerhaften
Geschäftsverhältnis steht und von denen ihm keine Zustimmung vorliegt. Im Falle
weiterer Beschwerden, die zur Festsetzung eines Zwangsgeldes führen können, steht
dem Antragsteller daher selbstverständlich das Recht zu, im jeweiligen Einzelfall das
Vorliegen einer Einverständniserklärung nachzuweisen, womit auch die Grundlage für
eine Zwangsgeldfestsetzung entfiele. Vorsorglich weist die Kammer in diesem
Zusammenhang darauf hin, dass es im Falle weiterer Beschwerden angezeigt sein
dürfte, dem Antragsteller Unterlagen in einem größeren Umfang als bisher zur Ver-
fügung zu stellen, damit in jedem Einzelfall zweifelsfrei festgestellt werden kann, ob ein
Verstoß gegen die streitgegenständliche Verfügung vorliegt. Eventuellen
datenschutzrechtlichen Belangen der Beschwerdeführer dürfte z.B. auch dann
Rechnung getragen sein, wenn dem Antragsteller entweder nur die (vollständige)
Faxrufnummer oder nur der Name zur Verfügung gestellt wird. Aufgrund dieser Angabe
kann dann der Antragsteller den Nachweis des Einverständnisses führen.
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Angesichts des festgestellten Verstoßes gegen das UWG kann die Kammer offen
lassen, inwiefern auch Verstöße gegen deliktsrechtliche Vorschriften des BGB, hier
gegen Rechtsgüter des § 823 BGB (vgl. im Einzelnen Schriftsatz der Antragsgegnerin
vom 17. Juni 2005), vorliegen und ob ein Verstoß gegen diese Vorschriften ebenfalls ein
Einschreiten der Antragsgegnerin rechtfertigt.
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Auch die weiteren Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 Satz 1 TKG liegen vor. Es handelt
sich bei der getroffenen Anordnung um eine Maßnahme im Rahmen der
Nummernverwaltung. Einerseits ist Gegenstand des Geschäftsmodells die Werbung für
Mehrwertdiensterufnummern; andererseits erfolgt die nach dem UWG unzulässige
Kontaktaufnahme zu den Empfängern der Werbung über Rufnummern, nämlich vor
allem im Wege der Faxwerbung.
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Der Antragsteller kann auch - neben der G. H. Ltd. - als Störer in Anspruch genommen
werden.
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§ 67 Abs. 1 Satz 1 TKG enthält zunächst keine ausdrückliche Regelung, wer Adressat
der dort genannten Anordnungen und Maßnahmen sein kann. Aus dem systematischen
Zusammenhang mit den weiteren Regelungen des Absatzes 1 ergibt sich jedoch, dass
die Regelungsbefugnis der Antragsgegnerin nicht auf den Inhaber zugeteilter
Rufnummern beschränkt ist. So enthält § 67 Abs. 1 Satz 3 TKG die Ermächtigung, die
Abschaltung der Nummer gegenüber dem Netzbetreiber anzuordnen; Satz 4 enthält die
Befugnis, den Rechnungsersteller aufzufordern, keine Rechnungslegung vorzunehmen.
Da es zudem Sinn und Zweck des § 67 Abs. 1 Satz 1 TKG ist, die Einhaltung der
gesetzlichen Vorschriften sicherzustellen, müssen Anordnungen und Maßnahmen im
Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 1 TKG jedenfalls gegenüber denjenigen Personen zulässig
sein, denen der Gesetzesverstoß zur Last fällt.
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Demnach konnte die streitgegenständliche Anordnung auch gegenüber dem An-
tragsteller persönlich erfolgen, da nicht nur die G. H. Ltd., sondern auch er selbst eine
unzulässige Wettbewerbshandlung im Sinne des UWG vorgenommen hat. Denn nach
den wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen ist eine Eigenhaftung des Repräsentanten
einer Gesellschaft gegeben, wenn er persönlich den Haftungstatbe- stand verwirklicht
hat, d.h. wenn er entweder selbst die Rechtsverletzung begangen hat oder wenn er die
eines anderen gekannt und pflichtwidrig nicht verhindert hat.
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Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Auflage 2004, § 8 UWG Rn. 2.20 m.w.N.
zur zivilrechtlichen Judikatur; vgl. auch LG Berlin, Entscheidung vom 31. Mai 2002 - 16
O 15/02 -, Leitsatz veröffentlicht in Juris (Dok.Nr.: KORE544682002), zur Haftung des
GmbH-Geschäftsführers auf Unterlassung des sogenannten "Telefax-Spamming" durch
die Gesellschaft.
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So liegt der Fall hier, da der Antragsteller als Geschäftsführer der G. H. Ltd. entweder
selbst für die Werbemaßnahmen verantwortlich war oder aber diese zumindest gekannt
und pflichtwidrig nicht verhindert hat.
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Die Anordnung der Antragsgegnerin ist schließlich ermessensfehlerfrei ergangen. Für
den Fall eines Gesetzesverstoßes im Rahmen der Nummernverwaltung eröffnet § 67
Abs. 1 Satz 1 TKG der Antragsgegnerin ein Entschließungs- und Auswahlermessen.
Sie hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob und wie sie eingreift; dabei
kann sie alle Anordnungen treffen, die zur Durchsetzung der Vorgaben der
Nummernverwaltung erforderlich sind.
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Begründung zu § 43c TKG, BTDrs. 15/907, S. 10; Schütz, Kommunikationsrecht, 2005,
S. 48 Rn. 108.
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Von diesem Ermessen hat die Antragsgegnerin in nicht zu beanstandender Weise
Gebrauch gemacht. Sie hat insbesondere zu Recht darauf abgestellt, dass das TKG von
seiner Zielsetzung her den Mehrwertdienstemarkt transparenter gestalten und die
Rechtsposition der Verbraucher verbessern will.
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Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme bestehen ebenfalls nicht.
Weniger einschneidende Anordnungen, insbesondere die Abschaltung von
Rufnummern, waren in der Vergangenheit nicht geeignet, den Antragsteller von
weiteren Verstößen gegen gesetzliche Vorschriften abzuhalten. Um weitere Verstöße
des Antragstellers unter Verwendung anderer Mehrwertdiensterufnummern zu
verhindern, war vielmehr auch die - zwangsgeldbewehrte - Untersagung künftiger
unzulässiger Werbemaßnahmen geboten.
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Soweit dem Antragsteller unter Ziffer 2 der angegriffenen Verfügung auch die Werbung
in sonstigen Formen elektronischer Kommunikation wie Telefonanrufen, E-Mails oder
SMS untersagt wird, ist diese Anordnung ebenfalls rechtmäßig. Werbung in dieser Form
verstieße gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG (Werbung mit Telefonanrufen gegenüber
Verbrauchern) bzw. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG (Werbung unter Verwendung elektronischer
Post). Zwar ist nicht ersichtlich, ob es bereits zu einer Werbung für
Mehrwertdiensterufnummern auf diesen Wegen gekommen ist. Angesichts des
Umstandes, dass Anordnungen der Regulierungsbehörde in der Vergangenheit durch
Werbung für neue Rufnummern oder durch Gründung neuer Firmen ins Leere liefen, ist
es jedoch gerechtfertigt, vorbeugend auch weitere Formen elektronischer
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Kommunikation in die Untersagungsverfügung einzubeziehen.
Die Einwände des Antragstellers gegen die Androhung des Zwangsgeldes gehen fehl,
da der streitgegenständliche Bescheid ersichtlich nicht lediglich die Androhung eines
Unterlassungsgebotes, sondern das Unterlassungsgebot selbst enthält.
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2. Unabhängig von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache überwiegt jedoch auch bei
einer reinen Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der sofortigen
Vollziehung des Bescheides das private Interesse des Antragstellers an der
Aussetzung. Hierbei ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Bescheid dem
Antragsteller im Ergebnis lediglich die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften des
UWG aufgibt. Nachteile ergeben sich für den Antragsteller daraus lediglich dann, wenn
er sich nicht gesetzestreu verhält; ein schutzwürdiges Interesse daran, sich gesetzwidrig
zu verhalten, ist jedoch nicht anzuerkennen. Darüber hinaus ergeben sich aus dem
vorliegenden Verfahren verschiedene Anhaltspunkte dafür, dass das praktizierte
Geschäftsmodell auch von seinem Gegenstand her auf einer Verheimlichung der beim
Faxabruf entstehenden erheblichen Kosten beruhen dürfte und daher nicht
schutzwürdig ist. So können die beworbenen Faxabrufe aufgrund der graphischen
Gestaltung der Faxe und der damit verbundenen verlängerten Übertragungszeit sehr
hohe, für den Verbraucher nicht vorhersehbare Kosten verursachen. Laut
Bußgeldbescheid der Beklagten vom 1. März 2005 (Bl. 77 der Gerichtsakte) dauerte in
einem Fall der Abruf von 7 Faxseiten mehr als 30 Minuten; hierfür entstanden Kosten in
Höhe von 66,98 EUR. Ausweislich einer Verbraucherbeschwerde (Bl. 222 des
Verwaltungsvorgangs) wurde für die per Fax erfolgte Abbestellung weiterer Faxe unter
der angegebenen 0900-Nummer ein Betrag von 25,85 EUR für eine Verbindungsdauer
von 31 Sekunden abgerechnet. Des Weiteren läuft ein Ermittlungsverfahren der
Staatsanwaltschaft Halle (Bl. 85 des Verwaltungsvorgangs) wegen Versendung "völlig
wertloser Werbefaxe" und Manipulation der Übertragungszeit der Faxrückabrufe. Dass
diese Erkenntnisse haltlos seien, hat der Antragsteller im vorliegenden Verfahren nicht
geltend gemacht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Bei der Streitwertfestset- zung
hat die Kammer das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers mit mindestens 50.000,-
EUR bewertet und hat diesen Wert im vorliegenden Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes um die Hälfte reduziert.
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